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Knud Rasmussen - NATIONAL GEOGRAPHIC
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Knud Rasmussen

Der Grönländer Knud Rasmussen macht die Erforschung der Eskimos zu seiner Lebensaufgabe. Er reist 3000 Kilometer mit dem Hundeschlitten durch die Arktis, schläft in Schneehäusern, jagt Walrosse und lauscht den Sagen der uralten Völker.

Eskimos tragen Sennegras in ihren Stiefeln. Das nimmt die Feuchtigkeit auf und schützt vor Erfrierungen an den Füßen. Sie haben Pelzkrägen an ihrer Anorakkapuze, die ihre Gesichter vor Raureif schützen. Sie bauen Kajaks aus Walrosshaut und Häuser aus Schnee. Sie erfanden die Tranlampe und den Schlitten, fahren Gespanne mit mehr als zehn Hunden. Eskimos – oder Inuit, wie sie später genannt werden – wecken das Interesse vieler Forscher. Entdecker wie Roald Amundsen , Fridtjof Nansen und Robert E. Peary lassen sich von ihnen zeigen, wie man in der Arktis überlebt. Sie brauchen die Eskimos, um ihre eigenen Ziele, die Pole oder das grönländische Inneneis, zu erreichen – im Dienst der Wissenschaft oder des eigenen Ehrgeizes, der oft nicht frei von Patriotismus ist.

Auch Knud Rasmussen ist fasziniert von den Inuit. Aber ihm geht es nur um diese Menschen und sonst nichts. Er muss sich auch keine Fertigkeiten von ihnen abgucken – weil er selber ein halber Inuit ist.

Rasmussen ist in Grönland geboren, als Sohn eines Dänen und einer Inuit-Mutter. Seine Kindheit verlebt er unter Eskimos. Mit sieben Jahren bekommt er sein erstes Hundegespann, mit zehn das erste Gewehr. Früh steht für ihn fest, dass er Polarforscher werden will. Von 1902 bis 1904 nimmt Rasmussen an einer dänischen Expedition in den Nordwesten Grönlands teil. Er überquert als Erster mit einem Hundeschlitten die Melvillebucht und beginnt seine Inuit-Studien.

Zwei Jahre später führt er dort seine Forschungen fort. Knud Rasmussen reist bis zum Smith Sound. 1910 gründet er mit dem Kartographen Peter Freuchen am Inglefield-Fjorg die Handelsstation Thule (Qaanaaq). Sie verschaffen dadurch den Produkten der Inuit einen Markt und verhindern, dass diese von durchreisenden Walfängern betrogen werden. Der Verkauf von Polarfuchsfellen lohnt sich auch für Rasmussen selber. Mit dem Gewinn kann er einen Teil seiner Expeditionen finanzieren.

Im Jahr 1912 bricht Knud Rasmussen mit Freuchen und zwei Inuit von Thule aus zu seiner ersten Durchquerung des grönländischen Inlandeises auf – von Westen nach Osten, nördlich des 82. Breitengrads. Sie legen 1230 Kilometer zurück, im Durchschnitt 65 Kilometer am Tag. Rasmussen stellt fest, dass Pearyland im Gegensatz zur vorherrschenden Meinung keine Insel ist, dass es daher auch keinen „Peary-Kanal“ gibt. Im Jahr 1916 startet Rasmussen die zweite Thule-Expedition durch Nordgrönland, begleitet von dem dänischen Polarforscher Lauge Koch, dem schwedischen Botaniker Thorild Wulff und vier Inuit. Schneestürme, Eiseskälte, monatelange Dunkelheit sind für den Grönländer Rasmussen nichts Besonderes, er ist damit aufgewachsen – ein erheblicher Vorteil für einen Arktisforscher. Außerdem spricht er die Sprache der Eskimos – es ist seine eigene. 1919 reist er zu den Inuit von Ammassalik an die Ostküste der Insel. Später schreibt er ein Buch über sie.

Im Jahr 1921 startet Rasmussen eine der längsten Arktisexpeditionen, die je unternommen wurden. Das Ziel ist, alle noch existierenden Inuit-Stämme zu besuchen – eine 3000 Kilometer lange Reise von Grönland bis Alaska mit dem Hundeschlitten. Am 7. September sticht er mit einem Schiff in See. Mit an Bord sind Freuchen, der Archäologe Therkel Mathiassen, der Ethnograph Kaj Birket-Smith und einige Inuit. Nach elf Tagen Fahrt erreicht das Schiff die Hudsonbai. Sie durchqueren die Bucht und landen an einer unbekannten Insel, die sie „Däneninsel“ nennen. Sie errichten dort ihr Hauptquartier, sehen Rentiere, Walrösser, Bärenspuren – für Nahrung scheint gesorgt. Im Oktober unternimmt Rasmussen erste Erkundungsfahrten. Er spannt zwölf Hunde vor seinen Schlitten und beginnt mit der Suche nach Eskimos. Es dauert mehrere Wochen, bevor er die ersten in den endlosen Weiten sieht – «eine schwarze Linie, welche sich über das Eis draußen in der Förde hinzog», wie er später schreibt. Er trifft die Akilinermuit – die „Menschen von der anderen Seite des großen Meeres“, von denen er in seiner Kindheit gehört hat. Knud Rasmussen begrüßt sie in der Eskimosprache, sie verstehen ihn und antworten. Am Ende seiner Reise wird der Ethnologe bestätigen, was er vorher nur vermutet hat: Alle Inuit zwischen Baffin- und Beringmeer sprechen dieselbe Sprache.

