„Filz“ – Versionsunterschied
[gesichtete Version] | [gesichtete Version] |
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Bleckmar |
Ergänzung Literatur |
||
(47 dazwischenliegende Versionen von 27 Benutzern werden nicht angezeigt) | |||
Zeile 3:
[[Datei:Felt cloth.jpg|mini|hochkant=1.6|Filzmuster]]
'''Filz''' (verwandt mit mittellateinisch ''filtrum'' „Filter“<ref>[[Friedrich Kluge]], [[Alfred Götze (Philologe)|Alfred Götze]]: ''[[Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache]].'' 20. Auflage. Hrsg. von [[Walther Mitzka]]. De Gruyter, Berlin / New York 1967; Neudruck („21. unveränderte Auflage“) ebenda 1975, ISBN 3-11-005709-3, S. 197–198.</ref>) ist ein textiles Flächengebilde, das aus Schafwolle oder anderem Tierhaar und gegebenenfalls beigemischten Synthesefasern besteht, die durch Filzen oder [[Walken]] verfestigt werden. Durch die Struktur der Wollfaser, die Schuppen besitzt, verfilzt Wolle unter Einwirkung von Druck, Schub und Feuchtigkeit. Um die Dichte noch zu erhöhen, kann der Filz anschließend gewalkt werden.<ref>Fabia Denninger, Elke Giese: ''Textil- und Modelexikon'' Bd. A–K, 8., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Deutscher Fachverlag GmbH, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-87150-848-9, S. 226–227.</ref>
== Geschichte ==
In der Fachliteratur wird teilweise die Meinung vertreten, dass Filze als textile Flächengebilde älter seien als Gewebe,<ref>Catherine Breniquet
=== Bronzezeit ===
Bei den Ausgrabungen von [[Käwrigul]] in dem vorwiegend von [[Uiguren]] bewohnten [[Mongolischer Autonomer Bezirk Bayingolin|Mongolischen Autonomen Bezirk Bayingolin]] in West-China wurden Filzmützen aus der Zeit um 1800 v. Chr. gefunden.▼
Ein möglicher Filzfund aus [[Beycesultan|Beyçesultan]] aus der Frühbronzezeit II (ca. 2600 v. Chr.) gilt als der bisher älteste Beleg für diese Technik.<ref>Irene Good: ''Textiles.'' In: Daniel T. Potts (Hrsg.): ''A companion to the archaeology of the ancient Near East''. (= ''Blackwell Companions to the Ancient World''). Oxford, Blackwell 2012, ISBN 978-1-4051-8988-0, S. 343.</ref>
▲Bei
{{Belege fehlen}}
Mützen aus diesem Material wurden auch in [[Hünengrab|Hünengräbern]] in Dänemark und Norddeutschland entdeckt. Sie stammen aus der Zeit um 1500 v. Chr.
In dem Grabhügel 3 von [[Bleckmar]] wurden in einem Frauengrab der mittleren Bronzezeit Reste einer Filzkappe gefunden. Auch Funde bei [[Behringen (Bispingen)|Behringen]] in Niedersachsen
Frühe Anhaltspunkte für die Existenz liegen, wie oben gesagt, von den [[Tocharer]]n aus NW-China vor. Ab dem 3. Jahrhundert v. Chr. findet man hierzu auch Hinweise in der altchinesischen Literatur.
===Eisenzeit===▼
▲=== Eisenzeit ===
Als Meister der Filzherstellung in Asien galten die [[Mongolen]] und die [[Tibeter]]. Für beide Völker ergeben sich Hinweise auf eine frühe Nutzung dieses Materials, das für nomadisierende Gruppen besonders wichtig war. Sie verwendeten Filze nicht nur für ihre Kleidung, sondern auch für die Herstellung ihrer Zelte.▼
Funde in der früheren [[Phrygier]]-Hauptstadt [[Gordion]] aus der Zeit um 700 v. Chr. zeigen, dass damals in Anatolien Filze bekannt waren. Auch [[Assyrer|assyrische]] Texte beschreiben die Filzherstellung.<ref>Nicholas Postgate: ''Wool, Hair and Textiles in Assyria.'' In: Catherine Breniquet, Cécile Michel (Hrsg.): ''Wool Economy in the Ancient Near East''. Oxford, Oxbow 2014. [https://www.jstor.org/stable/j.ctvh1djjn.24 (jstor.org)]</ref> Die reichsten Funde früher Filze stammen aus den [[Pasyryk-Stufe|Pazyryk]]-Gräbern. Die im ewigen Eis des [[Altai]]-Gebirges entdeckten [[Kurgan (Grabhügel)|Kurgane]] der [[Skythen]] aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. enthielten Filze von erstaunlich gleichmäßiger Dicke. Daraus darf auf eine weit fortgeschrittene Fertigungsmethode geschlossen werden. Diese Funde zeigen eine vielseitige Verwendung der teilweise durch Applikationen kunstvoll gemusterten Filze.
