(Translated by https://www.hiragana.jp/)
7. Arbeiter, Angestellte und Beamte
The Wayback Machine - https://web.archive.org/web/20111013110022/http://www.lsvd.de/194.0.html
Suche:  
  
|   Sitemap   |   Newsletter  |   Kontakt  |   Impressum
zur Startseite  
 
 Recht >  Ratgeber zum LPartG > 7. Arbeiter, Angestellte und Beamte

7. Arbeiter, Angestellte und Beamte

Inhalt

Inhalt
1. Zur Rechtsprechung
--- 1.1. Die Urteile des EuGH
--- 1.2. Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
--- 1.3. Betriebliche Hinterbliebenenrenten und gesetzliche Rentenversicherung
--- 1.4. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts
--- 1.5. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
2. Verpartnerte Arbeiter und Angestellte
3. Verpartnerte Beamte, Richter und Soldaten
5. Stand der Gleichstellung von verpartnerten Beamten mit ihren verheirateten Kollegen
6. Beschäftigte in kirchlichen Einrichtungen
--- 6.1. Austritt aus der Kirche
--- 6.2. Eingehung einer Lebenspartnerschaft
--- 6.3. Kündigung wegen Homosexualität
--- 6.4. Geheimhaltung gegenüber dem Arbeitgeber und den Kollegen und Kolleginnen
--- 6.5. Meldebehörden
--- 6.6. Standesämter
7. Beschäftigte in evangelischen Einrichtungen


1. Zur Rechtsprechung

Die Frage, ob und inwieweit verpartnerte Beschäftigte mit verheirateten Beschäftigten gleichgestellt werden müssen, ist inzwischen durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), des Bundesdesverfassungsgerichts (BVerfG) und der Fachgerichte weitgehend geklärt. 

Eine Zusammenstellung der Gerichtsentscheidungen zur Gleichstellung von Lebenspartner mit Ehegatten finden Sie hier. http://www.lsvd.de/1494.0.html 



--- 1.1. Die Urteile des EuGH

Der EuGH hat mit Urteilen vom 01.04.2008 in der Rechtssache Maruko (C-267/06,; NJW 2008, 1649) und vom 10.05.2011 in der Rechtssache Römer (C-147/08; NJW 2011, 21879) entschieden, dass die Benachteiligung von verpartnerten Beschäftigten gegenüber verheirateten Beschäftigten beim Arbeitsentgelt eine unmittelbare Diskriminierung wegen ihrer sexuellen Ausrichtung darstellt, die durch die Richtlinie 2000/78/EG verboten ist, wenn sich die Lebenspartner hinsichtlich des streitigen Entgelts in einer vergleichbaren Situation befinden.

Unter den europarechtlichen Begriff "Arbeitsentgelt" fallen nach der Rechtsprechung des EuGH alle gegenwärtigen oder künftigen Leistungen, die der Arbeitgeber oder Dienstherr den Beschäftigten aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses gewährt unabhängig davon, ob sie aufgrund eines Arbeits- oder Tarifvertrags, kraft einer Rechtsvorschrift oder freiwillig gewährt werden. Entscheidend ist der Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis. Es ist auch unerheblich, dass die Leistung aus sozialpolitischen Gründen gewährt wird.



--- 1.2. Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

Ob sich verpartnerte Beschäftigte hinsichtlich des streitigen Entgelts in einer Lage befinden, die mir der Lage verheirateter Beschäftigter vergleichbar ist, haben die nationalen Gerichte zu entscheiden. Mit Ausnahme des Bundesarbeitsgerichts (BAG) haben die deutschen Gerichte diese Frage zunächst durchweg verneint. Das ist aufgrund der Rechtsprechung des Ersten Senats des BVerfG nicht mehr möglich.

Der Erste Senat des BVerfG hat durch Beschlüsse vom 07.07.2009 zur betrieblichen Hinterbliebenenversorgung für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes (1 BvR 1164/07, BVerfGE 124, 199) und vom 21.07.2010 zur Erbschaftsteuer (1 BvR 611 u. 2464/07, BVerfGE 126, 400). klargestellt, dass Ehegatten nur besser behandelt werden dürfen als Lebenspartner, wenn die Vergünstigung an das Vorhandensein von Kindern anknüpft. Das trifft für die Entlohnung und Besoldung der Beschäftigten und für ihre Versorgungsansprüche nicht zu. Etwaige Zuschläge für verheiratete Beschäftigte (z.B. der Familienzuschlag der Stufe 1 oder der Ortszuschlag der Stufe 2) sind nicht davon abhängig, ob die Beschäftigten Kinder haben. Für Kinder erhalten alle Beschäftigten zusätzliche Zuschläge und zwar unabhängig von ihrem Familienstand.

Die Erste Kammer des Zweiten Senats des BVerfG hatte vor den Entscheidungen des Ersten Senats die Vergleichbarkeit beim Familienzuschlag der Stufe 1 in mehreren Nichtannahmebeschlüssen verneint. Solche Nichtannahmebeschlüsse sind nicht bindend. Sie sind deshalb durch die Entscheidungen des Ersten Senats überholt. Das hat der Erste Senat auch dadurch zum Ausdruck gebracht, das er unter Randnummer 112 seines Beschlusses vom 07.07.2009 den letzten Nichtannahmebeschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 06.05.2008 (2 BvR 1830/06, NJW 2008, 2325) ausdrücklich als unzutreffend bezeichnet hat.

Beim Zweiten Senat des BVerfG sind zwar noch mehrere Verfassungsbeschwerden zum Familienzuschlag anhängig. Der Zweite Senat kann aber nicht ohne weiteres anders urteilen als der Erste Senat. Wenn er von den tragenden Entscheidungsgründen des Ersten Senats  abweichen wollte, müsste er das Plenum des BVerfG anrufen. Das wird er mit Sicherheit nicht tun, zumal da die Beschlüsse des Ersten Senats jeweils einstimmig ergangen sind. Im Lauf der sechzigjährigen Geschichte des Bundesverfassungsgerichts ist das Plenum erst fünf Mal angerufen worden.

