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Nach Angriff auf SPD-Mann Ecke: Obertshausener Lokalpolitiker lassen sich nicht einschüchtern
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Nach Angriff auf SPD-Mann Ecke: Obertshausener Lokalpolitiker lassen sich nicht einschüchtern

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Wenn es gilt, hält die lokale Politik zusammen: Die Obertshausener Stadtverordnete Martina Diebel (CDU), Elke Kunde (Fraktionsvorsitzende der FDP) und Corina Retzbach (Fraktionsvorsitzende der Grünen, von links) bei der Kundgebung für Demokratie am 1. März vor dem Bürgerhaus Hausen.
Wenn es gilt, hält die lokale Politik zusammen: Die Obertshausener Stadtverordnete Martina Diebel (CDU), Elke Kunde (Fraktionsvorsitzende der FDP) und Corina Retzbach (Fraktionsvorsitzende der Grünen, von links) bei der Kundgebung für Demokratie am 1. März vor dem Bürgerhaus Hausen. © Privat

Wie Obertshausener Politiker auf die Attacke gegen den sächsischen Sozialdemokraten Matthias Ecke reagieren - und wie sie die politische Kultur vor Ort mittlerweile erleben.

Obertshausen – Nein, sagt Walter Fontaine, er lasse sich nicht einschüchtern, er werde weiterhin Plakate aufhängen und an Info-Ständen präsent sein. Ob die Botschaft des Vorsitzenden der Obertshausener SPD-Stadtverordnetenfraktion auch gut 500 Kilometer weiter östlich zur Kenntnis genommen wird, ist fraglich.

Aber es ist ein Signal der Unbeugsamkeit. In Dresden wurde vor vier Tagen Matthias Ecke, Spitzenkandidat der sächsischen SPD für die Europawahl (9. Juni), von vier Männern krankenhausreif geschlagen, als er Wahlplakate aufhängen wollte. Alle vier mutmaßlichen Täter sind mittlerweile gefasst – es sind junge Leute im Alter von 17 und 18 Jahren.

„Eine verbrecherische Art und Weise“

Nach ersten Erkenntnissen der Ermittler soll einer der Beteiligten, der sich der Polizei gestellt hatte, einen rechtsextremen Hintergrund haben. Dass seine drei Kollegen andere Motive verfolgten, wäre überraschend.

Fontaine spricht von einer verbrecherischen Art und Weise, Politiker derart zu attackieren, „das ist zutiefst menschenverachtend und abscheulich“. Dass so ein Vorfall auch in Obertshausen möglich ist, scheint (noch) abwegig. Für Fontaine ist das politische Klima in der Stadt größtenteils von gegenseitigem Respekt geprägt. „Man kennt sich seit vielen Jahren, teilweise seit Jahrzehnten und achtet gegenteilige Meinungen und auch Kritik.“

Grünen-Wahlplakate werden regelmäßig beschädigt

So sieht es auch Corina Retzbach, Fraktionsvorsitzende der Grünen. Aber: Dass Wahlplakate ihrer Partei auch jetzt für die Europawahl beschädigt, beschmiert und abgerissen würden, sagt sie eben auch. Doch das ist eben immer noch eine andere Dimension als der brutale Angriff auf den SPD-Mann Ecke. „Das entsetzt mich zutiefst“, sagt Retzbach. Es sind drei Parteien, deren Repräsentanten aus politischen Motiven angegriffen werden, wie die Vorjahresbilanz des Statistikportals Statista zeigt. Die Grünen führen mit 1279 Fällen die Tabelle an, es folgen mit großem Abstand die AfD (478) und die SPD (420).

Dass die rechtspopulische AfD vorne mit dabei ist, hat eine gewisse Ironie. Wird doch deren Politikstil mitverantwortlich gemacht für eine „allgemeine Verrohung“, die Angriffe wie in Dresden erst möglich mache, wie es der sächsische Innenminister Armin Schuster (CDU) der „Süddeutschen Zeitung“ sagte. Für Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ist klar: „Politisch müssen wir die Mitverantwortung derer sehr deutlich benennen, die vor allem vom rechten Rand aus immer hemmungsloser und skrupelloser Demokraten anfeinden und diffamieren“.

Hundekot an der Tür, Schmählosungen am Fenster

Der Extremismusforscher Hajo Funke sagte schon vor vier Jahren, dass die AfD eine Mitschuld an aggressiver Rhetorik und Gewalt trage. Besser ist die Lage nicht geworden: Der „Spiegel“ zitierte vor einer Weile einen Satz auf Twitter (heute X) von Maximilian Krah, Spitzenkandidat der Partei für die Europawahl. „Einwanderung ist Völkermord, denn dann gibt es ein Mischvolk, dann sind wir Deutsche weg.“ Und der thüringische AfD-Chef Höcke steht nun vor Gericht, weil er öffentlich die verbotene SA-Losung „Alles für Deutschland“ benutzt haben soll.

Was aus so einer Propaganda praktisch entstehen kann, erfährt man im Gespräch mit Corina Retzbach. Im Hauptberuf leitet sie in Langen das Büro der Grünen-Landtagsabgeordneten Katy Walther und hat schon mehrere Strafanzeigen gestellt: Einmal wurden die Fenster des Büros mit Schmähungen gegen Außenministerin Baerbock verunstaltet. Gleich zweimal war die Eingangstür mit Hundekot verdreckt worden.

Auf Facebook gehts „in geregelten Bahnen“ zu

Als Lokalpolitikerin will sie sich davon und auch von dem Dresdner Vorfall nicht einschüchtern lassen. „Ich bin nicht ängstlich“, sie werde daher weiter Plakate aufhängen. Und Facebook-Kommentare? Persönlich habe sie noch keine Anfeindungen erlebt, versichert Retzbach.

Das gilt auch für ihren SPD-Kollegen Fontaine. „Das verläuft bisher alles in geregelten Bahnen, und das soll auch so bleiben“, sagt er. (Steffen Gerth)

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