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Carl Koldewey - NATIONAL GEOGRAPHIC
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Carl Koldewey

Carl Koldewey ist der Begründer der deutschen Arktisforschung. Auf zwei Expeditionen kämpft er gegen das Eis, das Grönland umgibt. Beim zweiten Mal gelingt ihm der Durchbruch zur Ostküste. Er folgt ihr mit Schlitten nach Norden.

Nur sehr wenig ist Mitte des 19. Jahrhunderts über Grönland bekannt. Niemand weiß, wie weit seine Küsten reichen und ob es eine Insel ist. Das Gleiche gilt für das Meer, das sich von dort bis zum Nordpol erstreckt. Ist es offen oder eisbedeckt? Flach oder tief? Der Fantasie der Geographen sind keine Grenzen gesetzt.

August Petermann ist einer von ihnen. Er vertritt die Theorie des offenen Polarmeers. Gleichzeitig ist er der Meinung, dass es in der Nähe des Nordpols auch Land gibt – Grönland. Auf seiner Karte von 1865 ist es eine lang gestreckte Insel. So lang, dass sie sich – westlich vom Pol – über die Nordhalbkugel fast bis nach Sibirien erstreckt. Was liegt da näher, als an ihrer Ostküste entlang zum Pol zu segeln? «Ein geeigneter Schraubendampfer könnte in der rechten Jahreszeit eine Reise nach dem Nordpol und zurück in zwei bis drei Monaten zurücklegen», sagt er.

Petermann ist zu seiner Zeit einer der berühmtesten deutschen Geographen. 1855 gründete er die Zeitschrift „Petermanns Geographische Mitteilungen“, in der er die Ergebnisse vieler bedeutender Expeditionen veröffentlicht. Gleichzeitig fördert er die Erkundung unbekannter Gebiete in aller Herren Länder, bemüht sich um Sponsoren für die Entdecker. Manchmal hat er auch selber die Idee für eine Expedition, wie im Fall der Ersten Deutschen Nordpolarexpedition.

Drei Jahre versucht Petermann, die nötigen Gelder für einen groß angelegten Vorstoß ins Polarmeer aufzutreiben. Vergeblich. Dann entschließt er sich zu einer kleineren Expedition. Da er selber zu Hause bleiben will, bietet er Carl Koldewey die Führung an. Dieser sagt sofort zu. Ziel der Expedition ist die Erforschung des arktischen Kerngebiets. Koldewey soll versuchen, entlang der grönländischen Ostküste so weit wie möglich nach Norden vorzudringen.

Carl Koldewey hat einen ausgezeichneten Ruf als Seemann und Naturwissenschaftler. Mit 16 Jahren trat er in die Marine ein. 1859 besuchte er in Bremen die Untersteuermannsschule. Nach dem Examen segelte er im Dienst der Ostindienfahrer. 1861 besuchte er die Obersteuermannsschule. Anschließend fuhr er wieder zur See, fünf Jahre lang. Carl Koldewey begann in Hannover und Göttingen zu studieren: Mathematik, Physik, Astronomie. Bis er das Angebot der Polarexpedition erhielt. Ein früherer Lehrer an der Seefahrtsschule hat ihn Petermann empfohlen.

Im April 1868 kauft Koldewey in Bergen einen norwegischen Robbenfänger, die „Grönland“: knapp 20 Meter lang, sechs Meter breit, eigens mit einer Verstärkung gegen das Eis versehen. Am 24. Mai sticht die Expedition von Bergen aus in See. Zehn Tage später erreicht sie 74 Grad nördliche Breite und nimmt Kurs auf Grönlands Ostküste. Schon bald blockieren Eisfelder die Weiterfahrt. Am 9. Juni sitzen sie im Packeis fest und werden mit der Strömung abgetrieben – von 75 auf 73 Grad. Knapp zwei Wochen später kommen sie wieder frei. Sie nehmen Kurs auf Spitzbergen, werden dort ebenfalls vom Eis aufgehalten, wagen dennoch einen zweiten Vorstoß nach Grönland – umsonst. Sie sehen die Küste, nur 50 Seemeilen entfernt, aber der Eisgürtel ist undurchdringlich.

Also wieder Spitzbergen. Sie dringen in die Hinlopen-Straße ein, die Spitzbergen von Nordostland trennt. Sie erkunden den Sund, führen Messungen der Temperaturen, Winde und Strömungen durch, werden auch hier vom Eis zur Umkehr gezwungen. Am 13. September erreichen sie ihre höchste Breite – 81 Grad. Dann kehren sie nach Bergen zurück. Sie bringen eine Menge wissenschaftlicher Daten mit nach Hause. Doch für Koldewey war es eine «unglückliche, gänzlich misslungene» Expedition.

Schon bald bereitet Carl Koldewey eine zweite deutsche Nordfahrt vor. Sie bricht mit zwei Schiffen auf. Die „Germania“ hat einen 15-PS-Motor und eine Hebevorrichtung für die Schiffsschraube. Die „Hansa“ ist größer als das Mutterschiff, hat aber keine Maschine. Sechs Wissenschaftler sind an Bord. Am 15. Juni 1869 stechen sie von Bremerhaven aus in See. Der König von Preußen gibt das Geleit.

