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SPD kommt Tempo bei Wahlkreis-Reform verdächtig vor | hessenschau.de | Politik
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Bei der Einwohnerzahl unterscheiden sich die hessischen Wahlkreise zum Teil enorm. Die CDU will die fällige Reform noch vor der Landtagswahl durchziehen - die SPD wittert ein taktisches Manöver.

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Die hessischen Wahlkreise zur Landtagswahl müssen neu eingeteilt werden: Darüber sind sich im Landtag alle Fraktionen im Prinzip einig. Wie diese Neuordnung vonstatten gehen soll, sorgt allerdings für Streit.

Betroffen sind insgesamt 16 Wahlkreise. Einige Wahlkreise haben mittlerweile sehr viel mehr Einwohner als andere. Bei ihnen fällt die Stimme des einzelnen Wählers also sehr viel weniger ins Gewicht. Wegen dieser Ungleichheit unter hessischen Wählern könnte die Abstimmung angefochten werden. Die schwarz-grüne Koalition möchte den Zuschnitt deshalb vor der nächsten Landtagswahl ändern.

SPD kritisiert Hau-Ruck-Verfahren

Die SPD sieht in dem Schnellschuss Wahlkampftaktik. Eine solche Reform mache man "sorgfältig und gründlich, nicht im Hau-Ruck-Verfahren nach politischen Gefälligkeiten", kritisierte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Günter Rudolph, am Donnerstag. Er forderte eine "Einteilung, die nachvollziehbar ist". Seine Fraktion behalte sich ausdrücklich eine verfassungsrechtliche Überprüfung vor, sagte Rudolph.

Dass die Wahlkreise wegen den Veränderungen bei der Bevölkerungsdichte neu zugeschnitten werden sollten, sei unstrittig. Dies müsse auf Basis aktueller Zahlen zu den Wahlberechtigten geschehen. Dazu könnte man beispielsweise das Wählerverzeichnis der Bundestagswahl vom vergangenen Sonntag heranziehen. Bisher dienen als Grundlage für die geplante Neuordnung Daten mit dem Stichtag Ende 2015.

Mehrheiten könnten wechseln

Die SPD befürchtet, dass die Neuordnung zu ihren Lasten geht. Eiterfeld etwa soll künftig zum Wahlkreis Hersfeld gehören. Von den 5.700 Wahlberechtigten in Eiterfeld stimmen fast 70 Prozent für die CDU. Wenn diese Stimmen künftig zum Wahlkreis Hersfeld gezählt werden, könnte die SPD ihre dortige Mehrheit verlieren.

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So will Schwarz-Grün die Wahlkreise ändern

Dem Gesetzentwurf der Koalition von CDU und Grünen zufolge sollen wechseln:

  • die Gemeinde Nieste vom Wahlkreis 2 (Kassel Land II) in den Wahlkreis 9 (Eschwege-Witzenhausen)
  • die Stadt Lichtenfels vom Wahlkreis 5 (Waldeck-Frankenberg I) in den Wahlkreis 6 (Waldeck-Frankenberg II)
  • die Gemeinde Ludwigsau vom Wahlkreis 11 (Hersfeld) in den Wahlkreis 10 (Rotenburg)
  • die Gemeinde Eiterfeld vom Wahlkreis 14 (Fulda I) in den Wahlkreis 11 (Hersfeld)
  • die Gemeinde Fernwald vom Wahlkreis 18 (Gießen I) in den Wahlkreis 19 (Gießen II)
  • die Stadt Laubach vom Wahlkreis 19 (Gießen II) in den Wahlkreis 20(Vogelsberg)
  • die Gemeinde Heidenrod vom Wahlkreis 29 (Rheingau-Taunus II)in den Wahlkreis 28 (Rheingau-Taunus I)
  • die Gemeinde Niederdorfelden vom Wahlkreis 40 (Main-Kinzig I) in den Wahlkreis 41 (Main-Kinzig II)
  • die Gemeinde Groß-Rohrheim vom Wahlkreises 54 (Bergstraße I) in den Wahlkreis 48 (Groß-Gerau II)
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Dass der Gesetzentwurf für die Neuordnung viel zu knapp komme, kritisiert auch die Linken-Fraktion. Geschäftsführer Hermann Schaus warf Innenminister Peter Beuth (CDU) "Verpenntheit" vor. "Es ist zudem eine Unverschämtheit gegenüber den Parteien, die mit ihren Nominierungen und Überlegungen längst begonnen haben." FDP-Rechtsexperte Wolfgang Greilich sagte, der Landesregierung sei seit 2015 bekannt, dass eine Reform der Wahlkreise ansteht.

CDU sieht Klage-Risiko durch Ungleichheiten

In den 55 Wahlkreisen in Hessen gebe es durchschnittlich 79.790 Wahlberechtigte über 18 Jahren, erläuterte der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Alexander Bauer. Allerdings zähle der größte Wahlkreis, Gießen I, mehr als 100.000 Wahlberechtigte. Er liege damit fast 29 Prozent über dem Mittelwert. Auf der anderen Seite habe Rotenburg nur knapp 57.000 Wahlberechtigte und damit 28,8 Prozent weniger als der Durchschnitt. Daher bestehe die Gefahr, dass der Grundsatz verletzt werde, dass jede Stimme den gleichen Zähl- und Erfolgswert haben muss.

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Richter sahen keine Grundsatz-Verletzungen

Die nächste Landtagswahl in Hessen ist voraussichtlich Ende 2018. Um Ungleichgewichte abzumildern, hat Hessen zuletzt 2005 den Zuschnitt der Landtagswahlkreise geändert. Denn er ist seit langem umstritten. 2004 wies der hessische Staatsgerichtshof eine Klage zweier Bürger ab, die fanden: Die unterschiedliche Größe der Wahlkreise gemessen an der Bevölkerungszahl verletze das Recht auf Wahlgleichheit. 2006 wies der Staatsgerichtshof zwei ähnlich argumentierende Wahlprüfungsbeschwerden gegen die Landtagswahl von 2003 zurück. Die Richter erklärten, die Unterschiede seien nicht so gravierend, dass sie die Aufhebung einer Wahl und die Auflösung eines Parlaments rechtfertigten.

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Innenminister Beuth verteidigte die Zahlen. Sie entspräche den jüngsten Daten des Statistischen Landeamtes. Die Grünen-Abgeordnete Angela Dorn gab zu Bedenken, dass die Wahlberechtigten für die Bundestagswahl anders definiert würden als für eine Landtagswahl. Daher seien die Zahlen vom vergangenen Sonntag nicht einfach übertragbar.