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„Depression“ – Versionsunterschied – Wikipedia
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Eine [[Metaanalyse]] von 26 Studien mit Daten von 60.000 Kindern der Jahrgänge 1965–1996 ergab für die Altersgruppe unter 13 eine Prävalenz von 2,8 % und für die Altersgruppe 13–18 eine von 5,6 % (Mädchen 5,9 %, Jungen 4,6 %).<ref name="PMID17176381">E. Jane Costello, A. Erkanli, A. Angold: ''Is there an epidemic of child or adolescent depression?'' In: ''Journal of child psychology and psychiatry, and allied disciplines.'' Band 47, Nummer 12, Dezember 2006, S.&nbsp;1263–1271, [[doi:10.1111/j.1469-7610.2006.01682.x]]. PMID 17176381 (Review).</ref>
 
Die Krankheitslast durch Depressionen, etwa in Form von Arbeitsunfähigkeiten, stationären Behandlungen und Frühverrentungen, ist in Deutschland in den letzten Jahren stark angestiegen.<ref name="b72 bitzer11">E. M. Bitzer, T. G. Grobe u.&nbsp;a.: ''Barmer GEK Report Krankenhaus 2011.'' (= Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse. Band 9). Barmer GEK, 2011. S. 78, ISBN 978-3-537-44109-6. {{Webarchiv |url=https://www.barmer.de/blob/36560/6409dd7c1f720b4a6db65afa38ce713e/data/pdf-krankenhaus-report-2011.pdf |text=barmer.de |wayback=20211114125121 |archiv-bot=2023-12-10 16:50:34 InternetArchiveBot}} (PDF)</ref><ref>''Statistik des Rentenzugangs.'' Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.), Statistisches Bundesamt, 2012, gbe-bund.de</ref><ref>''Arbeitsunfähigkeit bei erwerbstätigen AOK-Mitgliedern.'' Statistisches Bundesamt, 2013. www.gbe-bund.de</ref> Es wird angenommen, dass sich die tatsächliche Krankheitshäufigkeit deutlich weniger gravierend verändert hat und das vermehrte Auftreten durch eine bessere Erkennung und weniger Stigmatisierung von Menschen mit psychischen Störungen herrührt.<ref>D. Richter, K. Berger u.&nbsp;a.: ''Nehmen psychische Störungen zu? Eine systematische Literaturübersicht.'' In: ''Psychiatrische Praxis.'' 35, 2008, S. 321–330.</ref> Auch die mit der Zeit niedrigschwelliger gewordenen Diagnose-Kriterien für eine psychische Störung werden als Teilursache kritisch diskutiert.<ref name="b72 horwitz07">A. V. Horwitz, J. C. Wakefield: ''The Loss of Sadness. How Psychiatry Transformed Normal Sorrow Into Depressive Disorder.'' Oxford University Press, Oxford / New York 2007.</ref> Ergebnisse von [[Langzeit-Experiment|Langzeitstudien]] auf der anderen Seite sprechen jedoch eher für einen echten Anstieg, der mit verschiedenen gesellschaftlichen Einflussfaktoren in Zusammenhang gebracht wird.<ref>H. Spiessl, F. Jacobi: ''Nehmen psychische Störungen zu?'' In: ''Psychiatrische Praxis.'' 35, 2008, S. 318–320.</ref><ref>J. M. Twenge, B. Gentile u.&nbsp;a.: ''Birth cohort increases in psychopathology among young Americans, 1938–2007: A cross-temporal meta-analysis of the MMPI.'' In: ''Clin Psychol Rev.'' 30, 2010, S. 145–154.</ref><ref name="PMID22244375">B. H. Hidaka: ''Depression as a disease of modernity: explanations for increasing prevalence.'' In: ''Journal of affective disorders.'' Band 140, Nummer 3, November 2012, S.&nbsp;205–214, [[doi:10.1016/j.jad.2011.12.036]], PMID 22244375, {{PMC|3330161}} (Review).</ref>
 
