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„Compact-Magazin“: Das rechte Geschäft mit der Angst

Das rechte Geschäft mit der Angst

Teilnehmer einer Corona-Demo in Düsseldorf halten ein Plakat des „Compact-Magazins“ hoch. Das Magazin unterstützt die „Querdenker“-Proteste aktiv.

Teilnehmer einer Corona-Demo in Düsseldorf halten ein Plakat des „Compact-Magazins“ hoch. Das Magazin unterstützt die „Querdenker“-Proteste aktiv.

Berlin. Das rechtsextreme „Compact“-Magazin ist ein Gewinner der Corona-Krise. Das vom Bundesamt für Verfassungsschutz 2020 als „Verdachtsfall“ eingestufte Blatt ist so etwas wie ein Leitmedium der Szene aus AfD-Wählerinnen und -Wählern, „Querdenker“-Demonstrierenden und Verschwörungsgläubigen.

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Zu den Corona-Schutzmaßnahmen von Bund und Ländern brachte „Compact“ im März 2021 eine Sonderausgabe heraus; „Corona Diktatur“ steht in großen Lettern auf dem Titel. Abgebildet sind darauf drei Polizisten in ABC-Schutzanzügen vor einer dystopischen Katastrophenszene mit ausgebombten Hochhäusern. Drohnen schweben über den Köpfen. Eine Illustration wie aus einem apokalyptischen Spielfilm. Auch gegen Impfungen macht Compact immer wieder Stimmung und behauptete etwa im Mai 2021, Angela Merkel bereite eine „Impfpflicht für Kinder“ vor.

„Compact“ ist kein ganz kleines Blatt: Rund 45.000 Abonnentinnen und Abonnenten hat das monatlich erscheinende Magazin nach eigenen Angaben, laut dem Webanalysedienst Similarweb verzeichnet das zugehörige Onlinemagazin mehr als 600.000 Besuche im Monat. Die Macher des Magazins wissen, wie man aufstachelt und Angst erzeugt. Und sie wissen auch, wie man aus dem verbreiteten Misstrauen in staatliche Maßnahmen und professionelle Medizin Kapital schlägt.

Das Coronavirus sei eigentlich harmlos, wird von Autorinnen und Autoren des Magazins behauptet, die Pandemie von machthungrigen Eliten erfunden, um sich zu bereichern. Auf der einen Seite verbreitet „Compact“ Panik vor einer drohenden „Corona-Diktatur“, auf der anderen Seite titelt das Magazin im Februar 2021 auf seiner Website: „Keine Panik wegen Corona!“ Das Hauptproblem sei nicht das Virus, sondern die Angst davor. Die Gesundheitsvorsorge solle man in die eigenen Hände nehmen, anstatt auf die Maßnahmen des Staates zu vertrauen.

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„Compact“-Chefredakteur Jürgen Elsässer im April 2021 bei einer Kundgebung gegen die Corona-Schutzmaßnahmen vor dem Brandenburger Tor in Berlin.

„Compact“-Chefredakteur Jürgen Elsässer im April 2021 bei einer Kundgebung gegen die Corona-Schutzmaßnahmen vor dem Brandenburger Tor in Berlin.

Schleichwerbung zwischen rechter Agitation

Der Artikel ist auf der „Compact“-Website in der Kategorie „Gesundheit“ erschienen. In erster Linie ist er jedoch Werbung. Um das Immunsystem zu stärken, werden darin verschiedene Nahrungsergänzungsmittel empfohlen: Vitamine, Antioxidantien oder das Coenzym Q10. Und immer wieder wird dabei ein Onlineshop verlinkt, der diese Mittel anbietet: „9 Leben“. Im betreffenden Artikel ganze 17-mal. Als Werbung gekennzeichnet ist er jedoch nicht.

Das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) hat mehrere Hundert Artikel auf der „Compact“-Website ausgewertet. In weit über hundert Beiträgen, die den Leserinnen und Lesern suggerieren, es handle sich um unabhängige journalistische Texte, findet sich derartige Werbung. Die Artikel wurden unter verschiedenen Autorennamen verfasst und bewerben alle denselben Onlineshop. Es handelt sich dabei nicht um irgendeine Firma: Geschäftsführer der 9 Leben GmbH ist Kai Homilius, Mitgründer und Gesellschafter der Compact-Magazin GmbH. Das Magazin bewirbt eine Firma des eigenen Gesellschafters.

