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Buch „,Ich bin, was ich darf“: Das sind die Grenzen unserer Meinungsfreiheit | Recht - Frankfurter Rundschau
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05. Februar 2016

Buch „,Ich bin, was ich darf“: Das sind die Grenzen unserer Meinungsfreiheit

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Wo endet die Meinungsfreiheit im Internet? „Wer so gegen eine Gruppe Stimmung macht, dass er damit den Frieden im Land gefährdet, macht sich wegen Volksverhetzung strafbar“, erklärt Jurist Volker Kitz. (Symbolfoto)  Foto: dpa

Die Meinungsfreiheit steht wie kein anderes Grundrecht für den demokratischen Rechtsstaat. Nur ein Land ist frei, in dem Menschen furchtlos sagen können, was sie denken. Aber es gibt Grenzen. Warum das so ist, erklärt ein Buch des Juristen Volker Kitz.

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Das Bundesverfassungsgericht nennt die Meinungsfreiheit „eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt“. Meinungsfreiheit kann es nicht geben, wenn wir zwischen „richtiger“ und „falscher“ Meinung unterscheiden und nur die „richtige“ schützen: „Nur ein Land, in dem die Menschen ohne Furcht sagen können, was sie denken, ist frei“, so der Jurist und Psychologe Dr. Volker Kitz. Aber was, wenn es sich nun aber zum Beispiel um fremdenfeindliche Kommentare handelt? Und diese über soziale Netzwerke im Internet schnell und weit verbreitet werden?

Solche Fragen beantwortet Kitz in seinem Buch „Ich bin, was ich darf. Wie die Gerechtigkeit ins Recht kommt – und was Sie damit zu tun haben“ (Knaur Verlag). Der Bestsellerautor hat Jura und Psychologie studiert und in Rechtswissenschaft promoviert. Sein neues Buch thematisiert in wahren Fallgeschichten unser Verhältnis zum Rechtsstaat. Dabei geht es zum Beispiel um aktuelle Fragen wie: Gibt es ein Recht auf Vergessenwerden? Sind Frauenquoten richtig? Soll der Staat Sterbehilfe verbieten? Muss er mich vor Terroristen schützen?

Darf man öffentlich gegen Muslime hetzen, ohne eine Strafe zu befürchten? Mit diesen Fragen beschäftigt sich Volker Kitz.
Darf man öffentlich gegen Muslime hetzen, ohne eine Strafe zu befürchten? Mit diesen Fragen beschäftigt sich Volker Kitz.
 Foto: Knaur Pressefoto

Im Kapitel „Soldaten sind Mörder“ analysiert Volker Kitz, was Meinungsfreiheit eigentlich bedeutet und wo ihre Grenzen verlaufen. „Entscheidendes Merkmal der Meinung ist: Es kann unterschiedliche über dieselbe Sache geben“, stellt er fest. „Bei einer Meinung gibt es kein 'richtig' oder 'falsch'. Eine Meinung kann man nicht überprüfen.“ Deshalb sind vor dem Grundgesetz auch alle Meinungen gleich. Als Beispiel nennt Kitz den wahren Fall eines Sozialpädagogen, auf dessen Auto in den 90ern ein Aufkleber prangte mit der Aufschrift: „Soldaten sind Mörder“. Wegen Beleidigung sollte der Kriegsdienstverweigerer ein hohes Bußgeld zahlen, er legte deshalb Verfassungsbeschwerde ein.

Aber kann das Bundesverfassungsgericht eine solche Meinung billigen? Ja, es kann. Warum, das erklärt Kitz im Detail, und zwar so, dass es auch juristische Laien verstehen. Kurz gesagt ist es so: Einen einzelnen Menschen hat der Kriegsgegner nicht angesprochen, auf dem Aufkleber steht nicht „Soldat Peter Müller ist ein Mörder“. „Hat er die aktiven Soldaten der Bundeswehr gemeint, ist der Kreis so abgrenzbar, dass jeder aktive deutsche Soldat die Aussage auf sich beziehen könnte“, erklärt Kitz. Doch das gehe weder aus dem Aufkleber hervor noch aus den Umständen.

Der Aufkleber wurde während des Golfkriegs auf das Auto geklebt – dort waren keine deutschen Soldaten im Einsatz. „Weil seine Aussage sich nicht gegen deutsche Soldaten richtet, also nicht gegen eine Gruppe der Bevölkerung, kann er damit auch keine Volksverhetzung begangen haben.“ Im Vordergrund stehe die Sicht auf das „Töten im Krieg“, nicht ein Angriff auf die Ehre des einzelnen deutschen Soldaten.

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Unsere Meinungsfreiheit hat natürlich trotzdem Grenzen: „Niemand kann sich auf die Meinungsfreiheit berufen, um eine Lüge zu verbreiten“, so Kitz. Das ist klar. Auch Beleidigungen sind tabu – aber ab wann ist es eine Beleidigung? Auch das erklärt der Jurist mit einfachen Worten.

„Sage ich 'Mein Nachbar ist ein Arschloch', braucht ein Gericht nicht erst vorsichtig zu erforschen, was genau ich damit ausdrücken wollte. Die Wortwahl macht deutlich, dass ich meinen Nachbarn nicht nur kritisieren, sondern persönlich beleidigen will. Selbst wenn ich meinen Nachbarn für ein Arschloch halte, setzt sich seine Ehre gegen meine Meinungsfreiheit durch: Ich muss meine Meinung höflicher formulieren.“

Fundierte Kritik ist erlaubt, Schmähkritik aber nicht. Und auch Volksverhetzung, wie sie derzeit in sozialen Netzwerken etwa gegen Flüchtlinge stattfindet, ist verboten: „Wer so gegen eine Gruppe Stimmung macht, dass er damit den Frieden im Land gefährdet, macht sich wegen Volksverhetzung strafbar. Das kann geschehen, indem jemand zu Hass oder Gewalt anstachelt oder die Menschen in dieser Gruppe nicht nur kritisiert, sondern sie regelrecht als Untermenschen behandelt, mit denen man alles machen darf“, erklärt Kitz.

Fazit: Kitz' Buch kann mit seiner Anschaulichkeit und den aktuellen Themenbezügen punkten. Weil schwierige Rechtsfragen gut erklärt sind und das Buch ohne Paragraphen-Dschungel auskommt, ist es auch für juristische Laien verständlich. Der Leser erfährt viel über das deutsche Rechtssystem und lernt nachzuvollziehen, wie Gerechtigkeit entsteht.

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