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Die '''Geschichte Montenegros''' umfasst die Entwicklungen auf dem Gebiet des heutigen [[Montenegro|Staates Montenegro]] von der Urgeschichte bis zur Gegenwart.[[Datei:Das Fürstentum Montenegro im Jahre 1862.jpg|mini|280px|Alte Karte Montenegros aus dem Jahre 1862 (Autor [[Heinrich Kiepert]])]]
== Antike und byzantinische Herrschaft ==
Seit der Eisenzeit siedelten die [[Illyrer]] in der Region des heutigen Montenegro. Einige [[Liste der illyrischen Stämme|illyrische Stämme]] gründeten kleine Reiche, so die [[Labeaten]] und die [[Ardiärer]]. Als die Römer die illyrischen Stämme in den [[Illyrisch-RömischeIllyrische Kriege|Illyrisch-Römischen Kriegen]] unterwerfen konnten, wurden diese teilweise romanisiert. So sind die Städte [[Bar (Montenegro)|Bar]], [[Doclea (Stadt)|Doclea]] und [[Ulcinj]] ursprünglich illyrisch.
Das Territorium des heutigen [[Montenegro]]s kommt mit der Reichsteilung des [[Römisches Reich|römischen Imperiums]] 395 zur italischen Präfektur der Provinz [[Illyrien]] und teilt das Schicksal des [[Westrom|Weströmischen Reiches]] während der germanischen Völkerwanderungen ([[Ostgoten]], [[Vandalen]]).
Nach der Eingliederung in das [[Byzantinisches Reich|Oströmische Reich]] im Jahre 535 unter [[Justinian  I.]] verblieb die byzantinische Administration bis 1077, auch wenn südslawische Stämme inim Gefolge der [[Awaren]] im 7. Jahrhundert die romanisierte Bevölkerung [[Landnahme der Slawen auf dem Balkan|assimilierten]] und die formelle byzantinische Kontrolle insbesondere durch den [[Araber]]sturm während des 7. und 8. Jahrhunderts nicht wirksam ausgeübt werden konnte. Erst die [[Makedonische Dynastie]] erreichte im Thema Dalmatia (869), dem das heutige montenegrinische Territorium zugehörte, wieder die Kontrolle der Küstenstädte [[Risan]], [[Kotor]], [[Bar (Montenegro)|Bar]] und [[Budva]].
Während die Küstenstädte eine kontinuierliche Entwicklung seit der Antike bis ins Mittelalter erfuhren, war das Landesinnere durch gänzliches Fehlen urbaner Kontinuität gekennzeichnet.
Die erste historische Erwähnung des kulturhistorisch wichtigen [[Kotor]], das das antike [[Risan|Rizon]] als Hauptort der [[Bucht von Kotor]] ablöste, fiel in die Periode [[Basileios I.]] (867–886). Nach der Regentschaft [[Basileios II.]] (976–1025), unter dem das Oströmische Imperium seinen mittelalterlichen Höhepunkt erreichte, geriet das Reich durch die Invasion der Seldschuken in eine langwierige Krise.
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== Mittelalter ==
Als Byzanz durch die Folgen der [[Schlacht von Mantzikert]] 1071 in äußerste Bedrängnis geriet, nutzten die südslawischen Völker die Gunst der Stunde und setzten sich formell von Byzanz ab, was durch die [[Römische Kurie]] mit der Krönung lokaler Fürsten unterstrichen wurde.
Die nun erstarkten, noch schwachen Fürstentümer der Region zwischen Dubrovnik und Cattaro (Kotor), in der auch die Keimzelle eines ersten serbischen Nationalstaates im Mittelalter zu sehen ist, wurden aber erst infolge der katastrophalen Niederlage in der [[Schlacht von Myriokephalon]] 1176 der Byzantiner gegen die Türken im 12. Jh. selbständig. Der Westbalkan kann sich für drei Jahrhunderte aus der Umklammerung einer Großmacht lösen, die durch das weitere Vordringen der Osmanen aus Anatolien inauf den Balkan dann im 15. Jh. erneuert wird.
 
