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Eklat in New York: Libyens Diktator Gaddafi zerreißt UN-Charta - WELT
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Ausland Eklat in New York

Libyens Diktator Gaddafi zerreißt UN-Charta

Der Auftritt von Muammar al-Gaddafi hat zu einem Eklat in der UN-Vollversammlung geführt. Der libysche Revolutionsführer warf den Vereinten Nationen vor, ihre eigene Charta zu brechen. Gleichzeitig hielt er ein Exemplar hoch und zerriss einige Seiten. Die fünf Vetomächte bezeichnete er als "Terrorrat".

Der libysche Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi hat den Vereinten Nationen vorgeworfen, ihre eigene Charta zu brechen. In der Präambel sei vorgeschrieben, dass alle Länder unabhängig von ihrer Größe gleichberechtigt seien, sagte Gaddafi am Mittwoch in einer Rede vor den Spitzenpolitikern der 192 Mitgliedsländer.

Dennoch seien die meisten Staaten nicht im fünfzehnköpfigen Sicherheitsrat vertreten, die fünf Vetomächte hätten das alleinige Sagen. „Das akzeptieren wir nicht, und das erkennen wir nicht an“, sagte er sichtlich erregt, hielt ein Exemplar der Charta hoch und zerriss einige Seiten. In der aufgebrachten Rede erklärte er, die Besetzung des UN-Sicherheitsrats mit Nuklearmächten sei „Terrorismus“. „Er sollte nicht Sicherheitsrat heißen, er sollte Terrorrat heißen“, sagte Gaddafi.

Schon vor der Rede des Libyers brach unter den 192 Mitgliedern große Unruhe aus, viele Delegierte verließen den Raum. Versammlungsleiter Ali Treki versuchte mehrfach vergeblich, mit lautem Klopfen für Ruhe zu sorgen. Erst nach fast zehn Minuten erhob sich Gaddafi und schritt sichtlich verärgert ans Rednerpult. Ihn empfing schwacher Applaus. Sein unmittelbarer Vorredner, US-Präsident Barack Obama, war mit großem Beifall bedacht worden.

Für seinen Vorredner war Libyens Staatschef indes voll des Lobes. „Wir wären glücklich, wenn Obama für immer Präsident von Amerika bleiben könnte“, sagte Gaddafi, der selbst seit 40 Jahren im Amt ist. „Sie sind der Beginn eines Wandels“, lobte Gaddafi, der seine Redezeit von 15 Minuten weit überzog und mehr als anderthalb Stunden lang sprach. Obama hatte 40 Minuten geredet.

Gaddafi forderte 7,77 Billionen Dollar (rund 5,26 Billionen Euro) für Afrika als Entschädigung für die Kolonialzeit. Wenn die westlichen Länder nicht zahlten, würden sich die Afrikaner das Geld zurückholen, sagte Gaddafi am Mittwoch vor der UN-Vollversammlung in New York. Er spreche „im Namen von 1000 afrikanischen Königreichen“, erklärte der libysche Revolutionsführer, der bei seiner ersten Rede während einer Generaldebatte der Vereinten Nationen ein sandfarbenes Gewand mit einem Anstecker in der Form des afrikanischen Kontinents trug.

Gaddafi sagte ausdrücklich, dass sich seine Billionen-Forderung nicht an die frühere libysche Kolonialmacht Italien richte. Italien hatte 2008 ein Freundschaftsabkommen mit Libyen unterzeichnet und dem nordafrikanischen Land rund 3,4 Milliarden Euro in Form von Projektinvestitionen zugesagt.

In seiner Rede übte Gaddafi zudem scharfe Kritik am UN-Sicherheitsrat. Das Veto-Recht der fünf ständigen Mitglieder China, Frankreich, Großbritannien, Russland und USA verstoße gegen die UN-Charta. Die Supermächte nutzten die Macht der Vereinten Nationen, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen, sagte Gaddafi, der nach US-Präsident Barack Obama ans Rednerpult trat.

Schon vor seiner Rede beherrschte Gaddafi die Schlagzeilen in New York. Amerikanische Medien berichteten, dass Gaddafi endlich einen Platz gefunden für sein berühmtes Beduinenzelt gefunden habe. Auf einem Anwesen, das dem amerikanischen Immobilienmogul Donald Trump gehört, sei Gaddafis Zelt aufgebaut worden, berichtete US-Fernsehsender ABC. Trump habe nicht gewusst, dass hinter einer Gruppe von Nahost-Geschäftsleuten, an die er das Haus nahe des edlen New Yorker Vororts Bedford vermietet habe, die Libyer gestanden hätten.

Von einem Hubschrauber aus ließ der Sender ABC das Zelt im Garten des Anwesens Seven Springs filmen. Ob Gaddafi nun wirklich in dem Zelt schlafe, sei noch offen, hieß es. Örtliche Behörden hätten aus Baurechtsgründen den weiteren Aufbau erst einmal gestoppt. Ein Jurist der Stadt Bedford erklärte, dass der Zeltbau einige Vorschriften und Gesetze der Gemeinde verletze. Auch gelte in diesem Fall keine diplomatische Immunität. Es handele sich um ein Privatgrundstück und da gälten die Gesetze der Gemeinde.

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Gaddafi pflegt bei Staatsbesuchen auch außerhalb der arabischen Länder – wenn möglich – in seinem mitgebrachten Beduinenzelt zu nächtigen. Erst im Juni in Italien hatte er das Zelt medienwirksam aufschlagen lassen.

Gaddafi hatte seit Wochen vergeblich einen Platz für sein Zelt gesucht, in dem er traditionell auf Reisen im Ausland schläft. Immer wieder hatten Anwohner protestiert und seine Pläne damit zunichte gemacht. Auch ein Versuch, das Zelt im Central-Park zu errichten, scheiterte. Nach anderen Berichten wollte der umstrittene Staatschef deshalb diesmal direkt neben den Vereinten Nationen im Haus des libyschen UN-Botschafters nächtigen.

Am Abend wird auch die Rede von Mahmud Ahamdinedschad erwartet. Vor zwei Jahren verließ die US-Delegation den Saal, als der iranische Präsident über das Atomprogramm seines Landes sprach.

dpa/AP/fas

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