(Translated by https://www.hiragana.jp/)
Bayerischer Rundfunk vor demMachtwechsel: Ulrich Wilhelm steht als neuer Indendant so gut wie fest
  1. Startseite
  2. Politik

Indendantenwahl: Machtwechsel beim BR

KommentareDrucken

Er wechselt auf die andere Seite, hinter die Kameras: Ulrich Wilhelm (l.) soll neuer Intendant des BR werden. Von ihm wird fortan politische Neutralität verlangt.
Er wechselt auf die andere Seite, hinter die Kameras: Ulrich Wilhelm (l.) soll neuer Intendant des BR werden. Von ihm wird fortan politische Neutralität verlangt. © dpoa

München/Berlin - Heute endet die Bewerbungsfrist für den Posten des BR-Intendanten. Keine Zweifel: Ulrich Wilhelm, der Sprecher der Bundesregierung, übernimmt das Amt. Auf ihn warten viel Einfluss und einige Einflüsterungen.

Es war eine lang geplante Überrumpelungsaktion, sorgsam abgesprochen in Kanzleramt und Staatskanzlei. Aus heiterem Himmel kündigte BR-Intendant Thomas Gruber Ende März seinen Rücktritt an. Viele Rundfunkräte waren völlig überrascht, nur ein kleiner Kreis wusste Bescheid. Das Gremium nickte wenige Minuten später einen Eil-Fahrplan ab: Nachfolge-Kandidaten bis 15. April, 12 Uhr, melden; Neuwahl am 6. Mai. Das Beste an dem Plan: Er geht auf. Am Ende wird Bayerns wichtigster Sender mit Ulrich Wilhelm (48) den Intendanten bekommen, den sich die meisten Beteiligten wünschen – kampflos.

Immerhin geht es um eine der wichtigsten Führungsaufgaben im deutschen Journalismus. Der Intendant ist oberster BR-Boss. Ihm unterstehen die Direktoren für Fernsehen (Gerhard Fuchs) und Hörfunk (Johannes Grotzky), denen wiederum die Chefredakteure (etwa Sigmund Gottlieb). Wo der Intendant ist, ist also oben, in der Hierarchie „knapp unter dem lieben Gott“, wie es im Sender heißt.

Ganz weltlich ist das ein Büro im 4. Stock des Zwischenbaus an der Münchner Arnulfstraße. Gruber zog dort am 1. Januar 2002 ein. Er führt die Geschäfte des Senders, verhandelt Verträge und verantwortet das komplette Programm, belohnt mit Einnahmen deutlich über denen eines Ministerpräsidenten. Er präsidiert über den 3000 Mitarbeitern, Orchestern und sogar einer sendereigenen Seilbahn. Es steht nicht in der Stellenbeschreibung, kein Wort, aber in der Realität prägt der Intendant auch die politische Ausrichtung des kompletten BR.

Dem Sender hängt das böse Wort vom „Schwarzfunk“ nach. In der Kommentierung gilt der BR als konservativ, CSU-nah. Früher mehr als das: Aus dem ARD-Programm blendete sich der BR in den 70ern und 80ern minutenweise aus, wenn es zu heikel wurde: bei einer Kabarett-Sendung etwa oder bei einem Schwulen-Kuss in der „Lindenstraße“. Noch heute ist es in der Landtags-Opposition üblich, sich vom BR benachteiligt zu fühlen.

In der Zwischenzeit hat sich der Sender allerdings geöffnet. Sendungen wie „Quer“, in denen allwöchentlich Ministerpräsident und Minister durch den Kakao gezogen werden, sorgen regelmäßig für Ärger in der CSU. „Report aus München“ hat alles Unterwürfige abgelegt. Bitter, aber vergeblich beklagen sich Landtagsabgeordnete auch über kritische Berichte im Hörfunk.

Die Verlockung für Regierende, Einfluss zu nehmen, ist vielfältiger als bei privaten Medien. Der BR ist öffentlich-rechtlich finanziert – ein Modell, über das die Politik entscheidet. Ab und an, zuletzt 2002, bemüht sich mal ein CSU-Minister, darauf in einem Nebensatz explizit hinzuweisen.

Zudem ist die personelle Verschränkung hoch: Führende BR-Leute, auch aktiv Berichterstattende, sind CSU-Mitglieder. Moderator Alex Dorow kandidierte für den Landtag und ist zweit-aussichtsreichster Nachrücker. Die Minister Markus Söder und Ludwig Spaenle wurden beim BR ausgebildet. Auch die zwei obersten Regierungssprecherinnen in der Staatskanzlei kommen vom Sender. Die Kanäle gäbe es also – genutzt werden sie aber offenbar kaum. Seit dem Ende der Ära Strauß, berichten Altgediente, werde sich kaum noch hintenrum eingemischt. „Die politische Einflussnahme hat stark abgenommen“, heißt es auch an der Senderspitze.

Eine Frage der Mehrheiten bleibt allerdings die Intendantenwahl. Von den 47 Rundfunkräten sind ein Viertel CSU-Politiker, etliche der Parteilosen („Die Grauen“) sind Vertreter von nicht gerade als tiefrot bekannten Verbänden. Kampfabstimmungen sind da eigentlich nur spannend, wenn zwei als CSU-nah geltende Kandidaten antreten (wie 2002 Gruber und Fuchs, die allerdings keine Parteimitglieder sind). Somit wird auch Wilhelm eine Mehrheit gegen den von den Grünen gestern vorgeschlagenen langjährigen BR-Landtagsberichterstatter Rudolf Erhard finden. Allenfalls könnte sich, falls es tatsächlich zur Gegenkandidatur kommt, durch die dann nötigen Vorstellungsrunden die Wahl verzögern.

Für Wilhelm spricht: Der Münchner hat sich niemandem hundertprozentig verschrieben. Als CSU-Mitglied verließ der einstige Spitzenbeamte und enge Stoiber-Vertraute Bayern, um für CDU-Kanzlerin Angela Merkel zu sprechen – aber auch für ihre Regierungskoalitionen mit SPD und jetzt FDP.

Christian Deutschländer

Auch interessant

Kommentare