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Borelsche σ-Algebra – Wikipedia

Borelsche σしぐま-Algebra

System messbarer Mengen

Die borelsche σしぐま-Algebra ist ein Mengensystem in der Maßtheorie und essentiell für den axiomatischen Aufbau der modernen Stochastik und Integrationstheorie. Die borelsche σしぐま-Algebra ist eine σしぐま-Algebra, die alle Mengen enthält, denen man naiverweise ein Volumen oder eine Wahrscheinlichkeit zuordnen will, schließt aber Negativresultate wie den Satz von Vitali aus.

Ihre besondere Bedeutung erhält die borelsche σしぐま-Algebra dadurch, dass sie auf natürliche Weise an die Struktur von topologischen Räumen und damit sowohl an metrische als auch an normierte Räume angepasst ist. Dies zeigt sich unter anderem darin, dass bezüglich der borelschen σしぐま-Algebra alle stetigen Funktionen immer messbar sind.

Die in der borelschen σしぐま-Algebra enthaltenen Mengen lassen sich nur in sehr seltenen Fällen vollständig beschreiben. Es ist jedoch umgekehrt schwer, eine Menge zu konstruieren, die nicht in der borelschen σしぐま-Algebra liegt. Als grobe Faustregel gilt, dass sie „fast alle vorkommenden“[1] Mengen beziehungsweise „jede Menge, die man sich konstruktiv herstellen kann“[2] enthält.

Die in der borelschen σしぐま-Algebra enthaltenen Mengen werden Borel-Mengen, borelsche Mengen oder auch Borel-messbare Mengen genannt. Die Namensgebung der σしぐま-Algebra und der Mengen folgt zu Ehren von Émile Borel, der sie im Jahre 1898 erstmals implizit verwendete.[3]

Definition

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Gegeben sei ein topologischer Raum  , wobei   das Mengensystem der offenen Mengen ist.

Dann heißt die von   erzeugte σしぐま-Algebra die borelsche σしぐま-Algebra. Sie wird mit   bezeichnet oder, wenn die Menge   aus dem Kontext ersichtlich ist, auch als  .

Es ist also

 ,

wobei hier   den σしぐま-Operator bezeichnet. Die borelsche σしぐま-Algebra ist also definiert als die (bezüglich Mengeninklusion) kleinste σしぐま-Algebra, die alle offenen Mengen enthält.

Bemerkungen

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  • Die borelsche σしぐま-Algebra ist stets eindeutig bestimmt.
  • Eine borelsche σしぐま-Algebra ermöglicht es somit, einen topologischen Raum in kanonischer Weise mit der zusätzlichen Struktur eines Messraums auszustatten. Im Hinblick auf diese Struktur wird der Raum dann auch Borel-Raum genannt. Es werden jedoch auch andere Messräume als Borel-Räume bezeichnet.
  • Für metrische Räume und normierte Räume wird als Topologie die von der Metrik bzw. Norm erzeugte Topologie gewählt.
  • Die in der borelschen σしぐま-Algebra enthaltenen Mengen werden Borel-Mengen genannt. Die Klasse der Borel-Mengen ist eine Unterklasse der Klasse der suslinschen oder auch analytischen Mengen.[4]

Die borelsche σしぐま-Algebra auf den reellen Zahlen

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Die Menge   der reellen Zahlen wird üblicherweise mit der Topologie ausgestattet, die durch die offenen Intervalle   mit rationalen Endpunkten aufgespannt wird. Damit ist die borelsche σしぐま-Algebra eine separable σしぐま-Algebra. Obwohl man in Einzelfällen auch andere Topologien auf   betrachtet, gilt diese als die kanonische Topologie auf  , und die aus ihr abgeleitete borelsche σしぐま-Algebra wird schlicht als die borelsche σしぐま-Algebra auf   bezeichnet.

Die borelsche σしぐま-Algebra von   enthält nicht alle Teilmengen von  . Es lässt sich sogar zeigen, dass die borelsche σしぐま-Algebra von   gleichmächtig zu   ist, während die Menge aller Teilmengen von   eine echt größere Mächtigkeit als   besitzt.

Erzeuger

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Die borelsche σしぐま-Algebra wird nicht direkt definiert, sondern implizit über einen Erzeuger. Dies ist ein vorgegebenes Mengensystem  , das die borelsche σしぐま-Algebra in dem Sinne erzeugt, dass sie die kleinste σしぐま-Algebra ist, die alle Mengen des Erzeugers erhält. Für Details siehe Erzeuger einer σしぐま-Algebra. Einige der möglichen Erzeuger sind die folgenden:

  •   per Definition
  •   oder  
  •   oder  
  •   oder  
  •   oder  
  •   oder  

Insbesondere existieren offensichtlich mehrere Erzeuger für die borelsche σしぐま-Algebra. Die borelsche σしぐま-Algebra ist aber durch die Angabe eines Erzeugers eindeutig bestimmt. Dabei ist die Wahl des konkreten Erzeugers oft situationsabhängig. Häufig wählt man durchschnittsstabile Mengensysteme als Erzeuger, da bei ihnen nach dem Maßeindeutigkeitssatz ein Maß schon durch die Angabe der Werte auf dem Erzeuger eindeutig bestimmt ist. Bei Verwendung von Verteilungsfunktionen bieten sich die Erzeuger   bis   an. Für Approximationsargumente werden oft die Intervalle mit rationalen Grenzen verwendet. Insbesondere sind die hier aufgeführten Erzeuger   und   Halbringe (wenn man jeweils   definiert, so dass die Erzeuger die leere Menge enthalten).

