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Gränichen – Wikipedia

Gränichen

Gemeinde in der Schweiz
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Gränichen (schweizerdeutsch: älter ˈɡrɛːniχかいə, jünger ˈɡræːnəχかいə)[5] ist eine Einwohnergemeinde im Schweizer Kanton Aargau. Sie gehört zum Bezirk Aarau und liegt im Wynental. Mit über 17 Quadratkilometern ist sie die flächenmässig sechstgrösste Gemeinde des Kantons.

Gränichen
Wappen von Gränichen
Staat: Schweiz Schweiz
Kanton: Kanton Aargau Aargau (AG)
Bezirk: Aarauw
BFS-Nr.: 4006i1f3f4
Postleitzahl: 5722
UN/LOCODE: CH GNI
Koordinaten: 649876 / 245641Koordinaten: 47° 21′ 35″ N, 8° 5′ 56″ O; CH1903: 649876 / 245641
Höhe: 410 m ü. M.
Höhenbereich: 399–630 m ü. M.[1]
Fläche: 17,23 km²[2]
Einwohner: 8625 (31. Dezember 2023)[3]
Einwohnerdichte: 501 Einw. pro km²
Ausländeranteil:
(Einwohner ohne
Schweizer Bürgerrecht)
24,6 %
(31. Dezember 2023)[4]
Website: www.graenichen.ch
Blick übers Dorf
Blick übers Dorf
Lage der Gemeinde
Karte von GränichenHallwilerseeKanton Basel-LandschaftKanton SolothurnBezirk BremgartenBezirk BruggBezirk KulmBezirk LaufenburgBezirk LenzburgBezirk RheinfeldenBezirk ZofingenAarauBibersteinBuchs AGDensbürenErlinsbach AGGränichenHirschthal AGKüttigenMuhenOberentfeldenSuhrUnterentfelden
Karte von Gränichen
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Geographie

Die Wyna fliesst zunächst in nördlicher, danach in nordwestlicher Richtung, wobei der Talboden im Durchschnitt fünfhundert Meter breit ist. Auf beiden Seiten erheben sich stark gegliederte Hügelzüge mit steilen Hängen und kleinen Hochplateaus, die vorspringenden Hügel sind durch kurze Seitentäler voneinander getrennt. Die Landschaftsform erinnert stark an den Tafeljura, auch wenn das Gebiet geographisch und geologisch zum Mittelland gehört.[6]

Die Hügel auf der linken Talseite sind (von Norden nach Süden) der Manzenberg (524 m ü. M.), der Wällenen (559 m), der Moosberg (550 m), der Heidberg (566 m ü. M.) und der Pfendel (615 m ü. M.). Diese fünf Hügel sind Ausläufer des Schornig (596 m ü. M.), der den Übergang zum Suhrental bildet. Die Hügel auf der rechten Talseite heissen Fuden (570 m ü. M.), Räckholderen (566 m ü. M.), Breitenberg (551 m ü. M.) und Surberg (607 m ü. M.). Dem Breitenberg vorgelagert ist der beinahe ellipsenförmige Schulthess (513 m ü. M.). Dem Surberg vorgelagert sind der Dossen (532 m ü. M.) und das Hochplateau der Liebegg. Nahe der südlichen Gemeindegrenze befinden sich drei kleine Weiler: Rütihof (585 m ü. M.) auf der Hochfläche am westlichen Ende des Moorbergs, Bleien (430 m ü. M.) im Talgrund und Refental (490 m) in einem Seitental zwischen Breitenberg, Dossen und Surberg.[6]

Die Fläche des Gemeindegebiets beträgt 1723 Hektaren, davon sind 992 Hektaren bewaldet und 260 Hektaren überbaut.[7] Der höchste Punkt befindet sich auf 615 Metern auf dem Pfendel, der tiefste auf 402 Metern an der Wyna. Nachbargemeinden sind Suhr im Nordwesten, Hunzenschwil im Norden, Schafisheim im Nordosten, Seon im Osten, Teufenthal im Südosten, Unterkulm im Süden, Muhen im Südwesten und Oberentfelden im Westen. Den südöstlichsten Grenzpunkt bildet der Siebenzwingstein.

