Beobachtet man bewegliche Spermien unter dem Mikroskop, sieht man, wie ihr Schwanz peitschenartig von der einen Seite auf die andere schlägt. Dass dahinter eine viel komplexere Bewegung steckt, haben Forscher jetzt aufgedeckt.
Der niederländische Forscher Antonie van Leeuwenhoek beschrieb schon 1678 die Bewegung von Spermien. Dazu benützte er eines der frühesten Lichtmikroskope. Was er bei seinen Untersuchungen sah, hatte bis heute Gültigkeit. Demnach schwimmen die Samenzellen wie Aale im Wasser. Das heisst, ihr Schwanz schlägt zur Fortbewegung peitschenartig von einer Seite auf die andere, so die Lehrmeinung.
Dass das nur eine optische Täuschung ist, haben jetzt englische und mexikanische Forscher in der Fachzeitschrift «Science Advances» dargelegt. Die neue Erkenntnis zur Spermienbewegung sei den Wissenschaftern mithilfe eines modernen 3-D-Mikroskops und einer ultraschnellen Kamera gelungen, schreibt die involvierte Universität Bristol in einer Medienmitteilung.
Wie die Forscher schreiben, wackelt der Spermienschwanz tatsächlich nur auf eine Seite. Um sich nicht im Kreis zu drehen, schraubten sich die Spermien wie Korkenzieher. Das ermögliche die Vorwärtsbewegung. Das sehe aus wie bei verspielten Ottern, die sich beim Schwimmen ebenfalls um die eigene Achse rollten, zitiert die Universität den leitenden Autor der Studie, Hermes Gadêlha.
Laut Gadêlha haben die Spermien mit ihrer Art der Fortbewegung ein mathematisches Rätsel im mikroskopischen Massstab gelöst: Sie hätten aus dem asymmetrischen Schlagen ihres Schwanzes eine symmetrische Bewegung geschaffen. Die neuen Erkenntnisse gelte es in der medizinischen Praxis zu beachten. Denn in der Hälfte der Fälle von Infertilität liegt die Ursache beim Mann. Oftmals verhindert eine ungenügende Spermienmotilität die Befruchtung der Eizelle. Die Bewegung der Spermien zu verstehen, sei daher wesentlich, um in diesem Bereich Fortschritte zu erzielen.