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Griechenland: Wenigstens den Reedern geht es gut | ZEIT ONLINE
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GriechenlandWenigstens den Reedern geht es gut

Während Griechenland sich durch eine Rezession kämpft, nutzen griechische Reeder die Gunst der Stunde: Sie kaufen weltweit Schiffe auf – insbesondere in Deutschland. von 

Der Hafen von Piraeus  vor den Toren von Athen

Der Hafen von Piraeus vor den Toren von Athen  |  © Ayhan Mehmet/Aacapress-com/dpa

Nein, auch das dritte Rettungspaket wird den griechischen Reedern die Laune nicht verderben. Es sieht zwar die Erhöhung der pauschalen Tonnagesteuer um vier Prozent vor. "Aber das ist kein Problem für die Unternehmen", sagt George Xiradakis, Geschäftsführer des griechischen Beratungsunternehmens XRTC Business Consultants, das sich auf die Schiffsbranche spezialisiert hat. Schon heute zahlen die Reeder eine freiwillige Abgabe, um den griechischen Staat zu stützen. Die nun geplante Erhöhung formalisiere nur diese Abgabe. Die Drohungen einiger Reeder, im Fall von Steuererhöhungen abzuwandern, hält er für einen Bluff. Zumal die Regelung nur wenige Reeder betreffen wird, weil viele von ihnen die Schiffe nicht unter griechischer Flagge fahren lassen.

Es ist wie so oft in den vergangenen Jahren: Die griechische Wirtschaft liegt am Boden und ausgerechnet die Branche, die am wenigsten davon betroffen ist, ist die Schifffahrt. Sie ist neben dem Tourismus das wichtigste Standbein der griechischen Ökonomie und trägt nach einer Studie der Boston Consulting Group im Auftrag des Reederverbands rund sechs Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. 

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Die griechischen Reeder betreiben inzwischen die weltgrößte Handelsflotte und kontrollierten 2014 nach Angaben ihres Branchenverbands insgesamt 17 Prozent der weltweiten Tonnage – so viel wie keine andere Nation. Besonders stark sind sie im Öl-, Gas- und Schüttgutgeschäft vertreten. Hier gehört ihnen fast jeder fünfte Frachter weltweit.  

Und die Griechen bauen ihr Geschäft aus: Aus den Boom-Jahren 2007-08 besitzen die Reeder noch hohe Liquiditätsreserven – im Unterschied zu deutschen Reedern, die ihre Schiffe oft mithilfe von Hunderten anderen Privatinvestoren und Banken fremdfinanzierten und nun verschuldet sind. Der Finanzpuffer hilft den Griechen nicht nur aktuell, die niedrigen Charterraten wie etwa im Schüttgutgeschäft zu überbrücken.

Sie kaufen außerdem günstig Schiffe ein. Allein in den ersten fünf Monaten haben sie 149 Frachter und Tanker im Wert von insgesamt rund vier Milliarden Euro übernommen, schätzt das Fachportal Tradewinds. "Die griechischen Reeder haben schon immer ein Händchen für gute Geschäfte gehabt", sagt Basil Karatzas, griechischer Schiffshändler in New York. "Sie investieren antizyklisch und kaufen, wenn kein anderer kauft."

Besonders lukrativ ist im Moment der deutsche Markt: Einige Banken und Schiffsfinanzierer wie die HSH Nordbank oder die Commerzbank haben sich in den vergangenen Jahren mit einer Vielzahl von Schiffsfinanzierungen verhoben und versuchen gerade um jeden Preis, ihre Bilanzen zu bereinigen. Sie haben auf einen weiterhin boomenden Schiffsmarkt gehofft, aber stattdessen sind weltweit die Frachtraten eingebrochen. Die Folge: Die Finanzplanungen mit mehrjährigen Charterverträgen für diese Frachter und Tanker sind Makulatur – die Schiffsbesitzer können die hohen Kredite nicht zurückzahlen, ihre Schiffe sind insolvent oder zumindest insolvenzgefährdet.

Leserkommentare
  1. Inzwischen sehe ich sogar auf dem Rhein Schiffe mit deutschem Namen aber unter griechischer Flagge.

    Vielleicht sollte Griechenland endlich mal ihre Reeder besteuern?