Das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb verbietet Werbung, die als redaktioneller Inhalt getarnt und nicht gekennzeichnet ist. Auf eine schriftliche Anfrage des RND, warum bei den Artikeln auf eine Kennzeichnung als Werbung verzichtet wurde, antwortete das „Compact“-Magazin nicht.

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Algenpulver als vermeintlicher „Schutz vor Corona“

Beim „Compact“-Magazin geht es jedoch nicht nur um Schleichwerbung. Es geht auch darum, was in den Texten versprochen wird. Häufig bewirbt „Compact“ Astaxanthin, einen pflanzlichen Stoff, der aus Algen gewonnen wird. 29,99 Euro soll ein Döschen mit 180 Algenpulverkapseln kosten. Die Einnahme des Stoffes könne Entzündungen lindern, heißt es da etwa, außerdem bei Augenleiden und Gelenkschmerzen helfen und sämtliche Organe und Gewebe schützen.

In einem Newsletter des „Compact“-Magazins im Juni 2020 wird das Mittel sogar als „Ihr bester Schutz vor Corona und anderen Viren“ angepriesen.

Schon während der ersten Corona-Welle im Frühjahr 2020 warnte das Bundesernährungsministerium vor solcher Werbung. Es gebe kein Nahrungsergänzungsmittel, das eine Infektion mit dem Virus verhindern kann, teilte das Ministerium mit und stellte klar: „Eine gesundheitsbezogene Werbung wie ‚schützt vor Viren‘ ist verboten.“ „Man spielt nicht mit der Angst der Menschen. Diese Geschäftemacher dürfen keinen Erfolg haben“, sagte Ernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) damals. Gesundheitsbezogene Angaben zu Nahrungsergänzungsmitteln dürften ohnehin nur dann gemacht werden, wenn sie im Sinne der europäischen „Health-Claims-Verordnung“ genehmigt seien.

Das sind jedoch auch die anderen gesundheitsbezogenen Behauptungen, die das „Compact“-Magazin in seinen Werbeartikeln über den Stoff Astaxanthin verbreitet, nicht.

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Alle „Health Claims“, die Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln bislang bei der EU beantragt haben, wurden abgelehnt. Das hat das RND im „Health Claims Register“, einer Datenbank der EU-Kommission, überprüft.

Gesundheitspolitikerin Bas fordert bessere Kontrollen

„Wenn wissenschaftliche Erkenntnisse als Basis der gesellschaftlichen Diskussion nicht mehr anerkannt werden, stellt dies eine große Gefahr dar“, sagt die SPD-Gesundheitspolitikerin Bärbel Bas dem RND. „Aus meiner Sicht handelt es sich bei denjenigen, die Nahrungsergänzungsmittel als vermeintliche Wundermittel anpreisen, um skrupellose Geschäftemacher, die sich auf Kosten der Gesundheit anderer bereichern wollen.“

Insbesondere Behauptungen, dass bestimmte Stoffe eine Ansteckung mit dem Coronavirus verhindern könnten, seien gefährlich für die Gesellschaft, wenn in der Folge auf wirksame Schutzmaßnahmen verzichtet werde. „Für die oder den Einzelnen wird es dann gefährlich, wenn auf falsche Behauptungen vertraut wird und wirksame Behandlungen unterlassen werden – zum Beispiel wenn Krebs mit Vitaminen geheilt werden soll und daraufhin Therapien abgebrochen werden“, sagt die Bundestagsabgeordnete.

Die SPD-Gesundheitspolitikerin Bärbel Bas bei einer Plenarsitzung im Deutschen Bundestag.

Die SPD-Gesundheitspolitikerin Bärbel Bas bei einer Plenarsitzung im Deutschen Bundestag.

Überhaupt seien Nahrungsergänzungsmittel nur in Ausnahmefällen sinnvoll. „Meistens sind sie nutzlos. Wenn zusätzlich zur normalen Ernährung noch hoch dosierte Nahrungsergänzungsmittel eingenommen werden, kann das Risiko, der Gesundheit zu schaden, sogar steigen. Zahlreiche Studien haben dies inzwischen nachgewiesen.“ Auch die Verbraucherzentralen warnen seit Jahren immer wieder, Nahrungsergänzungsmittel seien meist überflüssig, manchmal sogar gefährlich.

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Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssten insbesondere vor falschen Versprechungen geschützt werden, fordert Bärbel Bas – „mit deutlich besseren Kontrollen und mit einer intensiven Aufklärung über die Risiken“.