Fünf Tage später werden die beiden Schiffe vor der ostgrönländischen Küste im Nebel getrennt. Die „Hansa“ verschwindet – für immer, wie Koldewey glaubt. Mit der „Germania“ gelingt ihm im zweiten Anlauf der Durchbruch durch das Eis zur Küste. Am 5. August erreicht er bei Ostgrönland 74 Grad 5 Minuten nördliche Breite. In einer Bucht der Sabine-Insel bezieht das Schiff sein Winterquartier. Die Männer entfernen Segel und Rahen, schneiden Eisblöcke, die sie als Schutzwall um das Schiff aufbauen. Sie errichten ein Observatorium auf einem Hügel nahe der Küste, um magnetische und astronomische Beobachtungen durchzuführen. Im Herbst unternehmen sie erste Erkundungstouren mit dem Beiboot und Schlitten. Sie entdecken Moschusochsen – keiner wusste, dass es diese Tiere so weit im Norden gibt – und Walrosse, die sich als angriffslustig erweisen. Die Männer ziehen durch die wilde Landschaft, sind gebannt von ihrer unberührten Schönheit. Topograph Julius Payer entdeckt einen Gletscher, den er nach seiner Tiroler Heimat benennt.

Vom 6. November 1869 an herrscht völlige Dunkelheit. Die Männer versuchen, auch in der Polarnacht ihre Routine aufrechtzuerhalten. Sie lesen stündlich Thermometer, Barometer, Wind- und den Gezeitenmesser ab. Dennoch leiden die Forscher unter der Finsternis, manche erkranken an Schlafsucht. Erst am 3. Februar 1870 sehen sie die Sonne wieder.

Am 24. März bricht Koldewey mit elf Mann zur großen Schlittenreise nach Norden auf. Sie haben keine Hunde, ziehen Gepäck und Vorräte selber. Das bedeutet vor allem karge Rationen. Sie stapfen endlos durch tiefen Schnee. Stürme peitschen ihnen eisige Flocken ins Gesicht. Sie erleiden Erfrierungen, werden schneeblind. Im Zelt dringt Schneestaub durch alle Ritzen, der Gemeinschaftsschlafsack ist gefroren. Aber die Liste ihrer Entdeckungen ist lang: Teufels-Kap, Dove-Bai, Koldewey-Insel, um nur einige zu nennen. Den zurückgelegten Küstenabschnitt nennen sie König-Wilhelm-Land. Am 15. April überschreiten sie den 77. Breitengrad. Sie blicken aufs Meer – und sehen Eis, nichts als Eis. Die These vom offenen Polarmeer scheint nicht zu stimmen. Der Proviant wird knapp, sie müssen umkehren. Der weitere Verlauf der Küste bleibt im Ungewissen. Die Frage, ob Grönland eine Insel ist, müssen künftige Entdecker klären. Mitte Juli bricht nach 300 Tagen das Eis auf. Die Expedition verlässt ihr Winterquartier. Ein letztes Mal versucht Koldewey, mit dem Schiff nach Norden vorzustoßen. Aber er gelangt wieder kaum weiter als 75 Grad. Sie nehmen Kurs nach Süden, entdecken den Kaiser-Franz-Josef-Fjord. Payer und Copeland besteigen einen 2320 Meter hohen Berg, der später Payer-Spitze heißen wird. Dann machen sie sich endgültig auf den Rückweg. Als sie am 10. September 1870 in der Deutschen Bucht ankommen, herrscht Krieg zwischen Deutschland und Frankreich.

Im Heimathafen werden sie von der „Hansa“-Besatzung begrüßt, die eine Woche vorher eingetroffen ist. Ihre Geschichte ist unglaublich, aber wahr: Im September 1869 friert ihr Schiff im Packeis fest, wird einen Monat später vom Eis zerquetscht und sinkt. Die Männer retten sich mit Vorräten und Beibooten auf eine Eisscholle und treiben auf ihr Richtung Süden – 198 Tage lang. In einem Sturm zerbricht die Scholle. Das Reststück ist zu klein für alle. Ein Teil der Mannschaft muss von nun an in den Booten schlafen. Am 7. Mai 1870 kommen sie endlich in freies Wasser. Aber nun wird der Proviant knapp. Da erreichen sie am 13. Juni die Missionsstation Friedrichsthal (Frederiksdal) im Süden von Grönland. Ein Schiff nimmt sie nach Kopenhagen mit. Alle haben überlebt.

Carl Koldewey ist der Erste, der eine Polarregion systematisch erkundet. Seine wissenschaftlichen Methoden setzen Maßstäbe. Als einer der Ersten plädiert er für permanente Messstationen in der Arktis. Die deutsche Forschungsstation auf Spitzbergen trägt heute seinen Namen.

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