Die Zahlen sind deprimierend: Wer an deutschen Universitäten ein MINT-Fach studiert, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften oder Technik, der hält selten bis zum Ende durch. Nur knapp jeder zweite Studienanfänger schafft nach einer Untersuchung des Hochschul-Informations-Systems (HIS) letztlich den Uni-Abschluss. Die übrigen Studenten brechen ab oder wechseln das Fach.
Wie konnte es so weit kommen? "Viele Studienanfänger haben sich schlecht informiert", sagt Wolfgang Loggen, Leiter der Zentralen Studienberatung an der RWTH Aachen. "Wer nur eine Drei in Mathe hat, der muss bereit sein, viel zu arbeiten."
Fachkräfte mit MINT-Qualifikationen gelten als besonders gefragt. Ein Blick auf die Zahlen irritiert da im ersten Augenblick: Derzeit liegt das Angebot an Arbeitskräften nämlich deutlich über der Nachfrage, und auch wenn sich die Lücke bis 2025 weitgehend schließt, ergibt sich rein rechnerisch noch lange kein Mangel.
Vier Gewinnt: Ratschläge zum Durchhalten
Allerdings gilt folgende Besonderheit: Nur jeder Zweite mit MINT-Qualifikation bleibt dauerhaft in seinem Berufsfeld, weil etwa Ingenieure ins Management wechseln. Das heißt, der Bedarf wird schon heute zu einem erheblichen Teil durch den Einsatz von Fachfremden gedeckt. Weil dies künftig deutlich schwieriger wird, rechnen die Wissenschaftler mit einem demografisch bedingten Engpass.
Daher lohnt es sich ein MINT-Studium zu beenden, denn die Chancen für die Absolventen auf einen Arbeitsplatz stehen gut. Der häufigste Grund für einen Studienabbruch sind Leistungsprobleme, ergab die HIS-Untersuchung. Wolfgang Loggen hat einige Ratschläge, was sich tun lässt, damit es gar nicht erst so weit kommt:
Infos, Infos, Infos: Zum Studienabbruch kommt es häufig, weil die Erstsemester über ihr Studium gar nicht richtig Bescheid wissen. Dabei war es nie einfacher, sich einen realistischen Eindruck vom Studium zu verschaffen. Studienordnung, Vorlesungsverzeichnis und der Stundenplan im ersten Semester: "Das ist doch alles vom heimischen PC aus abrufbar", sagte Loggen.
Die richtige Einstellung: "Erfolg in einem MINT-Studium haben am Ende nicht nur die mit einem Einser in Mathe", hat Wolfgang Loggen beobachtet. Vielmehr starten die Überzeugten durch. Wer am ersten Uni-Tag von sich sagen kann: "Ich habe mich für dieses Studium entschieden. Und ich freue mich darauf", für den sei das schon die halbe Miete. Nur die "überlebten" nämlich den ersten Rückschlag und stellten nicht gleich das große Ganze in Frage.
Hilfen wahrnehmen: Vor Beginn des Studiums sollte man alle Hilfsangebote nutzen, die man bekommen kann. Loggen empfiehlt, Beratungsgespräche mit der Studienberatung an der Universität zu führen, Selbsteinschätzungstests zu machen, wie sie etwa die RWTH Aachen im Internet anbietet und zum Vorkurs zu gehen, den es an vielen Unis meist im September vor Beginn des Studiums gibt.
Gut überlegen: Auch wenn Loggen daran glaubt, dass es mit der richtigen Arbeitsmoral fast jeder schafft. Menschen mit Zweifeln rät er, es sich gut zu überlegen, ob ein MINT-Studium wirklich das Richtige ist. Dafür formuliert er fünf Kontrollsätze. Wer hier mit Ja antwortet, der sollte sich seine Studienfachwahl gut überlegen:
- Ich sage von mir selbst, ich möchte gemütlich studieren.
- Wochenarbeitszeiten von mindestens 35 Stunden sind mir zu viel.
- Im Mathe-Grundkurs habe ich einen Vierer.
- Im Mathe-Grundkurs habe ich einen schlechten Dreier.
- Ich kann mit Rückschlägen nicht umgehen, und stecke schnell den Kopf in den Sand.
Die gute Nachricht kommt von Wolfgang Loggens zum Schluss: Die Erfahrung des Studienberaters zeigt: Wer nur die ersten beiden Jahre überlebt, der schafft es auch bis zum Schluss. Und dem ist ein guter Job so gut wie sicher.
von Kristin Kruthaup, dpa/jon
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