Als der erste serbische Fürst der [[Duklja]] (Dioklitien) wird Peter (als [[Archon (Byzanz)|Archont]] bezeichnet) im 10. Jahrhundert genannt. Duklja erkannte zeitweilig auch die [[Hoheit (Staatsrecht)|Oberhoheit]] des serbischen [[Gespan|Groß-Župan]] [[Časlav Klonimirović|Časlavan]]. Ende des [[10. Jahrhundert]]s herrschte in Duklja [[Jovan Vladimir|Johann Wladimir]] (992–1016), der in byzantinischen Quellen als serbischer [[Princeps]] unter der Oberhoheit von Byzanz bezeichnet wird. Der byzantinische Chronist ''[[Johannes Skylitzes]]'' (Synopsis historiarum, Georgius Cedrenus Ioannis Scilitzae) nannte Johann Wladimir als den Herrscher ''Tribaliens und der umliegenden Landstriche Serbiens''. 998 geriet [[Jovan Vladimir|Wladimir]] in Gefangenschaft des [[Bulgarien|bulgarischen]] [[Zar]]en [[Samuil (Bulgarien)|Samuel]]. Er heiratete Samuels Tochter und durfte in seine Heimat zurückkehren. Beide aber wurden von [[Iwan Wladislaw]], dem Neffen Samuels, 1016 in [[Prespasee|Prespa]] ([[Makedonien]]) umgebracht.
 
Johann Wladimir folgte [[Stefan Vojislav]] als Archont der Duklja (um 1040–1052), der Sohn Dragomirs. Er gilt als Stammvater der [[Monarchen des alten Serbien|Vojislavić-Familie]]. Ioannis Scilitza nannte Stefan Vojislav als den Archon der Serben, die Duklja nannte Serbien (Servia). Auch ein anderer byzantinischer Chronist, ''[[Kekaumenos]]'', der über die kriegerischen Auseinandersetzungen der Duklja mit Byzanz berichtete, bezeichnete in seinem Werk „Strategikon“ Stefan Vojislav als ''Travunischen Serben'' ([[Travunien]], alte Bezeichnung für den Osten der [[Herzegowina]]). Stefan Vojislav erkämpfte die Unabhängigkeit der Duklja von Byzanz, und brachte zugleich Travunien und [[Zahumlje|Hum]] im heutigen [[Bosnien und Herzegowina]] unter seine Hoheit. Sein Sohn [[Mihailo Vojisavljević]] (1052–1081) dehnte seinen Herrschaftsgebiet für kurze Zeit auf [[Bosnien]] und [[Raszien]] aus, und erhielt 1077 vom [[Papst]] [[Gregor  VII.]] die Königskrone. 1089 wurde in [[Bar (Montenegro)|Bar]] ein [[römisch-katholische Kirche|katholisches]] Erzbistum für ''alle serbischen Länder zwischen'' (den Flüssen) ''[[Cetina]]'' (südlich von [[Split]])'', [[Save]]'' (zwischen Altserbien und der [[Vojvodina]])'', [[Drin]]'' (Nordalbanien) ''und [[Buna (Adriatisches Meer)|Bojana]]'' (zwischen Albanien und Montenegro) eingerichtet. [[Konstantin Bodin]] (ca. 1081–1101), der Sohn Mihailos, vereinigte noch einmal Bosnien und Raszien unter die Hoheit der Duklja. Nach seinem Tode brach das Königreich der Duklja auseinander, und der Schwerpunkt der serbischen Lande verlagerte sich nach Raszien, unter dessen Herrschaft in späterer Folge auch die Duklja kam.
 
