Die Zeitungsgruppe WELT/"Berliner Morgenpost", zu der auch "Welt Kompakt" und "Welt am Sonntag" gehören, richtet sich neu aus und startet eine Online-Offensive der Marke WELT Online. Das kündigte gestern die Axel Springer AG an. Darüber hinaus verstärken die Zeitungen der Gruppe ihre Zusammenarbeit und werden unter eine gemeinsame redaktionelle Führung gestellt. Als erstes großes Zeitungshaus bündelt Axel Springer Print und Online in einer Redaktion und schafft damit zugleich die größte integrierte Zeitungs- und Online-Redaktion Deutschlands.
"Unser Ziel ist es, mit WELT Online als digitaler Premium-Marke das hohe Ansehen zu erreichen, das unsere Zeitungen bei Lesern und Anzeigenkunden heute im Printgeschäft genießen", sagte Josef Propst, Vorsitzender der Verlagsgeschäftsführung der Titel-Gruppe. Damit wolle der Verlag auch dem veränderten Mediennutzungsverhalten Rechnung tragen.
Die Redaktions-Leitung von WELT Online wird bis auf weiteres dem Chefredakteur der "Welt am Sonntag", Christoph Keese, übertragen. Robert Bosch, bisher als Commercial Director für die Vermarktung bei Bild.T-Online verantwortlich, wechselt zum 1. Juli als General Manager Online in die Verlagsgeschäftsführung der Berliner Zeitungsgruppe.
Nach Aussage von Peter Würtenberger, der als Verlagsgeschäftsführer Marketing und Sales der Gruppe zusätzlich verantwortlich für den Online-Ausbau wird, erwartet man im Online-Geschäft ein beachtliches Umsatz- und Ergebniswachstum. Der Internet-Werbemarkt gilt mit einer Steigerung um zuletzt 46 Prozent gegenüber dem Vorjahr und einem für 2006 erwarteten Umsatz von 1,3 Milliarden Euro als eine der wachstumsstärksten Branchen der deutschen Wirtschaft.
Um Print und Online der Gruppe aus einer Hand zu publizieren, werden die Zeitungen und das Internet-Angebot strategisch von einer gemeinschaftlichen Redaktionsleitung geführt. Wahrgenommen wird die Leitung von einer Chefredakteurs-Runde, der Christoph Keese ("Welt am Sonntag"), Roger Köppel (DIE WELT) und Carsten Erdmann ("Berliner Morgenpost") als Chefredakteure sowie Romanus Otte als Geschäftsführender Redakteur der Zeitungsgruppe angehören. Christoph Keese führt den Vorsitz dieses Gremiums. Die operative inhaltliche Verantwortung der einzelnen Titel bleibt bei dem jeweiligen Chefredakteur. Roger Köppel übernimmt zusätzlich die Leitung von "Welt Kompakt".
Jan-Eric Peters, Herausgeber und gesamtverantwortlicher Chefredakteur von WELT, "Welt Kompakt" und "Berliner Morgenpost", wird die Redaktionsintegration beratend begleiten. Nach fünf Jahren an der Spitze der Redaktion übernimmt er am 1. Januar 2007 eine neue Aufgabe bei Axel Springer. Peters hat das publizistisch wie wirtschaftlich erfolgreiche Modell der Gemeinschaftsredaktion für drei Zeitungen maßgeblich entwickelt und gestaltet. Unter seiner Führung wurde DIE WELT zur meistzitierten Qualitätszeitung des Landes und konnte ihre Auflage im Verbund mit "Welt Kompakt", die ebenfalls von Peters entwickelt wurde, deutlich steigern, im vergangenen Jahr um 25 Prozent.
Erstes Projekt der neuen Redaktionsleitung ist die Einrichtung eines gemeinsamen Newsroom, der spätestens zum vierten Quartal seine Arbeit aufnehmen soll. Christoph Keese: "Moderne Medien sind erfolgreich, wenn sie ihre Leserinnen und Leser über alle Kanäle erreichen, die technisch verfügbar sind. Entscheidende Voraussetzung ist ein zentraler Newsroom, in dem die Macher aller Medien-Gattungen zusammenarbeiten: klassische überregionale Tageszeitung, regionale Zeitung, Sonntagszeitung, Kompakt-Ausgabe, Online oder Angebote wie Podcast, Newsletter oder SMS-Dienste."
DIE WELT war in der jüngeren Vergangenheit immer wieder Vorreiter in der Zeitungsentwicklung. 1995 startete sie erstes große deutsches Blatt ins Internet, nach einer Neuausrichtung wurde sie 1998 als "World's Best Designed Newspaper" ausgezeichnet". Ein 2002 eingeführtes Redaktionsmodell durch Fusion mit der "Berliner Morgenpost" hat inzwischen weltweit Nachahmer gefunden. Zuletzt startete mit der kleinen Schwester "Welt Kompakt" die erste deutsche Qualitätszeitung im handlichen Tabloid-Format.