Auch in Deutschland scheinen nach Krankenkassendaten jüngere Generationen gefährdeter zu sein, im Laufe ihres Lebens an einer psychischen Störung zu leiden.<ref>''DAK-Gesundheitsreport 2011.'' Deutsche Angestellten-Krankenkasse, Hamburg 2011.</ref> Die durchschnittliche [[Arbeitsunfähigkeit]]sdauer der versicherten Erkrankten belief sich im Jahr 2014 laut Angaben der [[Techniker Krankenkasse]] auf 64 Tage (im Vergleich: bei allen Diagnosen durchschnittlich 13 Tage). Von den zehn Gruppen mit den höchsten Erkrankungsraten gehören sieben dem Berufsbereich Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung an. Mit Abstand führen Mitarbeiter in Callcentern die Liste an; gefolgt von Alten- und Krankenpflegern, Erziehern und Kinderbetreuern, Mitarbeitern der öffentlichen Verwaltung und Beschäftigten im Bewachungsgewerbe. Vergleichsweise wenig anfällig sind Hochschullehrer, Software-Entwickler und Ärzte. Frauen sind fast doppelt so oft betroffen wie Männer. Von 2000 bis 2013 hat sich die Zahl der verordneten Tagesdosen von Antidepressiva fast verdreifacht. In regionaler Hinsicht führen Hamburg (1,4 Arbeitsunfähigkeitstage pro versichertem Arbeitnehmer), Schleswig-Holstein und Berlin (je 1,3 Tage) die Liste an. In Hamburg sind 9,2 Prozent der gesamten Arbeitsunfähigkeitstage durch Depression bedingt. In Süd- und Ostdeutschland sind die Raten im Durchschnitt geringer.<ref>Daten nach Depressionsatlas der TK 2014; siehe Florian Staeck: [https://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/krankenkassen/article/878000/depressionsatlas-immer-fehltage-wegen-depressionen ''Immer mehr Fehltage wegen Depressionen.''] Ärzte Zeitung online, 28. Januar 2015.</ref> Bei Studierenden, die bisher als relativ gesunde Gruppe galten, sind inzwischen nach Angaben der [[Barmer GEK]] 17 Prozent (etwa 470.000 Menschen), vor allem ältere, von einer psychiatrischen Diagnose betroffen.<ref>[https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/89391/Depressionen-Vor-allem-aeltere-Studierende-sind-gefaehrdet ''Depressionen: Vor allem ältere Studierende sind gefährdet.''] Auf: ''aerzteblatt.de'' vom 22. Februar 2018.</ref>
 
== Anzeichen ==
 
=== Symptome ===
Im Jahre 2011 wurde von mehreren Fachgesellschaften wie der [[Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde|Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN)]] eine [[Medizinische Leitlinie|Versorgungsleitlinie]] zum Thema Depression erarbeitet. Sie empfiehlt, zur Diagnose nach ICD-10 zwischen drei Haupt- und sieben Zusatzsymptomen zu unterscheiden.<ref name="DGPPN">DGPPN u.&nbsp;a.: ''Nationale VersorgungsLeitlinie – Unipolare Depression''. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 2011, ISBN 978-3-642-13103-5, S. 37 ({{Webarchiv |url=http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/nvl-005l_Unipolare_Depression_2016-11.pdf |text=Langfassung |wayback=20170331030557}}).</ref>
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Zu den weiteren diagnostischen Schritten kann auch eine Befragung der Schule oder des Kindergartens hinsichtlich der Befindlichkeit des Kindes oder Jugendlichen zählen. Häufig wird auch eine orientierende [[Intelligenztest|Intelligenzdiagnostik]] durchgeführt, welche eine eventuelle Über- oder Unterforderung aufdecken soll. Spezifische [[Psychologischer Test|Testverfahren]] für Depression im Kindes- und Jugendalter sind das [[Depressions-Inventar für Kinder und Jugendliche]] (DIKJ) und der Depressions-Test für Kinder (DTK).
 