Mehr als ein Jahr bleibt Rasmussen auf der „Däneninsel“, unternimmt von dort Expeditionen zu mehreren Stämmen der Küsteneskimos. Er lernt den Geisterbeschwörer Aua kennen. Dieser kommt ihm bei der ersten Begegnung auf einem Schlitten entgegen, der von 15 weißen Hunden gezogen wird. Er geht mit ihm zusammen auf Walrossjagd. «Tier und Mensch stehen einander nah», sagt der Schamane, «deswegen glaubten unsere Vorväter, dass man bald Tier, bald Mensch sein könne.» Abends führen sie im Schein der Tranlampe Gespräche über Religion und Tabus. Aua erzählt von der Herrscherin der Seetiere auf dem Meeresgrund, vor der sich sein Volk fürchtet. Rasmussen hat von der Sage auch in seiner Heimat gehört.

Im März 1922 unternimmt Knud Rasmussen eine Fahrt ins Landesinnere zu den Binneneiseskimos. Sie richten ihr Leben nach den Routen der Rentiere aus – irgendwo in Barren Grounds. Die Fahrt gestaltet sich schwierig. Bei Temperaturen unter minus 20 Grad beginnt der Schnee an den Schlittenkufen zu kleben. Einige der Inuit, auf die sie stoßen, haben noch nie Weiße gesehen. Sie hatten einen ungewöhnlich harten Winter, viele sind verhungert. Doch nun haben die Rentierwanderungen eingesetzt. Von allen Seiten tauchen Herden auf, «so wirken die äsenden Tiere wie Staubkörner, die ohne Zahl über den weißen Schnee verstreut sind», schreibt Rasmussen. Die Iglus schmelzen Ende Mai, nun werden Zelte aus Rentierfell aufgestellt. Der Grönländer bezieht eines, um die Bräuche dieser Inuit zu studieren, die er für das Urvolk aller Eskimos hält.

Im März 1923 bricht Rasmussen – begleitet von zwei Inuit – nach King William Island vor der Nordküste Kanadas auf, um von dort der zugefrorenen Nordwestpassage bis Alaska zu folgen. Mit zwei sechs Meter langen Schlitten, die von je zwölf Hunden gezogen werden, geht es los. Jedes Gespann transportiert 500 Kilo Gepäck, davon sind zwei Drittel Hundefutter. Die anderen Expeditionsmitglieder setzen in der Zeit ihre Forschungen westlich der Hudsonbai und auf Baffinland fort.

Rasmussen verbringt den Sommer auf King William Island, fischt mit den Seehundeskimos Lachse am Amitsoq. «Niemals in meinem Leben habe ich so ausgelassene und sorglose Menschen, so munter hungernde, so humorvoll frierende, so elend und zerlumpt gekleidete Menschen gesehen wie hier», schreibt er. Doch das täuscht nicht darüber hinweg, dass das Inuit-Leben ein ständiger Kampf ums Dasein ist. Von September bis Juli herrscht bitterer Winter. Dann wird die Nahrung knapp. Alte Leute erhängen sich, weil sie der Gemeinschaft nicht zur Last fallen wollen, Mädchen werden oft bei der Geburt getötet. Sie können den Eltern im Alter nicht helfen, da sie in eine andere Familie heiraten. Rasmussen urteilt nicht. Er sammelt Material, schreibt auf, was er hört und sieht.

Über den Queen Maud Gulf zieht Knud Rasmussen weiter nach Victoria Island, von dort zur Mündung des Mackenzie River. Er lebt beim Moschusochsenvolk, bevor er zum Point Barrow nach Alaska weiterreist. Dort helfen ihm Inuit beim Bau eines Schneehauses – gerade noch rechtzeitig, bevor ein dreitägiger Schneesturm einsetzt. Seine Bewunderung für die Art, wie sich diese Menschen der Natur anpassen, ist grenzenlos. «Man stelle sich nur vor: Man geht zu einigen Freunden fünf Minuten Wegs vom eigenen Hause auf Besuch; geht man verkehrt, so bedeutet das den Tod; es sei denn, man hat ein Messer und kann sich ein Haus bauen.»

Im August 1924 endet Rasmussens Reise in der Goldgräberstadt Nome an der Beringstraße. Seine ethnologischen Erkenntnisse haben bis heute nichts von ihrem Wert verloren. Er hat gezeigt, das die Inuit – so weit verstreut sie auch leben – eine gemeinsame Kultur haben. Er wusste, das der Einbruch der Zivilisation ihre Traditionen zerstören würde. Und er war froh, dass er zu einer Zeit lebte, in der «die Polarforschung mit Hundeschlitten noch nicht veraltet war».

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