Die Duklja war Bestandteil des serbischen Staates der [[Nemanjiden]] (1168–1371). Mit dem Auseinanderbrechen des serbischen Zarenreiches unter [[Stefan Uroš V.]] konstituierte sich im Jahre 1360 ein unabhängiges Fürstentum namens [[Zeta (Südosteuropa)|Zeta]] unter der Dynastie der [[Balšić]] (ab 1360–1421). Nach dem Aussterben der Balšićs kam die Zeta 1421 kurze Zeit unter die Herrschaft der raszischen Fürsten [[Stefan Lazarević]] und [[Đurađ Branković]]. Seit 1427 herrschten die [[Crnojević]]i in der Zeta. Das [[Osmanisches Reich|Osmanische Reich]], das seit dem [[15. Jahrhundert]] den größten Teil des [[Balkanhalbinsel|Balkans]] beherrschte, begnügte sich in Montenegro mit der Kontrolle über die Küstenorte sowie die Poljen von [[Grahovo]] und [[Nikšić]]. Das [[Tımar|Tımar-System]] wurde auf Montenegro nicht angewandt.<ref name="Boeckh">Katrin Boeckh: ''Serbien, Montenegro. Geschichte und Gegenwart''. Pustet, Regensburg 2009, S. 40.</ref> Ein Teil des heutigen Montenegro unterstand seit 1496 formal einem Statthalter mit Sitz in [[Žabljak Crnojevića|Žabljak]] am Skutarisee.<ref name="Boeckh" /> Ab 1530 gehörten die unter osmanischer Oberhoheit stehenden Gebiete Montenegros zum [[Sandschak (Osmanisches Reich)|Sandschak]] von [[Shkodra]].<ref>Kenneth Morrison: ''Montenegro. A modern history''. Tauris, London 2009, ISBN 978-1-84511-710-8, S. 17.</ref> Das Kerngebiet der Zeta, durch unwirtliche Gebirgs- und Karstnatur, sowie das Fehlen strategischer größerer Siedlungen gekennzeichnet, wurde politisch nie gänzlich beherrscht.
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'''[[Crnojević]]i'''
* Rade († 1396), in Budva und Umgebung
* Đurađ und Alexander (1396–1427 ?) in Budva und Umgebung
* [[Stefan I. Crnojević|Stefan I.]] (1427–1465) Fürst der Zeta
* [[Ivan I. Crnojević|Ivan &nbsp;I.]] (1465–1490)
* [[Đurađ Crnojević|Đurađ]] (1490–1496)
* Stefan II. (1496–1498)
* Ivan &nbsp;II. (1498–1515)
* Đurađ (1515–1516)
 
== 16. bis 19. Jahrhundert ==
[[Datei:Jaroslav Czermak Rückkehr montenegrinischer Flüchtlinge 1877.jpg|mini|''Die Rückkehr montenegrinischer Flüchtlinge in ihr heimatliches Dorf'' von [[Jaroslav Čermák]], 1877]]
Nach 1528 standen die orthodoxen Bischöfe von [[Cetinje]] formell an der Spitze des Gemeinwesens. 1603 erkannte der Sultan die Autonomie Montenegros an.<ref>Šerbo Rastoder: ''A short review of the history of Montenegro''. In: [[Florian Bieber]] (HgHrsg.): ''Montenegro in transition. Problems of identity and statehood''. Nomos, Baden-Baden 2003, ISBN 3-8329-0072-1, S. 107–137, hier S. 113.</ref> Damit beginnt die neuere Geschichte Montenegros als Staat. Faktisch war dieser „Staat“ allerdings ein im Innern nur lose verbundenes, durch rivalisierende Clanstrukturen geprägtes [[Gemeinwesen]], das – ohne moderne bürokratische Staatsspitze – unter der meist eher symbolischen Führung des jeweiligen Bischofs vor allem durch die äußere Bedrohung durch die Osmanen und die daraus resultierende gemeinsame Kampferfahrung zusammengehalten wurde. Ein geschickt agierender Bischof – unter dem Titel [[Vladika]] (Wladika) – konnte jedoch auch mehr als ein symbolischer Führer sein und zeitweilig geistliche und weltliche Macht – unter der Bedingung der Kooperation mit den Führern der freien montenegrinischen Bergstämme – auch faktisch vereinigen. Seit [[1697]] war das Amt des Vladika in der Familie [[Petrović (Dynastie in Montenegro)|Petrović-Njegoš]] Njegosch erblich geworden. Es wurde stets vom Onkel an den Neffen weitergegeben, da orthodoxe Bischöfe unverheiratet sein mussten und demnach keine legitimen Nachkommen haben konnten. Diese Onkel-Neffe-Nachfolge der Petrović überdauerte sogar die Abschaffung des [[Fürstbistum Montenegro|Fürstbistums]] im Jahre 1852, da der erste weltliche [[Fürstentum Montenegro|Fürst]] (knez) aus dem Hause Petrović, Danilo I., kinderlos blieb und 1860 daher mit Nikola I. ebenfalls einen Neffen als Nachfolger erhielt.
 