== Bei Seeleuten ==
Um das Erkennen von Depressionen und auch von [[Angststörung]]en bei Patienten aus der weltweit arbeitenden Berufsgruppe der [[Seeleute]] zu unterstützen und die Auswirkungen zu lindern, hat die [[International Maritime Organization]] sich nach dem [[Schiffsunglück]] der [[Exxon Valdez]] mit dem berufsspezifischen Phänomen von [[Fatigue]] bei [[Seefahrer]]n intensiv befasst und in 2001 die schifffahrtsrechtliche [[Arbeitsschutz]]vorschrift „MSC/Circ.1014: Guidance on Fatigue Mitigation and Management” <ref>{{Literatur |Hrsg=[[Internationale Seeschifffahrts-Organisation]] – IMO |Titel=MSC/Circ.1014: Guidance on Fatigue Mitigation and Management, |Verlag=Selbstverlag |Ort=4 Albert Embankment, London SE1 7SR, |Datum=2001-06-12 |ISBN= |Seiten=105 Seiten}}</ref> <ref>''IMO Guidelines on Fatigue.'' IMO-Online Publikation. Als [https://www.imo.org/en/OurWork/HumanElement/Pages/Fatigue.aspx Download] verfügbar auf der Website der [[International Maritime Organization]] (IMO), abgerufen am 25. Mai 2024.</ref> veröffentlicht, die in Deutschland im Jahr 2002 als MSC / Circ. 1014 „Richtlinie zur Linderung von Fatigue (Übermüdung) und Fatigue-Management“ vom [[Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen]] <ref>„Richtlinie zur Linderung von Fatigue (Übermüdung) und Fatigue-Management“ / Verkehrsblatt-Dokument Nr. B 8107, Hrsg.: [[Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen]] , Abteilung Luft-, Raumfahrt und Schifffahrt, 2002. {{DNB|969142900}}</ref> und auch beim [[Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie]] (BSH) veröffentlicht wurde.<ref>„'Richtlinie zur Linderung von Fatigue (Übermüdung) und Fatigue-Management.'' Beilage zum [[Nachrichten für Seefahrer|NfS]]-Heft 18/2002 als BSH-Online-Publikationen vom [https://www.bsh.de/ Bundesamt für Schifffahrt und Hydrographie], abgerufen am 24. März 2020.</ref> Demnach hat das berufsspezifische Phänomen [[Fatigue]] im Sinne von [[Seafarer Fatigue]] direkte Auswirkungen auf die [[Gesundheit]] und [[Arbeitssicherheit|Sicherheit am Arbeitsplatz]] vor allem durch berufsbedingten [[Schlafentzug]] oft in Kombination mit extremen Belastungen und führt in der weiteren Folge auch zu [[Verdauungsstörung]]en, [[Wahnvorstellung]]en, [[Verwirrtheit]], [[Lethargie]], [[Atem]]- Problemen, [[Depression]]en, [[Reizbarkeit]], [[Neurose]]n und temporären [[Psychose]]n, so dass die [[Konzentrationsfähigkeit]] und das [[Leistungsvermögen]] nachlassen. <ref>Modul „Fatigue an Bord und der Reeder / Betreiber / Manager.'' In: „Richtlinie zur Linderung von Fatigue (Übermüdung) und Fatigue-Management.'' Beilage zum [[Nachrichten für Seefahrer|NfS]]-Heft 18/2002 als BSH-Online-Publikationen vom [https://www.bsh.de/ Bundesamt für Schifffahrt und Hydrographie], Seite 24 sowie Depressionen in: „Tab. 1 Auswirkungen von Fatigue.'' auf Seite 11 ([[Schiffsoffizier]]), Seite 17 ([[Kapitän]]), .</ref>
 