 



--- 1.3. Betriebliche Hinterbliebenenrenten und gesetzliche Rentenversicherung

In der ersten Entscheidung des BVerfG vom 07.07.2009 ging es um die Gleichstellung von Lebenspartnern mit Ehegatten bei der betrieblichen Hinterbliebenenrente der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL). Die Hinterbliebenenrente ergänzt die gesetzliche Hinterbliebenenrente. Dort sind die verpartnerten Versicherten durch das sogenannte Überarbeitungsgesetz zum 01.01.2005 mit den verheirateten Versicherten gleichgestellt worden. Deshalb hat der Erste Senat auch für die Hinterbliebenenrente der VBL im Hinblick auf die Tarifautonomie der Arbeitgeber und Gewerkschaften den 01.01.2005 als Stichtag bejaht. Dabei hat er aber nicht geprüft, ob der Stichtag 01.01. 2005 mit der Richtlinie 2000/78/EG vereinbar ist. Denn dafür sind nach der feststehenden Rechtsprechung  des Bundesverfassungsgerichts nur die Fachgerichte zuständig.

Das BAG hatte schon vorher entschieden, das Lebenspartner bei den betrieblichen Hinterbliebenenrenten erst ab dem 01.01.2005 mit Ehegatten gleichzustellen sind. 

Hinterbliebene Lebenspartner erhalten deshalb eine betriebliche Hinterbliebenenrente nur, wenn ihre Partner den 01.01.2005 erlebt haben, gleichgültig ob die Partner zu diesem Zeitpunkt noch gearbeitet haben oder schon verrentet waren. 

In der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten hinterbliebene Lebenspartner die Rente ab dem 01.01.2005 dagegen auch dann, wenn ihre Partner schon vorher verstorben sind.



--- 1.4. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht hat die Verpflichtung der Arbeitgeber zur Gleichstellung von verpartnerten mit verheirateten Beschäftigten in einer Reihe von Urteilen bejaht:

  • beim Ortszuschlag der Stufe 2 durch Urteil vom 29.04.2004 (6 AZR 101/03),
  • bei der betrieblichen Hinterbliebenenrente durch drei Urteile vom 14.01.2009  (3 AZR 20/07) und vom 15.09.2009 (3 AZR 294/09 und 3 AZR 797/08),
  • beim Auslandszuschlag durch Urteil vom 18.03.2010 (6 AZR 434/07),
  • beim Kinderzuschlag für Stiefkinder durch Urteil vom 18.03.2010  (6 AZR 156/09)

Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht die Verpflichtung zur Gleichstellung bei der betrieblichen Hinterbliebenenrente, wie oben dargelegt, erst ab dem 01.01.2005 angenommen.

 



--- 1.5. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat die Verpflichtung der Dienstherrn zur Gleichstellung zunächst abgelehnt und selbst nach den Beschlüssen des BVerfG vom 07.07.2009 und vom 21.07.2010 nur eingeschränkt bejaht. Diese einschränkende Rechtsprechung ist nach unserer Auffassung durch das spätere Urteil des EuGH vom 10.05.2011 in der Rechtssache Römer überholt.

Das BVerwG hat die Gleichstellung auch für die Vergangenheit uneingeschränkt bejaht

  • beim Auslandszuschlag durch Urteil vom 28.10.2010 (2 C 52.09),
  • bei den auslandsbedingten Mehrkosten der Haushaltsführung durch Urteil vom 28.10.2010 (2 C 56.09).

Bei der Hinterbliebenenversorgung hat das BVerwG zwar die Verpflichtung der Dienstherrn zur Gleichstellung durch Urteil vom 28.10.2011 (2 C 47.09) bejaht, aber offengelassen, ob das auch für Hinterbliebene gilt, deren Partner vor dem Urteil verstorben sind.

Beim Familienzuschlag der Stufe 1 hat das Bundesverwaltungsgericht die Gleichstellung durch zwei Urteile vom 28.10.2010 (2 C 10.09, NJW 2011, 1466, und 2 C 21.09, DVBl 2011, 354) erst ab dem 01.07.2009 bejaht.

Hinsichtlich der Beihilfe hat das BVerwG zwar entschieden, dass sich verpartnerte und verheiratete Beamte in einer vergleichbaren Situation befinden, es hat aber bezweifelt, ob die Beihilfe als Arbeitsentgelt im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG anzusehen ist und hat diese Frage dem EuGH durch drei Beschlüsse vom 28.10.2010 (2 C 23.09, 2 C 46.09 und 2 C 53.09) zur Vorabentscheidung vorgelegt.



2. Verpartnerte Arbeiter und Angestellte

Für die Beschäftigten des Bundes und der Kommunengilt seit dem 01.10.2005 der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD).

Für die Beschäftigten der Länder, ausgenommen Berlin und Hessen, gilt seit dem 01.11.2006 der Tarifvertrag für die Beschäftigten der Länder (TV-L).

Informationen über die Tarifverträge findet man auf den Webseiten http://www.oeffentlichen-dienst.de/ und http://oeffentlicher-dienst.info/

http://oeffentlicher-dienst.info/

Die neuen Tarifverträge sehen den Ortszuschlag und den Sozialzuschlag, die es im BAT und im MTArb gab, nicht mehr vor. In den übrigen Bereichen (Sonderurlaub, usw.) sind verpartnerte Beschäftigte mit verheirateten Beschäftigten gleichgestellt worden.

Wenn verpartnerte Arbeiter oder Angestellte heute noch benachteiligt werden, genügt es in der Regel, die Arbeitgeber auf die Rechtsprechung des EuGH, des BVerfG und des BAG hinzuweisen und aufzufordern, die Benachteiligung abzustellen. Spätestens nach Androhung einer Klage gaben die Arbeitgeber nach.



3. Verpartnerte Beamte, Richter und Soldaten

Inzwischen haben der Bund und fast alle Bundesländer ihre verpartnerten Beamten und Richter und Soldaten gleichgestellt. In Baden-Württemberg und Thüringen werden entsprechende Gesetzentwürfe vorbereitet bzw. im Parlament beraten. Nur Sachsen lehnt die Gleichstellung weiterhin ab.