Das Gesamtsortiment für Verschwörungsgläubige und Medizingegnerinnen und Medizingegner

Das „Compact“-Magazin ist nicht der einzige rechte Akteur im Geschäft mit Nahrungsergänzungsmitteln. Schon seit Jahren hat sich der Kopp-Verlag hier als Platzhirsch etabliert. Aus seinem modernen Verlagsgebäude in Rottenburg am Neckar steuert Verleger und Geschäftsmann Jochen Kopp ein Imperium des Irrationalen. Kopp verlegt Bücher über Ufos, Außerirdische und Weltverschwörungen, über „Alternativmedizin“, angeblich vertuschte Migrantengewalt und den jederzeit drohenden Zusammenbruch der Weltwirtschaft. Immer wieder schaffen es Publikationen des Verlags bis hinauf auf die Bestsellerlisten.

Kopps Leitlinie: Das veröffentlichen, was der „Mainstream“ nicht bringt. Der Wahrheitsgehalt der Bücher scheint dabei nachrangig. Medien und Politik sind in dem Weltbild, das die Kopp-Publikationen prägt, Teil eines großen Komplotts, das die Bürgerinnen und Bürger belügt. Die wissenschaftliche Medizin wird als großer Schwindel dargestellt. Dahinter steckt auch beim Kopp-Verlag ein doppeltes Geschäftsmodell.

Denn der klassische Buchhandel ist längst nur noch eine Sparte seines Geschäfts. Der Verlag hat daneben ein umfassendes Sortiment aus Nahrungsergänzungsmitteln für ein vermeintlich gesünderes Leben im Angebot. 120 Kapseln Gerstengrassaft gibt es für 24,99 Euro. Für 10 Euro mehr sind 90 „Darm-Aktiv-Kapseln“ erhältlich. Auch Kristalle und Steine, die angeblich Trinkwasser „vitalisieren“ sollen, verkauft der Verlag. Und auch zur Vorbereitung auf den immerwährend angekündigten großen Crash hat Kopp alles Nötige parat: Jahrzehntelang haltbare Notfall-Lebensmittelrationen, Trinkwasserfilter, Gasmasken und ABC-Schutzanzüge. Außerdem Pfefferspraypistolen, Teleskopschlagstöcke und Elektroschocker. Sicher ist sicher.

Rechte Promis als Werbepartner

Dieses Gesamtpaket für den Krisenfall bewirbt der Kopp-Verlag nicht alleine. Er setzt dabei auch auf rechte Onlinemedien wie das Portal „Journalistenwatch“ oder den AfD-nahen „Deutschland-Kurier“. Vor allem aber auf Promis aus der rechten Verschwörungsszene. Einer, dem durch seine immer verstörenderen Äußerungen in den vergangenen Monaten wohl ein Großteil seines Einkommens weggebrochen ist, ist der in den USA lebende Schlagersänger Michael Wendler. Die Werbung für Kopp-Produkte dürfte da ein willkommenes neues Geschäft sein.

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In seinem Kanal in der Messenger-App Telegram bewirbt er zwischen falschen Behauptungen über die Corona-Pandemie unter anderem gepresstes Chlorellaalgenpulver. „SOLL KREBS VORBEUGEND SEIN“, schreibt Wendler in Großbuchstaben. Auf der Verkaufsseite des Verlags ist diese Behauptung nicht zu finden – vielleicht weil man auch bei Kopp weiß, dass das gegen die EU-Verordnung verstoßen würde.

Vom Schlagerstar zum Verschwörungsideologen und Werbepartner des rechten Kopp-Verlags: Michael Wendler.

Vom Schlagerstar zum Verschwörungsideologen und Werbepartner des rechten Kopp-Verlags: Michael Wendler.

Auch die ehemalige „Tagesschau“-Sprecherin Eva Herman, die heute einen der reichweitenstärksten rechten Telegram-Kanäle Deutschlands betreibt, wirbt für Kopp-Produkte. Zum Beispiel für Jodtabletten und eine mobile Gasheizung – denn im Krisenfall sei „mit Ausfällen der Energie-, Gas- und Stromversorgung zu rechnen“. Aber auch für Bücher, die der Verlag vertreibt. Ende Februar 2020 macht Herman Werbung für ein Handbuch über die Selbstbehandlung mit Chlordioxid. Das Desinfektions- und Bleichmittel wird von einigen Pseudomedizinerinnen und -medizinern als angebliches Wunderheilmittel angepriesen, gegen HIV, Autismus, Krebs oder Covid-19. Eine vermeintlich heilende Wirkung ist nicht bewiesen. Stattdessen warnen Expertinnen und Experten vor erheblichen Gesundheitsgefahren durch die Einnahme des Mittels.