Neben kraftvollen und einflussreichen Vladikas – etwa dem Begründer der Bischofsdynastie Danilo I. (1697–1735) oder [[Petar I. (Montenegro)|Petar I.]] (1782–1830), der das Herrschaftsgebiet erfolgreich gegen die Türken verteidigte und vergrößerte – wies die Petrović-Dynastie auch schwache Gestalten auf, welche die Macht nur nominell innehatten und neben denen sich Usurpatoren wie der Abenteurer Stefan Mali etablierten, der sich als angeblicher [[Russisches Kaiserreich|russischer Zar]] [[Peter III. (Russland)|Peter &nbsp;III.]] um 1770 für mehrere Jahre bis zu seiner Ermordung als faktischer Herrscher Montenegros gerierte. 1781/82 scheinen die Petrović für kurze Zeit sogar durch einen Wladika aus dem Klane der Plamenacs aus ihrer Spitzenposition verdrängt worden zu sein. Zugleich etablierte sich damals ein weltlicher „Gouverneur“ (Guvernatur) aus dem Klane der Radonićs, dessen Nachfolger erst nach 1830 wieder entmachtet werden konnte. Herrschaft in Montenegro beruhte somit bis weit ins 19. Jahrhundert hinein auf autoritär-patriarchalischen Klanstrukturen und darauf gestützten persönlichen Beziehungen, Heirats-Netzwerken und Bündnissen.
 
Unterdessen stand ein Teil des heutigen montenegrinischen Küstengebiets um die [[Bucht von Kotor]] unter [[Republik Venedig|venezianischer Herrschaft]] und war damals als ''Venezianisch-Albanien'' bekannt. 1797 wurde dieses Gebiet ebenso wie das vormals venezianische Dalmatien als [[Königreich Dalmatien]] Teil der [[Kaisertum Österreich|österreichischen Monarchie]]. Die Montenegriner machten sich zwischen 1803 und 1814 mehrfach Hoffnungen, die Hafenstadt [[Kotor]] ihrem Staate anschließen zu können, weil die Österreicher durch [[Napoléon Bonaparte|Napoleon]] geschwächt waren, aber es gelang ihnen nicht.
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Nach 1830 gelang es zwei kraftvollen Vertretern der Familie Petrović, dem Wladika [[Petar II.|Petar II. Petrović-Njegoš]] (1813–1851) und seinem Nachfolger [[Danilo II. Petrović-Njegoš|Daniel II.]] (1852–1860), der kurz noch als Wladika, dann aber als weltlicher Fürst (Daniel I.) regierte, die Klankonflikte zu dämpfen, konkurrierende Führungsansprüche zu zerschlagen und Ansätze einer modernen Staatsverwaltung zu errichten. Gerade der Versuch, die Regelungskompetenz eines modernen „Staates“ gegenüber traditionellen Denkmustern durchzusetzen, führte jedoch 1860 zur Ermordung des Fürsten Daniel.
[[Datei:Montenegro Karte.png|mini]]
Dessen Neffe und Nachfolger [[Nikola (Montenegro)|Nikolaus &nbsp;I.]] (1860–1918) führte die autoritäre Modernisierungspolitik seiner beiden Vorgänger geschmeidiger und erfolgreicher weiter. Nikolaus &nbsp;I. versuchte, sein Land aus der Abhängigkeit von Österreich zu befreien. Dazu band sich das Fürstentum an das [[Russisches Kaiserreich|russische Zarenreich]]. Verbindungen gab es schon seit der Zeit Peters des Großen und des Wlads Daniels I. RußlandRussland gegen Ende des 19. Jahrhunderts starkes Interesse an dem Balkangebiet, weil es eine Politik der Schwächung des [[Osmanisches Reich|Osmanischen Reiches]] und Eroberung von Teilen dessen auf dem Balkan betrieb, um einen Landanschluss an den Bosporus zu gewinnen und damit eine ungehinderte Durchfahrt seiner Schiffe durch den [[Bosporus]] zu erwirken. Die russische Unterstützung nutzte dem kleinen Montenegro zunächst, brachte es allerdings immer stärker in ein neues Vasallitätsverhältnis. Im [[Russisch-Osmanischer Krieg (1877–1878)|russisch-türkischen Krieg]] von 1877/78 stand Montenegro (neben Serbien und Rumänien) auf der Seite des russischen Siegers.
 
