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Die fremden Herren bei der Fifa | NZZ

Die fremden Herren bei der Fifa

Externe Anwälte bestimmen seit langem die Agenda am Fifa-Hauptsitz. Sie sind die verlängerten Arme der Schweizer und der US-Justiz – und verursachen Millionenkosten.

Elmar Wagner
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Fifa-Chefjurist Marco Villiger. (Bild: Steffen Schmidt / Keystone)

Fifa-Chefjurist Marco Villiger. (Bild: Steffen Schmidt / Keystone)

Die US-Justiz weiss genau, wann ihre Auftritte am wirksamsten sind – dann, wenn die Weltöffentlichkeit zuschaut. Darum liess sie unmittelbar vor dem letzten Fifa-Kongress im Mai in Zürich sieben Funktionäre in einem Luxushotel wegen Korruptionsverdacht verhaften. Selbenorts schlug sie auch im Dezember zu, zwei Mitglieder der Fifa-Exekutive gingen ihr ins Netz.

Weitere Turbulenzen erwartet

Daher werden vor dem Fifa-Kongress vom Freitag weitere Turbulenzen erwartet. «Für mich ist klar, dass das US-Justizdepartement wieder für Action sorgt, denn es geht am Kongress um wichtige Punkte wie die Reformen und die Wahl eines neuen Präsidenten», sagt ein hoher amerikanischer Mitarbeiter am Fifa-Hauptsitz auf dem Zürichberg. Er findet solch spektakuläre Auftritte der US-Justiz in Ordnung, schliesslich hätten sie keine negative Auswirkung auf die wichtigen Geschäfte – im Gegenteil: Im Dezember hiess die Fifa-Exekutive nach dem Polizei-Coup die Reformvorschläge gut, sogar einstimmig.

Um die Reformen geht es den Amerikanern auch jetzt: «Das Justizdepartement interessiert sich nur dafür. Sollten die Reformen nicht durchkommen, hat die Fifa ein grosses Problem», sagt ein Gewährsmann. In diesem Fall wäre der Status der Fifa gefährdet, die von der US-Justiz derzeit als «gefährdete Partei» eingestuft wird. Gefährdet durch korrupte Funktionäre in der Exekutive und den Konföderationen. Sollten die Reformen im Kongress scheitern, könnte der Fifa-Status kippen, hin zu einer «kriminellen Institution». Das wiederum würde die USA zu klar aggressiverem Vorgehen gegen die Fifa motivieren.

Schon jetzt muss sich der Weltverband durch Kooperation von seiner besten Seite zeigen. Dieses Wohlverhalten wird von einer Schar von fremden Anwälten überprüft, die seit Mitte Juni am Fifa-Hauptsitz ein und aus gehen. Es handelt sich um rund ein Dutzend Spezialisten der New Yorker Kanzlei Quinn Emanuel sowie der Zürcher Kanzlei Niederer, Kraft und Frey. Ergänzt werden sie von einem weiteren Dutzend von Experten, die einen Berg von Dokumenten aus dem Fifa-Hauptsitz sichten – rund eine halbe Million an der Zahl.

Die externen Anwälte haben derzeit vor allem vier grosse Verdachtsfälle im Visier. Es geht um eine Zahlung von 10 Millionen Dollar der Organisatoren der WM 2010 aus Südafrika an den notorisch bestechlichen Jack Warner. Ausserdem um einen TV-Vertrag mit der karibischen Fussball-Union aus dem Jahr 2005, eine undurchsichtige 6,7-Millionen-Euro-Zahlung des deutschen Fussballbundes sowie Händel um den Verkauf von WM-Tickets. Offenbar nur sekundär sind Untersuchungen um die WM-Vergabe 2018/2022. Die Spezialisten führen dazu Interviews mit involvierten Personen; die gebündelten Erkenntnisse gehen an den Fifa-Chefjuristen Marco Villiger, der die internen Untersuchungen leitet und das Vertrauen des US-Justizdepartements geniesst.

«Mehrjährige Untersuchung»

Villiger liefert die Resultate der internen Untersuchungen an die Schweizer Bundesanwaltschaft, welche die Dokumente wiederum je nach Bedarf an das US-Justizdepartement weiterleitet. Die amerikanische Justiz führt parallel dazu eigene Abklärungen durch und stützt sich dabei stark auf überführte ehemalige Fifa-Exekutivmitglieder wie Jeffrey Webb oder Chuck Blazer, die als Kronzeugen funktionieren.

Für die Fifa ist die Übung mit enormen Kosten verbunden. Bisher wurden weit über 10 Millionen Franken aufgewendet, inklusive Aufwand für Ethikkommission und zusätzliche Kommunikationsleute. Dabei ist kein Ende abzusehen: Das US-Justizdepartement hat verkündet, dass es bei der Fifa von einer «mehrjährigen Untersuchung» ausgeht – und so lange werden die auswärtigen Spezialisten benötigt. Nun versucht man bei der Fifa, den schlimmsten Fall zu vereiteln: die Ablehnung des Reformpakets. Darum weibeln hohe Funktionäre und Kaderleute seit langem für die Reformen. Auch an den Konföderationen-Meetings am Donnerstag werden der Interimspräsident Issa Hayatou sowie der interimistische Generalsekretär Markus Kattner die Delegierten nochmals beschwören. Sie werden ihnen sagen, dass die Reformen die letzte Chance für die Fifa sind.

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