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Disput um "Henry-Kissinger-Professur" in Bonn | amerika21
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Disput um "Henry-Kissinger-Professur" in Bonn

Lehrstuhl auch vom Verteidigungsministerium finanziert. Namensgeber stand Diktaturen in Südamerika nahe

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Kissinger (links) trifft vier Tage nach dem Putsch in Chile am 15. September 1973 den Diktator Pinochet
Kissinger (links) trifft vier Tage nach dem Putsch in Chile am 15. September 1973 den Diktator Pinochet

Bonn. In Bonn hat sich ein Protestbündnis gegen eine geplante Professur zu Ehren des ehemaligen US-Sichertheitsberaters und Außenministers Henry Kissinger formiert. Die Aktivisten wollen die Benennung eines Lehrstuhls für Internationale Beziehungen und Völkerrecht nach dem US-Politiker verhindern, indem sie unter anderem über seine Mitverantwortung an den Militärdiktaturen der siebziger und achtziger Jahre in Lateinamerika aufklären.

Ende Mai hatte die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität bekannt gegeben, dass ab dem kommenden Jahr eine Professur für Internationale Beziehungen und Völkerrecht nach dem ehemaligen Nationalen Sicherheitsberater (1969-1973) und US-Außenminister (1973-1977) Henry Kissinger benannt werden soll. Dies haben, wie es in einer Pressemitteilung der Hochschule heißt, "Verteidigungsminister De Maizière und Außenminister Westerwelle (...) beschlossen".

Nach Angaben der Hochschulgruppe der Grünen an der Uni Bonn soll der Lehrstuhl 300.000 Euro kosten, von denen 250.000 vom Verteidigungsministerium getragen werden. Der Rest würde vom Außenministerium bezahlt.  Über fünf Jahre hinweg soll die Professur Aspekte der internationalen Politik "unter besonderer Berücksichtigung sicherheitspolitischer Aspekte" zu erforschen helfen.

Nach ersten kritischen Zwischenrufen fand Ende vergangener Woche im Bonner Wahlkreisbüro des Linken-Bundestagsabgeordneten Paul Schäfer ein Bündnistreffen statt, um gemeinsame Reaktionen zu besprechen. Die Schaffung der "Henry-Kissinger-Professur" kurz vor dem 40. Jahrestag des blutigen Militärputsches in Chile wirkte auf viele der Beteiligten als besondere Provokation. Er könne nicht nachvollziehen, "wie die positive Darstellung der Universitätsleitung mit der Beteiligung Kissingers am Militärputsch 1973 in Chile zu vereinbaren sei", sagte Lukas Mengelkamp von der grünen Hochschulgruppe. Auch die Rolle des ehemaligen US-Politikers bei der Invasion Ost-Timors durch Indonesien wird nicht nur von den Bonner Aktivisten kritisch gesehen.

Der US-britische Journalist Christopher Hitchens hatte zahlreiche Verbindungen Kissingers zu schweren Menschenrechtsverbrechen dokumentiert und 2001 in Buchform veröffentlicht. Das Wahlkreisbüro des Linkspartei-Politikers Schäfer nannte die Professur vor diesem Hintergrund "grotesk" und will Proteste zu koordinieren helfen. "Diese Professur ist ein Skandal und sollte auch so behandelt werden", heißt es in einer Rundmail an Friedens- und Hochschulgruppen.

Der Rektor der Universität Bonn, Jürgen Fohrmann, zeigte sich hingegen davon überzeugt, dass die "Henry-Kissinger-Professur" Forschung und Lehre auf den Gebieten der internationalen Beziehungen und der Völkerrechtsordnung beflügelt, den Dialog zwischen Wissenschaft und Politik intensiviert und einen neuen Akzent auf dem Gebiet der internationalen Sicherheitspolitik setzt.

Die "Henry-Kissinger-Professur" für Internationale Beziehungen und Völkerrechtsordnung unter besonderer Berücksichtigung sicherheitspolitischer Aspekte ist nach Angaben der Universität auf fünf Jahre angelegt und soll von Verteidigungsministerium und Auswärtigem Amt gemeinsam finanziert werden. Die entsprechenden Voraussetzungen würden im Haushalt 2014 geschaffen.