Im 2019 veröffentlichten Video „Depression and [[Angststörung|anxiety]] are killing seafarers” stellt [[Kapitän]] Dan Thompson auf Grundlage eigener Erfahrungen als [[Navigationsoffizier]] heraus „Depression and Anxiety itself is a crippling illness” und macht damit auf folgende Tatsachen aufmerksam: Mehr als einer von vier Seefahrern leidet an Depressionen. Darüber hinaus ist die Maritime Industrie eine “Hochdruckindustrie” in welcher man nicht nach Hause gehen und die Tür einfach hinter sich schließen kann, sondern auf einem Schiff bist Du 24 Stunden am Tag unter Beobachtung, was einen hohen mentalen Druck über eine lange Zeit bedeutet. 6 % aller Todesfälle auf See sind ein [[Suizid]] was 6 x höher liegt als der Durchschnitt im [[Vereinigtes Königreich|Vereinigten Königreich]] von Großbritannien. Daher startete die brit. „Maritime charity Sailor’s Society” eine [[Kampagne]] mit dem Titel “NOT ON MY WATCH”, um Verbesserungen in der [[Seearbeitsübereinkommen|Maritime Labour Convention]]” (MLC 2006) hinsichtlich “Wellness Training für Seeleute” als zusätzliche obligatorische [[Prävention]] erreichen zu können. Kapitän Dan Thompson stellt im Beitrag „Depression and anxiety are killing seafarers” die Notwendigkeit von „changing the view of mental health within the [[Maritime Wirtschaft|maritime industry]]” heraus und erläuterte, dass der beste Start dafür „... is education and training ...” und zwar mit dem Ziel „... to ensure that other people in a similar position to me don't go through the same experiences that I did”.<ref>„Depression and [[Angststörung|anxiety]] are killing [[Seafarer Fatigue|seafarers]]”auf [[youtube]] unter https://www.youtube.com/watch?v=ZvaTeUDVX_I von der britischen maritimen charity „Sailors' Society” ; Link abgerufen am 25.05.2024.</ref>
 
== Diagnose ==
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=== Biologische Einflüsse ===
 
==== Genetik ====
Depressive Störungen treten familiär gehäuft auf. Das Risiko, selbst an einer Depression zu erkranken, ist bei Verwandten ersten Grades etwa 50 % höher als normal.<ref name="S3-nvl-005/24">{{Literatur |Autor=DGPPN, BÄK, KBV, AWMF |Hrsg=AWMF |Titel=S3-Leitlinie/Nationale Versorgungsleitlinie Unipolare Depression - Langfassung |Band=AWMF-Register-Nr.: nvl-005 |Nummer=5 |Auflage=2. |Datum=2015 |Seiten=24 |Online=https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/nvl-005l_S3_Unipolare_Depression_2017-05.pdf}}</ref> Bei eineiigen Zwillingen ([[Zwillingsforschung|gleiche genetische Ausstattung]]) lag das Risiko, ebenfalls zu erkranken, bei 50 %, bei zweieiigen Zwillingen nur bei 15-20 %.<ref name="S3-nvl-005/24" /> Leidet die Mutter unter Depressionen ist das Risiko für das Kind, im Laufe seines Lebens ebenfalls an einer Depression zu erkranken, erhöht, wobei unklar bleibt, welchen Anteil hier die [[Genetik|Gene]] oder die innerfamiliären Umweltfaktoren haben.<ref name="S3-nvl-005/24" /> Ferner besteht zwischen genetischen Faktoren und Umweltfaktoren eine [[Gen-Umwelt-Interaktion]]. So können genetische Faktoren z.