Der Termin war perfekt: Hamburg meldete Land unter am Hafen, und die gefühlte Temperatur war zum ersten Mal in diesem Herbst wie fieser November. Ideale Bedingungen für eine Pelzmodenschau, vor allem wenn man wie Gastgeber Peter Steinbrück auch Mäntel offeriert, die dank Wachsnappa-Technik Wasser abweisen. Im Neuen Maritim Museum versammelte sich am Mittwochabend eine große, illustre Runde bekennender Pelzliebhaber, wie stets, wenn Steinbrück, quasi der Zobel der Zunft in Norddeutschland, einlädt, um die Arbeit des Sommers zu präsentieren. Ein bisschen fühlt man sich dabei wie das Mitglied einer geheimen Loge. Die Pelz-Gegner haben schließlich ganze Arbeit geleistet. Nicht an diesem Abend. Aber trotzdem ist man nicht mehr frei von ihrer aggressiven Vehemenz, die auf der Schulter liegt wie früher die Fuchsschwanzschals mit Augen und Pfoten bei alten Damen. Man ist fasziniert und abgestoßen zugleich.
Nicht von den Pelzen, die da über den mit Filz bezogenen Laufsteg flanieren. Die sind wirklich einfach nur schön. Entrückt in voller Elbchaussee-Opulenz oder für lange russische Nächte. Für Frauen, die Pelze auch als Status tragen wollen. Aber auch viele Modelle, bei denen Steinbrücks einstige Lehrzeit bei Dior echot: ungewohnt modisch, sehr lässig, sehr leicht. Neue Verarbeitungen sparen Fell und damit Gewicht. Innen Nerz hauchdünn, das Leder außen wasserdicht und lila gefärbt, alles andere als der letzte Versuch. Frech und schick. Understatement statt Statement. Ihren Preis hat diese Qualität trotzdem. Denn Familienunternehmer Peter Steinbrück kauft nur auf den exklusivsten Auktionen der Welt und wurde gerade vom skandinavischen Luxusverband "Kopenhagen Fur" als "Leading Furrier of the world" geehrt.
Ein Renner werden bestimmt die gefütterten Jil Sander-blauen Nylon-Windjacken. Doch darf man sich trauen zu schwelgen, darf man Zobel schön zu finden? Früher träumte eine Frau angeblich von einem Mann, einem Brillantring und einem Pelz. Heute träumen die meisten Frauen von mehr. Und die Männer auch. Aber das bedeutet nicht, dass Pelz-haben-mögen zum Albtraum werden muss, oder? Nach der Show, als die Gäste alle Sachen noch mal anfassen und anprobieren konnten, legte sich ein flotter Mann in hanseatischer Flanellhose-gestreiftes-Hemd-Blazer-Uniform eine satte Nerzstola um den Hals wie einen Schal, nicht gediegen übereinandergelegt und mit dem Kinn gehalten, während der Mantel darüber befestigt wird, sondern lässig in einem U, die offenen Enden durch die Schlaufe gezogen. Der Mann steht da selig mit dem Nerzhals, als ein Fernsehteam kommt und fragt: "Schenken Sie den ihrer Frau?" "Nein, den möchte ich selbst", antwortet er selbstbewusst. Und bestätigt damit den Trend, der sich seit zwei Jahren abzeichnet. Pelz ist wieder angesagt und auch bei Männern, die nicht freizügige Mitarbeiterinnen in Hafengegenden beschäftigen. Muss man sich deswegen schlecht fühlen?
Jedenfalls nicht schlechter als in Nappalederhose. Als ich vor einigen Jahren in einem Artikel bekannte, eine gewisse Pelzaffinität zu verstehen, weil tatsächlich nichts weicher, wärmer und schmeichelnder ist, o Mann, da habe ich reizende Post bekommen. Bewusst gesteuert, eine sehr kleine Menge Menschen schickte eine sehr große Menge E-mails. Beieindruckende Morddrohungen waren dabei, auch sehr praktische Vorschläge, wie der, dass man aus meiner Haut Lampenschirme machen sollte. Woher nur so viel Hass? habe ich mich nicht nur damals gefragt. Ich habe die nicht anonymen Absender alle angerufen - und leider nicht eine einzige vernünftige Antwort bekommen.
Ich wäre froh, wenn die Petanistas und Co. nicht erschreckend selbstgefällig Veranstaltungen stören, Unternehmen bedrohen und Mitbürger terrorisieren. Ich wäre froh, wenn sie differenziert aufklärten und dort nachhaltig aktiv werden, wo die Verachtung wirklich lebt. In China und Osteuropa werden immer noch Tiere unter unerträglichen Bedingungen gezüchtet und gehalten. Kinder leider auch. Aber auch unter Pelzzüchtern und Jägern gibt es Bio-Rinderfilet und Gammelfleisch.
Ich habe seiner Zeit mit einem Mann telefoniert, der erzählte, dass er ein verurteilter Mörder sei, seine Strafe abgesessen hätte, aber sich im Gefängnis endgültig von den Menschen ab- und den Tieren zugewandt habe und mich und Pelze deswegen hasse.