Allerdings hat nur Hamburg die Gleichstellung rückwirkend zum Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes am 01.08.2011 in Kraft gesetzt. In Rheinland-Pfalz soll die Gleichstellung zum 01.08.2011 nachgeholt werden.

Berlin und Nordrhein-Westfalen haben die Gleichstellung ab dem Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 2000/78/EG am 03.12.2003 in Kraft gesetzt.

Im Bund und in den anderen Ländern gelten für das Inkrafttreten der Gleichstellung unterschiedliche Termine, siehe die Übersicht im Abschnitt 5.

Wir sind der Meinung, dass verpartnerten Beamten, Richter und Soldaten schon jetzt ab dem Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 2000/78/EG am 03.12.2003 Anspruch auf Glelchstellung haben.

Wir erwarten, dass der Zweite Senat des BVerfG bei den dort anhängigen Verfassungsbeschwerden zum Familienzuschlag der Stufe 1 entscheiden wird, dass die Gleichstellung rückwirkend ab dem Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes am 01.08.2001 erfolgen muss.



5. Stand der Gleichstellung von verpartnerten Beamten mit ihren verheirateten Kollegen

Damit ergibt sich für verpartnerte Beamte zur Zeit folgendes Bild:

  • Familienzuschlag: Gleichstellung für verpartnerte Beamte von:
    • Bund, ab 01.07.2009 durch Verwaltungsanweisung
    • Baden-Württemberg ab 01.01.2009 durch Verwaltungsanweisung
    • Bayern, ab 01.01.2011
    • Berlin, ab 03.12.2003
    • Brandenburg, ab 01.01.2008
    • Bremen, ab 01.12.2007
    • Hamburg, ab 01.08.2001
    • Hessen, ab 01.04.2010
    • Mecklenburg-Vorpommern, ab 01.07.2008
    • NRW, ab 03.12.2003.
    • Niedersachsen, ab 01.10.2010
    • Rheinland-Pfalz, ab 01.10.2009
    • Saarland ab 01.07.2009 (muss noch im Gesetzblatt verkündet werden)
    • Sachsen-Anhalt, ab 03.12.2003
    • Schleswig-Holstein, ab 01.06.2010
    • Thüringen ab 01.07.2009
  • Beamtenversorgung: Gleichstellung für verpartnerte von
    • Bund ab 01.11 2010 durch Verwaltungsanweisung  
    • Baden-Württemberg ab 01.01.2009 durch Verwaltungsanweisung  
    • Bayern, ab 01.01.2011
    • Berlin, ab 03.12.2003
    • Brandenburg, ab 01.01.2008
    • Bremen, ab 01.12.2007 
    • Hamburg, ab 01.08.2001
    • Hessen, ab 01.04.2010
    • Mecklenburg-Vorpommern, ab 01.07.2008
    • NRW, ab 03.12.2003
    • Niedersachsen, ab 1.10.2010
    • Rheinland-Pfalz, ab 01.10.2009
    • Saarland, ab 12.12.2008
    • Sachsen-Anhalt, ab 03.12.2003  
    • Schlesdwig-Holstein, ab 01.06.2010
    • Thüringen ab 01.01.2012
  • Beihilfe: Gleichstellung für verpartnerte Beamte der Länder
    • Bund durch Verwaltungsanweisung
    • Baden-Württemberg ab 01.01.2009 durch Verwaltungsanweisung  
    • Bayern
    • Berlin
    • Brandenburg
    • Bremen
    • Hamburg
    • Hessen
    • Mecklenburg-Vorpommern 
    • Niedersachsen
    • NRW
    • Rheinland-Pfalz
    • Saarland 
    • Sachsen-Anhalt
    • Schleswig-Holstein
    • Thüringen 
  • Reise- und Umzugskostenvergütung sowie Trennungsgeld: Gleichstellung nur für verpartnerte Beamte von:
    • Bund,
    • Bayern, ab 01.01.2011
    • Berlin,
    • Brandenburg
    • Bremen
    • Hamburg
    • Hessen
    • Mecklenburg-Vorpommern
    • Niedersachsen
    • Nordrhein-Westfalen
    • Rheinland-Pfalz,
    • Saarland
    • Sachsen-Anhalt
    • Schleswig-Holstein
    • Thüringen
  • Sonderurlaub: Gleichstellung für verpartnerte Beamte von:
    • Bund,
    • Bayern, ab 01.01.2011
    • Berlin
    • Brandenburg
    • Bremen
    • Mecklenburg-Vorpommern
    • Hamburg
    • NRW
    • Niedersachsen, Gleichbehandlung im Hinblick auf die Lebensgefährtin und den Lebensgefährten. Dieser Ausdruck ist nicht rechtstechnisch i.S.d. LPartG gemeint und umfasst deshalb auch die Lebenspartner.
    • Rheinland-Pfalz,
    • Saarland
    • Sachsen-Anhalt
    • Schleswig-Holstein
    • Thüringen
    • Einige andere Länder gewähren Sonderurlaub aus wichtigen persönlichen Gründen, soweit dienstliche Belange nicht entgegenstehen.
  • Laufbahnrecht: Gleichstellung für verpartnerte Beamte von:
    • Bund,
    • Bayern, ab 01.01.2011
    • Berlin 
    • Brandenburg
    • Bremen
    • Hamburg
    • Hessen
    • Mecklenburg-Vorpommern
    • Niedersachsen
    • NRW
    • Rheinland-Pfalz,
    • Saarland
    • Sachsen-Anhalt
    • Schleswig-Holstein
    • Thüringen



6. Beschäftigte in kirchlichen Einrichtungen

--- 6.1. Austritt aus der Kirche

Nach Art 4 Abs. 2 Satz 1 Richtlinie 2000/43/EG ist den Kirchen eine Ungleichbehandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung erlaubt, „wenn die Religion oder die Weltanschauung dieser Person nach der Art dieser Tätigkeiten oder der Umstände ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation darstellt“

§ 9 Abs. 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) formuliert dagegen, dass den Kirchen eine Ungleichbehandlung wegen der Religion oder Weltanschauung erlaubt ist, „wenn eine bestimmte Religion oder Weltanschauung unter Beachtung des Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft oder Vereinigung im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht oder nach der Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt.“

Die beiden Vorschriften unterscheiden sich durch das Wort „oder“, das auf Drängen der Kirchen in § 9 Abs. 1 AGG zusätzlich eingefügt worden ist.