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    Es ist schon paradox, dass Griechische Reedner weltweit Schiffe kaufen, und gleichzeitig der schöne Hafen Piräus "privatisiert", d.h. an Chinesische Investoren verscherbelt wird.

    Europa schiesst sich selber in den Fuß. Dank Merkel. Dank Schäuble.

    "Inzwischen sehe ich sogar auf dem Rhein Schiffe mit deutschem Namen aber unter griechischer Flagge."

    Das ist alles eine Folge des Binnenmarktes (Maastricht 1993). Seit dem sieht man auch in Griechenland immer mehr deutsche Flugzeuge den griechischen Luftraum kreuzen und manchmal sogar landen.
    Die wirtschaftliche Eroberung der EU-Märkte, so war eigentlich von Kohl und Mitterand geplant, sollte lediglich EWG-Konzernen vorbehalten sein. Dagegen wollen sich jetzt die "Süderweiterten" wie Vollmitglieder benehmen.

    Wahrlich, es ist Zeit für einen Drexit!

  2. Eine linke Regierung müsste da doch sofort die Schrauben ansetzen, oder? Aber "links" ist man ja heutzutage schon, wenn man keine Krawatte trägt oder das Hemd aus der Hose hängen lässt.

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    "Die Tonnagesteuer wird in Artikel 107 der Verfassung erwähnt und genießt dadurch sogar Verfassungsrang. "

    Die Verfassung ist durch die Vorgängerregierung geendert worden und steht zur Zeit unter Schutz.
    Zipras könnte also nicht mal wenn er wollte...

    wenn die Reeder im Ausland wohnen oder ihren Wohnsitz dorthin verlagern können, ihre Firmen ebenfalls im Ausland ihren Sitz haben und die Schiffe mit exotischen Flaggen fahren?
    Da helfen eigentlich nur europäische Mindeststandards für die Besteuerung aller Schiffe, die EU-Häfen anfahren dürfen.
    Aber wie in so vielen anderen Bereichen wird eine solche einheitliche Mindestbesteuerung sicher in der EU nicht durchsetzbar sein.

  3. Branche gibt die in Griechenland gut funktioniert. Mehr davon in unseren Berichten in der BRD würde gut tun.
    Die Steuern sollten wir innerhalb der EU nicht so hoch beschimpfen solange wir bankrotte Gewerbe mit dicken EU-Geldern stützen und den zu Stützenden das vorher auch noch insiderhaft mitteilen.

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    • Gehawi
    • 19. August 2015 9:01 Uhr

    Das ist doch eine "aktuelle schöne Welt", wo die Reichen immer reicher werden und die griechischen Normalbürger zusammen mit uns anderen EU-Bürgern die Rechnung bezahlen.
    Man muss sich schon fragen, ob die von den Geldgebern geforderten und von Griechenland durchzuführenden Maßnahmen, die richtigen sind.

    • G.Lenkt
    • 18. August 2015 19:20 Uhr

    "
    Außerdem genießen die Reeder, wenn ihr Schiff unter griechischer Flagge fährt, die pauschale Tonnagesteuer – wie übrigens Reeder in anderen Länder wie Deutschland auch.
    "

    Wie erwähnt ist dieses international üblich, der Verfassungsrang in Griechenland ist da eher eine Marginalie.

    Aber wie wäre es denn mit der Besteuerung der Kirchen?

    Statt diese auch noch zu subventionieren.

    Oder, noch besser: Einfach die wirklichen Einkommen versteuern.

    7 Leserempfehlungen
  4. "Die Tonnagesteuer wird in Artikel 107 der Verfassung erwähnt und genießt dadurch sogar Verfassungsrang. "

    Die Verfassung ist durch die Vorgängerregierung geendert worden und steht zur Zeit unter Schutz.
    Zipras könnte also nicht mal wenn er wollte...

    8 Leserempfehlungen
  5. wenn die Reeder im Ausland wohnen oder ihren Wohnsitz dorthin verlagern können, ihre Firmen ebenfalls im Ausland ihren Sitz haben und die Schiffe mit exotischen Flaggen fahren?
    Da helfen eigentlich nur europäische Mindeststandards für die Besteuerung aller Schiffe, die EU-Häfen anfahren dürfen.
    Aber wie in so vielen anderen Bereichen wird eine solche einheitliche Mindestbesteuerung sicher in der EU nicht durchsetzbar sein.