===
Bei den Völkern der Antike waren in der klassischen Zeit Filze gut bekannt, wie mehrere Erwähnungen in der Literatur der Griechen und Römer sowie in [[Pompeji]] ausgegrabene Filzmacherwerkstätten belegen.
des ungebundenen Vlieses mit warmem Wasser ([[Dampf]]) und [[Seife]] (alkalische Filzhilfe) ist die traditionelle, handwerkliche Verarbeitung der Wolle oder von [[Haar#Tierhaare/Fell|Tierhaaren]]. In Kombination mit warmem Wasser und Seife stellen sich die Schuppen in der obersten Schuppenschicht der Haare (''Cuticula'') auf. Gleichzeitig durchgeführtes Walken bewirkt ein gegenseitiges Durchdringen der einzelnen Fasern. Die aufgestellten Schuppen verkeilen sich so stark ineinander, dass sie nicht mehr zu lösen sind. Das Werkstück schrumpft dabei stark und es ergibt sich ein festes textiles Flächengebilde. Die endgültige Form kann dabei nahtlos aus einem Stück herausgearbeitet werden. Da Walkfilze aus tierischen Fasern, zum Teil unter Beimischung von [[Zellwolle]], bestehen, handelt es sich dabei um ein Naturprodukt, das biologisch abbaubar ist.▼
▲Als Meister der Filzherstellung in Asien galten die [[Mongolen]] und die [[Tibeter]]. Für beide Völker ergeben sich Hinweise auf eine frühe Nutzung dieses Materials, das für nomadisierende Gruppen besonders wichtig war. Sie verwendeten Filze nicht nur für ihre Kleidung, sondern auch für die Herstellung ihrer Zelte und [[Jurte]]n.
== Herstellungsmethoden ==
▲''Nassfilzen'' (auch unter dem Begriff ''Walkfilze'' zusammengefasst) des ungebundenen Vlieses mit warmem Wasser ([[Dampf]]) und [[Seife]] (alkalische Filzhilfe) ist die traditionelle, handwerkliche Verarbeitung der Wolle oder von [[Haar#Tierhaare
Die ''kunsthandwerkliche Tradition'' des Filzens wird in jüngerer Zeit von vielen Menschen und Kleinbetrieben wiederentdeckt. Dabei entsteht eine Gebrauchskunst, die vor allem robuste und wärmende Kleidungsstücke umfasst, zum Beispiel [[Schal]]s, [[Jacke]]n, [[Weste]]n, [[Hut|Hüte]], [[Hausschuh]]e und [[Pantoffel]]n, aber auch figürliche Arbeiten einschließt.
== Eigenschaften von Filz ==
{{Belege|Der einzige Einzelnachweis "Filz-Lexikon by Tomako" bezieht sich lediglich auf Filz aus Wolle. Ob die Angaben dort, beispielsweise zur Entflammbarkeit, auch für Filze aus anderen Materialien gelten, ist ungewiß. Im übrigen ist die angegebene Internetseite keine zuverlässige Informationsquelle.}}
* Elastizität: Filz ist dehnbar, druckelastisch und widerstandsfähig, sodass kaum Knitter entstehen.
* Isolationsfähigkeit: Zum einen ist Filz schallhemmend, zum anderen isoliert er gegen Hitze und Kälte
* Saugfähigkeit: Wollfilz kann Flüssigkeiten aufnehmen, speichern und wieder abgeben.
* Schwere Entflammbarkeit:
== Anwendungsgebiete ==
Zeile 40 ⟶ 43:
** [[Jurte]]
[[Datei:Felt hat.jpg|mini|Filzhut]]
* [[Kleidung]]sstücke
** [[Filzhut]], [[Qeleshe]]
** [[Pantoffel]]
Zeile 56 ⟶ 59:
** [[Gleitschicht]]
** [[Möbelgleiter]] (Filzgleiter)
** Filzverkleidung in Fahrzeugen
* [[Zeitgenössische Kunst]], etwa [[Joseph Beuys]] und [[Robert Morris (Künstler)|Robert Morris]]
* [[Dreadlocks]]
* [[Wohnaccessoires]]
** [[Tischset]]s, [[Tischläufer]], [[
* [[Naturfaserverstärkter Kunststoff|Naturfaserverstärkte Kunststoffe]] ([[Nadelvliesstoff|Nadelfilz]] aus Natur- und Polypropylenfasern für Formpressverfahren)
== Schädlinge ==
Die Ursache von Löchern im Filz aus Naturfasern können Motten sein.
== Reinigung ==
Bei oberflächlichem Schmutz reicht es aus, eine Bürste zur Hand zu nehmen oder den Filz abzusaugen. Eine Handwäsche ist ebenso möglich. Dazu sollte der Filz zunächst benässt, anschließend mit Shampoo oder Vollwaschmittel eingerieben und hinterher ausgespült werden. Nach dem Trocken kann der Filz wieder in Form gestrichen werden, sollte das nicht funktionieren, kann ein Bügeleisen mit leichtem Dämpfen Abhilfe schaffen.
== Übertragene Bedeutung ==
{{Hauptartikel|Filzokratie}}
Die kaum trennbaren Filzfasern liefern das Sprachbild für die Bedeutung ''Filz'' im übertragenen Sinne. Darunter wird verstanden, dass eine Gruppe von Personen durch – vor allem finanzielle – Abhängigkeiten in einer undurchschaubaren und vielfältigen Weise verknüpft ist (siehe auch: [[Klüngel]], [[Korruption]], [[Seilschaft#Übertragene Bedeutung|Seilschaft]]). In ähnlicher Weise verwendet man das Sprachbild als Adjektiv und bezeichnet etwa ein System als „verfilzt“.
==
Hans Arnold: Beiträge zur Theorie des Filzprozesses. Dissertation 1929, Sächsische Technische Hochschule zu Dresden, Druck von Alexander Edelmann, Universitäts-Buchdrucker, Leipzig 1929
== Weblinks ==
{{Commonscat|Felt|Filz}}
== Einzelnachweise ==
<references />
[[Kategorie:
[[Kategorie:Handarbeiten]]
[[Kategorie:Tierhaarprodukt]]
|