Enthaltene Mengen

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Die in der borelschen σしぐま-Algebra enthaltenen Mengen sind reichhaltig. Sie enthält

  • alle offenen Mengen, alle abgeschlossenen Mengen und alle kompakten Mengen
  • alle Intervalle der Form   für   sowie   und  
  • alle Punktmengen, also Mengen der Form   für   und alle endlichen Teilmengen von   und alle abzählbar unendlichen Teilmengen von  
  • Aus den definierenden Eigenschaften von σしぐま-Algebren folgt direkt, dass endliche und abzählbar unendliche Vereinigungen und Schnitte von Borelmengen wieder Borelmengen sind, ebenso die Differenz und das Komplement.
  • Ist   stetig, so sind auch Urbilder von Borelmengen wieder Borelmengen, insbesondere also auch Niveaumengen, Subniveaumengen und Superniveaumengen.

Die borelsche σしぐま-Algebra auf den erweiterten reellen Zahlen

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Teils werden die reellen Zahlen um die Werte   erweitert, man nennt dann entsprechend

 

die erweiterten reellen Zahlen. Sie treten zum Beispiel bei der Untersuchung von numerischen Funktionen auf. Die borelsche σしぐま-Algebra auf den erweiterten reellen Zahlen wird dann erklärt durch

 .

Sie besteht demnach aus allen Borel-Mengen auf den reellen Zahlen sowie aus diesen Borel-Mengen vereinigt mit  ,   oder  .

Weitere borelsche σしぐま-Algebren

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Die borelsche σしぐま-Algebra auf separablen metrischen Räumen

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Gegeben sei ein separabler metrischer Raum  . Die offenen Kugeln erzeugen als Basis eine Topologie, diese wird von der Metrik erzeugte Topologie genannt. Jede offene Menge ist aufgrund der Separabilität (welche im metrischen Fall zum zweiten Abzählbarkeitsaxiom äquivalent ist) als abzählbare Vereinigung von offenen Kugeln zu schreiben. Die kleinste  -Algebra, die die offenen Kugeln enthält, enthält daher alle offenen Mengen und ist somit gleich der borelschen  -Algebra.

Auf den Spezialfall   und   die euklidische Metrik wird in den folgenden Abschnitten näher eingegangen.

Die borelsche σしぐま-Algebra auf endlichdimensionalen reellen Vektorräumen

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Auf den endlichdimensionalen Vektorräumen   wird die kanonische Topologie von den  -dimensionalen Quadern   mit rationalen Koordinaten   und   aufgespannt. Sie ist gleichzeitig die  -fache Produkttopologie der kanonischen Topologie auf  . Die von ihr erzeugte borelsche σしぐま-Algebra heißt analog zum eindimensionalen Fall die borelsche σしぐま-Algebra auf  .

Auf diese Art ist auch elegant die borelsche σしぐま-Algebra der komplexen Zahlen erklärt: Man nutzt einfach die Vektorraumisomorphie zwischen   und  .

Teilmengen, die nicht zur borelschen σしぐま-Algebra gehören, weisen in der Regel einen intuitiv exotischen Charakter auf. Im dreidimensionalen reellen Raum bilden die Mengen, die beim Banach-Tarski-Paradoxon Verwendung finden, ein Beispiel für solche, nicht zur borelschen σしぐま-Algebra gehörende Teilmengen.

Die borelsche σしぐま-Algebra auf allgemeinen topologischen Räumen

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Die Eigenschaften der borelschen σしぐま-Algebra in beliebigen topologischen Räumen hängen wesentlich von der Struktur des topologischen Raumes ab. Allgemein lässt sich nur sagen, dass die borelsche σしぐま-Algebra immer alle offenen (per Definition) und alle abgeschlossenen Mengen (aufgrund der Komplementstabilität) enthält.

Je mehr Struktur der topologische Raum besitzt, umso mehr Mengen enthält dann auch die borelsche σしぐま-Algebra. Es gilt:

  • Ist der topologische Raum ein T1-Raum, so sind alle einelementigen Mengen in der borelschen σしぐま-Algebra enthalten. Damit sind auch alle endlichen Mengen, alle abzählbar unendlichen Mengen und alle Mengen mit endlichem oder abzählbar unendlichem Komplement in der borelschen σしぐま-Algebra enthalten.
  • Ist der topologische Raum ein Hausdorff-Raum (wie zum Beispiel ein metrischer Raum), so sind alle kompakten Mengen abgeschlossen und damit in der borelschen σしぐま-Algebra enthalten.