    13 Leserempfehlungen
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    >>Besteuerung aller Schiffe, die EU-Häfen anfahren dürfen.<<

    Und schon würde alles was über diese Häfen importiert wird teurer!
    Sollte man sich das wünschen?

    ... also z.B. eine Forderung nach europäischen Mindeststandards für die Besteuerung aller Schiffe auf den Tisch zu legen?
    (ehrliche Frage! Vielleicht hat sie das ja tatsächlich, nur haben die Medien das nicht thematisiert und unter der Decke gehalten?)

    Sehr wohl thematisiert wurden dagegen (sowohl von der griechischen Regierung als auch von den Medien) über Wochen hinweg Forderungen nach Reparationszahlungen, zu leisten von deutschen Steuerzahlern und Hartz-IV-Empfängern.

    Aber mittlerweile bin ich fast der Ansicht, das war gar nicht so sehr gegen die Deutschen gerichtet. Vielleicht war es das strategische Kalkül, eine Art Revolutionsstimmung in Europa zu entfachen, in der Hoffnung, das Vehikel antideutscher Ressentiments würde in den anderen EU-Ländern auf fruchtbaren Boden fallen? Daß Deutsche dabei vor den Kopf gestoßen würden, wäre dann nicht die eigentliche Absicht gewesen, sondern man nahm es dabei eher als Kollateralschaden in Kauf.

    und dem Beispiel ihrer praktizierten Boykotte gegen Rußland folgen.
    Z.B.:
    Untersagung aller Geschäfte mit griechischen Reedern, egal wo sie ihren Wohnsitz haben.
    Und zwar solange, bis die Besteuerung der Reeder in Griechenland geregelt ist und steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigungen des griechischen Finanzministeriums vorgelegt werden.
    Die sollte auch für den Erwerb von Immobilien in Deutschland durch griechische Staatsbürger gelten!

    • Elym
    • 18. August 2015 19:35 Uhr

    Yeaph, siehe Fähren von KOS aufs Festland. Wie konnte ich lesen: die griechischen Reeder lassen sich den Transfer gut bezahlen - von den Flüchtlingen.

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    Sie sollten Ihren türkischen Zeitungen nicht alles nachplappern. Die Schleuser sind immer noch mehrheitlich Türken. Die Überfahrt mit einer öffentlichen Fähre kostet nicht einmal in Griechenland der Rentner-Milliardäre Tausende von Dollars.

    Ob jetzt ein Tourist, ein Insulaner oder ein Fluechtling ein Ticket fuer die Faehre kauft, ist der Betreiberfirma egal.

    Und dass zur Hochsaison die Preise sehr hoch sind ist der Tatsache geschuldet, dass man den Griechen beim Faehrverkehr zu den Inseln einen freien Wettbewerb vorgeschrieben hat. Die Preise muessen komplett von Angebot und Nachfrage geregelt werden, das gehoert zu den Spielregeln der EU.

    Im August ist die Nachfrage besonders hoch, also gehen die Preise nach oben. Wuerden die Fluechtlinge Tickets fuer November kaufen, waeren sie viel billiger.

    Man kann nicht die Maerkte deregulieren und sich dann aufregen, wenn die Unternehmer sich marktgerecht verhalten.

  6. >>Besteuerung aller Schiffe, die EU-Häfen anfahren dürfen.<<

    Und schon würde alles was über diese Häfen importiert wird teurer!
    Sollte man sich das wünschen?

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    müssen, würden dadurch konkurrenzfähiger. Vielleicht lohnt es sich da dann auch wieder Waren in Europa herzustellen, die jetzt billiger in China hergestellt werden und um den halben Erdball herumgeschifft werden müssen.

    • Chrest
    • 18. August 2015 20:35 Uhr

    "Und schon würde alles was über diese Häfen importiert wird teurer!
    Sollte man sich das wünschen?"

    Nach dieser Theorie müßte auch alles billiger werden, wenn man die Unternehmensbesteuerung abschafft und die Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber.
    Wäre das wünschenswert?

    hier noch zu erwähnen, dass damit auch die Erderwärmung infolge CO2 - Freisetzung gestoppt werden könnte. :-)

    Bitte informieren Sie sich aber auch mal über die aktuellen Frachtraten.

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