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LeMO Der Zweite Weltkrieg - Kriegsverlauf - Sitzkrieg 1939/40
  • ba111190

    Beobachter am Fernrohr, 1940

> Der Zweite Weltkrieg > Kriegsverlauf

Der "Sitzkrieg" an der deutsch-französischen Grenze

Trotz der zwei Tage nach dem deutschen Überfall auf Polen erfolgten britischen und französischen Kriegserklärungen an das Deutsche Reich war die Situation an der Westfront von einer nahezu kampflosen Phase geprägt. Politisch kamen Paris und London mit den Kriegserklärungen vom 3. September 1939 ihren jeweiligen Beistandspakten mit Polen nach. Das Risiko, mit einer Offensive gegen Deutschland zu einer militärischen Entlastung des Verbündeten beizutragen, gingen sie jedoch nicht ein. Das französische Heer verfügte nach der Mobilmachung im August über gut 90 schlagkräftige Divisionen mit über 2.700 Panzern. Ihr Oberbefehlshaber Maurice Gamelin (1872-1958) erachtete die Truppen jedoch in Überschätzung der Kampfkraft der Wehrmacht und vor allem der deutschen Luftwaffe für eine erfolgreiche Offensive als nicht ausreichend. 

 

Zudem hielt Gamelin den kaum fertiggestellten deutschen Westwall für unüberwindlich, obwohl dieser im Herbst 1939 nur von wenigen, schlecht ausgerüsteten Reservedivisionen hätte verteidigt werden können. Entsprechend der defensiven französischen Militärdoktrin verharrte das Gros der Streitkräfte hinter der Maginot-Linie in Verteidigungsposition. Frankreich wartete auf britische Unterstützung und setzte auf einen durch Seeblockaden herbeigeführten Abnutzungskrieg gegen das rohstoffarme Deutsche Reich. Gleichzeitig sollte die technische Aufrüstung Frankreichs mit Panzern und Flugzeugen forciert werden. Die Initiative der Franzosen beschränkte sich auf kleinere Scharmützel an der gemeinsamen Grenze zu Deutschland. Erstmals stießen französische Truppen am 7. September zwischen Mosel und Pfälzer Wald auf Reichsgebiet vor. Bis zu ihrem Rückzug am 19. Oktober blieb es bei kleineren Vorstößen zwischen Saarbrücken und Hornbach, ohne dass es zu nennenswerten Kampfhandlungen gekommen wäre.

Schon bald nahm der "Sitzkrieg" (frz.: drôle de guerre, engl.: phoney war) an der deutsch-französischen Grenze die Form eines wechselseitigen Propagandafeldzugs an. Durch Lautsprecherdurchsagen, riesige Plakate sowie Flugblätter in Millionenauflage versuchten Alliierte und Deutsche die Kampfmoral des Gegners zu schwächen. Karikaturen auf Adolf Hitler oder die Darstellung von Winston Churchill als Verbrecher hatten zum Ziel, die jeweilige politische Führung zu diskreditieren. Hauptthema der NS-Propaganda war der latente fanzösisch-britische Gegensatz. Die Darstellung sich mit französischen Frauen amüsierender Briten sollte das Misstrauen der Franzosen gegenüber dem Verbündeten Großbritannien weiter schüren, der Frankreich als Handlanger benutze und sich nur mit geringen eigenen Kräften am Aufmarsch beteilige. In der Tat kritisierte die französische Regierung besonders die schleppende Entsendung britischer Truppen und Flugzeuge auf das Festland. Anfang Oktober 1939 waren vier Divisionen des Britischen Expeditionskorps in Frankreich eingetroffen, die bis Mai 1940 auf 15 verstärkt wurden. Die britische Royal Air Force entsandte mit 456 Flugzeugen rund ein Drittel ihres Gesamtbestands.

Der deutschen Führung ermöglichte die alliierte Passivität die Übernahme der Initiative und die Aufrüstung ihrer inzwischen von Polen an die westliche Reichsgrenze verlegten Einheiten. Seit Herbst 1939 ließ Adolf Hitler Planungen für einen Angriff auf Frankreich ausarbeiten. Der bereits für November vorgesehene Feldzug wurde durch Witterungsbedingungen und unterschiedliche Auffassungen über die Angriffspläne in der Wehrmachtsführung wiederholt verschoben. Die auf Sicherung des eigenen Gebiets beschränkte französische Strategie gab Erich von Manstein die Gelegenheit zur detaillierten Ausarbeitung der Planung "Sichelschnitt", die in der Westoffensive 1940 erfolgreich umgesetzt wurde.

Arnulf Scriba
19. Mai 2015

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