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„Frömmigkeit“ – Versionsunterschied – Wikipedia
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[[Datei:British - Piety - Google Art Project.jpg|miniaturmini|Allegorische Darstellung der Frömmigkeit im Kreis der theologischenchristlichen Tugenden]]
'''Frömmigkeit''' (lateinisch '''Pietas'pietas'') bezeichnet eine tief in einem [[Glaube (Religion)|Glaube]]n wurzelnde Haltung, die sich in einer entsprechenddarauf bewusstenausgerichteten Lebensgestaltung im Sinne der [[Dogma|Lehren]] und [[Kult]]e der entsprechenden [[Religion]] äußert.<ref>[[Wolfgang Brückner]]: ''Volksfrömmigkeit – Aspekte religiöser Kultur.'' In: ''Frömmigkeit und Konfession. Verstehensprobleme, Denkformen, Lebenspraxis.'' Würzburg 2000 (= ''Veröffentlichungen zur Volkskunde und Kulturgeschichte.'' Band 86), S. 54–65.</ref> Im [[Christentum]] werden die Begriffe Frömmigkeit und [[Spiritualität]] teils als Synonyme gebraucht. Der Begriff wird oft auch mit [[Gottesfurcht]] gleichgesetzt.
 
Wo es sich um eine im Volk verwurzelte Frömmigkeit handelt, spricht man von [[Volksfrömmigkeit]]; wo sie nur vorgegeben, übertrieben oder von eigenen Vorstellungen abweichend erscheint, spricht man [[Pejoration|pejorativ]] auch von „Frömmelei“, „Scheinheiligkeit“ oder [[Bigotterie]].
 
== Wortbedeutung ==
Das seit dem 8. Jahrhundert bezeugte Wort ist von dem [[althochdeutsch]]en Substantiv ''fruma'', ''froma'' („Nutzen, Vorteil“; [[mittelhochdeutsch]] ''vrum'', ''vrom'') abgeleitet. Das Adjektiv hatte zunächst die Bedeutung „nützlich“, später auch „tüchtig“ und „rechtschaffen“.<ref>Friedrich Kluge, Elmar Seebold: ''Kluge. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache.'' 25. Auflage. Berlin 2011, S. 320.</ref> Im 16. Jahrhundert wurde es noch auf Tiere und Sachen bezogen.<ref name="Keller-Hüschemenger" />
 
''Frum'' ist etymologisch bis ins Indogermanische mit entsprechenden Begriffen zu verbinden, insbesondere mit dem griechischen ''εいぷしろんὐσέβεια'' (''eusébeia''), dem lateinischen ''pius'' und somit dem ''Hervorstehenden'', ''Ratgeber'' und ''Tüchtigen'' (vgl. {{lang|grc|ἀρετή}} ''[[arete]]''). „Das althochdeutsche-gotische <''frum''> beinhaltet ein ethisches Verhaltensmoment […] in der römischen ''pietas'' […] als der Ehrfurcht vor und dem Gehorsam gegenüber den Ordnungen des Lebens.“<ref name="Keller-Hüschemenger" /> Diese Bedeutung hielt sich bis ins 16.&nbsp;Jahrhundert. Noch [[Martin Luther]] benutzte das Wort in diesem Sinne. Wenn er „fromm“ im heutigen Sinn meinte, verwendete er das Wort „gottselig“.
 
Die ursprüngliche Wortbedeutung hat sich auch in Wörtern wie „frommen“, was so viel wie „nützen, helfen“ bedeutet, erhalten und in Formulierungen wie fromme Hände, frommer Knecht oder frommes Tier, wo es „gut, nützlich oder ehrlich“ sowie „sanft, leicht lenkbar, gehorsam“ bedeutet (vgl. den Ausdruck: „lammfromm“). [[Johann Wolfgang von Goethe]] hingegen verwendete ‚Frömmigkeit’ im Sinne von ‚rechtschaffen’ und als ‚wohlgemeint, aber unerfüllbar’.<ref name="Theissmann" />
 
Ab dem 17. Jahrhundert wurde ''Frömmigkeit'' hauptsächlich im Zusammenhang der Ehrfurcht vor dem Göttlichen gebraucht, zunächst stark auf Pietisten bezogen, bei [[Immanuel Kant]] positiv im Sinne eines leitenden Grundsatzes „von oben“ wie auch negativ im Sinne „einer knechtischen Gemütsart“.<ref name="Theissmann" /> Die Variationsbreite reicht generell von einerseits mystisch-kontemplativen Formen, auch weltabgewandter Innerlichkeit und andererseits „[[Transzendenz|transzendental]] gebundener geistlich-religiöser Weltverantwortung bis hin zur immanent-religionslosen Welt-Frömmigkeit des atheistisch-sozialistischen [[Humanismus]].“<ref name="Keller-Hüschemenger" />
 
== Frömmigkeit – Religiosität – Spiritualität ==
Während [[Religiosität]] diein erster Linie [[Ehrfurcht]] vor der Ordnung und Vielfalt in der Welt und die Empfindung einer [[Transzendenz|transzendenten]] Wirklichkeit bedeutet<ref name="Angel">Hans-Ferdinand Angel: ''„Von der Frage nach dem Religiösen“ zur „Frage nach der biologischen Basis menschlicher Religiosität“.'' In: ''Christlich-pädagogische Blätter.'' Nr. 115, 2002, Wien, {{ISSN|0009-5761}}, S. 86–89.</ref>, beinhaltet Frömmigkeit ''zudem'' die bewusste Hinwendung zum Glauben und dessen aktive Praktizierung.
 
