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Chaim Cohn – Wikipedia

Chaim Cohn

israelischer Politiker

Chaim Herman Cohn (חיים הרמן כהן) (* 11. März 1911 in Lübeck; † 10. April 2002 in Jerusalem[1]) war ein aus Deutschland stammender israelischer Jurist, Historiker, Politiker und für kurze Zeit amtierender israelischer Justizminister.

Chaim Cohn (1952)

Herkunft und Rechts-Studium

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Cohn stammte aus einer religiösen jüdischen Lübecker Familie und war der Sohn des Bankiers Zeev Wilhelm Cohn (1883–1980) und seiner Frau Mirjam (1886–1962), geb. Carlebach, einer Tochter von Salomon und Esther Carlebach. Er selbst war einige Zeit Vorsitzender der Agudat Jisra’el in Hamburg. 1930 immigrierte er nach Palästina und studierte kurze Zeit an der von Abraham Isaak Kook gegründeten Jeschiwa Merkas HaRaw Kook. Im Anschluss war er Chasan (Kantor) in Me'a Sche'arim, einem Stadtviertel von Jerusalem. Er kehrte jedoch nach Deutschland zurück und absolvierte ein Studium der Rechtswissenschaften an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main und erwarb dort einen Doktortitel.

Anwalt in Israel

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Nach seiner Rückkehr nach Palästina erhielt er 1936 zunächst die Zulassung als Rechtsanwalt und eröffnete im folgenden Jahr eine eigene Kanzlei in Jerusalem.

Nach der Gründung des Staates Israel 1948 wurde er zum Leiter der Abteilung für Gesetzgebung im Justizministerium ernannt und bald darauf zum Staatsanwalt. 1949 wurde er zum Generaldirektor des Justizministeriums und schon ein Jahr darauf zum Generalstaatsanwalt ernannt und übte dieses Amt bis 1960 aus. In dieser Position traf er wichtige Entscheidungen: Er erhob Anklage gegen Malchiel Grünwald, dessen Aussagen zum Beginn des Prozesses gegen Rudolf Kasztner geführt haben, und er gab Anweisung, homosexuellen Geschlechtsverkehr nicht zu bestrafen,[2] obwohl die aus der britischen Mandatszeit stammenden Gesetze dies (bis 1988) vorsahen.

Am 25. Juni 1952 wurde er als Nachfolger von Dov Yosef von Ministerpräsident David Ben Gurion neben seinem Amt als Generalstaatsanwalt auch zum Justizminister ernannt, obwohl er parteilos und nicht Mitglied der Knesset war. Er übte dieses Amt bis zum 24. Dezember 1952 aus und wurde durch Pinchas Rosen abgelöst. Von 1954 bis 1976 war er Gastprofessor an der Hebräischen Universität Jerusalem, zudem von 1956 bis 1969 Gastprofessor an der Universität Tel Aviv.

Richter am Obersten Gericht

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1960 wurde er Richter am Obersten Gerichtshof (Beit haMishpat ha'Elyon), dem er bis zu seiner Verabschiedung in den Ruhestand 1981 angehörte. Zeitweise war er Vizepräsident des Obersten Gerichtshofs. Viele seiner bemerkenswertesten Entscheidungen als Richter waren Minderheitsmeinung in Menschenrechtsfragen. In einem Fall stimmte er der Mehrheitsmeinung des Obersten Gerichtshofes nicht zu, die einer extremistischen arabischen Partei das Recht zur Kandidatur für die Knesset absprach. Später wurde sein Standpunkt im umgekehrten Kontext verwendet, als dem jüdischen Extremisten und Rabbiner Meir Kahane die Kandidatur für die Knesset verboten wurde. In einer seiner letzten Minderheitsmeinungen argumentierte Cohn 1980 gegen das Recht der Regierung, palästinensische Aktivisten aus Gaza und dem Westjordanland auszuweisen.[3]

Nach seiner Berentung war er weiterhin zu Belangen in Menschenrechtsfragen aktiv, so war unter anderem von 1982 bis 1988 Präsident der Vereinigung für Bürgerrechte in Israel.

 
Chaim Cohn und die Dichterin und Verlegerin Adina Mor-Haim anlässlich einer Neuerscheinung (1991)

Cohn war Repräsentant Israels im UN-Menschenrechtsrat sowie Mitglied des Ständigen Schiedshofs. Darüber hinaus gehörte er der „T'hila“-Bewegung an, die sich für Säkularismus in Israel einsetzte.

Für seine Verdienste wurde ihm 1980 die höchste Auszeichnung des Staates Israel, der Israel-Preis (hebräisch פרס ישראל pras jisraʾel), verliehen. Darüber hinaus erhielt er Ehrendoktortitel mehrerer amerikanischer Universitäten, wie der Georgetown University.

Buch über den Prozess Jesu

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Im Jahr 1968 veröffentlichte Cohn sein Buch Der Prozeß und Tod Jesu aus jüdischer Sicht in hebräischer Sprache. Es folgten Übersetzungen ins Englische und ins Deutsche (1997, 2017). Der Neutestamentler Klaus Berger (Theologe) setzte sich damit kritisch in einer Besprechung auseinander[4] und schreibt, Cohn ist

„... bemerkenswert fair gegenüber den frühchristlichen Texten und versucht - im Unterschied zu sehr vielen christlichen Exegeten - an der Historizität der Einzelberichte so lange wie möglich und auch dann festzuhalten, wenn sie seiner eigenen These widerstreben. Cohn bezeichnet Jesus als eine ‚ausgesprochen bewundernswerte Persönlichkeit‘, und er betont immer wieder, daß Jesus von vielen seiner jüdischen Zeitgenossen geliebt und verehrt worden sei.“

Im April 1966 heiratete er Michal Semora. Um ein Heiratsverbot zu umgehen, welches damals in Israel galt, wurde die Eheschließung in New York vollzogen. Das Heiratsverbot bezieht sich auf eine Stelle im 3. Buch Mose, die Männern, die Kohanim sind, verbietet, geschiedene Frauen zu heiraten.[5]

Schriften (Auswahl)

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Literatur

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  • Cohn, Haim Hermann, in: Werner Röder, Herbert A. Strauss (Hrsg.): Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Band 1: Politik, Wirtschaft, Öffentliches Leben. München : Saur, 1980, S. 113
  • Cohn, Haim, in: Encyclopaedia Judaica, 1972, Band 5, Sp. 690
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Einzelnachweise

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  1. zum Tode Chaim Cohns New York Times
  2. Middle Israel. Oy Gay! In: Jerusalem Post, 9. November 2006.
  3. Chaim Cohn, 91; High Court Justice in Israel, Champion of Rights. In: Los Angeles Times, 11. April 2002.
  4. Klaus Berger: Nach dem Gesetz mußte er nicht sterben. Chaim Cohn klärt auf: Die Juden wollten Jesus retten, die Römer töteten ihn als Usurpator, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2. Dez. 1997.
  5. Flucht vor Moses. In: Der Spiegel. Nr. 19, 1966 (online).