(Translated by https://www.hiragana.jp/)
ESA-Mission 2026 mit Raumsonde „Plato“: Dieses „Super-Auge“ sucht eine zweite Erde | News | BILD.de

2026 startet neue ESA-Mission mit Raumsonde „Plato“: Dieses „Super-Auge“ sucht eine zweite Erde

Künstlerische Darstellung der Raumsonde Plato. Gut zu erkennen: die Einzelkameras. Mit einer Sojus-Rakete wird Plato 2026 vom Raumfahrtzentrum Kourou (Französisch-Guayana) in den Weltraum starten. Voraussichtliche Dauer der Mission: sechs Jahre

Künstlerische Darstellung der Raumsonde Plato. Gut zu erkennen: die Einzelkameras. Mit einer Sojus-Rakete wird Plato 2026 vom Raumfahrtzentrum Kourou (Französisch-Guayana) in den Weltraum starten. Voraussichtliche Dauer der Mission: sechs Jahre

Foto: OHB System AG
Von: Beate Krause

Hallo, ist da draußen noch jemand? Oder ist die Erde mit ihren Bewohnern und der Vielfalt des Lebens einzigartig? Diese Frage beschäftigt die Menschheit seit Jahrtausenden. Jetzt soll ein neuer Vorstoß gemacht werden, um dem Rätsel auf die Spur zu kommen.

2026 wird die Europäische Weltraumorganisation (ESA) die Raumsonde Plato (PLAnetary Transits and Oscillations of stars) ins All schicken. Sie ist eine Art Super-Auge: ein Teleskop bestehend aus 26 Spezialkameras. Die Mission: eine zweite Erde zu finden!

Auf dem Weg dorthin wurde jetzt ein Meilenstein geschafft: Die Kameras durchliefen erfolgreiche Belastungstests, in denen sie starken Erschütterungen und Kräften ausgesetzt wurden.

Die völlig neue Konstruktionsweise der Plato-Raumsonde ist bei dem Projekt entscheidend: „Ein solches System gab es noch nie, bisher waren immer nur Teleskope mit einem einzigen Spiegel im Einsatz“, sagt Prof. Dr. Heike Rauer. Sie leitet das internationale Konsortium für den Bau und den Betrieb von Plato. Die wissenschaftliche Mission ist beim Institut für Planetenforschung des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums (DLR) angesiedelt.

Wo Plato zum Einsatz kommt, wonach sie sucht, wie sie arbeitet und auf welche Ergebnisse die Wissenschaftler hoffen, erklärt Prof. Rauer im Gespräch mit BILD.

 BILD: Was braucht es, damit ein Planet überhaupt als habitabel (bewohnbar) gilt?

Prof. Dr. Heike Rauer: „Er braucht einen Stern, den er in einem bestimmten, also lebensfreundlichen Abstand umkreist, damit es auf der Oberfläche nicht zu heiß oder zu kalt ist. So wie bei unserer Erde, wo die Temperaturen im Mittel bei etwa 15 Grad liegen. Außerdem wichtig: Er muss ein Gesteins- und kein Gasplanet sein, es muss Wasser geben und er muss eine Atmosphäre haben, die vor schädlicher Strahlung schützt.“

Wurden in den vergangenen Jahren nicht bereits mehrere „erdähnliche“ Planeten entdeckt?

Prof. Rauer: „Erst seit 1995 weiß die Menschheit überhaupt gesichert, dass es auch außerhalb unseres Sonnensystems Planeten gibt, die um einen Stern, eine Sonne kreisen: zum Beispiel der Planet ,51 Pegasi b‘ im rund 150 Lichtjahre entfernten Sternbild Pegasus. Dort herrschen allerdings Temperaturen von mehr als 980 Grad, da er seinem Stern sehr nahekommt. Inzwischen sind uns rund 5000 solcher Planeten bekannt. EinErdzwilling, wie wir ihn uns wünschen, wurde bisher nicht gefunden. Und das, obwohl weitere 8000 Planetenkandidaten bekannt sind.“

Könnten die Beobachtungen nicht auch von der Erde aus gemacht werden?

Prof. Rauer: „Nein, die Erdatmosphäre würde dabei stören und ungenaue Messdaten liefern. Über der Erdatmosphäre hat man einfach eine bessere, klarere Sicht und man kann vor allem auch ununterbrochen messen.“

Wo wird das Einsatzgebiet sein und wie viele Sterne nimmt Plato ins Visier, um Planeten aufzuspüren?

