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Politik Rede vor der Knesset

Merkel spricht von "Stunde der Bewährung"

Die Bundeskanzlerin spricht vor dem Parlament in Israel, der Knesset. Die Bundeskanzlerin spricht vor dem Parlament in Israel, der Knesset.
Die Bundeskanzlerin spricht vor dem Parlament in Israel, der Knesset
Quelle: DPA
Mit Applaus bedachten Israels Abgeordnete die Kanzlerin, die als erste ausländische Regierungschefin vor der Knesset sprach. Merkel ließ viele persönliche Erinnerungen in ihre Rede einfließen. Sie sprach auch den größten Konfliktpunkt ihres Besuchs an, den sie als Bewährungsprobe sieht: den Umgang mit dem Iran.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht in der Zusammenarbeit mit Israel gegen Irans Nuklearprogramm eine „Stunde der Bewährung“ für die Beziehungen zwischen Deutschen und Israelis. Bei ihrer Ansprache vor der Knesset, dem israelischen Parlament, in Jerusalem kündigte sie an, sich neben UN-Sanktionen notfalls für weitere Einschränkungen der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Europa und Iran stark zu machen.

Merkel stellte sich demonstrativ an die Seite Israels. „Besonderen Anlass zur Sorge geben ohne Zweifel die Drohungen, die der iranische Präsident gegen Israel und das jüdische Volk richtet“, sagte Merkel. „Jede Bundesregierung und jeder Bundeskanzler vor mir waren der besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die Sicherheit Israels verpflichtet. Diese historische Verantwortung ist Teil der Staatsräson meines Landes. Das heißt, die Sicherheit Israels ist für mich als deutsche Bundeskanzlerin niemals verhandelbar.“


Merkel weiter: „Und wenn das so ist, dann dürfen das in der Stunde der Bewährung keine leeren Worte bleiben.“ Deutschland werde weiter für eine diplomatische Lösung des Konflikts arbeiten. „Die Bundesregierung wird sich dabei, wenn der Iran nicht einlenkt, weiter entschieden für Sanktionen einsetzen.“


Die Rede vor der Knesset war der Höhepunkt von Merkels dreitägigem Besuch in Israel anlässlich des 60. Jahrestages der Staatsgründung. Und sie war eine Gratwanderung. Nicht nur wegen des Holocausts und der Vergangenheit der beiden Länder. Sondern auch, weil Israel von Deutschland eine schärfe Haltung gegenüber Iran erwartet.


Während Merkel weiter auf die Kraft der UN-Sanktionen vertraut, schließt Israel, das sein Überleben durch das Atomprogramm Irans bedroht sieht, Militärschläge gegen das Mullah-Regime nicht aus. Parlamentspräsidentin, Premierminister und Oppositionsführer begrüßten Merkel vor ihrer Ansprache und nahmen die Kanzlerin in die Pflicht. Deutschland müsse im Atomstreit mit Iran härter auftreten. Israel drängt Deutschland vor allem zu einem Einfrieren seiner Wirtschaftsbeziehungen zu Iran.

Applaus für Sätze auf Hebräisch

Als erste ausländische Regierungschefin überhaupt durfte Merkel in der Knesset reden. Bislang war diese Ehre Staatsoberhäuptern vorbehalten. Als Johannes Rau im Jahr 2000 als erster Deutscher hier sprechen konnte, gab es darüber noch heftige Debatten. Sollte vor dem israelischen Parlament tatsächlich ein Politiker auf Deutsch, der Sprache der Täter sprechen?

Auch bevor Merkel den Saal betrat, ergriffen einige Abgeordnete das Wort und erklärten, warum sie der Rede der Kanzlerin fernbleiben wollten. Einer sagte, seine Großeltern seien Opfer der Nazis gewesen, eine andere, es sei „unsensibel“, wenn Merkel in der Knesset auf Deutsch rede. Doch die große Mehrheit dachte anders. Sie applaudierte, als Merkel sich bei der Präsidentin der Knesset, Dalia Itzik, für die Einladung bedankte. Diesen Satz sprach die Kanzlerin auf Hebräisch, genauso wie ihren Abschiedssatz, beide Male applaudierten die Abgeordneten.


Im schwarzen Blazer stand Merkel an dem Rednerpult, die Zuschauerränge waren bis auf den letzten Platz gefüllt. Neben Iran fand Merkel auch deutliche Worte gegenüber den anderen Gegnern Israels: der Hamas, die den Süden des Landes mit Raketen bedroh, und Syrien, das die Hisbollah-Milizen im Libanon mit Waffen versorgt. „Während wir hier beraten haben, ist Israel bedroht. Während wir hier sprechen, leben Tausende Menschen in Angst und Schrecken vor Raketenangriffen und Terror der Hamas“, sagte Merkel. „Ich sage klar und unmissverständlich: Die Kassam-Angriffe der Hamas müssen aufhören.“ Von Syrien forderte sie, die Regierung des Libanon „endlich anzuerkennen“.

Knesset-Präsidentin Itzik beschwört die Liebe

Da war Merkel mittendrin im komplizierten Nahost-Friedensprozess. Sie wolle „keine guten Ratschläge von außen und schon gar nicht von oben herab“ geben, sagte Merkel. Doch „wir wissen, dass es zur Umsetzung der Vision von zwei Staaten Kompromisse bedarf, die von beiden Seiten akzeptiert werden. Es bedarf der Kraft auch zu schmerzhaften Zugeständnissen.“

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Merkel nannte den Mauerfall in Europa als mögliches Vorbild dafür, wie auch nach jahrhunderte- oder jahrzehntelanger Feindschaft am Ende Frieden entstehen könne. Nur deshalb könne sie heute „als Bundeskanzlerin, die in der ehemaligen DDR aufgewachsen ist, zu Ihnen sprechen“. Die Kanzlerin schlug weitere persönliche Töne an. In den ersten 35 Jahren ihres Lebens habe sie in einem Land gelebt, „das den Nationalsozialismus als westdeutsches Problem betrachtete“, so Merkel über ihr Leben in der DDR. „Es dauerte über 40 Jahre, bis sich nach der Wiedervereinigung ganz Deutschland sowohl zu seiner historischen Verantwortung als auch zum Staat Israel bekennen konnte.“


Es sei keine Selbstverständlichkeit, dass sich „unsere Herzen in Liebe zu Ihnen öffnen“, sagte Knesset-Präsidentin Itzik, nachdem Merkel den Plenarsaal betreten hatte. „Wie viele jüdische Nobelpreisträger hat die Menschheit verloren, weil Deutschland beschlossen hat, die Juden Europas in die Gaskammern zu führen“, sagte sie. Und schloss dann die Mahnung an, Iran an der Produktion von Atomwaffen zu hindern, diese Mahnung, die Merkel in Israel auf Schritt und Tritt begleitete: „Verehrte Kanzlerin, ich bitte Sie: schweigen Sie nicht!“ Oppositionsführer Benjamin Netanjahu machte klar, dass ein Militärschlag gegen Iran weiter möglich sei, sollten die Sanktionen fehlschlagen.

Freundlichere Worte fand Israels Premierminister Ehud Olmert. Er rühmte Merkel als „bedeutende moralische Persönlichkeit und treue Freundin des Staates Israels“ und begrüßte und ihre entschiedene Haltung gegen die Holocaust-Leugnungen von Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad.

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