Laute Musik von der Band Mojito begr&uuml;&szlig;t die etwa zehn Journalisten, die der Einladung zur Pressekonferenz anl&auml;sslich der Er&ouml;ffnung von &quot;Dee! s Coach und Casting Center&quot; gefolgt sind. Dee hei&szlig;t im richtigen Leben Detlef Soost. &quot;Ich war mit dem Namen Detlef nie richtig gl&uuml;cklich. Der Mann meiner Mutter hat ihn mir verpasst, obwohl er &uuml;berhaupt nicht mein Vater ist.&quot; Der Name &quot;Dee&quot; ist dann bei einer Modenschau auf Mallorca entstanden, damit Dee sich nicht von den gr&ouml;&szlig;tenteils ausl&auml;ndischen Models &quot;D&auml;tl&auml;f&quot; rufen lassen musste.In letzter Zeit ist Dee als Choreograf und als Jurymitglied f&uuml;r die beiden Fernsehstaffeln &quot;Popstars&quot;, die die Bands &quot;No Angels&quot; und &quot;Bro Sis&quot; hervorgebracht haben, bekannt geworden. Sein ab heute ge&ouml;ffnetes &quot;Coach und Casting Center&quot; bietet unter anderem Tanzklassen f&uuml;r Hip- Hop, Jazz, Latin und Streetdance an. Dee selbst wird zweimal in der Woche eine Klasse in &quot;Dee s Style und Streetdance&quot; unterrichten. &quot;Ich bin nicht einfach nur T&auml;nzer&quot;, sagt Dee. Er hat eine Lehre zum Werkzeugmacher gemacht und war nebenbei Model. Ein wenig schwer tut er sich vor den Journalisten, um ihnen und durch sie der &Ouml;ffentlichkeit zu beweisen, dass er seinen Job gut macht und wirklich etwas kann. Denn wie alle unbekannten Hinterm&auml;nner im Fernsehen leidet auch er unter dem Ruf, nichts zu k&ouml;nnen. Dass er etwas kann, hat er l&auml;ngst bewiesen: Als Choreograf f&uuml;r Fernsehperformances hat er unbekannte Musikacts wie Rollergirl, Jeanette Biedermann, sogar Sarah Connor und die &quot;No Angels&quot; nach oben gebracht. Dass er so erfolgreich ist, verdankt er seinem hartem Stil: &quot;Lieber werde ich von den Leuten, die ich coache, f&uuml;r meine H&auml;rte gehasst, als dass ich sie nicht an ihre Leistungsgrenze treibe, damit sie alles geben&quot;, hei&szlig;t es in seiner Kurzbiografie.Nun er&ouml;ffnet Dee seine eigene Tanzschule in Berlin, die gleichzeitig ein &quot;Coach und Casting Center&quot; ist. Hier haben alle, die gerne ein Star werden m&ouml;chten, die M&ouml;glichkeit, ihr Talent unter Beweis zu stellen. Dee s Studio wird die erste Tanzschule in Deutschland sein, die ein Aufnahmestudio, einen Interview-Trainingsbereich, in dem man lernen kann, l&auml;stigen Journalistenfragen auszuweichen, zwei Tanzstudios und einen Wellnessbereich unter einem Dach vereint. &quot;Ich will jedem, der von uns gecoacht wird, die Illusion nehmen, dass es f&uuml;r irgendjemanden eine Garantie gibt, ein Star zu werden&quot;, sagt Dee und sein Tipp an die Jugendlichen ist es, erst einmal eine Lehre oder Ausbildung abzuschlie&szlig;en. &quot;Denn dann hat man nicht den Druck, sofort alles schaffen zu m&uuml;ssen. Oft werden die Auftritte solcher Leute zu einem einzigen Krampf.&quot; In seiner Jugend war Dee s gro&szlig;es Idol Michael Jackson. Durch ihn ist er zum Tanzen gekommen. Heute ist er nicht mehr nur T&auml;nzer, sondern auch ein berechnender Gesch&auml;ftsmann. Vielleicht werden auch seine Z&ouml;glinge eines Tages nicht nur Stars wie ihre Idole werden, sondern etwas aus ihren Tr&auml;umen entwickeln, so wie es Detlef Soost getan hat.Tanzen wie die Stars // Kurse in &quot;Dee! s Coach und Casting Center&quot; k&ouml;nnen alle, die &auml;lter als sechs Jahre sind ab heute in der Holzmarktstr. 11 in Berlin-Mitte besuchen.Getanzt wird montags bis freitags u. a. Breakdance, Streetjazz, Funky Aerobic, Rythm n Fight, Showjazz, Streetlatin, Akrobatik und Videoclip-Dance.Eine Einzelstunde (60 Minuten) kostet f&uuml;r Sch&uuml;ler elf Euro. Wer mit der monatlichen Pauschale alle Kurse besuchen will, zahlt 119 Euro im Monat.

