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Guttenberg zieht es zurück zu den Wurzeln

Karl-Theodor zu Guttenberg Karl-Theodor zu Guttenberg
Quelle: dapd/DAPD
Fünf Monate nach dem Rücktritt als Minister verlässt Karl-Theodor zu Guttenberg Deutschland in Richtung USA. Eine politische Rückkehr ist unwahrscheinlich.

Der kleine Bundesstaat Connecticut ist einer der traditionsreichsten der USA. Schon sehr früh in der Geschichte des Landes landeten dort englische Siedler, deren Nachfahren sich später gegen die Mutternation erhoben. Connecticut gehörte zu den Gründerstaaten der USA. Es ist nachvollziehbar, dass sich Karl-Theodor zu Guttenberg den schönen Landstrich an der Ostküste ausgesucht hat , um eine Auszeit von Deutschland zu nehmen – nachvollziehbar und doch nicht ohne Ironie.

Eine Rückkehr zu den Wurzeln

Connecticut wird auch der „Verfassungsstaat“ genannt, weil dort 1639 die sogenannten „Fundamental Orders“ grundgelegt wurden, eine Art erste geschriebene Verfassung. Für Guttenberg bedeutet das gewissermaßen eine Rückkehr zu den Wurzeln – zu den Wurzeln des Problems. „Verfassung und Verfassungsvertrag“ nannte er seine Dissertation, die ihn – einmal als Plagiat entlarvt – alle politischen Ämter kostete.

Sie setzt sich mit der Entwicklung auch der amerikanischen Verfassung auseinander. Schon ganz zu Beginn beschäftigt sie sich mit den „Fundamental Orders of Connecticut“. Hier hatten die Plagiatejäger nichts zu beanstanden.

Genau fünf Monate wird es am Montag her sein, dass Guttenberg spontan zu einer Pressekonferenz in das Verteidigungsministerium in Berlin lud, um seinen Rücktritt zu verkünden: als Minister, Abgeordneter und Vorsitzender der CSU Oberfranken. Vorangegangen waren zwei Wochen, in denen der Polit-Star so tief und schnell fiel wie kaum jemand vor ihm. Des Plagiierens zweifelsfrei überführt, verschwand Guttenberg von einem Tag auf den anderen aus der Öffentlichkeit. Kaum ein Bild gibt es von ihm seither. Eines der wenigen zeigt ihn mit seiner Frau im Juni auf einem Bon-Jovi-Konzert im Münchner Olympiapark. Es war dies der erste Auftritt seit März.

Auch seine Partei, die ihm in staunenswerter Einigkeit die Treue hielt, mied er. Als vor zwei Wochen Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich zu Guttenbergs Nachfolger als CSU-Bezirkschef von Oberfranken gewählt wurde, fehlte der Vorgänger. Friedrich entschuldigte ihn und sprach von geschäftlichen Verpflichtungen in den USA.

Sicher ist, dass ihm seine Familie folgen wird

Seit Wochen ging das Gerücht, dass Guttenberg seine nähere Zukunft in den USA sieht. In dieser Woche dann standen die Umzugswagen vor der gelben Villa im Berliner Stadtteil Charlottenburg. Guttenberg selbst war anwesend. Jene, die ihn beobachtet haben, berichten, dass er bester Laune gewesen sei, auf dem Kopf eine Baseballkappe der New York Yankees. Zu seinen konkreten Plänen wollte er sich nicht äußern.

Sicher ist, dass ihm Ehefrau Stephanie und die beiden Töchter Anna und Mathilde an den neuen Wohnsitz folgen werden. Dort wolle er ein Buch schreiben und Vorträge halten, heißt es aus seinem Umfeld. Wo genau er wohnen wird, ist nicht bekannt. Attraktiv machen Connecticut nicht nur die Nähe zu New York und das herbstliche Farbenspiel des Indian Summer. In Connecticut steht die Yale University, eine der renommiertesten Hochschulen weltweit.

Reaktionen aus der Politik auf Guttenbergs neues Leben gibt es bisher keine. Wie er selbst, so berufen sich einstige Weggefährten auf seine Rolle als Privatmann. Ob es ihm eine mögliche Rückkehr in die Politik erleichtert, dass sich seit März eine regelrechte Welle an Plagiatsfällen erhoben hat, muss die Zukunft zeigen.

Denkbar ist, dass Guttenberg zu einem von vielen wird und sein Tun als Beispiel einer zu Recht entlarvten verlotterten akademischen Kultur relativiert wird. Denkbar ist aber auch, dass die der Bevölkerung vorher nie aufgefallene Praxis des Plagiierens in akademischen Arbeiten als echtes Delikt ins allgemeine Bewusstsein eingeht.

Politische Rückkehr schwierig

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Aus den Augen, aus dem Sinn? Will Guttenberg politisch zurückkehren, muss er nicht nur Reputation, sondern auch Funktion zurückgewinnen und den Weg über seine Partei nehmen. Obwohl CSU-Chef Horst Seehofer beteuert hat, dass er stets gern gesehen sei, müssen diesen Worten erst einmal Taten folgen.

Im kommenden Jahr muss ein Kandidat für Guttenbergs ehemaligen Wahlkreis Kulmbach benannt werden. Dieser Platz und damit die Möglichkeit, in den Bundestag einzuziehen, ist dann besetzt. Und in einigen Jahren? Wer jetzt als Kronprinz oder Kronprinzessin des Parteichefs gelten darf, Markus Söder etwa oder Christine Haderthauer hat sich an Guttenberg immer gestört. Sie haben sicher kein Interesse, irgendwann seine Rückkehr zu befördern.

Immerhin versteht er sich mit Friedrich nach wie vor ausgezeichnet. Ihr Kontakt ist eng. „Wir rufen dir zu: Wir sind deine Familie, und eine Familie hält immer zusammen“, sagte dieser bei seiner Wahl zum Oberfranken-Chef. Seit Seehofer über den Umweg Berlin und ohne langen Aufenthalt in München Ministerpräsident in Bayern und CSU-Chef geworden ist, darf einer wie Friedrich als möglicher Nachfolger keinesfalls übersehen werden. Beide dürften dem gefallenen Helden Türen aufhalten, die heutige zweite Reihe von CSU-Politikern nicht.

Gesprächsthema war Guttenberg in der Partei in den vergangenen Monaten jedenfalls so gut wie nicht. Hie und da fiel sein Name, allerdings eher dann, wenn es darum ging, die Fülle an unverhergesehenen und dramatischen Ereignissen aufzuzählen, die das Jahr 2011 bisher bereit hielt. Guttenberg in einer Reihe mit Fukushima und dem EHEC-Darmbakterium.

Profitiert hat Horst Seehofer, der seither unangefochten an der Spitze steht. Ein Vakuum ist mit seinem Abgang in der Partei nicht entstanden. Mit Spannung wird nun das Buch erwartet, das er in der Heimat von Mark Twain schreiben will. Von ihm erwartet man sich Erklärung, keine Rechtfertigung.

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