Beamten- und Richterbesoldung in Hamburg – verfassungwidrig niedrig?

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Hamburg ist die Beamtenbesoldung in Hamburg in den Besoldungsgruppen A 7 – 15 sowie die und Richterbesoldung in der Besoldungsgruppe R 1 in verfassungswidriger Weise zu niedrig bemessen. Das Verwaltungsgericht hat daher fünf Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung der Frage vorgelegt, ob die Regelungen mit Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar sind.

Beamten- und Richterbesoldung in Hamburg – verfassungwidrig niedrig?

Diese fünf Musterverfahren betreffen die Besoldung von aktiven Beamtinnen und Beamten mit einer Besoldung nach den Besoldungsgruppen A 7, A 8, A 9, A 12 und A 15 sowie von aktiven Richterinnen und Richtern mit einer Besoldung nach der Besoldungsgruppe R 1 in den Jahren 2020/21. Insgesamt sind beim Verwaltungsgericht Hamburg etwa 8000 Klagen anhängig, mit denen die Feststellung begehrt wird, dass die Besoldung beziehungsweise das Ruhegehalt verfassungswidrig zu niedrig ist.

Die aktuellen Richtervorlagen hat das Verwaltungsgericht mit Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insbesondere mit den folgenden Überlegungen begründet:

  • Die Besoldung in den Besoldungsgruppen bis einschließlich A 10 wahre in den Jahren 2020 und 2021 – insbesondere auch unter Berücksichtigung der für das Jahr 2021 gewährten Angleichungszulage – nicht den erforderlichen Mindestabstand zur Höhe der Grundsicherung. Die Besoldung der Kläger in den Besoldungsgruppen bis einschließlich A 9 sei bereits aus diesem Grund verfassungswidrig. Für die Besoldung in den höheren Besoldungsgruppen wie auch in der Besoldungsgruppe R 1 sei dies aufgrund des Abstandsgebots zwischen den Besoldungsgruppen ein erhebliches Indiz für ihre Verfassungswidrigkeit.
  • Insbesondere bei der Besoldung in den höheren Besoldungsgruppen wie auch in der Besoldungsgruppe R 1 komme hinzu, dass der Nominallohnindex in Hamburg in den zurückliegenden 15 Jahren erheblich stärker gestiegen sei als die Hamburger Besoldung. Die Angleichungszulage, die im Jahr 2022 ohnehin lediglich für das Jahr 2021 gewährt worden sei, gleiche dies jedenfalls im Ergebnis nicht aus.
  • Das Verwaltungsgericht Hamburg folge nicht den Ausführungen des Besoldungsgesetzgebers, dass der Berücksichtigung der landesspezifischen Besonderheiten unter anderem aufgrund der gebotenen Tariftreue innerhalb der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) „sehr enge Grenzen“ gesetzt seien.
  • Weitere alimentationsrelevante Kriterien, die ausreichend für eine Verfassungsgemäßheit der Besoldung sprächen, seien nicht ersichtlich.

Das Alimentationsprinzip zählt zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG. Es verpflichtet den Dienstherrn, Beamtinnen und Beamte sowie Richterinnen und Richter nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung der rechtsprechenden Gewalt und des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Diese Gewährleistung einer rechtlich und wirtschaftlich gesicherten Position bildet die Voraussetzung und innere Rechtfertigung für die lebenslange Treuepflicht sowie das Streikverbot.

Nach Art. 100 Abs. 1 GG ist das Bundesverfassungsgericht dafür zuständig, über die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen – hier des Hamburgischen Besoldungsgesetzes – zu entscheiden. Hält ein Gericht ein Gesetz für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen (sog. Richtervorlage).

Das Verwaltungsgericht Hamburg hatte bereits im September 2020 Verfahren zu der amtsangemessenen Besoldung in Hamburg in den Jahren 2011 bis 2019 dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hierzu  ist -wie auch zu entsprechenden Vorlagen aus Berlin- bisher nicht ergangen.

Verwaltungsgericht Hamburg – Beschlüsse vom 8. Mai 2024 – 20 B 14/21, 20 B 223/21, 20 B 2157/21, 20 B 4571/21, 20 B 6288/21 und 20 B 14/24

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