&nbsp;B. bedingen, dass ein bestimmter Mensch durch eine große Risikobereitschaft sich häufig in schwierige Lebenssituationen manövriert. Umgekehrt kann es von genetischen Faktoren abhängen, ob ein Mensch eine psychosoziale Belastung bewältigt oder depressiv erkrankt.<ref name="PMID103601202">K. S. Kendler, L. M. Karkowski, C. A. Prescott: ''Causal relationship between stressful life events and the onset of major depression.'' In: ''The American journal of psychiatry.'' Band 156, Nummer 6, Juni 1999, S.&nbsp;837–841, [[doi:10.1176/ajp.156.6.837]], PMID 10360120.</ref> Auch wird vermutet, dass Genvarianten, die von Neandertalern abstammen, die Ausprägung einer Depression beeinflussen können. Der Anteil solcher Gene liegt bei den heute in Europa lebenden Menschen bei 2,5 bis 4 %.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.zeit.de/zett/2017-10/menschen-mit-ausgepraegtem-neandertaler-gen-sind-eher-depressiv |titel=Wohlbefinden: Menschen mit ausgeprägtem Neandertaler-Gen sind eher depressiv &#x7c; ze.tt |werk=[[Die Zeit]] |abruf=2023-09-13}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Colin Barras|DOI=10.1126/science.aad2149|Online=https://www.newscientist.com/article/2077269-our-neanderthal-genes-linked-to-risk-of-depression-and-addiction/ |Titel=Our Neanderthal genes linked to risk of depression and addiction |Sprache=en-US |Abruf=2023-09-13}}</ref> Man geht davon aus, dass affektive Störungen auch durch nachträgliche ([[Epigenetik|epigenetische]]) Veränderungen auf verschiedenen Genen (mit-)verursacht werden.<ref name="PMID23756378">E. M. Byrne, T. Carrillo-Roa, A. K. Henders, L. Bowdler, A. F. McRae, A. C. Heath, N. G. Martin, G. W. Montgomery, L. Krause, N. R. Wray: ''Monozygotic twins affected with major depressive disorder have greater variance in methylation than their unaffected co-twin.'' In: ''Translational psychiatry.'' Band 3, 2013, S.&nbsp;e269, [[doi:10.1038/tp.2013.45]]. PMID 23756378, {{PMC|3693404}}.</ref> Bestimmte Genabweichungen, die für die Entstehung von Depression ausschlaggebend sind, konnten jedoch bislang trotz umfangreicher Suche nicht gefunden werden.<ref name="PMID224728762">S. Ripke u.&nbsp;a.: ''A mega-analysis of genome-wide association studies for major depressive disorder.'' In: ''Molecular psychiatry.'' Band 18, Nummer 4, April 2013, S.&nbsp;497–511, [[doi:10.1038/mp.2012.21]]. PMID 22472876, {{PMC|3837431}} (Review).</ref>
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Depressive Syndrome können durch die Einnahme oder das Absetzen von Medikamenten oder [[Psychotrope Substanz|psychotropen Substanzen]] verursacht werden. Die Unterscheidung zwischen einer substanzinduzierten Depression und einer von Medikamenteneinnahme unabhängigen Depression kann schwierig sein. Grundlage der Unterscheidung ist eine durch einen Psychiater erhobene ausführliche [[Anamnese|Krankengeschichte]].<ref>Frank Block, Christian Prüter (Hrsg.): ''Medikamentös induzierte neurologische und psychiatrische Störungen.'' Springer-Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-540-28590-3.</ref>
 