Während nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 RL 2000/78/EG nicht nur der „Ethos der Organisation“ maßgebend ist, sondern auch, wie der Ethos in der betreffenden Einrichtung befolgt und angewandt wird, kommt es nach § 9 Abs. 1 AGG nur noch auf das "Selbstverständnis" der Kirchen an. Wie sie in ihren Einrichtungen damit umgehen, ist dagegen unerheblich.

Damit ist das AGG der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Selbstbestimmungsrecht der Kirchen angeglichen worden.

Diese Rechtsprechung unterscheidet zwischen den katholischen Klerikern, Ordensangehörigen und Diakonissen sowie den evangelischen Pfarrern und den evangelischen und katholischen Kirchenbeamten einerseits und den sonstigen Beschäftigten der Kirchen andererseits.

Für die erste Gruppe gilt ausschließlich kirchliches Recht.

Für die sonstigen Beschäftigten der Kirchen gilt das Arbeitsrecht. Diese Personengruppe ist sehr groß, da zum Bereich der Kirchen nicht nur die eigentlichen Kirchenverwaltungen und ihre rechtlich selbständigen Teile gehören, sondern auch alle sonstigen Einrichtungen, die den Kirchen zugeordnet sind. Demgemäß zählen zu den sonstigen Beschäftigten der Kirchen nicht nur die Vikare, Diakone, Pastoralassistenten und Gemeindereferenten im Angestelltenverhältnis, sondern auch die Beschäftigten in den Einrichtungen der Caritas, der Inneren Mission und der Diakonie, in den kirchlichen Kindergärten und Kindertagesstätten, in den Krankenhäusern, Alters- und Pflegeheimen, in den Privatschulen, Internaten und Ferienheimen sowie bei den Kirchenzeitungen. Für sie gilt zwar das normale Arbeitsrecht, aber mit erheblichen Abweichungen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. insbesondere Beschl. v. 04.06.1985 - 2 BvR 1703/83 u.a.; BVerfGE 70, 138) darf bei der Prüfung der Sozialwidrigkeit von Kündigungen das den Kirchen gewährte Selbstbestimmungsrecht nicht außer Betracht bleiben. Es berechtigt die Kirchen, ihren Mitarbeitern die Beachtung jedenfalls der tragenden Grundsätze der kirchlichen Glaubens- und Sittenlehre aufzuerlegen und zu verlangen, dass sie nicht gegen die fundamentalen Verpflichtungen verstoßen, die sich aus ihrer Zugehörigkeit zur Kirche ergeben und die jedem Kirchenmitglied obliegen. Deshalb enthalten die Arbeitsverträge üblicherweise besondere Klauseln, durch die den Mitarbeitern die Pflicht auferlegt wird, ihre persönliche Lebensführung nach der Glaubens- und Sittenlehre sowie den übrigen Normen der betreffenden Kirche auszurichten.

Aus dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen leitet das Bundesverfassungsgericht ferner ab, dass nicht die staatlichen Gerichte, sondern allein die Kirchen darüber zu entscheiden haben, welches die tragenden Grundsätze ihrer Glaubens- und Sittenlehre sind, welche davon arbeitsvertraglich auch im außerdienstlichen Bereich eingehalten werden müssen und was als schwerer Verstoß gegen diese Grundsätze anzusehen ist. Handelt es sich danach um einen Verstoß gegen Grundpflichten, die jedes Mitglied der Kirche zu erfüllen hat, rechtfertigt das die Kündigung auch solcher Arbeitnehmer, die nicht mit geistig-religiösen Verkündigungsaufgaben betraut sind. Dazu zählen z.B. der Kirchenaustritt und das öffentliche Eintreten von Mitarbeitern katholischer Einrichtungen für die Legalisierung der Abtreibung.
 
Ob sich die Kirchen gemäß § 9 Abs. 1 AGG weiterhin auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts berufen können oder ob sie sich entgegenhalten lassen müssen, dass § 9 Abs. 1 AGG mit Art 4 Abs. 2 Satz 1 RL 2000/78/EG nicht zu vereinbaren ist, so dass es auch auf die tatsächliche Handhabung ihres Selbstverständnisses in ihren Einrichtungen ankommt, ist streitig.

Nach der Richtlinie kann sich z.B. ein wegen Kirchenaustritts gekündigter Krankenpfleger darauf berufen, dass die Kirche in seinem Krankenhaus mehrere Ärzte beschäftigt, die keiner Kirche angehören oder Moslems sind und dass seine Tätigkeit demgegenüber so untergeordnet ist, dass die Glaubwürdigkeit der Kirche durch seinen Kirchenaustritt nicht berührt wird, zumal da er diesen als Privatsache behandel und darüber mit anderen nicht spricht. Nach dem AGG ist dagegen dieses Vorbringen unerheblich.

Die Kirchen berufen sich auf den Erwägungsgrund 24 der Richtlinie 2000/78/EG. Er lautet:

„Die Europäische Union hat in ihrer der Schlussakte zum Vertrag von Amsterdam beigefügten Erklärung Nr. 11 zum Status der Kirchen und weltanschaulichen Gemeinschaften ausdrücklich anerkannt, dass sie den Status, den Kirchen und religiöse Vereinigungen oder Gemeinschaften in den Mitgliedstaaten nach deren Rechtsvorschriften genießen, achtet und ihn nicht beeinträchtigt und dass dies in gleicher Weise für den Status von weltanschaulichen Gemeinschaften gilt. Die Mitgliedstaaten können in dieser Hinsicht spezifische Bestimmungen über die wesentlichen, rechtmäßigen und gerechtfertigten beruflichen Anforderungen beibehalten oder vorsehen, die Voraussetzung für die Ausübung einer diesbezüglichen beruflichen Tätigkeit sein können.“

Diese sogenannte Kirchenerklärung ist durch den Lissabonner Vertrag als Art. 17 in den „Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ aufgenommen worden. Art. 17 lautet:

(1) Die Union achtet den Status, den Kirchen und religiöse Vereinigungen oder den Mitgliedstaaten nach deren Rechtsvorschriften genießen, und beeinträchtigt ihn nicht.

