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Kfz-Überwachung: Wer zu hart bremst, verliert seinen Versicherungsrabatt | ZEIT ONLINE
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Kfz-ÜberwachungWer zu hart bremst, verliert seinen Versicherungsrabatt

Zum ersten Mal bietet eine Autoversicherung einen Tarif, der auf den Fahrdaten des Kunden basiert. Ein schlechtes Geschäft, für den Kunden wie für die Gesellschaft. von 

Mautbrücke bei Nacht, auch sie sammeln Daten der vorbeifahrenden Autos.

Mautbrücke bei Nacht, auch sie sammeln Daten der vorbeifahrenden Autos.  |  © Jan Woitas/dpa

Ab dem 15. November wird die Sparkassen DirektVersicherung eine Autoversicherung anbieten, die Daten des Fahrers auswertet. Wer bereit ist, sich und seinen Fahrstil überwachen zu lassen, der kann auf einen Rabatt von fünf Prozent hoffen. Das Produkt wird unter dem Namen S-Drive vermarktet und erfordert, dass sich der Kunde eine Datenüberwachungsbox in sein Auto schraubt.

Nach den Angaben der Versicherung erhebt diese sogenannte Telematik-Box anschließend, an welchem Ort sich das Auto gerade befindet, wie schnell es sich bewegt und wie stark es beschleunigt. Das wird in verschiedene "Score-Werte" umgerechnet.

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Fünf dieser Scores werden nach Angaben der Versicherung berechnet. An ihnen wird entschieden, ob der Fahrer artig war oder nicht. Registriert werden demnach überhöhte Geschwindigkeit, hastiges Bremsen und Beschleunigen, Fahrweise, Nachtfahrten und Stadtfahrten.

Wer mindestens zehn Kilometer in der Stunde schneller fährt als erlaubt, dem werden 20 Punkte abgezogen. Wer mit mehr als 0,25g beschleunigt oder mit mehr als 0,3g bremst, dem werden dafür – je nach Häufigkeit – zehn bis 20 Punkte abgezogen. Wer zwischen 23 und sechs Uhr fährt, bekommt pro Kilometer Nachtfahrt einen Minuspunkt und wer in geschlossenen Ortschaften unterwegs ist, ebenfalls. Diese Scores werden noch einmal gewichtet, "riskanter Fahrstil", also Bremsen und Anfahren, zählen schwerer als Stadtfahrten.

Kunden als Ware

Die Datenverarbeitung geschieht dabei nicht bei der Versicherung. Die hat das komplette System vom Mobilfunkunternehmen Telefónica. Das erhebt in der Box die Daten, verarbeitet sie und schickt lediglich den errechneten Score an die Versicherung. Telefónica hat offensichtlich häufiger solche Ideen. Vor einiger Zeit plante der Konzern, die Bewegungsdaten seiner Handykunden zu verkaufen. Erst als Politiker darauf hinwiesen, dass das illegal sei, wurde das Vorhaben gestoppt.

Kai Biermann
Kai Biermann

Kai Biermann ist Redakteur im Team Investigativ/Daten bei ZEIT ONLINE. Seine Profilseite finden Sie hier.

Das S-Drive-System nutzt keine konkreten Daten, die Versicherung erhält nur einmal im Monat den Score. Wer mindestens 80 der 100 möglichen Punkte hat, qualifiziert sich für den Rabatt.

Warum denn nicht?, sagen sicher jene, die sich dadurch einen Vorteil erhoffen. Wer anständig fährt, hat doch nichts zu verbergen und muss so auch nicht für den Blödsinn der Idioten bezahlen. Das ist aus mehreren Gründen eine gefährliche Haltung.

Erstens geht es dabei nicht um Sicherheit, wie die Versicherung suggeriert. Es geht um das wirtschaftliche Risiko der Versicherung. Der Fahrer soll gezwungen werden, das statistische Unfallrisiko und damit den möglichen Gewinnausfall des Unternehmens zu verringern, ob ihm das selbst nutzt oder nicht.

Leserkommentare
    • matbhm
    • 13. November 2013 18:59 Uhr

    ... Landsleuten, die so etwas mitmachen. Es muss sich doch jeder, der sich derart überwachen lässt, Mal fragen, was er wirklich jährlich spart! Um dann monatlich 10,- bis 15,- € zu sparen, begibt man sich in die Fänge von Big Brother. Ich würde den Leuten empfehlen, stattdessen die Versicherung zu wechseln!

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    Redaktion

    In vielen Bereichen ist das schon Alltag: Es gibt Regionlklassen, die das Großstadtrisiko auf Auto-Versicherungsnehmer abwälzen, Typklassen und anderes. Meine Krankenversicherung erstattet mir Beitrag zurück, wenn ich zum Zahnarzt gehe und meine Fitness nachweise. Nur einen Schrittzähler hat sie mir noch nicht angeboten oder verordnet, um mein Bewegungsmuster auszuwerten. Die beschriebene Autoversicherung ist da einen fragwürdigen Schritt weiter.

