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Afghanistan: Kerner, Guttenberg und Advent im Kriegsgebiet - WELT
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Kerner, Guttenberg und Advent im Kriegsgebiet

Der Guttenberg-Besuch in Afghanistan mit Ehefrau Stephanie und Talkmaster Johannes B. Kerner im Gepäck machte Furore. Die Show selbst hatte einen aufklärerischen Ansatz.

Erschütternd: Melinda Schuster ist Rettungsassistentin und in Afghanistan stationiert. Sie war dabei, als im Oktober ein weiterer Soldat am Hindukusch sein Leben verlor: Florian Pauli starb bei einem Selbstmordanschlag am 7. Oktober. Der 26-Jährige aus Niedersachsen ist das 44. Opfer, das Deutschland in dem Einsatz zu beklagen hat.

Die Einheit des Oberfeldwebels sollte eine Zufahrtsstraße schützen. Unmittelbar nach dem Anschlag wird Melinda Schuster mit ihren Soldaten zum Unglücksort gerufen. „Ich sah sofort, dass ich Pauli nicht mehr helfen konnte und wandte mich dem ebenfalls schwer verletzten Fahrer zu“, sagt sie. Schreckliche Wahrheiten: In Krisensituationen muss Schuster das Helfen auch einmal lassen können – um Menschenleben zu retten.

Gefechte, Tote und Verletzte, das ist auch ein Stück Realität in Afghanistan. Die Deutschen waren gekommen, um aufzubauen. „Das waren Traumbilder von dem, was wir tun können“, gesteht Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) vor laufender Kamera – mitten im „Kriegsgebiet“, O-Ton Guttenberg.

„Wir haben aber verschwiegen, was die Soldaten tatsächlich tun“, kritisiert er den bisherigen Umgang mit dem Thema Afghanistan. Der Sunny-Boy der deutschen Politik traut sich, auch unangenehme Wahrheiten an- und auszusprechen. „Wir haben viel zu lange herumgedruckst“, sagt er und macht ernst mit seiner Ankündigung, den Kurs der Öffentlichkeitspolitik radikal zu ändern.

Beim Kerner Spezial aus Afghanistan bekommt Guttenberg auf Sat.1 die Chance, kurz nach 23 Uhr Sendezeit, Aufklärung zu betreiben. Die Sendung ist am Montag in Masar-i-Scharif aufgezeichnet worden – und hatte bereits vor der Ausstrahlung für viel Kritik gesorgt. Der Minister wolle sich mit dem Auftritt in Szene setzen, wirft ihm die Opposition vor.

Dabei kommen weder die Lage in Afghanistan noch die Situation der Soldaten gut weg. Allerdings ist genau das die Botschaft, die Guttenberg herüberbringen will. Weniger er als Person, noch er als Minister werden in Szene gesetzt. Im Mittelpunkt stehen die Soldaten, die in der Sendung zu Wort kommen – und das nicht immer mit positiven Eindrücken.

Da ist zum Beispiel Sebastian Züche. Von Februar bis August 2007 war der damals 28-Jährige in Afghanistan. Im Mai des Jahres stirbt einer seiner Kameraden bei einem Unfall. Züche war zwar nicht dabei, aber er hat den Befehl zu dem Auftrag gegeben, bei dem der Soldat starb. Das und viele andere Bilder aus Afghanistan belasten den Soldaten nach seiner Heimkehr.

Im Juli 2009 unternimmt Züche einen Selbstmordversuch und kommt ins Bundeswehrkrankenhaus in Berlin in psychiatrische Behandlung. Doch die Ärzte wechseln oft und Züche kritisiert, das habe ihn weiter destabilisiert.

Mittlerweile ist sein Dienst bei der Bundeswehr beendet, und er will sich einen zivilen Psychiater suchen. Das ist kein gutes Zeugnis für die Bundeswehr und auch nicht für den Einsatz.

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Züche leidet unter einer sogenannten posttraumatischen Belastungsstörung. Kerner spricht auch dieses Thema unverblümt an: Bis Ende November sind 655 Soldaten an dieser Störung erkrankt. Es handelt sich um seelische Verletzungen, die die Soldaten davongetragen haben.

Guttenberg sagt: „Die Zahl der Störungen steigt, weil die Belastung in Afghanistan steigt.“ Gleichzeitig trauten sich aber auch erst jetzt viele, offen über die Krankheit zu sprechen. Zudem gebe es hohe bürokratische Hürden, die seelischen Verletzungen anerkennen zu lassen. Im Verteidigungsministerium gibt es nun einen Ansprechpartner, der Hilfestellungen gibt.

Gleichzeitig klärt die Sendung auf: Kerner holt einen Soldaten in Gefechtsausrüstung auf die Bühne im Studio, in dem die Zuschauer allesamt Tarnanzüge tragen. Kampfweste, Munition und die Sanitätsausstattung werden vorgestellt. Dazu gehört auch die Morphium-Spritze, mit der verwundeten Soldaten die Schmerzen gelindert werden sollen.

Der Elitekämpfer, Hauptfeldwebel Steffen Plange, erzählt, was ihn im Einsatz motiviert: „Wenn Sie die Kinder sehen, die in Badelatschen im Schnee am Straßenrand stehen und für die eigenen Kameraden, dafür lohnt es sich.“ Plange absolviert bereits seinen fünften Einsatz in Afghanistan. Er hat selbst Kinder, fünf und acht Jahre alt.

Ein wenig ist die Sendung auch auf den Verteidigungsminister zugeschnitten. Er ist jedoch auch der erste Minister, der Soldaten im direkten Kampfeinsatz im Schützengraben besucht hat. Guttenberg sei kriegslüstern musste er sich danach vorwerfen lassen. „Das bin ich nicht“, betont er. Doch er wolle die Realität nicht fernab vom Schreibtisch beurteilen müssen.

Und genau diese Eindrücke, die Guttenberg auf seinen mittlerweile sieben Reisen gesammelt hat, kommen nun auch offiziell bei den deutschen Zuschauern an. Gleichzeitig zollt der Minister damit den Soldaten im Einsatz großen Respekt. Denn gerade die Skepsis daheim in Deutschland ist es, unter der die Soldaten in Afghanistan auch leiden.

Das betont Oberleutnant Janette Aue, die als Zugführerin für 19 Soldaten direkt verantwortlich ist. Guttenberg möchte, dass die deutsche Öffentlichkeit weiß, was in Afghanistan geleistet wird. „Dabei geht es nicht darum, ob jemand den Einsatz befürwortet oder nicht“, sagt er.

Dann fragt Kerner nach dem Gefühl der Soldaten in der Adventszeit. „Die Trennung von der Familie fällt in dieser Zeit schwer, auch wenn man selbst Weihnachten nicht so mag“, sagt Aue. Guttenberg fordert dazu auf, an Weihnachten in Gedanken auch einmal im Einsatzgebiet zu sein. „Das haben die Soldaten hier verdient.“

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