(2) Die Union achtet in gleicher Weise den Status, den weltanschauliche Gemeinschaften nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften genießen.

(3) Die Union pflegt mit diesen Kirchen und Gemeinschaften in Anerkennung ihrer Identität und ihres besonderen Beitrags einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog.

Da Art 17 AEUV Verfassungsrang hat, muss Art 4 Abs. 2 Satz 1 RL 2000/78/EG so ausgelegt werden, das er mit Art 17 vereinbar ist.

Der Streit hat sich inzwischen durch die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 23.09.210 in den Sachen Obst gegen Deutschland (425/03) und Schüth gegen Deutschland (1620/03) erledigt. Der EGMR hat entschieden, dass die Kirchen bei der Kündigung von Kirchenangestellten wegen Ehebruchs zwischen den Rechten beider Parteien abwägen müssen.

Im Fall Obst hat der EGMR die Kündigung gebilligt. Herr Obst war in der Mormonenkirche als Gebietsdirektor Europa mit einem Monatsgehalt von ca. 5000,00 € beschäftigt. Seine Kirche hatte ihm wegen einer "ehebrecherischen" Liaison gekündigt. Bei den Mormonen gilt Ehebruch als "die gräulichste aller Sünden".

Im Fall Schüth hat der ERGMR die Kündigung dagegen missßbilligt. Herr Schüth war im Zeitpunkt der Kündigung schon 14 Jahre lang als Organist und Chroleiter bei einer katholischen Kirchengemeinde tätig. Nachdem seine Ehe zerbrochen war, ging er mit einer anderen Frau eine neue ehähnliche Beziehung ein. Als das bekannt wurde, kündigte ihm die Kirchengemeinde. 

Derm hat sich das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 08.09.2011 - 2 AZR 543/10 - angeschlossen. Es ging in dem Urteil um die Kündigung des Chefarztes einer katholischen Klinik wegen Wiederverheiratung. Sie rechtfertigt nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nicht in jedem Fall eine ordentliche Kündigung. In der Pressemittelung heißt es dazu:

"Zwar hat sich der Kläger einen Loyalitätsverstoß zuschulden kommen lassen, dem mit Rücksicht auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht beträchtliches Gewicht zukommt. Insgesamt überwog jedoch das Interesse des Klägers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Dabei fällt in die Waagschale, dass die Beklagte selbst sowohl in ihrer Grundordnung als auch in ihrer Praxis auf ein durchgehend und ausnahmslos der katholischen Glaubens- und Sittenlehre verpflichtetes Lebenszeugnis ihrer leitenden Mitarbeiter verzichtet. Das zeigt sich sowohl an der Beschäftigung nichtkatholischer, wiederverheirateter Ärzte als auch an der Hinnahme des nach dem Arbeitsvertrag an sich untersagten Lebens in nichtehelicher Gemeinschaft von 2006 bis 2008. Zu berücksichtigen war ferner, dass der Kläger zu den Grundsätzen der katholischen Glaubens- und Sittenlehre nach wie vor steht und an ihren Anforderungen nur aus einem dem innersten Bezirk seines Privatlebens zuzurechnenden Umstand scheiterte. Bei dieser Lage war auch der ebenfalls grundrechtlich geschützte Wunsch des Klägers und seiner jetzigen Ehefrau zu achten, in einer nach den Maßstäben des bürgerlichen Rechts geordneten Ehe zusammenleben zu dürfen."



--- 6.2. Eingehung einer Lebenspartnerschaft

Für Lesben und Schwule ist vor allem von Bedeutung, dass die Katholische Kirche alle Beschäftigte entlässt, die eine Lebenspartnerschaft eingehen.

Der „Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz" hat am 24.06.2002 in einer „Erklärung zur Unvereinbarkeit von Lebenspartnerschaften nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz mit den Loyalitätsobliegenheiten nach der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse" festgestellt:

"Das neu geschaffene Rechtsinstitut der Lebenspartnerschaft nach dem 'Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften vom 16. Februar 2001 (BGBl I S. 266)' widerspricht der Auffassung über Ehe und Familie, wie sie die katholische Kirche lehrt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen Dienst, gleich ob sie der Katholischen Kirche angehören oder nicht, die nach diesem Gesetz eine 'eingetragene Lebenspartnerschaft' eingehen, verstoßen dadurch gegen die für sie geltenden Loyalitätsobliegenheiten, wie sie ihnen nach Artikel 4 der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse in der geltenden Fassung auferlegt sind.

 Das Eingehen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft ist deshalb ein schwerwiegender Loyalitätsverstoß im Sinne des Artikel 5 Abs. 2 der o.g. Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse, der die dort geregelten Rechtsfolgen nach sich zieht."

Diese Erklärung ist von allen deutschen Bischöfen in ihren Amtsblättern "als authentische Interpretation" der "Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse" v. 22.09.1993 (NJW 1994, 1394) veröffentlicht worden. Die Arbeitsgerichte müssen deshalb aufgrund dieser Erklärung davon ausgehen, dass die Eingehung einer Lebenspartnerschaft einen schwerwiegenden Loyalitätsverstoß i.S.v. Art. 5 Abs. 2 der Grundordnung darstellt, der eine Kündigungen rechtfertigt.

Solche Kündigungen erfolgen nicht wegen der Religion der Lebenspartner, sondern wegen eines Verstoßes gegen eine Moralvorschrift der Katholische Kirche. Ihre Rechtfertigung beurteilt sich deshalb nicht nach § 9 AGG, sondern nach den allgemeinen Vorschriften des AGG.

