Nach Tod von Mahsa Amini :
Proteste in Iran werden blutiger

Von Rainer Hermann
Lesezeit: 2 Min.
Proteste in Teheran am Mittwoch
Die Polizei schießt auf Demonstranten, und die beginnen, sich zu bewaffnen. Das seit Beginn der Proteste gedrosselte Internet wird weiter stark verlangsamt. In Iran zeichnet sich eine Eskalation ab.

Eine Eskalation zeichnet sich bei den Protesten ab, die sich in Iran am Tod der 22 Jahre jungen Mahsa Amini in Polizeigewahrsam entzündet haben. Nachdem die Zahl der in den vergangenen Tagen Getöteten nach offiziellen Angaben auf elf gestiegen ist, drohen nun die ersten Demonstranten damit, sich zu bewaffnen. Laut der kurdischen Menschenrechtsorganisation Hengaw, die sogar allein für die kurdischen Provinzen zwölf Todesopfer meldet, wurden bislang mehr als 500 Personen festgenommen.

Als Indiz für eine bevorstehende Eskalation wird gewertet, dass der iranische Staat am Donnerstag das seit dem Beginn der Proteste gedrosselte Internet weiter stark verlangsamt hat. Damit soll die Koordination der Demonstranten untereinander ebenso erschwert werden wie der Informationsfluss ins Ausland. Am stärksten betroffen sind die beiden am meisten benutzten Apps Instagram und Whatsapp.

Vereinzelte Nachrichten bestätigen bereits die Eskalation. So haben Demonstranten in Maschhad und in einer Stadt am Kaspischen Meer zwei Polizeireviere eingenommen und in Brand gesetzt. In Rascht ging eine Moschee in Flammen auf. In vielen Städten sollen die Sicherheitskräfte am Donnerstag auf die Demonstranten geschossen haben, was in den vergangenen Tagen noch nicht der Fall gewesen war.

Druck auf Familie von Mahsa Amini nimmt zu

Zunehmend reißen die Demonstranten Propagandaplakate der Islamischen Republik von Häuserwänden. Plakate mit dem Porträt des Anfang 2020 getöteten Generals Qassem Soleimani wurden in dessen Heimatstadt verbrannt. Aus Teheran wurde bekannt, dass Plakate mit dem Bildnis von Imam Hossein, auf den sich die schiitischen Muslime berufen, angezündet wurden.

Offenbar nimmt der Druck auf die Familie von Mahsa Amini, die mit ihrem kurdischen Namen Dschina hieß, zu. Der Vater soll demnach erklären, dass sich seine Tochter vor acht Jahren einer Gehirnoperation unterzogen habe. Das würde der Version der Behörden mehr Glaubwürdigkeit verleihen, dass sie bei ihrer Festnahme nicht misshandelt worden sei. Ihr Vater hatte jedoch unmittelbar nach dem Tod seiner Tochter gesagt, sie sei völlig gesund gewesen. Präsident Ebrahim Raisi hatte am Montag vor seinem Abflug nach New York Ermittlungen zum Tod Aminis in die Wege geleitet.