Geschichte

Die Gegend um das heutige Dorf war bereits während der Jungsteinzeit besiedelt. Strukturen eines bronzezeitlichen Dorfes sind 2017 freigelegt worden.[8] Auf der Burghalde, einem kleinen vorspringenden Hügel unmittelbar beim Dorfzentrum, befand sich eine Fluchtburg der Helvetier. An verschiedenen Stellen finden sich Siedlungsreste der Römer. Es bestand ein Gutshof im Gebiet Muracher/Kirchenfeld, der 1854 ausgegraben wurde (eine der frühesten von der Kantonsregierung angeordneten archäologischen Untersuchungen). Die Anlage, die über ein Hypokaustum verfügte, war vom frühen 1. bis zum späten 3. Jahrhundert bewohnt.[9]

Die erste urkundliche Erwähnung von Cranechon erfolgte im Jahr 1184. Der Ortsname stammt vom lateinischen granica und bedeutet «Kornspeicher». Daraus entwickelte sich das althochdeutsche grenichon.[5] Im Mittelalter gehörte das Dorf dem Kloster Engelberg, als Lehen der Grafen von Lenzburg, später der Grafen von Kyburg. Die Grafen von Habsburg-Laufenburg (eine Seitenlinie der Habsburger) überliessen 1270 das Lehen den Herren von Liebegg, nach denen das Schloss Liebegg benannt ist. Ab 1306 besass die Hauptlinie der Habsburger die niedere Gerichtsbarkeit und die Blutgerichtsbarkeit.

 
Luftansicht (1967)

1415 eroberten die Eidgenossen den Aargau und Gränichen gehörte fortan zum Untertanengebiet der Stadt Bern, dem so genannten Berner Aargau. Das Dorf war Teil des Amts Lenzburg und war Sitz eines Untervogts sowie eines eigenen Gerichts. Die Berner führten 1528 die Reformation ein. Seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gab es eine Schule. 1596 erwarb die Ortsbürgergemeinde von den Liebegger Schlossherren den grössten Teil des Waldes, heute ist sie die drittgrösste Waldbesitzerin des Kantons. Im März 1798 nahmen die Franzosen die Schweiz ein, entmachteten die «Gnädigen Herren» von Bern und riefen die Helvetische Republik aus. Gränichen gehört seither zum Kanton Aargau.

Die Gränicher Bauernhöfe waren unterdurchschnittlich klein und das Dorf war eine typische Taunersiedlung. Aus diesem Grund hielt das vorindustrielle Gewerbe schon früh Einzug. Es bestanden unter anderem Mühlen, Schmiedewerkstätten, eine Reibe, Öltrotten und Tabakstampfen. Mitte des 19. Jahrhunderts war Gränichen nach Aarau und Zofingen die bevölkerungsreichste Gemeinde des Kantons Aargau. Das starke Bevölkerungswachstum hatte jedoch weit verbreitete Armut zur Folge, sodass viele Einwohner zur Auswanderung nach Übersee gezwungen aren. Die Wynentalbahn nahm am 5. März 1904 ihren Betrieb auf, was die verstärkte Ansiedlung von Industriebetrieben ermöglichte. Gränichen wandelte sich mit der Zeit zu einer Agglomerationsgemeinde von Aarau, seit 1900 ist die Einwohnerzahl um mehr als das Zweieinhalbfache angestiegen.

Sehenswürdigkeiten

 
Schloss Liebegg

Auf einem Hügelvorsprung drei Kilometer südsüdöstlich des Dorfzentrums, nur knapp zweihundert Meter vom Dorfrand von Teufenthal entfernt, steht das Schloss Liebegg. Das aus dem 11. Jahrhundert stammende und 1241 erstmals erwähnte Schloss ist im Besitz des Kantons und dient heute als Tagungs- und Kulturzentrum.[10] Seit 2018 ist es der Standort des Hexenmuseums Schweiz.

Im Dorfzentrum steht das 1695 erbaute Chornhaus, das mit dem angebauten Türmchen wie ein kleines Schloss aussieht. Es diente bis 1798 als Getreidespeicher und stand dann ein halbes Jahrhunderts lang leer. Später diente es als Schulgebäude und mehr als hundert Jahre lang als Sitz der Gemeindeverwaltung. Seit 1995 ist es der Standort des Dorfmuseums.