„Compact“-Chefredakteur Jürgen Elsässer und Verlagsgründer Jochen Kopp verbindet, dass sie an ihre Rechts-außen-Mission glauben. Beide sind Unternehmer, klar. Aber es geht ihnen nicht allein ums Geldverdienen. „Verleger wird man nicht, wenn man nicht auch eine Überzeugung hat“, sagte Kopp schon 2016 der „Wirtschaftswoche“. Elsässer trat als Redner bei Pegida-Demonstrationen und AfD-Veranstaltungen auf. Nicht bei allen Unternehmern, die Geld mit dem Verbreiten von Verschwörungserzählungen verdienen, ist das so klar.

„Alternativmedien“ vom Werbeunternehmen

Die Firma Yes Investmedia aus Bonn führt bereits seit mehreren Jahren ein unternehmerisches Doppelleben. Da ist die eine, die seriös wirkende Seite. Das Unternehmen ist als Werbeagentur und Dienstleister für Fachverlage aus dem Finanzbereich tätig, die Geschäftsführer betreiben auch die Börsennachrichtenseite Finanztrends.info. Die Firmengründer präsentieren sich auf ihrer Homepage als junge Selfmade-Unternehmer mit selbstbewusstem Lächeln und aufgeknöpften Hemden unter den Businesssakkos. Die andere Seite des Unternehmens ist ein Netzwerk aus Websites und Abodiensten, die Falschbehauptungen und Verschwörungsmythen verbreiten, populistische Stimmung machen und versuchen, von der Angst ihrer Leserinnen und Leser vor einem großen Crash zu profitieren.

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Auf einer Werbeseite für das Abo eines monatlichen Digitalmagazins des Unternehmens wird die Corona-Krise als großer Angstmacher genutzt: „Erfahren Sie jetzt, was die Wirtschafts- und Finanzelite plant und warum uns die gesamte Wahrheit über die Corona-Krise noch immer vorenthalten wird.“ Die „Mächtigsten unseres Landes“ seien „Marionettenspieler“, die Medien würden aus Angst vor der Regierung schweigen, behaupten die Autoren. Es sind genau jene bekannten Verschwörungserzählungen, die seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie so viel Aufmerksamkeit erhalten. Psychologinnen und Psychologen, aber auch Sicherheitskreise haben im vergangenen Jahr mehrfach vor der Radikalisierung gewarnt, zu der solche Verschwörungsmythen führen können.

Populismus und Stimmungsmache gegen Medien und Politik. So bewirbt die Yes Investmedia GmbH eines ihrer digitalen Abo-Magazine.

Populismus und Stimmungsmache gegen Medien und Politik. So bewirbt die Yes Investmedia GmbH eines ihrer digitalen Abo-Magazine.

Yes Investmedia paart seine Behauptungen mit Versprechungen im Superlativ: Wer „Deutschlands mutigsten digitalen Premiumaufklärungsdienst“ abonniere, erfahre alles, „was sonst zensiert wird“. Die Werbung ist voller fetter Überschriften, hinterlegt in einem knalligen Gelb. Maximale Aufmerksamkeit, maximale Selbstüberhöhung. Ein Abo soll fast 240 Euro im Jahr kosten. Abonnentinnen und Abonnenten könnten jedoch schnell enttäuscht sein: Statt tiefgehender investigativer Recherchen erwarten sie die seit Jahren immer gleichen Warnungen vor einer vermeintlich drohenden Bargeldabschaffung sowie abenteuerliche und nachweislich falsche Verschwörungserzählungen über einen angeblichen Zusammenhang zwischen dem Coronavirus und 5G-Mobilfunk. In einem zweiten Abodienst gibt das Unternehmen Tipps für das „Überleben in der Krise“ – verbunden mit Werbung für einen Onlineshop, der Survivalausrüstung und Langzeitnahrung für das Überleben nach einem Zusammenbruch der Gesellschaft verkauft. Der Shop wird von den Gründern und Geschäftsführern der Yes Investmedia GmbH betrieben.

