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Skandal um Luftangriff: Schneiderhan entlassen – Jung verteidigt sich - WELT
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Politik Skandal um Luftangriff

Schneiderhan entlassen – Jung verteidigt sich

Franz Josef Jung, Wolfgang Schneiderhan Franz Josef Jung, Wolfgang Schneiderhan
Ex-Verteidigungsminister Franz Josef Jung (l.) weist den Vorwurf, er habe Informationen zurückgehalten, zurück. Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan wurde be...reits von seinen Pflichten entbunden
Quelle: ddp, dpa
Nach Enthüllungen über den umstrittenen Luftangriff auf zwei entführte Tanklaster Anfang September in Afghanistan hat der Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, sein Amt niedergelegt. Sein ehemaliger Minister Franz Josef Jung steht ebenfalls in der Schusslinie, ist sich aber keiner Schuld bewusst.

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat den Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, von seinem Amt entbunden und Staatssekretär Peter Wichert beurlaubt. Das teilte Guttenberg am Donnerstag im Bundestag mit. Als Gründe gab der CSU-Politiker die Zurückhaltung von Informationen über das Bombardement zweier entführter Tanklastzüge Anfang September in Afghanistan an, bei dem zahlreiche Zivilisten getötet worden waren. Die SPD drohte mit einem Untersuchungsausschuss zu den Umständen des Luftangriffs.

Guttenberg erklärte, diese Informationen seien seinem Vorgänger Franz Josef Jung überhaupt nicht und ihm selbst erst am Mittwoch vorgelegt worden. „Hierfür wurde an maßgeblicher Stelle Verantwortung übernommen und die personellen Konsequenzen sind erfolgt.“ Schneiderhan habe ihn deshalb um Entbindung von seinem Amt gebeten, sagte Guttenberg. Dieser Bitte habe er entsprochen. Staatssekretär Peter Wichert habe ebenfalls Verantwortung übernommen. Der Minister dankte beiden dennoch für ihre jahrzehntelange Arbeit.

Die „Bild“-Zeitung hatte zuvor unter Berufung auf vorliegende Berichte der Bundeswehr und ein Video des Luftangriffs aus einem der beteiligten Kampfflugzeuge berichtet, der damalige Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) habe bereits viel früher über mögliche zivile Opfer informiert sein müssen als bislang bekannt. Jung hatte in den ersten Tagen nach dem Luftangriff auf die Frage nach möglichen zivilen Opfern stets ausweichend geantwortet und auf noch zu erstellende Berichte verwiesen.

Zu den Vorwürfen, er habe Informationen bewusst zurückgehalten, sagte Jung nun, es sei eine Tatsache, „dass ich von Anfang an und auch beispielsweise am 6. September klar gesagt habe, dass wir zivile Opfer nicht ausschließen können“.

Vor der Presse hatte Jung damals gesagt, es seien „nach allen mir zurzeit vorliegende Informationen (...) ausschließlich Taliban getötet worden“. Jung erklärte, er habe seine Angaben zunächst auf Quellen aus Kundus gestützt – den dortigen Gouverneur, den Chef der Polizei, den Vorsitzenden des Provinzrates sowie den Chef der Armee. Diese hätten eine „Zahl von Getöteten und Verletzten beschrieben“. Zugleich hätten sie aber gesagt, ach Befragungen vor Ort stehe fest, es handele sich um Taliban und deren Verbündete.

„Das war damals meine Information“, sagte der CDU-Politiker. Alle Informationen seien schließlich in den Nato-Bericht zu dem Angriff eingeflossen. Jung sagte, er habe von Anfang an auch mit Isaf-Kommandeur Stanley McCrystal und dem deutschen Obert Georg Klein gesprochen, der die Angriffe angeordnet hatte. Die Angriffe wurden von amerikanischen F-16-Bombern geflogen. Nach bisher vorliegenden Ermittlungen forderten sie bis zu 142 Todesopfer.

Der SPD-Abgeordnete Johannes Pflug drohte der Bundesregierung mit einem Untersuchungsausschuss zu dem Luftangriff, der Deutschland auch international in Bedrängnis gebracht hatte. Die Inkaufnahme ziviler Opfer habe das Verhältnis der Isaf-Truppen zur Bevölkerung verschlechtert. Wenn der jetzige Arbeitsminister Jung die Berichte entweder nicht zur Kenntnis genommen oder zurückgehalten habe, „dann ist das ein verdammt ernster Vorgang, dann erfordert das einen Untersuchungsausschuss“, sagte Pflug.

Westerwelle verteidigt Mandatsverlängerung

Die Mitteilung Guttenbergs über die personellen Konsequenzen bestimmte die erste Lesung des Bundestages zur Verlängerung des Isaf-Mandats der Bundeswehr in Afghanistan. Zu Beginn der Aussprache hatte Außenminister Guido Westerwelle in direkt auf die Berichte reagiert, indem er für die Bundesregierung Transparenz und Vertrauen gegenüber dem Parlament zusagte. „Ehrlichkeit schafft die Grundlage für Vertrauen. Das ist auch die Regierung hier dem Parlament schuldig.“

Westerwelle wie Guttenberg verteidigten die Verlängerung des Mandats, das eine Obergrenze von 4.500 Soldaten in Afghanistan einschließt. Der Außenminister deutete an, dass nach der internationalen Afghanistan-Konferenz die Grenze erhöht werde. „Der deutsche Beitrag (in Afghanistan) ist beträchtlich. Er muss weiter und rasch ausgebaut werden“, sagte Westerwelle, ohne allerdings Zahlen zu nennen. Zunächst müssten Ziele werden, dann mit den Bündnispartnern eine Strategie verabredet werden. Erst dann könne es um Zahlen gehen.

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