    Tilman Steffen (ZEIT ONLINE)

    eine Daseins-Berechtigung, und zweitens erschliessen Computer ihnen eine Zahlenwelt mit unendlichen Variablen, die durch keine "(Auto-Fahr-)-Realitaet" mehr gebremst wird, und schon gar nicht durch den gesunden Menschenverstand.

    Ich selbst komme bei 5 % Ersparnis auf ca. 20 € im JAHR

    Und das bei beiden von unseren Autos... also insgesamt 40 € würden wir sparen. Das ist ein Witz um sich als Gegenleistung überwachen zu lassen...

    Haben sie sich vertan?

  1. "Warum denn nicht?, sagen sicher jene, die sich dadurch einen Vorteil erhoffen. Wer anständig fährt, hat doch nichts zu verbergen und muss so auch nicht für den Blödsinn der Idioten bezahlen."

    Dieser Satz und besonders übertragen auf die NSA-Debatte und allgemeine Sicherheit im Sinne von "Wer nichts verbrochen/zu verberge hat, der muss auch nichts befürchten" ist so ziemlich der idiotischste Satz der Welt. Ausnahmslos JEDER hat irgendetwas zu verbergen oder irgendwann mal etwas ungesetzliches gemacht und sei es nur eine Ordnungswidrigkeit.

    Wenn sich so eine Haltung und damit die Live-Blackbox im Auto durchsetzt, dann wird es entweder bald Zwang oder die Freiheitsliebenden müssen ordentlich drauf zahlen.

    Ich will in keinem 100% sicheren Land leben, wenn ich dadurch meine Freiheit oder Unabhängigkeit aufgeben muss! Verbrechen könnte man durch GPS Implantate verhindern oder zumindest enorm abschrecken (wird ja eh aufgeklärt), Fehlverhalten im Straßenverkehr durch automatische Datenübermittlung, Terrorismus durch flächendeckende Überwachung.
    Dann haben wir vielleicht 100% Sicherheit, aber ich kann mit Unfällen, Verbrechen und Terrorismus leben, aber nicht mit einer Obrigkeitsmacht, die mich rund um die Uhr und überall überwacht!

    20 Leserempfehlungen
  2. würde so mancher "Sparfuchs" noch ganz anderes mit sich machen lassen. Alles was nicht plastisch greifbar ist und einen selbst betrifft, so auch Datenschutz oder Schäden für die Gesellschaft, sind vielen weniger wert als die paar Kröten.

    Der o.g. Versicherungstarif wird meiner Meinung nach am zu geringen Jackpot für den Endkunden scheitern, das muss nachjustiert werden.

    Das die Score-Kriterien sachliche Mängel aufweisen ist offensichtlich, aber wie man sich vorstellen kann, kann jeder Trottel ein besseres Scoring-Schema bauen. Und was dann?

    Da nicht mit konkreten Daten gearbeitet wird, ist der Datenschutz per se (Missbrauch möglich!) nicht das große Übel dieses Geschäftsmodells.

    Was bleibt von den Argumenten in diesem Artikel übrig wenn ich ein System baue was tatsächlich nur noch riskante Fahrer - jeder kennt sie und weiß was ich meine - bestraft?
    Ich vermute die meisten fänden das gut, da diese Menschen tatsächlich die Versicherungsbeiträge hochschrauben und sich insofern von den Menschen, die sie gefährden, aushalten lassen.

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    • Oyamat
    • 13. November 2013 19:24 Uhr

    Zitat: "Da nicht mit konkreten Daten gearbeitet wird, ist der Datenschutz per se (Missbrauch möglich!) nicht das große Übel dieses Geschäftsmodells."
    Nicht mit konkreten Daten? Wie sollte das gehen, wenn das Ziel ist, den Versicherungsbeitrag eines konkreten Vertrags festzulegen?

    Ich empfehle:
    > http://www.heise.de/newst...
    Der dort verlinkte Artikel auf Telepolis ist nicht deutlich ausführlicher, was die Sachinformationen angeht. Die Abbildungen geben auch ein paar Details zu dem Scoring-Verfahren her.

    Und - was übrigbliebe, wenn nur "riskante Fahrer" mit Strafe rechnen müssten? Eine Welt der Angst mit einem Volk von Duckmäusern, denn irgendwer fährt immer riskanter als andere - wenn die anderen nicht mehr dürfen (wegen Führerscheinentzug o.ä.), wird man es irgendwann selbst sein, der die Strafe kassiert.

    Nein, man kann nur hoffen, daß die Menschen begreifen, was das bedeuten würde, wenn dies Modell auch nur die _mindeste_ Akzeptanz erführe.

    MGv Oyamat

    Im Artikel steht:

    "Das S-Drive-System nutzt keine konkreten Daten, die Versicherung erhält nur einmal im Monat den Score. "

    Das bedeutet für mich die Kiste schickt nur die Score einmal im Monat raus, der Rest der Daten bleibt im Auto. Auch im Telepolis-Artikel steht nichts anders.