''Medikamente'', die am häufigsten depressive Symptome verursachen können, sind [[Antikonvulsiva]], [[Benzodiazepine]] (vor allem nach Entzug), [[Zytostatikum|Zytostatika]], [[Glucocorticoide]], [[Interferon]]e, [[Antibiotika]], [[Statin]]e, [[Neuroleptika]], [[Retinoide]], [[Sexualhormon]]e und [[Betablocker]]. Als Medikamente mit potentiell depressionsauslösender Wirkung wurden z.&nbsp;B. Diazepam, Cimetidin, Amphotericin B und Barbiturate identifiziert.<ref>Monika Keller: ''Depression.'' In: Eberhard Aulbert, Friedemann Nauck, [[Lukas Radbruch]] (Hrsg.): ''Lehrbuch der Palliativmedizin.'' Schattauer, Stuttgart 1997/, 3., aktualisierte Auflage 2012, ISBN 978-3-7945-2666-6, S. 1077–1095; hier: S. 1083.</ref>
 
Ein depressives [[Syndrom]] wird häufig auch als typische [[Entzugssyndrom|Entzugserscheinung]] nach Drogenkonsum beobachtet.<ref name="PMID22037449">T. Renoir, T. Y. Pang, L. Lanfumey: ''Drug withdrawal-induced depression: serotonergic and plasticity changes in animal models.'' In: ''Neuroscience and biobehavioral reviews.'' Band 36, Nummer 1, Januar 2012, S.&nbsp;696–726, [[doi:10.1016/j.neubiorev.2011.10.003]]. PMID 22037449 (Review).</ref> Auch beim Absetzen des Dopingmittels [[Anabole Steroide|Anabolikum]] im [[Kraftsport]] kann es zu einem depressiven Syndrom kommen. Da es sich dabei um illegalen Substanzgebrauch handelt, ist die Bereitschaft von Sportlern oft gering, sich beim Absetzen einem Arzt anzuvertrauen.<ref name="PMID23033230">E. J. Ip, D. H. Lu, M. J. Barnett, M. J. Tenerowicz, J. C. Vo, P. J. Perry: ''Psychological and physical impact of anabolic-androgenic steroid dependence.'' In: ''Pharmacotherapy.'' Band 32, Nummer 10, Oktober 2012, S.&nbsp;910–919, [[doi:10.1002/j.1875-9114.2012.01123]], PMID 23033230.</ref>
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=== Psychologische Einflüsse ===
 
==== Erlernte Hilflosigkeit ====
{{Hauptartikel|Erlernte Hilflosigkeit}}
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=== Evolutionsbiologische Ursachentheorien ===
{{Neutralität|1=Evoutionspsychologische Ursachentheorien - ausgewogen und verständlich}}
 
Das Risiko einer Depression ist weltweit so beträchtlich, dass für manche Vertreter der [[Evolutionäre Psychologie|evolutionären Psychologie]] eine nützliche [[evolutionäre Anpassung]] wahrscheinlicher erscheint als ein isoliertes Krankheitsgeschehen. Es wird diskutiert, ob Depressionen eine biologisch nützliche Anpassung im Laufe der Evolution sein könnten. Viele vorteilhafte Funktionen wie das Kommunizieren von Hilfebedarf, das Signalisieren von Unterordnung in einem Hierarchiekonflikt, das Loslassen unerreichbarer Ziele oder die Regulierung von Engagement werden angeführt. Als Beispiele werden Situationen genannt, in denen depressive Gestimmtheit ein Überlebensvorteil sein könne, etwa durch Vermeidungsreaktion in einer gefährlichen oder aussichtslosen Situation.<ref>R. M. Nesse: ''Is depression an adaptation?'' In: ''Archives Of General Psychiatry.'' Band 57, 2000, S. 14–20, [[doi:10.1001/archpsyc.57.1.14]].</ref><ref>{{Literatur |Autor=J. S. Price, R. Gardner u.&nbsp;a. |Titel=Territory, rank and mental health: the history of an idea |Sammelwerk=Evol Psychol |Band=5 |Datum=2007 |Seiten=531–554 |Online=[https://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.1177/147470490700500305 sagepub.com] |Format=PDF |KBytes=}}</ref><ref>P. J. Watson, P. W. Andrews: ''Toward a revised evolutionary adaptationist analysis of depression: the social navigation hypothesis.'' In: ''Journal of affective disorders'', Band 72, 2002, S. 1–14.</ref> Der zu beobachtende Anstieg von diagnostizierten Depressionen wurde auch mit neuzeitlichen Lebensbedingungen, speziell gesellschaftlichen Faktoren und Konkurrenz in Verbindung gebracht. Der evolutionäre Vorteil einer depressiven Reaktion könne auch in der Vermeidung von schädlicher Überforderung und Stressbelastung liegen.<ref>D. Bhugra, A. Mastrogianni: ''Globalisation and mental disorders. Overview with relation to depression.'' In: ''British Journal of Psychiatry.'' Band 184, 2004, S. 10–20.</ref><ref>Elisabeth Summer: ''Macht die Gesellschaft depressiv? Alain Ehrenbergs Theorie des „erschöpften Selbst“ im Licht sozialwissenschaftlicher und therapeutischer Befunde.'' Transcript, Bielefeld 2008.</ref><ref name="PMID22244375" />
 