Produkträume und die borelsche σしぐま-Algebra

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Sind zwei topologische Räume   und   gegeben, so lässt sich die borelsche σしぐま-Algebra auf zweierlei Arten definieren:

  • Entweder man bildet den (topologischen) Produktraum  , versehen mit der Produkttopologie, hier mit   bezeichnet. Die borelsche σしぐま-Algebra auf   kann dann als die borelsche σしぐま-Algebra der Produkttopologie definiert werden, also als
 
  • oder man bildet zuerst die borelschen σしぐま-Algebren der einzelnen topologischen Räume und dann deren Produkt-σしぐま-Algebra, hier mit   bezeichnet:
 

Tatsächlich stimmen beide Konstruktionen in vielen Fällen überein, auch wenn die Fragestellung auf Familien von topologischen Räumen   ausgeweitet wird. Es gilt:[5]

Ist   eine abzählbare Familie von topologischen Räumen, von denen jeder eine abzählbare Basis besitzt (also das zweite Abzählbarkeitsaxiom erfüllt), und sei   das topologische Produkt all dieser Räume, so ist
 .

Die borelsche σしぐま-Algebra des Produktes ist also die Produkt-σしぐま-Algebra der borelschen σしぐま-Algebren. Die Aussage gilt also insbesondere für alle separablen metrischen Räume und damit auch für  . Somit ist

 .

Nomenklatur für bestimmte Borel-Mengen

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  • In der Literatur hat sich folgende von Felix Hausdorff eingeführte Bezeichnung für manche einfache Klassen von Borelmengen durchgesetzt:[6][4][7]
- mit   werden alle Vereinigungen von abzählbar vielen abgeschlossenen Mengen bezeichnet,
- mit   alle Durchschnitte von abzählbar vielen offenen Mengen,
- mit   alle Durchschnitte von abzählbar vielen  -Mengen,
- mit   alle Vereinigungen von abzählbar vielen  -Mengen,
- mit   alle Vereinigungen von abzählbar vielen  -Mengen,
- mit   alle Durchschnitte von abzählbar vielen  -Mengen
usw.
Alle  ,  ,  ,  ,  ,  ,...-Mengen sind Borelmengen. Dieses Schema ermöglicht aber nicht, alle Borelmengen zu beschreiben, weil die Vereinigung von allen diesen Klassen im Allgemeinen bezüglich der Axiome einer  -Algebra noch nicht abgeschlossen ist.[8]
  • In der deskriptiven Mengenlehre bezeichnet man die offenen Mengen auch als  -Mengen, die  -Mengen als  -Mengen, die  -Mengen als  -Mengen etc. Komplemente von  -Mengen heißen  -Mengen; so sind etwa die  -Mengen genau die  -Mengen.

Anwendung

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Die Menge   zusammen mit der borelschen σしぐま-Algebra ist ein Messraum und liegt den Borelmaßen als solcher zugrunde. Alle Elemente der borelschen σしぐま-Algebra (die selbst Mengen sind) werden Borel-messbar genannt; nur diesen werden durch ein Borel-Maß Werte zugeordnet.

Siehe auch

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Einzelnachweise

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  1. Georgii: Stochastik. 2009, S. 12.
  2. Klenke: Wahrscheinlichkeitstheorie. 2013, S. 8.
  3. Elstrodt: Maß- und Integrationstheorie. 2009, S. 17.
  4. a b Pavel S. Alexandroff: Lehrbuch der Mengenlehre. 6., überarbeitete Auflage. Harri Deutsch, Thun u. a. 1994, ISBN 3-8171-1365-X.
  5. Elstrodt: Maß- und Integrationstheorie. 2009, S. 115.
  6. Vladimir Kanovei, Peter Koepke: Deskriptive Mengenlehre in Hausdorffs Grundzügen der Mengenlehre. 2001, uni-bonn.de (pdf; 267 kB).
  7. Isidor P. Natanson: Theorie der Funktionen einer reellen Veränderlichen. Unveränderter Nachdruck der 4. Auflage. Harri Deutsch, Thun u. a. 1977, ISBN 3-87144-217-8 (auch in digitaler Form auf Russisch bei INSTITUTE OF COMPUTATIONAL MODELLING SB RAS, Krasnojarsk).
  8. Bei   z. B. ist es erst unter Zuhilfenahme von transfiniten Ordinalzahlen möglich, dieses System auf solche Weise fortzusetzen, dass alle Borelmengen von ihm erfasst werden (s. bairesche Klassen: Verbindung zu den borelschen Mengen). Es gibt aber auch topologische Räume, in denen bereits allein die  - und  -Mengen die ganze Klasse der Borelmengen ausschöpfen, wie z. B. in einem T1-Raum mit abzählbar vielen Punkten. Mehr zu diesem Thema kann in Felix Hausdorff: Mengenlehre. 2., neubearbeitete Auflage. de Gruyter, Berlin u. a. 1927, nachgelesen werden.

Literatur

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