== Selbstständigkeit Montenegros 1878 ==
Auf dem auf den Krieg folgenden [[Berliner Kongress]] wurde 1878 die im [[Frieden von San Stefano]] vereinbarte Unabhängigkeit Montenegros von den europäischen Großmächten anerkannt, und das Land bekam den Hafen [[Bar (Montenegro)|Bar]] zugesprochen. Montenegro hatte erstmals eigenen Zugang zum Meer. In der Folgezeit konnten die Montenegriner dem geschwächten Osmanischen Reich verschiedene Gebiete gewaltsam entreißen und ihr Staatsgebiet bis 1913 verdoppeln.
Das Land erhielt ein an ausländischen Vorbildern orientiertes Gesetzbuch, baute eine moderne BürokratieVerwaltung auf, an deren Spitze 1879 erstmals ein Regierungskabinett unter einem „Ministerpräsidenten“ trat (bis 1905 aber bezeichnenderweise ein Onkel des Fürsten), und im Militärbereich wurde neben den traditionellen Freiwilligenverbänden (die eher Guerillatruppen glichen) eine kleine, von Russland geschulte und finanzierte Armee aufgebaut.
[[Datei:Montenegro territory expanded (1830-1944).png|mini|Territoriale Entwicklung Montenegros seit 1830]]
 
Diese Erfolge führten allerdings auch zu Problemen: Montenegro erhielt mit jedem Gebietszuwachs Bevölkerungszuwächse: Menschen, die mit der Dynastie Petrovic und den etablierten Machtverhältnissen nichts zu tun hatten, darunter eine starke albanische Minderheit teilweise katholischen, teilweise muslimischen Glaubens. Das hohe Bevölkerungswachstum in Montenegro gegen Ende des 19. Jahrhunderts, das zwischen 1860 und 1910 die Bevölkerungsdichte im Land verdoppelte, führte bei fehlenden wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten zu einer wachsenden Auswanderung bzw. zu einem verbreiteten "Gastarbeiter"„Gastarbeiter“-Phänomen mit Schwerpunkten in Serbien, im Osmanischen Reich und vor allem in den USA. Diese "Gastarbeiter"„Gastarbeiter“ schickten nicht nur Devisen nach Hause, sondern brachten auch neue Ideen ins Land, die dessen Modernisierungskrise nach 1900 beschleunigten und verschärften.
 
[[Datei:Mome dragome narodu!.jpg|mini|Proklamation zur Wiederbegründung des ersten serbischen Königreichs (Zeile 6) durch König Nikola 1910]]
[[Datei:Nikola von Montenegro.jpg|mini|König Nikolaus von Montenegro, Propagandapostkarte (um 1914)]]
{{Anker|-1=20. Jahrhundert}}
Nach 1900 verschlechterte sich die innen-, aber auch die außenpolitische Lage des [[Fürstentum Montenegro|Fürstentums Montenegro]]. Signalwirkung hatte der Militärputsch von Belgrad 1903, der in Serbien die [[Haus Karađorđević|Karađorđević]]-Dynastie und die serbische Radikale Partei nebst einer politisierenden Offizierskaste an die Macht brachte. Die „südslawische“ Einheitsidee, die bisher Fürst Nikolaus für sich als Vertreter der ältesten Balkan-Dynastie zu reklamieren versucht hatte, ging sehr schnell an den ökonomisch und militärisch potenteren Nachbarstaat über, der längst über Verfassung und Parlament verfügte. Montenegro erschien nun vielen Montenegrinern – vor allem den Gebildeten der jüngeren Generation – rückständig und zweitrangig. Besonders problematisch war aus Sicht der in Montenegro Herrschenden, dass das Wohlwollen Russlands sich immer stärker dem „neuen“ Serbien zuwandte. 1907 konnte mit Mühe ein vermutlich von Serbien aus organisiertes Bombenattentat gegen die Dynastie vereitelt werden. Seither wurden oppositionelle Gruppen in Montenegro mit polizeistaatlicher Härte verfolgt.
 
