Die Partie in Augsburg brachte ein Novum in der laufenden Saison: Erstmals schickte Trainer Uwe Neuhaus eine Startelf ins Rennen, in der keiner der fünf Zugänge zu finden war - weil er aufgrund von Verletzungen dazu gezwungen wurde, aber auch weil die Qualität derzeit nicht ausreicht, um dem Team in der schwierigen Situation weiterhelfen zu können.

Grund genug, um nach gut einem Viertel der Spielzeit ein Zwischenfazit zu ziehen.

Santi Kolk. Der Niederländer ist der Akteur, der ohne Zweifel das größte Potenzial des Quintetts besitzt. Bislang jedenfalls hat er im Union-Trikot noch zu wenig aus seinen Möglichkeiten gemacht. Das weiß auch der Trainer. "Er hatte echte Umstellungsprobleme", sagt Neuhaus: "Das habe ich allerdings vorher gewusst, die Holländer haben einfach ein anderes Verständnis und nutzen für alles im Training den Ball." Immer wieder hatte der Coach im Training Rücksicht auf seinen Offensivmann nehmen müssen. "Ich lasse ihn im Training nicht alles machen, wo er gleich sagt: So einen Quatsch habe ich noch nie erlebt. Sonst nimmt man dem Spieler die Lust", begründet Neuhaus.

Dass dem technisch sicherlich versierten Kolk, der mit drei Treffern zudem bester Union-Torschütze der Saison ist, die Umgewöhnung schwerer fiel, als von allen Seiten erhofft, war jedoch nicht zu übersehen. Zu selten hat er dem Spiel der Unioner bislang seinen Stempel aufdrücken können. Und doch war bis zu seiner Auszeit durch die Gelb-Rote Karte gegen Duisburg und der folgenden Muskelverletzung ein leichter Aufwärtstrend zu erkennen - weil Kolk seine Art, Fußball zu spielen, den deutschen Zweitliga-Verhältnissen mehr und mehr anpasst. "Er hat gemerkt, dass er nicht jedes Mal den Fuß wegziehen kann", erklärt Neuhaus. Die daraus resultierenden Ballverluste brachten Union zu oft in Bedrängnis.

Derzeit arbeitet der 29-Jährige akribisch an seinem Comeback. "Wenn es weiter so gut läuft, könnte ich vielleicht Freitag schon wieder spielen", macht sich Kolk Hoffnungen auf einen Einsatz in Bielefeld. Überstürzen will er ob der Gefahr, die Verletzung könnte wieder aufbrechen und ihn bis zur Winterpause matt setzen, aber nichts. Der Trainer ist sich jedenfalls sicher, "dass er noch ganz wertvoll für uns sein kann".

Ahmed Madouni. Gleiches erhofft man sich auch vom Algerier Madouni. Wenn er fit war, war der Innenverteidiger gesetzt. Nach seinem erneuten Sturz auf die Schulter im Spiel gegen Aue ist man bei Union jedoch vorsichtig geworden. "Madouni hat jetzt natürlich ein bisschen Pech gehabt mit seinen Verletzungen", sagt Neuhaus. Doch auch für den 1,92-Meter-Mann gilt das Gleiche wie für Santi Kolk: Er hat noch Luft nach oben. Vor allem, wenn es schnell in die Offensive gehen soll, fehlte dem früheren Bundesliga-Profi (Leverkusen, Dortmund) noch zu oft das Tempo.

Jerome Polenz. Auch ihm hatte man auf Anhieb einen Stammplatz zugetraut. Ein Versprechen, dass er allerdings nicht halten konnte. "Bei Polenz hatte ich den Eindruck, dass sein Spiel von ganz viel Hektik geprägt war. Das hat sich dann in vielen Abspielfehlern gezeigt", sagt Neuhaus. Der 23-Jährige Abwehrspieler hatte in Aachen wegen eines Kreuzband-Teilabrisses mehrere Monate pausieren müssen. Bei Union schien es, als wollte er nicht zuletzt seinem ehemaligen Verein zeigen, dass es ein Fehler gewesen ist, ihn gehen zu lassen. Dieser Übereifer - und auch die kurze Auszeit wegen eines Blutergusses im Knie - hat Polenz schließlich den Stammplatz gekostet. "Er wollte auf einmal zu viel erreichen", sagt Neuhaus.

Halil Savran. Viel Erreichen will auch der Stürmer bei den Köpenickern. Über eine Jokerrolle ist der 25-Jährige bislang jedoch nicht hinausgekommen. Die Konkurrenz ist mit den etablierten Angreifern John Jairo Mosquera, Karim Benyamina sowie Kolk, den Neuhaus zumindest nominell oft als Spitze eingesetzt hat, groß. "Betrachtet man seine Vita, dann hat er sich immer hochgearbeitet. Der Schritt jetzt ist sicher sein größter. Wir halten es aber für wahrscheinlich, dass er sich zu einem echten Zweitligaspieler entwickeln kann", erklärt Neuhaus. Die große Torgefahr, wie bei seinem vorigen Arbeitgeber Dynamo Dresden in der Dritten Liga, ging von ihm bislang zwar noch nicht aus, gute Ansätze zeigte er dennoch.

Marcel Höttecke. Von den fünf Zugängen fand sich der Torwart am härtesten auf dem Boden der Realität wieder. Sein Anspruch, die Nummer eins zu werden, hat ihm einen Stammplatz auf der Ersatzbank beschert. "Als er hierherkam, hatte er einen totalen Tunnelblick, wollte unbedingt die Nummer eins werden. Er hatte überhaupt keine Lockerheit", erinnert sich Neuhaus. Seit der Kampf um den Platz zwischen den Pfosten pro Jan Glinker entschieden ist, wurde Höttecke lockerer. An Glinker wird er, trotz dessen Patzern zuletzt, dennoch zunächst nicht vorbeikommen.