Der Choreograf der "No Angels" eröffnet heute seine Tanzschule in Berlin: "Ich treibe die Leute dazu, an ihre Leistungsgrenze zu gehen"

Berlin

Stil

Mallorca

Casting

Das Ragende geh&ouml;rt zur Physiognomie des Dirigenten G&uuml;nter Wand schon im ganz &auml;u&szlig;erlichen Sinne. Sind die meisten Dirigenten k&ouml;rperlich kleiner als sie scheinen, scheint Wand ein zarter Riese zu sein, einer, der unter der eigenen Gr&ouml;&szlig;e sich kr&uuml;mmt. Aber jenseits des Feuilleton-Gemeinplatzes vom herausragenden Dirigenten ist Wand auch ein hineinragender Dirigent, n&auml;mlich aus einer langen Vergangenheit in die Gegenwart: Heute vor 90 Jahren wurde er in Elberfeld geboren, da waren Brahms und Bruckner noch keine 20 Jahre tot, Benjamin Britten noch gar nicht geboren. Mehr als die nackten Zahlen jedoch besagt der Vergleich von Wands Karriere mit der etwa Herbert von Karajans, der, vier Jahre &auml;lter noch als Wand, ein ganz anderes, vordergr&uuml;ndig moderneres Bild vom Dirigenten entwickelte, eines, das in seiner Gesch&auml;ftigkeit und seinem medial polierten Starcharakter Vorbildcharakter f&uuml;r alle nachfolgenden Generationen hatte. Als Karajan die Berliner Philharmoniker &uuml;bernahm, in Salzburg im Alleingang seine Osterfestspiele organisierte und den Markt mit Aufnahmen geradezu &uuml;berschwemmte, sa&szlig; Wand im K&ouml;lner G&uuml;rzenich und musste sich von der &uuml;berregionalen Presse bescheiden lassen, er sei auf Grund seiner 28 Jahre w&auml;hrenden Arbeit mit dem dortigen Orchester ein &quot;Provinzkapellmeister&quot;. Dennoch ist das &ouml;ffentliche Bild G&uuml;nter Wands ohne die von Karajan angesto&szlig;enen Entwicklungen nicht denkbar: Ohne Karajans Karriere-Ehrgeiz oder seinen technischen Innovationstrieb zu teilen, verdankt auch er die allm&auml;hliche, weltweite Verbreitung seines Ruhms der Schallplatte: Wie sonst h&auml;tte dem &uuml;beraus Sesshaften ein solch legend&auml;rer Ruf zuwachsen k&ouml;nnen? Dass Wand ein Star geworden ist, h&auml;ngt auch mit seinem Arbeitsethos zusammen: Wand machte sich rar, auch bevor ihn das Alter dazu zwang, weil er von der Musik selbst sich gezwungen f&uuml;hlte, ihr in sich Zeit zu geben - unter kulturindustriellen Verh&auml;ltnissen aber wird das als Knappheit wahrgenommen, und Knappheit steigert den Wert. Man sollte Wands sp&auml;ten Ruhm also nicht gar zu unschuldig als Sieg der Substanz &uuml;ber das Blendwerk deuten. So ernst es ihm zweifellos mit der Musik ist, die bedenkenlose &ouml;ffentliche Verehrung, die ihm zuallererst unangenehm sein m&uuml;sste, die Aufmerksamkeit der Nachrichtenagenturen auf seinen Gesundheitszustand zeigen zun&auml;chst nur, dass die Ikone des Ernstes gut verk&auml;uflich ist. Und um etwa den Mozart-Aufnahmen Wands etwas abgewinnen zu k&ouml;nnen, muss man schon blind fanatisch sein. Nat&uuml;rlich bew&auml;hren sich Wands Interpretationsideale auch hier: Der gro&szlig;e Atem, mit dem der formale Bogen abgemessen, die sorgf&auml;ltige Artikulation, mit der das Klangbild lebendig und transparent gehalten wird. Aber dennoch wirkt das altmodisch, nicht nur durch die verh&auml;ltnism&auml;&szlig;ig gro&szlig;e Orchesterbesetzung und durch die breite Tongebung. Es fehlen vor allem Akzente, die das Einzelne profilieren und die Wand wohl vor allem deshalb meidet, weil er das Ganze dem Einzelnen stets &uuml;berordnet. Der expressiven Wendigkeit von Mozarts Musik, ihrer opernhaft-dialogischen Struktur, ist dieser interpretatorische Grundsatz abtr&auml;glich, er sagt aber &uuml;ber die k&uuml;nstlerische Herkunft Wands einiges aus. Wie alle Dirigenten dieser Zeit sammelte auch G&uuml;nter Wand seine ersten Dirigiererfahrungen an der Oper. Als er nach dem Zweiten Weltkrieg in K&ouml;ln als Generalmusikdirektor mit dem Wiederaufbau des Musiklebens beauftragt wurde, traf er bald eine signifikante Entscheidung: Er gab die Leitung der Oper ab. Beschr&auml;nkung aus Verantwortung war ein