Der Fürst und seine Umgebung suchten die Krise zu steuern, indem auch Montenegro 1905 – nicht zufällig im Jahre der ersten russischen Revolution – hastig eine Verfassung und ein Parlament erhielt. Beides wurde in der Folgezeit allerdings zugunsten der monarchischen Herrschaft wieder eingeschränkt, nicht wenige Oppositionspolitiker – darunter der 1907 kurzfristig amtierende Ministerpräsident Radowitsch – gingen ins Exil. Nikolaus &nbsp;I. gelang es seine Herrschaft nochmals zu stabilisieren: 1910 ließ er sich von einem willfährigen Parlament anlässlich seines 50. Regierungsjubiläums vom Fürsten zum [[Königreich Montenegro|König von Montenegro]] befördern – nicht zuletzt, um damit im Rang mit seinem serbischen Konkurrenten gleichzuziehen. Außenpolitisch lehnte sich das kleine Königreich an Russland und Italien an, die Beziehungen zum benachbarten Österreich-Ungarn (gemeinsame Grenze mit dem Süden Dalmatiens) waren nicht besonders gut, obwohl auch hier manchmal taktische Annäherungsversuche erfolgten.
 
[[Datei:100 perpers.jpg|mini|hochkant|100 [[Perper (Montenegro)|Perper]]. Goldprägung anlässlich der Erhebung Nikolas I. zum König]]
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=== Erster Weltkrieg ===
[[Datei:Alexius WW1 Kapitulation Montenegros.jpg|mini|Unterzeichnung der Kapitulation Montenegros vom 23. Januar, am 25. Januar 1916]]
[[Datei:Alexius WW1 Kapitulation Montenegro 02.jpg|mini|Für die Echtheit des Fotos der Unterzeichnung]]
Im August 1914 trat Montenegro in den [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] auf der Seite Serbiens ein. Auf dem Staatsgebiet von Montenegro befand sich über [[Kotor|Cattaro]] der [[Lovćen|Lovćen-Pass]], von dem aus der Stützpunkt der verfeindeten [[Österreichische Marine|k. u. k. Kriegsmarine]] [[Österreich-Ungarn]]s in der [[Bucht von Kotor]] beobachtet und beschossen werden konnte. Durch verbündete französische Batterien wurde diese Stellung ausgebaut. Doch es gelang den österreichischen Kriegsschiffen „S.M.S. Radetzky“ und anderen Schiffen diese Stellungen zu zerstören. Im Januar 1916 konnten [[Österreich-Ungarns Armee im Ersten Weltkrieg|österreichisch-ungarische Armee-]] und Marineeinheiten den Pass erobern. Dies ermöglichte nun den Ausbau der österreichischen Anlagen in dem nun gesicherten Hafen, der sich auch zur wichtigsten [[U-Boot]]-Basis der k. u. k. Kriegsmarine entwickelte. Von hier aus wurden die feindlichen Schiffe durch die [[Straße von Otranto]] zurückgedrängt.
Nach der Eroberung Serbiens im November 1915 besetzten deutsche und österreichische Truppen im [[Feldzug in Montenegro]] im Januar 1916 auch Montenegro, was zum unfreiwilligen Ende der Unabhängigkeit führte. Militär-Generalgouverneur vom [[Österreichisch-Ungarische Besetzung Montenegros 1916–1918|Gouvernement Montenegro]] wurde [[Viktor Weber Edler von Webenau]]. König und Regierung flohen ins Exil (zunächst nach Italien, dann nach Frankreich). Sie sollten auch nach der Niederlage der Mittelmächte nicht mehr zurückkehren.
Montenegro verlor im Weltkrieg 20.000 Soldaten, das waren 40 % aller Mobilisierten und 10 % der Gesamtbevölkerung.<ref>Šerbo Rastoder: ''Montenegro 1914–1991''. In: Österreichisches Ost- und Südosteuropa-Institut (HgHrsg.): ''Serbien und Montenegro: Raum und Bevölkerung, Geschichte, Sprache und Literatur, Kultur, Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, Recht''. Lit, Münster 2006, ISBN 3-8258-9539-4, S.&nbsp;315–332, hier S.&nbsp;319.</ref> Andere Angaben sprechen sogar von 39.000 und 16 % Gesamtverlusten, womit Montenegro der am schwersten betroffene Kriegsteilnehmer überhaupt war.<ref>[[Arnold Suppan]]: ''Jugoslawien und Österreich 1918–1938. Bilaterale Außenpolitik im europäischen Umfeld.'' Verlag für Geschichte und Politik, Wien 1996, ISBN 3-486-56166-9, S.&nbsp;30.</ref>
 