Die reformierte Kirche, die von 1661 bis 1663 anstelle des eingestürzten Vorgängerbaus entstand, ersetzte einen baufälligen Vorgängerbau an anderer Stelle aus dem Jahr 1473; die Bauleitung hatte Werkmeister Abraham Dünz inne. Das rechteckige, im spätgotischen Stil errichtete Gebäude gilt als Hauptwerk des protestantischen Kirchenbaus im Aargau. Das ehemalige Beinhaus, ein zweigeschossiger Mauerbau, wurde um 1470 errichtet.[11] Ebenfalls sehenswert ist das denkmalgeschützte Untervogthaus.

Wappen

Die Blasonierung des Gemeindewappens lautet: «Dreimal schräglinks geteilt von Gelb und Blau.» Das erstmals 1811 auf dem Gemeindesiegel abgebildete Wappen ist demjenigen der Freiherren von Grenchen nachempfunden, obwohl historisch gesehen keinerlei Zusammenhang besteht.[12]

Bevölkerung

 
Reformierte Kirche

Die Einwohnerzahlen entwickelten sich wie folgt:[13]

Jahr 1560 1764 1803 1850 1900 1930 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010
Einwohner ca. 250 1'226 1'897 3'038 2'771 3'459 3'727 4'411 5'298 5'246 5'772 6'115 6'711

Am 31. Dezember 2023 lebten 8625 Menschen in Gränichen, der Ausländeranteil betrug 24,6 %. Bei der Volkszählung 2015 bezeichneten sich 40,9 % als reformiert und 20,4 % als römisch-katholisch; 38,7 % waren konfessionslos oder gehörten anderen Glaubensrichtungen an.[14] 90,2 % gaben bei der Volkszählung 2000 Deutsch als ihre Hauptsprache an, 4,1 % Italienisch, 1,5 % Albanisch, 1,1 % Serbokroatisch und 0,7 % Türkisch.[15]

Politik und Recht

Die Versammlung der Stimmberechtigten, die Gemeindeversammlung, übt die Legislativgewalt aus. Ausführende Behörde ist der fünfköpfige Gemeinderat. Er wird im Majorzverfahren vom Volk gewählt, seine Amtsdauer beträgt vier Jahre. Der Gemeinderat führt und repräsentiert die Gemeinde. Dazu vollzieht er die Beschlüsse der Gemeindeversammlung und die Aufgaben, die ihm vom Kanton zugeteilt wurden. Für Rechtsstreitigkeiten ist in erster Instanz das Bezirksgericht Aarau zuständig. Gränichen gehört zum Friedensrichterkreis II (Oberentfelden).[16]

Wirtschaft

In Gränichen gibt es gemäss der im Jahr 2015 erhobenen Statistik der Unternehmensstruktur (STATENT) rund 2500 Arbeitsplätze, davon 3 % in der Landwirtschaft, 47 % in der Industrie und 50 % im Dienstleistungssektor.[17] Hier befindet sich mit der Jowa, einem Betrieb der Migros, eine der bedeutendsten Grossbäckereien der Schweiz. Daneben gibt es einen führenden Heizkörperhersteller (Zehnder), eine Transportfirma (Dreier), ein Kieswerk und mehrere mittlere und kleine Unternehmen. Die meisten Erwerbstätigen sind Wegpendler und arbeiten in Aarau und Umgebung.

Verkehr

Gränichen liegt an der Hauptstrasse 23, die von Aarau über Beromünster nach Sursee verläuft. Eine Nebenstrasse führt nach Seon im Seetal, eine weitere über den Rütihof nach Muhen im Suhrental. Die Anbindung an das Netz des öffentlichen Verkehrs erfolgt durch die Wynentalbahn zwischen dem Aarau und Menziken. Ausser dem Bahnhof Gränichen gibt es die drei Haltestellen Töndler, Oberdorf und Bleien. Bis 1985 verlief das Bahntrassee unmittelbar neben der Hauptstrasse, wurde dann aber um etwa hundert Meter verlegt und führt heute am Ufer der Wyna entlang. An Wochenenden verkehrt ein Nachtbus von Aarau durch das Wynental nach Menziken.

Bildung und Forschung

Die Gemeinde verfügt über vier Kindergärten sowie vier Schulhäuser, in denen die Primarschule, die Realschule und die Sekundarschule unterrichtet werden. Die Bezirksschule kann in Suhr besucht werden. Neben dem Schloss Liebegg befindet sich die im Jahr 1958 eröffnete kantonale landwirtschaftliche Berufsschule.[18] Die nächstgelegenen Gymnasien sind die Alte Kantonsschule und die Neue Kantonsschule, beide in Aarau.