ZuweilenAbgeleitet aus der historischen Verwendung wird der Begriff der [[Spiritualität]] zuweilen noch synonym, verwendet. Heute ist damit jedoch eherzumeist ineine einemHinwendung weiterenzum SinnTranszendenten verwendet''ohne'' notwendigen Bezug zu einer bestimmten Religion gemeint.<ref name="Tobler">Stefan Tobler: ''Jesu Gottverlassenheit als Heilsereignis in der Spiritualität Chiara Lubichs.'' Walter de Gruyter, Berlin 2003, ISBN 3-11-017777-3, S. 17–19, 22–25.</ref>
 
== Antike Philosophie und Kultur ==
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Im [[Neues Testament|Neuen Testament]] finden sich viele Belege dafür, dass Jesus Christus sich deutlich gegen eine rein äußerliche Gesetzesfrömmigkeit aussprach, vor allem gegenüber den Pharisäern (etwa {{Bibel|Mt|23|28|EU}}).
 
In der [[Alte Kirche|alten Kirche]] galt vor allem die Lebensform der [[Eremit]]en, [[geweihte Jungfrau|geweihten Jungfrauen]] oder in den späteren [[Konvent (KircheKloster)|Konventen]] als Ausdruck der Hingabe an Christus und gelebter Frömmigkeit. Erst im Laufe der Zeit erweiterte sich das Verständnis der Frömmigkeit dahin, dass jeder Gläubige als fromm gelten könne, ohne dass seine Frömmigkeit an bestimmte äußere Gegebenheiten gebunden sein müsse. In der katholischen Kirche wird die Frömmigkeit zu den [[Gaben des Heiligen Geistes#Römisch-katholische Kirche|Gaben des Heiligen Geistes]] gezählt.
 
Seit der [[Aufklärung]] wurde, vorwiegend im [[Protestantismus]], immer mehr die „Innerlichkeit“ betont. Sie lebt aus dem Glauben des einzelnen, der auch im „stillen Kämmerlein“ seine Frömmigkeit leben könne. Hieraus entstand im 18. Jahrhundert die große Bewegung des [[Pietismus]], die in ihren Anfängen ganz von dieser persönlichen, privaten Frömmigkeit geprägt war. Jeder müsse vor sich selbst und seinem Schöpfer vertreten, wie intensiv und wahrhaftig er seinen Dienst für Gott und die Menschen versehe. Im 19. Jahrhundert wurde Frömmigkeit noch weiter verengt als „Bestimmtheit des Gefühls“, so [[Friedrich Schleiermacher|Schleiermacher]].
 
Die Frömmigkeit der einzelnen Gläubigen kann also sehr unterschiedlich sein, bezieht sich aber immer auf Gott und schließt die Teilhabe an der christlichen Gemeinschaft ein.
 
== Siehe auch ==
* [[Andacht]]
 
== Literatur ==
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* [[Werner Gruehn]]: ''Die Frömmigkeit der Gegenwart. Grundtatsachen der empirischen Psychologie.'' Aschendorff 1956.
* [[Friedrich Schleiermacher]]: ''Der christliche Glaube. Nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange Dargestellt.'' (a) Studienausgabe in zwei Bänden, de Gruyter, Berlin/New York 1984, (1. Auflage: 1821/22), ISBN 3-11-008837-1; (b) 1984 (2. Auflage: 1830/31), ISBN 3-11-020494-0; (c) Kritische Gesamtausgabe, 1. Abt., Teilbände 7/1 und 7/2, 1983 (-1821/22), ISBN 3-11-008593-3; (d) Teilbände 13/1 und 13/2, 2003 (-1830/31), ISBN 3-11-016610-0.
* Johannes Heide, [[Henning Schröer]], Friedrich Wintzer u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Frömmigkeit und Freiheit. Theologische, ethische und seelsorgerliche Anfragen. Festschrift für Hans-Dieter Bastian zum 65. Geburtstag.'' CMZ, Rheinbach-Merzbach 1995, ISBN 3-87062-021-8.
* [[Arnold Angenendt]]: ''Geschichte der Religiosität im Mittelalter.'' 2. Auflage. Primus bzw. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2000, ISBN 3-89678-172-3.
* Arnold Angenendt: ''Grundformen der Frömmigkeit im Mittelalter.'' (= EDGEnzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 68.). Oldenbourg, München 2003, ISBN 3-486-55700-9.
* M. Derwich, M. Staub (Hrsg.): ''Die ›Neue Frömmigkeit‹ in Europa im Spätmittelalter.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2004, ISBN 3-525-35855-5.
* [[Lucian Hölscher]]: ''Geschichte der protestantischen Frömmigkeit in Deutschland.'' C. H. Beck, München 2005, ISBN 3-406-53526-7.
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[[Kategorie:Spiritualität]]
[[Kategorie:Tugend]]
[[Kategorie:Römische Gottheit]]