Jena, 15. November 1930. Hans F. K. Günther hält seine Antrittsvorlesung. Für den nicht habilitierten Publizisten, Hauptwerk: Rassenkunde des deutschen Volkes, ist gegen den Willen der Universität ein Lehrstuhl für Sozialanthropologie eingerichtet worden. In der überfüllten Aula erscheinen Adolf Hitler, Hermann Göring und Rudolf Heß. Es ist das erste Mal, dass Hitler eine Universität betritt, und es ist das letzte Mal. Ein deutliches Signal an die verhasste akademische Elite.

Jena, 10. September 2019. Martin Fischer spricht auf der 112. Jahrestagung der Deutschen Zoologischen Gesellschaft. Er stellt die Jenaer Erklärung vor. Monatelang haben vier Professoren an den dreieinhalb Seiten gearbeitet: die Zoologen Martin Fischer und Stefan Richter, der Genetiker Johannes Krause und der Wissenschaftshistoriker Uwe Hoßfeld. Ihre Erklärung sollte so kurz wie möglich sein und doch vollständig in ihrer Argumentation. Die Botschaft: Rassen gibt es nicht. Oder, so die Überschrift des Papiers: "Das Konzept der Rasse ist das Ergebnis von Rassismus und nicht dessen Voraussetzung".