Das Ende des Krieges, das Montenegro eigentlich auf Seiten der Siegermächte fand, änderte daran nichts. Unter der Behauptung, dass Nikola einen Sonderfrieden mit dem Feind zu schließen gesucht habe, und mit Hilfe einer angeblich manipulierten „Nationalversammlung“ (eine Behauptung der Gegner des Staatenbundes Serbien-Montenegro; tatsächlich waren 90 % der Abgeordneten von anno 1914 versammelt, von denen etwa 70 % für die Vereinigung mit Serbien zu einem gemeinsamen südslawischen Staat gestimmt haben) wurde das Land mit Serbien vereinigt ([[29. November]] [[1918]]) und daraufhin Teil des [[Jugoslawien|Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen]] (''Erstes Jugoslawien''). Nachdem königstreue Aufstandsversuche 1919 niedergeschlagen worden waren und Proteste der Exilregierung gegenüber der internationalen Staatengemeinschaft nicht fruchteten, starb König Nikolaus &nbsp;I. 1921 in Frankreich, die Exilregierung löste sich 1922 auf.
 
== Montenegro als Teil Jugoslawiens ==
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=== Zweiter Weltkrieg ===
Im Zweiten Weltkrieg geriet Montenegro nach der militärischen Zerschlagung [[Jugoslawien]]s durch deutsche Truppen ab 1941 unter [[italien]]ische Besatzungsherrschaft. Die Italiener proklamierten einen [[Unabhängiger Staat Montenegro|unabhängigen„Unabhängigen Staat MontenegroMontenegro“]] und versuchten, eine mit Italien verbündete Monarchie der Petrovićs wieder zu errichten: Die damalige italienische Königin Elena, Gattin [[Viktor Emanuel III.|Viktor Emanuels &nbsp;III.]], war eine Tochter König Nikolaus'Nikolaus’, doch ihr Neffe Prinz Michael – das damalige Oberhaupt der Petrović-Dynastie – scheint sich einer Kollaboration verweigert zu haben. Daher amtierte zwischen 1941 und 1943 lediglich ein italienhöriges „Nationalkomitee“ unter Blazo[[Blažo DschukanowitschĐukanović]]. Immer stärker machte der bewaffnete Partisanen-Widerstand (teilweise kommunistisch und antifaschistisch, teilweise pro-serbisch und monarchistisch) sowohl der italienischen als auch der kurzfristig 1943/44 folgenden deutschen Besatzungsmacht die Herrschaft streitig.
 
=== Nach dem Zweiten Weltkrieg ===
Nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] wurde Montenegro (jetzt unter Einschluss des Gebietes um die Bucht von [[Kotor]], aber ohne das ab 1913 kurzzeitig zu Montenegro gehörenden Gebiet um die Stadt [[Peja|Peć]] im [[Kosovo]]) als eine der sechs Teilrepubliken des nunmehr sozialistischen [[Jugoslawien]]s wiederhergestellt (''Zweites Jugoslawien''). Die Republik gehörte zu jenen Gebieten Jugoslawiens, die große wirtschaftliche Entwicklungsdefizite aufwiesen. Dem versuchten die Kommunisten durch die Förderung der Schwerindustrie abzuhelfen. Größtes Projekt war die Errichtung des Stahlwerks von Nikšić. 1976 erhielt Montenegro mit der aufwändig trassierten [[Bahnstrecke Belgrad–Bar|Gebirgsbahn von Belgrad nach Bar]] erstmals eine Eisenbahnverbindung zum übrigen Jugoslawien.
 
