(Translated by https://www.hiragana.jp/)
„Erfurter Dom im Luftkrieg“ – Versionsunterschied – Wikipedia

„Erfurter Dom im Luftkrieg“ – Versionsunterschied

[ungesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Markierungen: Manuelle Zurücksetzung Zurückgesetzt
K Revert: nein, siehe vg
Markierung: Zurücksetzung
Zeile 74:
 
== Die Beseitigung der Kriegsschäden ==
„Mit großer Tatkraft“ von Dompropst Johannes Freusberg und „rühriger Besorgtheit“ von Severi-Pfarrer Heinrich Mette (zitiert nach Rudolf Stein) wurde bald nach Kriegsende mit der Beseitigung der Kriegsschäden an Dom und Severikirche begonnen. Die technische, künstlerische und wissenschaftliche Leitung dieser Arbeiten übernahm der namhafte Architekt und Kunsthistoriker [[Rudolf Stein]] (Dr. Georg Rudolf Stein), der aus [[Breslau]] geflüchtet war. Die Bestandsaufnahme von Stein bei seinem Dienstantritt: „Während des Zweiten Weltkrieges erlitt besonders der Dom, aber auch die Severikirche, erheblichen Schaden. Durch Minenwirkung wurden die Dächer des Domes und des [[Kapitelhaus]]es in großem Umfang aufgerissen, die Dachstühle zum Teil aus den Zapfen gehoben, alle Glasfenster zerstört und die Rippen und Maßwerke der meisten Fenster teilweise eingedrückt und zertrümmert. Der Mittel- und der Nordturm erhielten Granatvolltreffer, auch die Kavaten und die Zeile der Wohnhäuser neben den Geraden, einschließlich der [[Severikirche (Erfurt)|Bonifatiuskapelle]], wurden erheblich beschädigt. An der Severikirche wurde die Deckung aller Dächer völlig zerstört. Der große Dachstuhl (des Doms) erhielt einen Granattreffer, der auch das Gewölbe des Nordschiffs durchschlug. Einem zweiten (Treffer) ist der Nordturm mit dem Treppentürmchen in beträchtlichem Umfange zum Opfer gefallen. Auch bei Severi (sind) alle Glasfenster vernichtet und die Maßwerke und Rippen zum Teil schwer beschädigt.“ Diese Feststellungen stammen aus dem Manuskript für ein vorgesehenes Buch von Stein 1951, dem er folgende Widmung voranstellte: DEM HOCHWUERDIGEN HERRN GENERALVIKAR MONSIGNORE DOMPROPST DR. JOSEPH FREUSBERG ZUGEEIGNET, DEM ENTSCHLUSSFREUDIGEN UND KUNSTVERSTAENDIGEN FÖRDERER DER WIEDERHERSTELLUNGSARBEITEN AM DOM BEATE MARIAE VIRGINIS ZU ERFURT IN SCHWERSTER ZEIT SEINER GESCHICHTE. 1945–1951.<ref> Rudolf Stein: ''Dom und Severi zu Erfurt''. Erfurt, 1951</ref>
 
