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Neue Verfassungserklärung in Ägypten
Mursi stellt sich über die Justiz
Der ägyptische Präsident Mohammed Mursi hat seine Macht erheblich ausgeweitet. Er verfügte neue Verfassungszusätze, nach denen keine seiner Entscheidungen seit seinem Amtsantritt im Juni und bis zum Inkrafttreten einer neuen Verfassung angefochten werden darf - weder von einem Gericht noch von anderen Behörden. "Kein Justizorgan hat das Recht, das Verfassungskomitee oder den Schura-Rat aufzulösen", heißt es darin. Die Umsetzung der Entscheidungen des Präsidenten dürften von keinem Gericht behindert werden.
Außerdem verlieh Mursi der Verfassunggebenden Versammlung und dem Oberhaus im Parlament Immunität vor einer möglichen, gerichtlich verfügten Auflösung. Beide Gremien werden von Mursis Islamisten dominiert. Das Unterhaus des Parlamentes war im Juni nach richterlichem Beschluss aufgelöst worden. Mit dem Beschluss fiel Mursi das Recht der Gesetzgebung zu.
Generalstaatsanwalt muss gehen
Mit der Verfassungsänderung sind auch alle von der Justiz bisher für ungültig erklärten Dekrete Mursis wieder wirksam. Auch Generalstaatsanwalt Abdel Meguid Mahmud muss damit seinen Posten räumen. Mahmud werde von Talaat Ibrahim Abdallah ersetzt, teilte ein Regierungssprecher mit.
Mursi macht den Generalstaatsanwalt für einen umstrittenen Freispruch mehrerer ranghoher Beamter des früheren Machthabers Husni Mubarak verantwortlich. Mahmud weigerte sich damals jedoch, seinen Posten zu verlassen. Dabei wurde er von der ägyptischen Justiz unterstützt.
Demonstrationen gegen die Regierung angekündigt
Fast alle liberalen Mitglieder haben das Verfassungskomitee inzwischen verlassen. Sie wollen damit gegen die aus ihrer Sicht mangelnde Kompromissbereitschaft der Islamisten protestieren. Mehrere liberale und linke Parteien haben für diesen Freitag zu einer Demonstration gegen die Regierung und die Muslimbrüder in Kairo aufgerufen.
Stand: 22.11.2012 19:00 Uhr