Hightech-Detektive: So jagen Satelliten nach Spuren des Klimawandels
Berlin/Bonn – Alle reden vom Klimawandel! Aber wie werden die Erderwärmung und ihre Folgen überhaupt wissenschaftlich nachgewiesen?
BILD erklärt, wie eine ganze Flotte von Satelliten im Weltall die Erde rund um die Uhr beobachtet, um wichtige Daten zum Anstieg der Meeresspiegel, zum Abschmelzen der Pole und zum Anstieg der Treibhausgase in unserer Atmosphäre für die Forscher zu sammeln.
Die Satelliten-Flotte
Die Europäische Weltraumorganisation (European Space Agency, ESA) hat seit 2014 die Kopernikus-Flotte ins All gebracht. Mittlerweile umfasst sie zwölf Wissenschaftssatelliten zur Erdbeobachtung.
Godela Roßner, Expertin für Erdbeobachtung beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, zu BILD: „Diese Satelliten liefern uns sehr wichtige Informationen zum Klimawandel. Europa ist mit dieser Flotte weltweit führend.“
Und ESA-Generaldirektor Josef Aschbacher ergänzt im BILD-Interview: „Wir sind die Klimawächter der Welt. Wir haben das weltweit modernste Satellitensystem, mit dem wir zum Beispiel die Meeresspiegel, das Abschmelzen der Eisflächen, den Methan- und CO2-Gehalt in der Atmosphäre beobachten.“
Die Meeresspiegel
Der Anstieg der Meeresspiegel ist eine der gefährlichsten Folgen des Klimawandels. Mit Radar-Satelliten wird die Meereshöhe weltweit ermittelt. Godela Roßner: „Diese Satelliten schicken aus dem Weltraum ein Signal zur Erde und messen gleichzeitig die Laufzeit, die dieser Puls für den Weg braucht. Je schneller das geht, desto kürzer ist der Weg und desto höher ist der Meeresspiegel. “ Diese Messungen machen die Satelliten über Jahre immer wieder. So ergibt sich ein sehr detailliertes Bild: Jedes Jahr steigt der Meeresspiegel im Durchschnitt um drei bis vier Millimeter. Roßner: „Das hört sich zunächst wenig an, aber die Zahlen sind regional sehr unterschiedlich. Es gibt Gebiete im Süd- und Nordpazifik, in denen der Spiegel um Zentimeter, nicht Millimeter ansteigt.“
Die Treibhausgase
Der Satellit Sentinel 5P kann sehr exakt den Methan-Gehalt in der Erdatmosphäre messen. Methan ist ein hochgefährliches Treibhausgas und hat eine deutlich stärkere Klimawirkung als Kohlendioxid. In diesem Bereich sind flächendeckende Messungen möglich, aber auch Messungen in speziellen Gebieten, zum Beispiel bei Lecks an Leitungen. Bei der Methan-Messung wird das von der Erde reflektierte Sonnenlicht festgehalten, denn Treibhausgase absorbieren das Licht. Bedeutet: Je mehr Gase in der Atmosphäre, desto stärker dieser Effekt.
In einem weiteren Verfahren werden mit Lasern spezielle Pulse zur Erde geschickt, die dann zurückstrahlen. Auch auf diese Weise lässt sich der Methan-Gehalt messen.
Die Wälder
Auch der aktuelle Stand der Entwaldung (zum Beispiel von Regen- oder Mangrovenwäldern) wird aus dem All beobachtet. Das passiert anhand immer wieder vorgenommener Fotografien, aber auch mit Radarbildern. Ein Sentinal-Satellit fotografiert jede Woche bestimmte Regionen in sehr hoher Auflösung. Anhand dieser Bilder kann das Verschwinden der Wälder exakt festgehalten werden. Vorteil der Radar-Aufnahmen: Sie können auch nachts und durch Wolken erfolgen.
Die Eisschilde
Jedes Jahr gehen infolge der Erderwärmung gigantische Eismassen auf unserem Planeten verloren, besonders in Grönland und der Antarktis. Um das zu errechnen, messen Satelliten die Erdanziehung. Dabei gilt: Dort, wo mehr Eismasse ist, ist die Anziehung höher.
Die Messung funktioniert mit zwei Satelliten, die hintereinander herfliegen. Die Satelliten werden durch die Erdanziehung beschleunigt. Indem nun die Differenz im Abstand der Satelliten laufend gemessen wird, kann man die Eismasse ermitteln.
Alarmierend: Zusammengerechnet verlieren wir jedes Jahr eine 100 Meter dicke Eisdecke in der Größe von Großbritannien. Unvorstellbar viel!