Charakterzug Wands ebenso wie die Wahl des symphonischen Repertoires. Auf der zum 90. Geburtstag erschienenen, zehn CDs mit &quot;Essential Recordings&quot; enthaltenden Box, gibt es &uuml;berhaupt nur vier Werke, die nicht &quot;Symphonie&quot; hei&szlig;en, und davon auch nur zwei, die nicht, wie Mozarts Haffner-Serenade oder Beethovens dritte Leonoren-Ouvert&uuml;re, symphonisch gedacht sind, n&auml;mlich Schuberts Rosamunde-Musik und Strawinskys Pulcinella-Suite. Die Symphonie aber ist im emphatischen Sinne und in Abgrenzung zu ihren Vorl&auml;ufern Suite oder Serenade eine Totalit&auml;t, die Folge ihrer S&auml;tze beansprucht seit Beethoven Verbindlichkeit. Schon Wands Besessenheit von der Symphonie enth&auml;lt also die Pr&auml;misse, dass das Detail vom Ganzen her bestimmt werden soll. Das Ganze aber ist in einer Partitur nicht einfach abzulesen, denn sie verzeichnet nur Einzelheiten, das Ganze ist erst als hinterfassende Idee der Einzelheiten zu bestimmen. Und auch die Entstehung eines Ganzen in der klingenden Zeit ist nicht einfach zu befehlen, sondern aus den Einzelheiten zu entfalten. So gibt es denn bei Wand nie den einen, expressiv erf&uuml;llten Moment, den besonders sch&ouml;nen Klang, den Augenblick, auf den alles zul&auml;uft, sondern alles ist im Hinblick auf das Ganze strukturiert und im Fluss. Im Bestreben nach Zusammenhang musiziert Wand nicht, wie andere Dirigenten, im Alter tendenziell immer langsamer, sondern eher schneller. Seine erste Aufnahme der f&uuml;nften Symphonie von Bruckner mit seinem K&ouml;lner Orchester von 1974 weist zwar geringf&uuml;gig k&uuml;rzere Spieldauern auf als die letzte mit den Berliner Philharmonikern von 1996, aber der H&ouml;reindruck ist paradoxerweise ein ganz anderer: Die Tempi sind fast ununterscheidbar, aber die Verbindung der T&ouml;ne miteinander ist in der sp&auml;teren Aufnahme dichter, der Zusammenhang zwingender, der Gro&szlig;rhythmus noch tragf&auml;higer. Auf solcher Grundlage l&auml;sst es sich freier atmen, und solche gr&ouml;&szlig;ere Gelassenheit in den Anschl&uuml;ssen der Formteile mag vielleicht die l&auml;ngeren Spielzeiten erkl&auml;ren. Die reicheren klanglichen M&ouml;glichkeiten der Philharmoniker nutzt Wand nicht f&uuml;r sch&ouml;neren Klang, sondern zur pr&auml;zisen Differenzierung: Mussten die zupfenden Streicher des K&ouml;lner Rundfunk-Sinfonie-Orchesters bis ins forte gehen, um das zweite Thema des Kopfsatzes deutlich zu phrasieren, so bieten die Philharmoniker eine solche Spannweite an Schattierungen im Leisen, dass Wand die Passage hier im geforderten piano realisieren konnte. Durch ihre geringere dynamische Spannweite aber f&auml;llt die Passage nicht mehr so auf, sondern ordnet sich in das Ganze ein. Wands architektonisches Interpretationsideal, die technische Entsprechung f&uuml;r das immer wieder bemerkte Zur&uuml;cktreten des Dirigenten hinter der Musik, ist seiner Herkunft nach ein altes: Bis in die Selbstrechtfertigungen Wands, der alles &quot;Gef&uuml;hlige&quot; ablehnt und sich als &quot;komponistengl&auml;ubig&quot; bezeichnet, erinnert dieser Ansatz an die so genannte Neue Sachlichkeit der zwanziger und drei&szlig;iger Jahre, in denen Wand musikalisch gepr&auml;gt wurde. Wurde hier jedoch ein reiner Notenpositivismus praktiziert, fern von jener Kenntnis um Idiomatik, wie sie die historische Auff&uuml;hrungspraxis sp&auml;ter so reichhaltig zu Tage f&ouml;rdern sollte, so vermochte Wand diesen Stil durch seine Idee des Ganzen zu &uuml;berwinden. Sie l&auml;sst die Objektivit&auml;t des Textes im spirituellen Licht des denkenden Subjekts aufstrahlen.Bei Wand gibt es nie den einen, expressiv erf&uuml;llten Moment, den besonders sch&ouml;nen Klang, den Augenblick, auf den alles zul&auml;uft. Alles ist im Hinblick auf das Ganze strukturiert und im Fluss.DPA G&uuml;nter Wand am 9. Juli 2000 in der Musikhalle L&uuml;beck bei der Er&ouml;ffnung des Schleswig-Holstein Musikfestivals