Der erfundene Chefredakteur

Beworben wurden solche Abodienste über mehrere Jahre auf Seiten des Unternehmens mit Webadressen wie Watergate.tv, Politaia.org und Neopresse.com. Seit wenigen Monaten ist nur noch die Neopresse-Seite aktiv, die anderen Seiten werden nun auf sie umgeleitet. Die Seite Watergate.tv geriet 2017 kurzzeitig in die Schlagzeilen, weil das Unternehmen den Fernsehmoderator Hans Meiser für die Moderation mehrerer Videos auf der Seite gewinnen konnte. Meiser verlor daraufhin einen Auftrag für Jan Böhmermanns „Neo Magazin Royal“.

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Für die Leserinnen und Leser der Websites und Abodienste ist kaum ersichtlich, dass hinter ihnen ein professionelles Werbeunternehmen steckt. Die Neopresse-Seite ist auf den ersten Blick nur schwer von anderen rechten „Alternativmedien“ zu unterscheiden.

„Neopresse.com versteht sich als liberal-konservative Nachrichtenseite und Diskussionsplattform, auf der auch unbequeme und kontrovers zu diskutierende Meinungen ihren Platz haben“, heißt es auf der Seite und: „Die Redaktion von Neopresse.com arbeitet unabhängig.“ Im Impressum wird allerdings nicht die Yes Investmedia GmbH genannt, sondern eine „Alternative Media Publishing“ – für die es keinen Handelsregistereintrag gibt. Statt der Firmenanschrift wird die Adresse eines Anbieters für Firmenbriefkästen angegeben.

Auch der laut Impressum für die Website und mehrere Abodienste verantwortliche Volker Hahn ist offenbar eine Erfindung. Auf der Seite Watergate.tv wurde Hahn einst als gebürtiger Dresdner und langjähriger Redakteur für eine deutsche Tageszeitung beschrieben. Doch das angebliche Porträtbild des „Chefredakteurs“ ist bloß ein Stockfoto, das sich für einige Euro in kommerziellen Bilddatenbanken kaufen lässt. Ein Foto des Mannes wurde in der Vergangenheit bereits in der Netflix-Serie „Designated Survivor“ verwendet. Dort sollte es ein Anschlagsopfer in Washington zeigen. Eines ist sicher: Einen Chefredakteur zeigt es nicht. Warum es „Volker Hahn“ erfunden hat, beantwortete das Unternehmen auf RND-Anfrage nicht.

Besonders gründlich versteckt das Unternehmen seine Urheberschaft jedoch nicht. In den vergangenen Jahren wurden zeitweise die echten Angaben im Impressum der Seiten genannt, noch heute finden sich zahlreiche Hinweise. Wie genau das Geschäft mit den alarmistischen Abodiensten strukturiert ist, zeigt außerdem ein Blick ins Handelsregister: Im Dezember 2020 gliederte die Yes Investmedia GmbH ihren Geschäftszweig „Alternative Medien“ in eine separate Gesellschaft aus – die Hahn Newsgroup GmbH & Co. KG.

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Verschwörungserzählungen mit realen Auswirkungen

Auf RND-Anfrage teilt das Unternehmen mit, es habe „in den vergangenen Jahren unterschiedliche Webseiten und Verlage aufgekauft, aufgebaut und in solche investiert“. Die entsprechenden Redaktionen und Verlage arbeiteten unabhängig voneinander. Das Portal Watergate.tv habe sich nicht wie vorgesehen entwickelt und „Leser angezogen, die wir nicht erreichen und adressieren wollten“. Daher sei die Seite eingestellt worden. Die Entscheidung sei auch getroffen worden, weil das Unternehmen „Verschwörungstheorien keinen Platz und keine Plattform bieten“ wolle.

Trotzdem verkauft die Yes Investmedia GmbH weiterhin Abos ihrer Digitalmagazine – Verschwörungserzählungen inklusive.

Dabei haben solche Erzählungen ganz reale Auswirkungen auf die Gesellschaft: Sie radikalisieren Menschen, führen dazu, dass sie sich von der Medizin abwenden, Impfungen verweigern und sich zunehmend aus dem demokratischen Diskurs verabschieden.

Die Angst, so lautet ein Sprichwort, ist ein schlechter Ratgeber. Sie ist jedoch ein gut funktionierendes Geschäftsmodell. Rechte Aktivistinnen und Aktivisten, aber auch findige Unternehmerinnen und Unternehmer haben es längst perfektioniert.

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