§ 3 Abs. 1 und 2 AGG unterscheidet zwischen unmittelbaren und mittelbaren Benachteiligungen. Wenn  Lesben und Schwule von der Katholischen Kirche wegen der Eingehung einer Lebenspartnerschaft entlassen werden, stellt das im Vergleich zu Ehegatten, die wegen der Eingehung einer Ehe nicht entlassen werden, eine unmittelbare Benachteiligung der Leben und Schwule wegen ihrer sexuellen Identität dar. Das ergibt sich aus den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs in den Rechtssachen Maruko vom 01.04.2008 (C-267/06, NJW 2008, 1649) und Römer vom 10.056.2011 (C-147/08, NZA 2011, 557).

Solche unmittelbaren Benachteiligungen wegen der sexuellen Identität sind nach § 8 Abs. 1 „zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist“. Es liegt auf der Hand, dass nach dieser Bestimmung eine Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen nicht möglich ist. Die heterosexuelle Ausrichtung ist für eine Beschäftigung in katholischen Einrichtungen keine "wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung".

Die Kirchen berufen sich demgegenüber auf Art. 9 Abs. 2 AGG. Danach können die Kirchen und die ihnen zugeordneten Organisationen "von ihren Beschäftigten ein loyales und aufrichtiges Verhalten im Sinne ihres jeweiligen Selbstverständnisses verlangen". Aber diese Vorschrift bezieht sich nur auf das "Verbot unterschiedlicher Behandlung wegen der Religion oder Weltanschauung", also auf § 9 Abs. 1 AGG. Deshalb darf ein Verhalten, das nach § 8 Abs. 1 AGG zulässig ist, nicht in Loyalitätsverletzungen umgedeutet werden. In Art. 4 Abs. 2 Halbs. 2 RL 2000/78/EG wird das durch den Zusatz ausgedrückt: "sofern die Bestimmungen dieser Richtlinie im Übrigen eingehalten werden".

Das ist natürlich ebenfalls streitig. Aber darauf kommt es nicht mehr an, weil auch hier die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesarbeitsgerichts eingreift (siehe oben).

Ob die Kündigung  von Lesben und Schwulen wegen der Eingehung einer Lebenspartnerschaft zulässig ist, hängt deshalb vor allem von der Abwägung folgender Gesichtspunkte ab:

  • dass die Forderung der Katholischen Kirche an Lesben und Schwule nach lebenslanger völliger Abstinenz den Kern des Rechts auf Achtung ihres Privatlebens berührt,
  • ob die Mitarbeiter nach wie vor zu den Grundsätzen der katholischen Glaubens- und Sittenlehre stehen und an ihren Anforderungen nur aus einem dem innersten Bezirk ihres Privatlebens zuzurechnenden Umstand „scheiterten“,
  • dass die Lebenspartnerschaft ein vom staatlichen Recht anerkanntes familienrechtliches Institut ist mit wichtigen Rechtsfolgen für die Absicherung der Partner (Hinterbliebenenversorgung, Erbrecht, Erbschaftsteuer usw.)
  • dass die Kirchen durch das deutsche Melderecht und demnächst auch durch die Lohnsteuerkarten automatisch von der persönlichen und familiären Situation ihrer Mitarbeiter erfahren,
  • ob die gekündigten Mitarbeiter schon seit längerer Zeit mit ihrem Partner zusammengelebt haben und ob die Leitungen der Einrichtungen das gewusst und hingenommen haben,
  • ob die Einrichtungen auch Mitarbeiter entlassen, die in wilder Ehe leben oder nach der Scheidung ihrer kirchenrechtlich unauflöslichen Ehe wieder geheiratet haben,
  • die Funktion der gekündigten Mitarbeiter (Nähe zum Verkündigungsauftrag der Katholischen Kirche? Chefarzt? Pfleger? Reinigungskraft?),
  • ob ihr Fall Aufsehen erregt hat und von den Medien aufgegriffen worden ist, so dass die Kirche um ihrer Glaubwürdigkeit willen kündigen musste,
  • ob die gekündigten Mitarbeiter ohne weiteres einen gleichwertigen Arbeitsplatz finden können.

Wir haben gekündigten Lebenspartnern bisher geraten, die Kündigung hinzunehmen und nur zu versuchen, eine gute Abfindung zu erhalten. Jetzt raten wir allen Betroffenen, sich gegen Kündigungen zu wehren. Wir unterstützen sie dabei gern, E-Mail: recht(at)lsvd.de



--- 6.3. Kündigung wegen Homosexualität

Die Amtsträger der Katholischen Kirche betonen zwar immer wieder, dass man homosexuelle Menschen nicht zurücksetzen dürfe, weisen aber gleichzeitig daraufhin, dass Homosexuelle keusch leben müssen (Katechismus der Katholischen Kirche, Tz. 2357-2359). Dementsprechend geschieht lesbischen Mitarbeiterinnen und schwulen Mitarbeitern so lange nichts, wie sie sich diskret verhalten und nicht auffallen. Wenn aber z.B. ein Gemeindemitglied einen Mitarbeiter der Gemeinde in ein schwules Lokal hineingehen sieht und ihn bei der Kirchenleitung (Generalvikariat) anschwärzt, kommt es fast zwangsläufig zur Kündigung. Die Amtsträger behaupten dann, der Mitarbeiter werde nicht entlassen, weil er schwul sei, sondern weil er wegen seines Lebenswandels nicht mehr tragbar sei.

Für solche Kündigungen gelten dieselben Rechtsgrundsätze wie für Kündigungen wegen Eingehung einer Lebenspartnerschaft.



--- 6.4. Geheimhaltung gegenüber dem Arbeitgeber und den Kollegen und Kolleginnen

Damit es nicht zu einer Kündigung kommt, sollte man die Eingehung der Lebenspartnerschaft dem katholischen Arbeitgeber nicht mitteilen. Man braucht die Eingehung einer Lebenspartnerschaft beim Arbeitgeber nur anzugeben, wenn man daraus Rechte ableiten will.