=== 1990er Jahre ===
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Da somit Montenegro der Teilstaat war, der aus der gemeinsamen Union mit Serbien ausgetreten war und die Verträge auf Serbien als [[Nachfolgestaat]] übertragen worden waren, musste es sämtliche internationale Verträge als nun eigenständiger Staat neu schließen und sich bei allen internationalen Organisationen erneut um eine Mitgliedschaft bewerben. Serbien übernahm als Rechtsnachfolger alle bisherigen gemeinsamen Sitze der Staatenunion.
 
[[Kroatien]], [[Nordmazedonien|Mazedonien]] (damals ''Mazedonien'') und die EU-Mitgliedsstaaten hatten am [[12. Juni]] [[2006]] Montenegro anerkannt. Die kroatische Staatsführung ließ unter anderem die Hoffnung auf die Entwicklung guter Nachbarschaftsbeziehungen verlautbaren, mit dem Wunsch der freundschaftlichen Aufarbeitung der Rolle Montenegros in den [[Jugoslawienkriege]]n und in den Fragen der Restitution.
 
Am 10. September 2006 fanden die ersten Parlamentswahlen nach der Unabhängigkeitserklärung statt, aus der die Koalition von DPS (33 Sitze, Demokratische Partei der Sozialisten), SDP (5 Sitze, Sozialdemokratische Partei), BP (3 Sitze Bosniakische Partei) und LDP (3 Sitze, albanische Partei) als Sieger hervorging (44 der insgesamt 80 Parlamentssitze). Auf die Opposition entfielen 36 Sitze. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 70 %.<ref>[http://www.osce.org/odihr/elections/montenegro/23566?download=true REPUBLIC''Republic OFOf MONTENEGROMontenegro PARLIAMENTARYParliamentary ELECTIONSElections 10 September 2006 OSCE/ODIHR Election Observation Mission Final Report''] – Annex 1 Official Results of the 10 September 2006 Parliamentary Elections</ref>
 
[[Filip Vujanović]] der bereits amtierende Präsident Montenegros, konnte sich auch bei der [[Präsidentschaftswahl in Montenegro 2013|Präsidentschaftswahl im Jahr 2013]] gegen seinen Konkurrenten [[Miodrag Lekić]] behaupten.<ref>[http://www.nzz.ch/aktuell/international/uebersicht/vujanovic-gewinnt-die-praesidentenwahl-1.18060419 nzz.ch]</ref>
 
Am 5. Juni 2017 wurde Montenegro Mitglied der [[NATO]].
 
Bei der [[Präsidentschaftswahl in Montenegro 2018|Präsidentschaftswahl 2018]] erreichte Milo Đukanović (DPS) mit 53,9 % der Stimmen schon im ersten Wahlgang am 15.&nbsp;April 2018 die absolute Mehrheit.<ref>{{Internetquelle |url=http://balkaneu.com/109127-2/ |titel=Milo Đukanović to run for Montenegro's President |werk=IBNA |datum=2018-03-20 |zugriff=2018-03-20 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20180320170430/http://balkaneu.com/109127-2/ |archiv-datum=2018-03-20 |offline=ja |archiv-bot=2023-05-12 00:24:36 InternetArchiveBot }}</ref><ref>http://rezultati.dik.co.me/</ref>
 
Bei der [[Parlamentswahl in Montenegro 2020|Parlamentswahl]] am 30. August 2020 verlor die von der DPS geführte Regierungskoalition ihre Mehrheit. Sie wurde abgelöst von einer Koalition unter Führung von [[Za budućnost Crne Gore]], die Anfang Dezember 2020 [[Zdravko Krivokapić]] zum Premierminister wählte.<ref>Max Brändle: ''Gewaltiges Brodeln'' bei [[Ipg-journal]] am 13. September 2021. [https://www.ipg-journal.de/regionen/europa/artikel/gewaltiges-brodeln-5416/]</ref>
 
== Siehe auch ==