Dem Dirigenten Günter Wand zum 90. Geburtstag: Beseelt von der Idee des Ganzen

Berliner Philharmoniker

Herbert von Karajan

Köln

Salzburg

Benjamin Britten

Manche B&uuml;cher stimmen bereits mit ihrem ersten Satz misstrauisch: &quot;Am Anfang des Jahrhunderts arbeiteten Wegbereiter der Moderne wie Paul C&eacute;zanne und Edvard Munch noch an ihrem sp&auml;ten Werk, w&auml;hrend die Avantgarden mit dem jungen Pablo Picasso an der Spitze bereits die neuen Bilder auszuhecken begannen.&quot; Man wundert sich nicht nur, dass Uwe M. Schneede den im Jahr 1900 gerade 37-j&auml;hrigen Munch hier zum Vertreter der &auml;lteren Generation erkl&auml;rt, obwohl dieser damals noch 44 Lebens- und Schaffensjahre vor sich hatte; man stolpert auch &uuml;ber die Vokabel aushecken, suggeriert sie doch, Picasso und Konsorten h&auml;tten sich so etwas wie einen Scherz erlaubt, als sie die Moderne erfanden. Leider wird das Misstrauen, zu dem der erste Satz Anlass gibt, bei weiterer Lekt&uuml;re des Buchs best&auml;tigt - und nicht nur das: Es steigert sich zu Unmut. Kannte man Schneede, Kunstgeschichtsprofessor und seit zehn Jahren Leiter der Hamburger Kunsthalle, bisher als einen der professionellsten Vermittler der modernen Kunst (seine B&uuml;cher widmen sich so unterschiedlichen Sujets wie Boccioni, Beckmann, Magritte oder den Aktionen von Beuys), findet man in der &quot;Geschichte der Kunst im 20. Jahrhundert&quot; kaum etwas von den Tugenden des Autors wieder. Inhaltliche Ungenauigkeiten und stilistischer Schludrian (Erstere oft als Folge von Letzterem) sind vielmehr auf fast jeder Seite anzutreffen.Gravierender ist jedoch, dass Schneede Klischees perpetuiert, die bereits endg&uuml;ltig &uuml;berholt zu sein schienen. So pr&auml;sentiert er die K&uuml;nstler der Avantgarden einmal mehr als leidende, von der Gesellschaft versto&szlig;ene Heroen, als Extremisten und Existenzialisten, die in ihren Werken vor allem ihre &quot;Erregtheit&quot; und &quot;N&ouml;te&quot;, &quot;Ausweglosigkeit&quot; und &quot;Zerrissenheit&quot; zum Ausdruck gebracht h&auml;tten (um so seltsamer die Vokabel aushecken!). Dabei stellt der Autor nie infrage, dass die Konventionsbr&uuml;che und &auml;sthetischen Verweigerungen, mit denen das Kunstpublikum im Verlauf des 20. Jahrhunderts verunsichert wurde, allesamt positiv zu beurteilen sind; indem er oft auch nur den Geist des &quot;Umbruchs&quot; beschw&ouml;rt, daf&uuml;r jedoch keine jeweils eigene Begr&uuml;ndung liefert, erkl&auml;rt er Irritation und Provokation sogar zu Werten an sich. Und da sie als Antriebskr&auml;fte der Kunst der Moderne identifiziert werden, erscheint diese zugleich als einzige Erfolgsgeschichte. Beinahe penetrant r&uuml;hmt Schneede Richtung um Richtung, K&uuml;nstler um K&uuml;nstler als erneute Revolution. Wer also eine Problemgeschichte oder