Im Ortsteil Bleien steht das Bleien-Observatorium der ETH Zürich. Es wurde 1979 in Betrieb genommen und dient zum Empfang kosmischer Radiowellen.

Open Air Gränichen

 
Open Air Gränichen

Das Open Air Gränichen ist ein zweitägiges Openair-Festival, das jährlich seit 1995 jeweils im August stattfindet. Es konnte sich einen festen Platz in der Hardcore-, Punk- und Metalcore-Szene sichern. Jedes Jahr werden rund 4'000 Besucher gezählt. Das Open Air Gränichen ist eine Non-Profit-Organisation, d. h. sämtliche 450 Mitarbeiter sowie das gesamte Organisationsteam arbeiten ehrenamtlich.[19]

Persönlichkeiten

Literatur

  • Franz Kretz: Gränichen. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  • Michael Stettler: Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau. Hrsg.: Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte. Band I: Die Bezirke Aarau, Kulm, Zofingen. Wiese Verlag, Basel 1948, DNB 366495623.
  • Markus Widmer-Dean: Gränicher Dorfgeschichte. 2003.
  • Franz Kretz: Gib uns auch morgen unser tägliches Brot – Die wechselvolle Lebensgeschichte des Gränicher Kornhauses. 1995.
  • Max Byland: Alt-Gränichen. Bilder aus der Dorfgeschichte. Mit einem Beitrag von Eugen Widmer. Zeichnungen von Arthur und Hans Byland. Selbst-Verlag, Buchs, 1942; 2. erweiterte Auflage, Heimatvereinigung Gränichen, 1965.
Commons: Gränichen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Generalisierte Grenzen 2024. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024.
  2. Generalisierte Grenzen 2024. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024.
  3. Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024
  4. Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024
  5. a b Beat Zehnder: Die Gemeindenamen des Kantons Aargau. In: Historische Gesellschaft des Kantons Aargau (Hrsg.): Argovia. Band 100. Verlag Sauerländer, Aarau 1991, ISBN 3-7941-3122-3, S. 180–181.
  6. a b Landeskarte der Schweiz, Blatt 1089, Swisstopo.
  7. Arealstatistik Standard – Gemeinden nach 4 Hauptbereichen. Bundesamt für Statistik, 26. November 2018, abgerufen am 18. Mai 2019.
  8. Spektakulärer Fund: Dorf aus der Bronzezeit im Aargau entdeckt. Neue Zürcher Zeitung, 15. November 2017, abgerufen am 16. November 2017.
  9. Martin Hartmann, Hans Weber: Die Römer im Aargau. Verlag Sauerländer, Aarau 1985, ISBN 3-7941-2539-8, S. 171.
  10. Schloss Liebegg
  11. Stettler: Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Band I: Die Bezirke Aarau, Kulm, Zofingen. S. 146–153.
  12. Joseph Galliker, Marcel Giger: Gemeindewappen des Kantons Aargau. Lehrmittelverlag des Kantons Aargau, Buchs 2004, ISBN 3-906738-07-8, S. 167.
  13. Bevölkerungsentwicklung in den Gemeinden des Kantons Aargau seit 1850. (Excel) In: Eidg. Volkszählung 2000. Statistik Aargau, 2001, archiviert vom Original am 8. Oktober 2018; abgerufen am 18. Mai 2019.
  14. Wohnbevölkerung nach Religionszugehörigkeit, 2015. (Excel) In: Bevölkerung und Haushalte, Gemeindetabellen 2015. Statistik Aargau, abgerufen am 18. Mai 2019.
  15. Eidg. Volkszählung 2000: Wirtschaftliche Wohnbevölkerung nach Hauptsprache sowie nach Bezirken und Gemeinden. (Excel) Statistik Aargau, archiviert vom Original am 10. August 2018; abgerufen am 18. Mai 2019.
  16. Friedensrichterkreise. Kanton Aargau, abgerufen am 21. Juni 2019.
  17. Statistik der Unternehmensstruktur (STATENT). (Excel, 157 kB) Statistik Aargau, 2016, abgerufen am 18. Mai 2019.
  18. Landwirtschaftliche Berufsschule
  19. Website des Open Air Gränichen