    Im Artikel steht:

    "Das S-Drive-System nutzt keine konkreten Daten, die Versicherung erhält nur einmal im Monat den Score. "

    Das bedeutet für mich die Kiste schickt nur die Score einmal im Monat raus, der Rest der Daten bleibt im Auto. Auch im Telepolis-Artikel steht nichts anders.

    Ansonsten zu
    "Und - was übrigbliebe, wenn nur "riskante Fahrer" mit Strafe rechnen müssten? Eine Welt der Angst mit einem Volk von Duckmäusern..."

    Wieso denn? Eine Welt in der riskante Fahrer stärker zur Kasse gebeten werden muss doch keine Welt der Duckmäuser sein. Angst braucht man dann auch nicht mehr zu haben als vorher.

    Ich möchte sagen man sollte nicht "Überwachungswahn!" brüllen wenn das am Thema vorbei geht.

    Als Verbraucher sollte man sich natürlich hüten vor sowas, denn wer sagt mir dass das System transparent und sicher ist? Solange diese Blackbox eine Blackbox will ich sowas nicht in meiner Karre haben.

    • Dr.Um
    • 13. November 2013 19:17 Uhr

    "...andererseits seien Versicherungstarife längst so fein in Klassen eingeteilt, dass es keinen Sinn mache, diese Einteilung noch weiter zu treiben."

    und weil das gelogen ist, gibt es nochmal 5% für Leute mit Black Box im Auto, aber nur wenn man nicht zu viel Stadtverkehr dabei hat. Frechheit.

    Bleibt zu hoffen, dass das nicht der Standard werden soll.
    Ich habe keine Lust, nachzudenken, ob starkes Beschleunigen (Autobahnzufahrt) neben dem Sprit auch noch Versicherungsprämie kostet.
    Wenn man den Wetterbericht zur Region betrachtet, könnte man doch gleich noch Zuschläge für Nebel- und Regenfahrten verlangen. Und wer im Winter Brücken überfährt, die vereist sind, könnte ebenfalls zur Kasse gebeten werden.

    13 Leserempfehlungen
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    Werden durch die Kosten der Blackbox wieder aufgefressen.

    Bei mir wären die 5 % ca. 20 € Ersparnis auf ein Jahr und das bei einem Mittelklassefahrzeug Vollkasko.

    Heißt wenn ich das in Anspruch nehmen würde, wäre die Versicherung bedingt durch die Mietkosten in Höhe von 71,40 € also ein Draufzahlgeschäft.

    71,40 - 20 = 51,4 € mehr für mich für eine "5 % Einsparung"

    Man zahlt also ca. 50 € mehr Geld dafür, dass man überwacht wird?

    • Aldur
    • 13. November 2013 19:22 Uhr

    Wenn man 71 Euro dafür bezahlt, das man "vielleicht" 15 Euro spart, dann ist das vor allem ein gutes Geschäft für die Vermieter von den Boxen.

    15 Leserempfehlungen
    • Oyamat
    • 13. November 2013 19:24 Uhr

    Zitat: "Da nicht mit konkreten Daten gearbeitet wird, ist der Datenschutz per se (Missbrauch möglich!) nicht das große Übel dieses Geschäftsmodells."
    Nicht mit konkreten Daten? Wie sollte das gehen, wenn das Ziel ist, den Versicherungsbeitrag eines konkreten Vertrags festzulegen?

    Ich empfehle:
    > http://www.heise.de/newst...
    Der dort verlinkte Artikel auf Telepolis ist nicht deutlich ausführlicher, was die Sachinformationen angeht. Die Abbildungen geben auch ein paar Details zu dem Scoring-Verfahren her.

    Und - was übrigbliebe, wenn nur "riskante Fahrer" mit Strafe rechnen müssten? Eine Welt der Angst mit einem Volk von Duckmäusern, denn irgendwer fährt immer riskanter als andere - wenn die anderen nicht mehr dürfen (wegen Führerscheinentzug o.ä.), wird man es irgendwann selbst sein, der die Strafe kassiert.

    Nein, man kann nur hoffen, daß die Menschen begreifen, was das bedeuten würde, wenn dies Modell auch nur die _mindeste_ Akzeptanz erführe.

    MGv Oyamat

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    Antwort auf "Für 15€ im Jahr"
  3. Redaktion

    In vielen Bereichen ist das schon Alltag: Es gibt Regionlklassen, die das Großstadtrisiko auf Auto-Versicherungsnehmer abwälzen, Typklassen und anderes. Meine Krankenversicherung erstattet mir Beitrag zurück, wenn ich zum Zahnarzt gehe und meine Fitness nachweise. Nur einen Schrittzähler hat sie mir noch nicht angeboten oder verordnet, um mein Bewegungsmuster auszuwerten. Die beschriebene Autoversicherung ist da einen fragwürdigen Schritt weiter.

    Tilman Steffen (ZEIT ONLINE)

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  4. das auch für die notorischen bummler auf der linken fahrspur eingeführt würde!

    => auch die sind oft genug eine bedrohung und zu selbstüberzeugt, um die mittlere oder die rechte spur zu nutzen.

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  • Schlagworte Auto | Euro | Missbrauch | Payback | Versicherung
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