Auch bei den Arbeitskolleginnen und -kollegen sollte man sehr zurückhaltend sein und die Verpartnerung möglichst nicht erwähnen. Es empfiehlt sich außerdem, keine „große Hochzeit“ zu feiern, sondern nur im „engsten Familien- und Freundeskreis“.



--- 6.5. Meldebehörden

Nach § 19 MRRG und den entsprechenden Vorschriften der Landesmeldegesetze dürfen die Meldebehörden den öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften die Personalien ihrer Mitglieder zur Erfüllung ihrer Aufgaben übermitteln, darunter auch nach Nr. 11 der Vorschrift den „Familienstand, beschränkt auf die Angabe, ob verheiratet oder eine Lebenspartnerschaft führend oder nicht; zusätzlich bei Verheirateten oder Lebenspartnern: Tag der Eheschließung oder der Begründung der Lebenspartnerschaft“.

Diese Übermittlung ist aber nur zulässig, soweit sie zur Aufgabenerfüllung der Religionsgesellschaften erforderlich ist. Das trifft bei der Angabe, dass das Mitglied eine Lebenspartnerschaft führt, nicht zu. Es gibt keine Kirchensteuerbeschlüsse der katholischen Diözesen oder der evangelischen Landeskirchen, in denen an die Tatsache einer Lebenspartnerschaft besondere Steuerpflichten geknüpft werden wie etwa das Kirchgeld bei glaubensverschiedenen Ehen. Daher sind weder die katholischen Bistümer noch die evangelischen Landeskirchen für Kirchensteuerzwecke auf die Kenntnis angewiesen, ob ihre Mitglieder in einer Lebenspartnerschaft leben oder nicht. Die Übermittlung der Angabe "eine Lebenspartnerschaft führend" nach Nummer 11 ist deshalb nicht zulässig.

So sieht das auch Süßmuth in Medert/Süßmuth, Stand Juli 2010, Rn. 30a zu § 19 MRRG:

"Da die Angabe kirchensteuerrechtlich z. Zt. noch keine Relevanz hat, sind bereits die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Übermittlung dieses Datums zweifelhaft. Auch das Informationsinteresse der Religionsgesellschaften zur Erfüllung ihrer seelsorgerischen, diakonisch-karitativen und kulturellen Arbeit vermag die Offenlegungspflicht nicht zu rechtfertigen. Denn eine solche Zweckbestimmung ist weder bestimmt genug, noch ist die Kenntnis dieses Datums für die genannten Zwecke erforderlich (unerlässlich). Solange dies so ist, wäre die Übermittlung an die öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften verfassungsrechtlich unzulässig. Ihre Übermittlung sollte daher bis zur Schaffung steuerrechtlicher Regelungen, die an das Merkmal einer Lebenspartnerschaft anknüpfen, unterbleiben. Andererseits ist nicht auszuschließen, dass die Kenntnis dieses Datums beim Empfänger dazu benutzt wird, die vom kirchlichen Arbeitgeber geforderten Loyalitätsobliegenheiten im Hinblick auf die private Lebensgestaltung des bei der Kirche beschäftigten Kirchenmitglieds durchzusetzen. Dies könnte dazu führen, dass entweder die Lebenspartnerschaft oder das Arbeitsverhältnis beendet werden muss.“

Wir empfehlen deshalb der Meldehörde zu schreiben:

An ........

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin bei ...... beschäftigt. Nach der Erklärung des Ständigen Rates der Deutschen Bischofskonferenz vom 24. Juni 2002 zur Unvereinbarkeit von Lebenspartnerschaften nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz mit den Loyalitätsobliegenheiten nach der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse muss ich damit rechnen, dass mein Arbeitgeber mir kündigt, wenn ihm bekannt wird, dass ich eine Lebenspartnerschaft führe.

Ich verlange deshalb, dass meine Verpartnerung der Katholischen Kirche nicht mitgeteilt wird. Sollte dies doch geschehen und ich deshalb meine Arbeitsstelle verlieren, werde ich Sie auf Schadensersatz in Anspruch nehmen.

Zur Rechtslage verweise ich auf den Kommentar von Medert/Süßmuth, Melderecht des Bundes und der Länder, Stand Juli 2010, § 19 MRRG , Rn. 30a.



--- 6.6. Standesämter

§ 65 des Personenstandsgesetzes bestimmt:

(1) Behörden und Gerichten sind auf Ersuchen Personenstandsurkunden zu erteilen sowie Auskunft aus einem oder Einsicht in einen Registereintrag zu gewähren, soweit dies zur Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben erforderlich ist. Gleiches gilt für Auskunft aus den und Einsicht in die Sammelakten. Die Behörden und die Gerichte haben den Zweck anzugeben. Sie tragen die Verantwortung für die Zulässigkeit der Übermittlung.

(2) Religionsgemeinschaften im Inland, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, können unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Personenstandsurkunden und Auskünfte aus einem Personenstandsregister erteilt werden, soweit das Ersuchen Mitglieder ihrer Religionsgemeinschaft betrifft. Dabei kann eine Eheurkunde auch dann erteilt werden, wenn nur ein Ehegatte der betreffenden Religionsgemeinschaft angehört und die Ehegatten der Erteilung zugestimmt haben.

Auch danach darf öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften Auskunft aus einem oder Einsicht in einen Registereintrag nur erteilt werden, soweit „dies zur Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben erforderlich ist“. Es gilt daher für die Standesämter dasselbe wie für die Meldebehörden.

Wir empfehlen deshalb dem Standesamt zu schreiben:

An ........

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin bei ...... beschäftigt. Nach der Erklärung des Ständigen Rates der Deutschen Bischofskonferenz vom 24. Juni 2002 zur Unvereinbarkeit von Lebenspartnerschaften nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz mit den Loyalitätsobliegenheiten nach der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse muss ich damit rechnen, dass mein Arbeitgeber mir kündigt, wenn ihm bekannt wird, dass ich eine Lebenspartnerschaft führe.