Prof. Rauer: „Plato wird zum sogenannten Lagrange-Punkt L2 fliegen: Er befindet sich von der Sonne gesehen in direkter Linie in rund 1,5 Millionen Kilometer Entfernung hinter unserer Erde. Sechs Jahre lang wird die Sonde dort in unserer ,nächsten Nachbarschaft‘ suchen: in zwei Regionen, in Entfernungen bis zu über 1000 Lichtjahren (rund 9460 Billionen Kilometer). Dort, wo bereits das Nasa-Weltraumteleskop Kepler von 2009 bis 2018 Exoplaneten auf der Spur war. Plato wird dort mehrere Hunderttausend Sterne nach Planeten absuchen, die sie umkreisen.“

Unsere Milchstraße ist eine Galaxie mit Hunderten von Milliarden Sternen. Die Grafik zeigt unsere Sonne, die sich in einem der Spiralarme befindet. In den beiden markierten Regionen wird Plato Sterne suchen, die einen (oder mehrere) Planeten haben, die sie umkreisen

Unsere Milchstraße ist eine Galaxie mit Hunderten von Milliarden Sternen. Die Grafik zeigt unsere Sonne, die sich in einem der Spiralarme befindet. In den beiden markierten Regionen wird Plato Sterne suchen, die einen (oder mehrere) Planeten haben, die sie umkreisen

Foto: NASA/JPL-Caltech/ESO/R. Hurt

Wie ist das Plato-Teleskop aufgebaut und wie arbeitet es?

Prof. Rauer: „Auf einem Trägersatelliten ist das Teleskopsystem mit den 26 Kameras auf einer treppenförmigen Plattform in einem Kasten, dem sogenannten Bus, montiert. Er ist rund neun Meter breit und 3,80 Meter hoch. Diese Anordnung ermöglicht, dass sich die Einzelteleskope (Durchmesser jeweils 20 Zentimeter) in ihren Gesichtsfeldern überschneiden und es zu einem extrem weiten Sichtfeld kommt.“

„Jede dieser Kameras ist mit einer Weitwinkel-Optik ausgerüstet und verfügt über vier Foto-Sensoren (CCDs) mit jeweils 4510 x 4510 Pixeln. Alle 25 Sekunden nehmen 24 der Kameras ein Bild auf. Die beiden übrigen Kameras haben mit 2,5 Sekunden eine zehnmal kürzere Belichtungszeit. Diese ,schnellen Kameras‘ sollen vor allem die hellen Sterne beobachten, deren Bilder bei längeren Aufnahmezeiten überbelichtet würden. Erfasst wird das sichtbare, weiße Licht. Alle Einzelteleskope zusammen liefern eine Bildfläche von rund zwei Gigapixeln. Die Daten werden an die Bodenstationen übermittelt und ausgewertet.“

Auf einer solchen Vorrichtung werden die Kameras installiert und auf dem Trägersatelliten montiert

Auf einer solchen Vorrichtung werden die Kameras installiert und auf dem Trägersatelliten montiert

Foto: ESA (S. Madden)

Wie können dabei Planeten entdeckt werden?

Prof. Rauer: „Plato nutzt die Beobachtungsmethode der Planetentransits. Dabei registriert die Sonde die zeitweilige Abdunkelung, die ein Planet bewirkt, wenn er vor dem Stern vorbeizieht. Dieser Lichtabfall, diese Helligkeitsschwankungen, kann man mit den Kameras erfassen und messbar machen – selbst wenn sie bei kleinen Planeten weit unter dem Promillebereich liegen. Die Kameras können so erfassen, wie groß der Planet ist, welchen Radius er hat und auf welcher Umlaufbahn er unterwegs ist. Nachfolgende Messungen der dann bekannten Planeten mit bodengebundenen Teleskopen liefern weitere Daten, und so kann aus Radius und Masse die Dichte bestimmt werden: Daraus erkennt man, ob es sich um einen Gas- oder Gesteinsplaneten handelt. Interessant ist auch, dass Plato aus den periodischen Helligkeitsschwankungen der Sterne ihr Alter und damit das Alter des Planetensystems bestimmen kann.“

Wie ist das Projekt organisiert?