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== Prognose ==
 
=== Depressive Grunderkrankung ===
Depressive Episoden klingen oft im Laufe der Zeit ab, unabhängig davon, ob sie behandelt werden oder nicht.<ref>{{Literatur |Autor=Michael A. Posternak, Ivan Miller |Titel=Untreated short-term course of major depression: a meta-analysis of outcomes from studies using wait-list control groups |Sammelwerk=Journal of Affective Disorders |Band=66 |Nummer=2-3 |Datum=2001-10 |ISSN=0165-0327 |Seiten=139–146 |DOI=10.1016/s0165-0327(00)00304-9}}</ref> Ambulante Patienten auf einer Warteliste zeigen innerhalb weniger Monate eine 10–15%ige Reduktion der Symptome, wobei etwa 20 % nicht mehr die Kriterien für eine depressive Störung erfüllen. Die [[median]]e Dauer einer Episode wurde auf 23 Wochen geschätzt, wobei in den ersten drei Monaten die Erholungsrate am höchsten war.<ref>{{Literatur |Autor=Michael A. Posternak, David A. Solomon, Andrew C. Leon, Timothy I. Mueller, M Tracie Shea |Titel=The Naturalistic Course of Unipolar Major Depression in the Absence of Somatic Therapy |Sammelwerk=The Journal of Nervous and Mental Disease |Band=194 |Nummer=5 |Datum=2006-05 |ISSN=0022-3018 |Seiten=324–329 |DOI=10.1097/01.nmd.0000217820.33841.53}}</ref> Zu einer Chronifizierung der Depression kommt es bei 15 bis 25 % der Patienten.<ref name="DiagnostikStufentherapie" />
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== Gesellschaftliche Dimension ==
 
=== Volkswirtschaftliche Relevanz ===
Im Jahr 2015 sind im Gesundheitswesen 8,7 Milliarden Euro Kosten entstanden (5,8 Milliarden für Frauen und 2,9 Milliarden für Männer).<ref>{{Internetquelle |url=https://www.destatis.de/DE/Themen/Querschnitt/Jahrbuch/jb-gesundheit.pdf?__blob=publicationFile |titel=Statistisches Jahrbuch 2019 |hrsg=Statistisches Bundesamt (Destatis) |seiten=154 |datum=2019-10 |format=PDF |abruf=2020-06-22}}</ref> Schätzungen aus dem Jahr 2008 ergeben Kosten in Deutschland von insgesamt zwischen 15,5 Milliarden Euro und 22,0 Milliarden Euro. Diese Kosten setzen sich aus den direkten Kosten im Gesundheitssystem und den indirekten Kosten wie „Verlust an Produktivitätspotential infolge von [[Morbidität]] und [[Mortalität]]“ zusammen.<ref>Florian Holsboer, Allianz Deutschland (Hrsg.): [https://www.rwi-essen.de/media/content/pages/publikationen/sonstige/Allianz-Report-Depression.pdf rwi-essen.de] (PDF; 884&nbsp;kB) S. 24–29</ref> Im Jahr 2018 waren nur 12,1 % der Betroffenen, die sich in ambulanter Behandlung befanden, krankheitsbedingt arbeitsunfähig. Frauen und Männer sind im Mittel gleichhäufig betroffen. Menschen mit einer depressiven Episode fallen eher langfristig aus (mehr als sieben Kalenderwochen), wodurch die durchschnittliche Falldauer bei 12,9 Tagen pro Fall liegt und somit teilweise die Diagnosen bösartige Neubildungen ([[Krebs (Medizin)|Krebs]]) und [[Herz-Kreislauf-Erkrankung]]en übertrifft.<ref>{{Internetquelle |autor=F. Knieps |url=https://www.bkk-dachverband.de/fileadmin/publikationen/gesundheitsreport_2019/BKK_Gesundheitseport_2019_eBook.pdf |titel=BKK Gesundheitsreport 2019 |hrsg=H. Pfaff (Hrsg.) |seiten=S. 147 |datum=2019-11 |format=PDF |abruf=2020-06-22 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20200610184348/https://www.bkk-dachverband.de/fileadmin/publikationen/gesundheitsreport_2019/BKK_Gesundheitseport_2019_eBook.pdf |archiv-datum=2020-06-10 |offline=ja |archiv-bot=2023-12-10 16:50:34 InternetArchiveBot }}</ref>