Ich verlange deshalb, dass meine Verpartnerung der Katholischen Kirche nicht mitgeteilt wird. Sollte dies doch geschehen und ich deshalb meine Arbeitsstelle verlieren, werde ich Sie auf Schadensersatz in Anspruch nehmen.

Zur Rechtslage weise ich darauf hin, dass nach § 65 Abs. 2 PStG öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften Auskunft aus einem oder Einsicht in einen Registereintrag nur erteilt werden darf, soweit „dies zur Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben erforderlich ist“. Die Katholische Kirche knüpft an die Tatsache, dass ich verpartnert bin, keine besondere Steuerpflicht wie etwa das Kirchgeld bei glaubensverschiedenen Ehen. Die Angabe, dass ich verpartnert bin, hat deshalb kirchensteuerrechtlich z. Zt. noch keine Relevanz. Auch das Informationsinteresse der Katholischen Kirche zur Erfüllung ihrer seelsorgerischen, diakonisch-karitativen und kulturellen Arbeit vermag die Offenlegung nicht zu rechtfertigen. Denn eine solche Zweckbestimmung ist weder bestimmt genug, noch ist die Kenntnis dieses Datums für die genannten Zwecke erforderlich (unerlässlich). Deshalb ist die Übermittlung der Tatsache, dass ich verpartnert bin, an die Katholische Kirche verfassungsrechtlich unzulässig (so auch Süßmuth in Medert/Süßmuth, Stand Juli 2010, Rn. 30a zu § 19 MRRG).



7. Beschäftigte in evangelischen Einrichtungen

Die EKD hat im September 2002 eine Orientierungshilfe: "Theologische, staatskirchenrechtliche und dienstrechtliche Aspekte zum kirchlichen Umgang mit den rechtlichen Folgen der Eintragung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz" veröffentlicht. In dieser Orientierungshilfe wird immer wieder auf die Orientierungshilfe "Mit Spannungen leben" des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland zum Thema "Homosexualität und Kirche" vom Februar 1996 verwiesen.

Nach der neuen Orientierungshilfe der EKD brauchen Lebenspartner, die in evangelischen Einrichtungen beschäftigt sind, nicht mit eine Kündigung zu rechnen.

Zum Besoldungsrecht heißt es in der neuen Orientierungshilfe der EKD:

"(9) Dienstrechtliche bzw. besoldungsrechtliche Rechtsfolgen20, die im Entwurf des Lebenspartnerschaftsergänzungsgesetzes für staatliche Beamtinnen und Beamte vorgesehen sind, wären im kirchlichen Bereich zunächst ohne Veränderung des vorhandenen Kirchenrechts nach dem Grundsatz zu gewähren oder zu versagen, dass Besoldungsrecht und ähnliche Folgeregelungen dem Statusrecht folgen. Im Bereich der VELKD wäre die Gewährung entsprechender Leistungen nach der oben angeführten Rechtssicht ausgeschlossen. Des weiteren wird die Gewährung davon abhängen, ob die jeweilige Landeskirche für das betreffende Rechtsgebiet auf das jeweilige staatliche Recht verweist oder ob sie eigene ausformulierte Regelungen hat. Im Falle von Verweisungen werden eingetragene Lebenspartnerschaften eher Leistungen erhalten als im Falle ausformulierter eigener kirchlicher Regelungen. Da es sich um wenige Einzelfälle handeln wird, wird man damit leben können, dass sich die Praxis der Gliedkirchen hinsichtlich der Sozialleistungen an kirchliche Amtsträger in eingetragenen Lebenspartnerschaften während einer notwendigen Übergangszeit unterschiedlich gestalten wird."

Fußnote 20: Zum Beispiel: Anspruch auf Erziehungsurlaub oder Urlaub ohne Dienstbezüge zur Erziehung eines Kindes des Lebenspartners oder der -partnerin; Urlaub aus persönlichen Anlässen, z.B. Niederkunft, Krankheit, Tod des Lebenspartners oder der -partnerin; Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen auch des Lebenspartners oder der -partnerin; Wegstreckenentschädigung bei Benutzung des Kraftfahrzeugs des Lebenspartners oder der -partnerin; Umzugskosten bei Wohnungswechsel wegen Gesundheit des Lebenspartners oder der -partnerin; Beförderungsauslagen für Umzugsgut des Lebenspartners oder der -partnerin; höhere Pauschvergütung für sonstige Umzugsauslagen für Verheiratete, Geschiedene, Verwitwete oder Lebenspartner und -partnerinnen; höheres Trennungsgeld für Ehepaare und eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften." 

Dazu ist folgendes zu sagen:

Wie oben dargelegt, können die evangelischen Kirchen die unterschiedliche Besoldung von verpartnerten und verheirateten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen allenfalls mit § 8 Abs. 1 AGG bzw. mit Art. 4 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG rechtfertigen. Das geht aber schon deshalb nicht, weil die evangelischen Kirchen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die verpartnert sind, nicht mehr entlassen. Sie sehen es somit nicht als "eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung" an, dass ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht verpartnert sind.

Die Nordelbische Kirche, die zur VELKD gehört, behandelt Lebenspartner besoldungsrechtlich wie Ehegatten.

In der "Bremischen Evangelischen Kirche" und in der "Evangelischen Kirche im Rheinland" erhalten verpartnerte Pfarrer und Kirchenbeamte seit 2008  bzw. Anfang 2009 dieselbe Besoldung (Famienzuschlag und Beihilfe) und -versorgung (Hinterbliebenenpension) wie die verheirateten Pfarrer und Kirchenbeamten. Beide Kirchen sind MItgliedskirchen der EKD.

Für rund 150.000 Beschäftigte der Diakonie gilt ein neuer Tarifvertrag, der wie der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und der Tarifvertrag für die Beschäftigten der Länder (TV-L) keinen Ortszuschlag mehr vorsieht.

 
 

Mitglied werden             eMail an Webmaster             Druckversion dieser Seite                Seite weiterempfehlen

 
  © Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) e.V.