Fußballclubs haften für ihre Anhänger

Ein Schiedsspruch des „Ständigen Schiedsgerichts für die dritte Liga beim Deutschen Fußballbund“ (Ständiges Schiedsgericht), mit dem eine gegen einen Ligateilnehmer für das Verhalten seiner Anhänger bei Heim- und bei Auswärtsspielen verhängte verschuldensunabhängige Geldstrafe bestätigt wurde, verstößt nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht gegen die öffentliche Ordnung (ordre public).

Fußballclubs haften für ihre Anhänger

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall ging es um die FC Carl Zeiss Jena Fußball Spielbetriebs GmbH, die ausgegliederte Fußball-Profiabteilung des FC Carl Zeiss Jena e.V. Ihre erste (Männer-)Mannschaft spielte in der vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) als Profiliga ausgerichteten dritten Liga. Die Parteien schlossen Anfang 2018 einen Schiedsgerichtsvertrag, in dem für Streitigkeiten über Sanktionen die Zuständigkeit des Ständigen Schiedsgerichts vereinbart wurde. Bei einem Auswärtsspiel und zwei Heimspielen im Jahr 2018 brannten Personen im Fanblock des FC Carl Zeiss Jena pyrotechnische Gegenstände ab oder warfen Gegenstände in Richtung Spielfeld. 

Das Sportgericht des DFB belegte die FC Carl Zeiss Jena Fußball Spielbetriebs GmbH aufgrund dieser Vorfälle gemäß § 9a Nr. 1 und 2 der DFB-Rechts- und Verfahrensordnung (DFB-RuVO) mit einer Geldstrafe in Höhe von 24.900 €. Ihr wurde nachgelassen, hiervon einen Betrag in Höhe von bis zu 8.000 € für sicherheitstechnische, infrastrukturelle und gewaltpräventive Maßnahmen zu verwenden. Deren Berufung wies das Bundesgericht des DFB zurück. Die dagegen erhobene Klage der FC Carl Zeiss Jena Fußball Spielbetriebs GmbH vor dem Ständigen Schiedsgericht blieb ohne Erfolg. 

Den Antrag, diesen Schiedsspruch aufzuheben, hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main als unbegründet zurückgewiesen[1]. Die Anwendung der in § 9a DFB-RuVO geregelten Verbandsstrafenhaftung im Sinne einer objektiven Kausalhaftung für ein Fehlverhalten Dritter verstoße nicht gegen den ordre public im Sinne von § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der FC Carl Zeiss Jena Fußball Spielbetriebs GmbH, die der Bundesgerichtshof jetzt als unbegründet zurückgewiesen hat:

Der Schiedsspruch verstößt nicht wegen einer Verletzung des mit Verfassungsrang ausgestatteten Schuldgrundsatzes gegen den ordre public. Die „Geldstrafe“, die gegen die FC Carl Zeiss Jena Fußball Spielbetriebs GmbH für das Verhalten ihrer Anhänger verhängt und vom Schiedsgericht bestätigt worden ist, stellt keine strafähnliche Sanktion dar, die diesem Grundsatz unterliegen könnte. Sie dient nicht der Ahndung und Sühne vorangegangenen Fehlverhaltens des Vereins, sondern soll den künftigen ordnungsgemäßen Spielbetrieb sichern. Die Sanktion ist nicht verhängt worden, weil der FC Carl Zeiss Jena bzw. seine GmbH Vorgaben des Deutschen Fußballbundes zu Sicherheitsmaßnahmen nicht eingehalten hätte, sondern weil die von der Fußball Spielbetriebs GmbH ergriffenen Maßnahmen nicht ausgereicht haben, um Ausschreitungen ihrer Anhänger zu verhindern. Die „Geldstrafe“ soll diese dazu anhalten, zukünftig alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um mäßigend auf ihre Anhänger einzuwirken und so künftige Zuschauerausschreitungen zu verhindern. Sie soll die Profiabteilung dazu veranlassen, in ständiger Kommunikation mit und in Kontakt zu ihren Fans befriedend auf diese einzuwirken, situationsabhängig geeignete präventive Maßnahmen zu ergreifen und dadurch die von ihren Anhängern ausgehenden Gefahren für den Wettkampfbetrieb bestmöglich zu unterbinden.

Die Einordnung der „Geldstrafe“ als präventive Maßnahme entspricht der Rechtsprechung des Internationalen Sportgerichtshofs (CAS), der das Ziel der verschuldensunabhängigen Haftung gleichfalls nicht in der Bestrafung des Vereins, sondern in der Prävention und Abschreckung sieht.

Der Schiedsspruch verstößt auch nicht wegen einer eklatanten Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit oder wegen einer Verletzung des Bestimmtheitsgrundsatzes gegen den ordre public.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 4. November 2021 – I ZB 54/20

  1. OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 23.06.2020 – 26 Sch 1/20[]