Vorrangig war die Abdichtung der aufgerissenen Dächer, deren Holzkonstruktionen sich auch bereits stark mit Regenwasser vollgesogen hatten. Die Behelfsfenster im Chor waren fast vollständig zerstört, sodass der barocke [[Hochaltar]] (1697) und das [[Fernwerk]] der [[Orgel]] hinter ihm stark der Witterung ausgesetzt waren. Die Dachdeckerarbeiten zogen sich wegen Schwierigkeiten bei der Materialbeschaffung, vor allem des [[Kupferdach|Kupferblechs]] aus [[Mansfeld]] (für beide Kirchen), bis ins Jahr 1948 hin. Während der Instandsetzungsarbeiten im Hohen Chor des Doms wurde dieser durch eine [[Mauer|Trennmauer]] vom Chorhals (dem Chorraum der früheren romanischen Kirche) abgetrennt, in dem nun die Gottesdienste stattfanden. Das Material für die Trennwand gewann man aus den zurückgebauten Luftschutz-Vermauerungen im Dominneren. Die dreizehn überaus wertvollen mittelalterlichen Fenster des Hohen Chores mit fast tausend Tafeln Bleiverglasung waren beim Herausnehmen 1940/41 teilweise beschädigt worden. Die reparierten Scheiben wurden unter großem Aufwand 1947 bis 1949 wieder eingesetzt. Für den Ersatz von durch die Detonationen zerstörten Fensterrippen diente teilweise Sandstein aus alten, „abgetretenen“ Grabdenkmälern im Dom. Auch Material aus dem Sandstein-Sockel des 1947 abgebrochenen Siegesdenkmals 1870/71 im [[Hirschgarten (Erfurt)|Hirschgarten]] wurde verwertet. Die Steinbrüche im [[Seeberge|Großen Seeberg]] bei [[Gotha]], aus denen das Baumaterial für Dom und Severikirche stammte, konnten noch nicht wieder liefern. Der barocke Hochaltar (1697 geweiht) im Chorraum und die Orgel ([[Johannes Klais]] 1906) hatten durch Witterungseinflüsse gelitten und mussten aufwendig überarbeitet werden.
Zeile 93:
 
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Kulturgutschutz an Dom und Severikirche im Luftkrieg und danach&nbsp;– im Rahmen der katastrophalen Umstände&nbsp;– überwiegend gelungen ist. Parallele Rettungsbemühungen gab es auch in vielen anderen kirchlichen Baudenkmalen, so im [[Magdeburger Dom]].
 
== Kriegsvölkerrechtliche Bewertung der Angriffe ==
Die juristische Frage, ob es sich bei der [[Westalliierte|alliierten]] (primär [[britisch]]en) Bombardierung der Sakralbauten Erfurts ([[Augustinerkloster (Erfurt)|Augustinerkloster]], [[Barfüßerkirche (Erfurt)|Barfüßerkirche]]) um [[Kriegsverbrechen|schwere Kriegsverbrechen]] gehandelt hat, entzündet sich hierbei insbesondere an der unterschiedlichen Interpretation des damals maßgeblichen Artikels 25 der [[Haager Landkriegsordnung]]:
 
„Es ist untersagt, unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude, mit welchen Mitteln es auch sei, anzugreifen oder zu beschießen.“<ref>[http://www.admin.ch/ch/d/sr/0_515_112/a25.html admin.ch]</ref>
 
Außerdem steht ein solcher Angriff im Widerspruch zu Artikel 27 der Haager Landkriegsordnung, der eine Schonung von entsprechend gekennzeichneten und nicht militärisch verteidigten Kulturgütern verlangt, „um die dem Gottesdienste, der Kunst, der Wissenschaft und der Wohltätigkeit gewidmeten Gebäude, die geschichtlichen Denkmäler, die Hospitäler und Sammelplätze für Kranke und Verwundete soviel wie möglich zu schonen“.
 
Mit der Neuregelung im [[Genfer Abkommen von 1949]] und speziell durch Artikel 51 des Zusatzprotokolls I von 1977 gelten derartige Angriffe auf zivile Ziele allgemein als Kriegsverbrechen.
 
== Literatur ==
Zeile 121 ⟶ 112:
* Klaus Mertens (Fotos von Klaus G. Beyer): ''Der Dom zu Erfurt''. Reihe das Christliche Denkmal, Sonderheft 4. Union Verlag, Berlin 1975
* [[Walter Passarge]]: ''Der Dom und die Severikirche zu Erfurt''. Verlag August Hopfer, Burg bei Magdeburg. 2. Auflage 1935. Reihe: Deutsche Bauten, Band 8, Hrsg. Hermann Giesau
* [[Rudolf Stein]] (Dr. Georg Rudolf Stein): ''Dom und Severi zu Erfurt. Geschichte, Beschreibung und Führer''. 1951. Unveröffentlichtes Manuskript im Bistumsarchiv Erfurt
* Helmut Wolf: ''Erfurt im Luftkrieg 1939–1945''. Schriften des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt e.V., Band 4. Glaux-Verlag, Jena 2005. ISBN 3-931743-89-6