Prof. Rauer: „Plato ist eine Mission unter Leitung der ESA und wird in Zusammenarbeit mit einem Konsortium aus mehr als 100 internationalen wissenschaftlichen Instituten und Firmen aus Deutschland, Italien, Spanien, Großbritannien, Frankreich, der Schweiz, Belgien, Portugal, den Niederlanden, Österreich, Schweden, Brasilien, Tschechien und Dänemark durchgeführt. Das wissenschaftliche Konsortium steht unter der Leitung des DLR Instituts für Planetenforschung in Berlin, das auch Teile des Telekskopsystems steuert. Bodenstationen wie das Missionskontrollzentrum (MOC) beim European Space Operations Centre (ESOC) in Darmstadt und das wissenschaftliche Betriebszentrum (SOC) European Space Astronomy Centre (ESAC) in der Nähe von Madrid überwachen den Satelliten nach dem Start. Für das wissenschaftliche Datenauswertezentrum ist das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen zuständig.“

Ein Techniker steht auf dem Boden von der Testkammer. Über ihm: die Halterung, in der die 26 Kameras eingebaut werden

Ein Techniker steht auf dem Boden der Testkammer. Über ihm: die Halterung, in der die 26 Kameras eingebaut werden

Foto: OHB System AG Germany

„Die Produktion der Einzelkameras wird im kommenden Jahr beginnen und ist sehr aufwändig“, sagt Prof. Rauer. „So zum Beispiel werden die von der ESA beauftragten CCD-Sensoren in Großbritannien gefertigt, die Linsen der Kameras in Italien, die Mechanik in der Schweiz, die Computer und Datenprozessierung in Deutschland, Italien, Spanien, Frankreich, Österreich und Brasilien. Die Kameras werden dann in Belgien zusammengebaut, bevor sie vor dem Start an drei Orten in Europa parallel getestet werden.“

Härtetest mit Dummys

Um die Belastungen, die während des Starts auftreten, zu simulieren, wurden baugleiche Kamera-Dummys mittlerweile einem echten Härte- und Belastungstests unterzogen: Sie wurden in speziellen Testzentren heftig durchgerüttelt und hohen Temperaturschwankungen (zwischen –115°C und +50°C) ausgesetzt. Dr. Rauer: „Es wäre fatal für die Mission, wenn die Linsen durch starke Vibrationen ihre Position verändern würden, das würde die Messdaten verfälschen.“

Eine der PLATO-Kameras bei den Vorbereitungen zu Temperatur-Tests in einer Thermal-Vakuumkammer: Nach Verschluss der vorderen Klappe wird die Luft abgesaugt, sodass ein Vakuum entsteht – es herrschen dann quasi Weltraumbedingungen.

Eine der Plato-Kameras bei den Vorbereitungen zu Temperatur-Tests in einer Thermal-Vakuumkammer: Nach Verschluss der vorderen Klappe wird die Luft abgesaugt, sodass ein Vakuum entsteht – es herrschen dann quasi Weltraumbedingungen

Foto: PLATO Mission Consortium/ESA-ESTEC

Wie sehen Sie die Erfolgschancen der Mission? Wird Plato tatsächlich eine neue Erde finden, auf der Leben möglich ist?

Prof. Rauer: „Plato wird Planeten finden, die im ,richtigen‘ Abstand zu einem Stern sein werden und deshalb bewohnbar sein KÖNNTEN und wo Leben möglich sein KÖNNTE. Aber ob dies dann auch zutrifft, müssen weitere Missionen zeigen, die für die 2030er oder 2040er Jahre geplant sind.“

Werden Menschen dorthin reisen können?

Prof. Rauer: „Nein, das wird technisch in nächster Zukunft nicht möglich sein. Dafür sind die Entfernungen einfach zu groß.“

Was bringt eine solche Mission dann überhaupt konkret?

Prof. Rauer: „Sie ist wichtig für Grundlagenforschung. Wir wollen wissen, ob wir im Universum allein sind oder nicht. Es geht aber nicht darum, die Erde zu verlassen, es gibt für die Menschen kein Ausweichen. Aber indem wir andere, uns ähnliche Planeten finden und verstehen, können wir auch die Erde, unseren eigenen Planeten, besser verstehen.“

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.