auch nur eine etwas differenziertere Betrachtung sucht, die &uuml;ber mehr Methoden verf&uuml;gt als &uuml;ber den simplen Schluss vom Leben auf das Werk, sollte Schneedes Buch meiden.Nicht einmal in der Auswahl der behandelten K&uuml;nstler-Helden ist das Buch &uuml;berraschend, besitzt seinerseits somit nichts von dem provokanten Geist, den es immerzu herbeizitiert. Als befremdlich und provozierend k&ouml;nnte h&ouml;chstens empfunden werden, wie fraglos Schneede die Kunst als westlich-m&auml;nnliche Angelegenheit verhandelt. L&auml;sst sich die Beschr&auml;nkung auf Europa und die USA noch insofern verteidigen, als hier die Heimat des modernen Begriffs von Kunst liegt, dessen interkulturelle Anwendbarkeit in den letzten Jahren immer wieder problematisiert wurde, gibt es f&uuml;r die Vernachl&auml;ssigung der Kunst von Frauen keinen Grund. Von den 157 Abbildungen sind gerade vier f&uuml;r sie reserviert (zwei weitere zeigen Werke eines Ehepaars), und es fehlen etliche bekannte Namen von Paula Modersohn-Becker &uuml;ber Louise Bourgeois bis hin zu Katharina Fritsch oder Rebecca Horn. Selbst jemand wie Frida Kahlo bleibt unerw&auml;hnt, die eigentlich besonders gut zum Topos vom leidenden K&uuml;nstler gepasst h&auml;tte. Andererseits sind einigen m&auml;nnlichen Heroen (Duchamp, Brancusi, Beckmann, Beuys und Nauman) eigene Kapitel gewidmet, was zeigt, wie stark Schneede die Kunstgeschichte auf wenige Schl&uuml;sselfiguren reduziert.Nat&uuml;rlich ist auch Picasso in mehreren Kapiteln ausf&uuml;hrlich behandelt, dessen &quot;Demoiselles d Avignon&quot; von 1907 dem Leser deshalb als Hauptwerk angetragen werden, weil in sie afrikanische Masken &quot;wie ein Blitz einschlugen&quot;. Schneede weiter: &quot;Wohlvorbereitet durch die vielen Studien, holt er Picasso zum gro&szlig;en Schlag aus.&quot; Solches Vokabular aus der Sprache des Terrorismus ist leider bezeichnend f&uuml;r das Buch, das den martialischen Tonfall der Zeit, der die Avantgarde-Werke entstammen, oft unreflektiert &uuml;bernimmt. Auch das ist freilich alles andere als ungew&ouml;hnlich; vielmehr w&auml;re es einmal eine eigene Untersuchung wert, inwieweit und warum gerade die moderne Kunstgeschichtsschreibung einer der letzten Orte ist, wo eine gewaltverliebte Diktion ein Refugium gefunden hat und sich - unter dem Mantel der Kultur - ausleben darf. Schon vor rund drei&szlig;ig Jahren hatte Martin Warnke das Gewalt- und Machtvokabular in der Beschreibung von Kunstwerken kritisiert; bei Schneede verfolgt es den Leser regelrecht, bereitet die Kunst damit aber vielleicht gerade f&uuml;r diejenigen auf, die heutzutage noch milit&auml;rische Tugenden verk&ouml;rpern, nach Identifikationsfiguren f&uuml;r ihr eigenes Machtgebaren suchen und nicht zuletzt als Sponsoren und Stifter f&uuml;r Museen ben&ouml;tigt werden: Banker, Manager, Rechtsanw&auml;lte und Gesch&auml;ftsleute.Muss es Spekulation bleiben, ob Schneede sich infolge der jahrelangen Bem&uuml;hungen, der Hamburger Kunsthalle neue Geldquellen zu erschlie&szlig;en, den (sprachlichen) Erwartungen seiner prim&auml;ren Zielgruppen vielleicht zu sehr anpasste, so l&auml;sst sich zu Gunsten des Autors vermuten, dass er am &auml;rgerlichsten Part des Buchs nicht allein schuldig ist, sondern einem Dr&auml;ngen des Verlags nachgegeben hat. So findet sich im hinteren Teil ein Verzeichnis, das ann&auml;hernd 200 K&uuml;nstler in jeweils einem Satz zu charakterisieren versucht. Das ist entweder nichts sagend, beispielsweise wenn es &uuml;ber Franz Marc hei&szlig;t, er sei &quot;der Romantiker unter den Malern des ,Blauen Reiter &quot;, stellt aber in den meisten F&auml;llen eine geradezu groteske Verk&uuml;rzung dar. Als Spezifikum der Fotografie von Thomas Struth bleibt etwa &uuml;brig, dass sie &quot;die &auml;u&szlig;ere Wirklichkeit wiedergibt&quot;, w&auml;hrend Thomas Ruff mit dem Attribut &quot;zunehmend zu Experimenten neigend&quot; versehen wird. Dieses Verzeichnis ist jedoch insofern typisch f&uuml;r das Buch, als es insgesamt hastig zusammengeschrieben wirkt; manchmal glaubt man sogar noch die unterschiedlichen - recycelten - Textbausteine identifizieren zu k&ouml;nnen, beginnen doch zahlreiche Kapitel sehr unvermittelt oder in einem eigenen Tonfall. So liest sich der Abschnitt &uuml;ber Dieter Roth mit seinen rhetorisch wohl gesetzten Worten wie ein Nachruf, w&auml;hrend andere Kapitel beinahe lexikalisch Namen auflisten. Ab und zu gibt es auch Passagen, in denen der Leser in ein auktoriales wir einbezogen wird, sonst hingegen dominiert ein neutraler man-Stil. Solche kleinen Unstimmigkeiten fallen f&uuml;r sich nicht ins Gewicht, sie f&uuml;gen sich aber in ein Bild, das nur folgendes Urteil zul&auml;sst: Die &uuml;ber den Umschlag gelegte rote Banderole, die das Buch als &quot;gl&auml;nzende Gesamtdarstellung&quot; r&uuml;hmt, sollte schleunigst abgenommen werden.Uwe M. Schneede: Die Geschichte der Kunst im 20. Jahrhundert. Von den Avantgarden bis zur Gegenwart.Verlag C. H. Beck, M&uuml;nchen 2001. 335 S. , 29,65 Euro.KATALOG &Egrave;DITIONS DU CENTRE POMPIDOU, PARIS 1997 &quot;Feed Me, Eat Me, Anthropology Help Me. . . &quot; Anthro/Socio (Rinde Facing Camera), Detail einer Videoinstallation von Bruce Naumann, 1991.

Zu viele existentialistische Helden leiden in Uwe M. Schneedes "Geschichte der Kunst im 20. Jahrhundert": Als die Avantgarde noch martialisch war

Stil 6. Januar 2002

Der Choreograf der "No Angels" eröffnet heute seine Tanzschule in Berlin: "Ich treibe die Leute dazu, an ihre Leistungsgrenze zu gehen"

Dem Dirigenten Günter Wand zum 90. Geburtstag: Beseelt von der Idee des Ganzen

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