Dachwig
Dachwig ist eine Gemeinde im thüringischen Landkreis Gotha und Mitglied der Verwaltungsgemeinschaft Fahner Höhe.
Wappen | Deutschlandkarte | |
---|---|---|
| ||
Basisdaten | ||
Koordinaten: | 51° 5′ N, 10° 51′ O | |
Bundesland: | Thüringen | |
Landkreis: | Gotha | |
Verwaltungsgemeinschaft: | Fahner Höhe | |
Höhe: | 172 m ü. NHN | |
Fläche: | 12,73 km2 | |
Einwohner: | 1619 (31. Dez. 2023)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 127 Einwohner je km2 | |
Postleitzahl: | 99100 | |
Vorwahl: | 036206 | |
Kfz-Kennzeichen: | GTH | |
Gemeindeschlüssel: | 16 0 67 009 | |
LOCODE: | DE DW2 | |
Website: | www.dachwig.de | |
Bürgermeister: | Volker Aschenbach (SPD) | |
Lage der Gemeinde Dachwig im Landkreis Gotha | ||
Geografie
BearbeitenDie Gemeinde liegt im Thüringer Becken etwa 6 km nördlich der Fahner Höhe im Dreieck der Städte Bad Langensalza, Gotha und Erfurt. Der höchste Punkt des Gemeindegebietes liegt mit 234 m im Oberfeld, in 162 m Höhe, dem tiefsten Punkt, verlässt der Jordan das Gemeindegebiet im Osten.
Gewässer
BearbeitenDachwig wird vom Jordan-Bach durchflossen, dem Zu- und Abfluss der Dachwiger Talsperre. Diese Talsperre (auch „Speicher Dachwig“) liegt südwestlich von Dachwig in der Gemarkung von Großfahner nordwestlich von Erfurt. Der Stausee wurde 1976 zur Bewässerung von landwirtschaftlichen Flächen gebaut und diente diesem Zweck bis 1990. 1993 erfuhr der See, vermutlich infolge von Botulismus, ein großes Fischsterben.[2] Heute ist er Rast- und Brutplatz für Wasser- und Singvögel und erfüllt somit eine wichtige Naturschutzfunktion. Der Staudamm besteht aus einem homogenen Erddamm aus bindigem Material. Am östlichen Ortsrand empfängt der Jordan das Wasser des Kornbachs, der aus Richtung Döllstädt kommt und am nördlichen Dorfrand, am Schwimmbad unterirdisch, entlang fließt.
Geschichte
BearbeitenUrsprung bis 1900
BearbeitenDie ersten schriftlichen Erwähnungen als Dahaba („Tonbach“) im Güterverzeichnis des Klosters Hersfeld erfolgten 755 und 802.[2] Weitere Ortsnamen waren Dachebechi und Tachabechi. Dachwig ist nach älterer Chronik seit dem Jahre 874 namentlich bekannt: als Dagoberti Vicus (lat.: Dorf des Dagobert). Möglicherweise war Dagobert der Ortsgründer. Allerdings: Dachwig beging im Jahre 2010 seine 1150-Jahr-Feier. Danach muss angenommen werden, dass die urkundliche Ersterwähnung 860 erfolgt ist. Dachwig gehörte Ende des 15. Jahrhunderts zur Vogtei Walschleben[3] im Gebiet der Stadt Erfurt. Schon vor dem Dreißigjährigen Krieg hatte der Ort 1142 Einwohner, die ihr Einkommen durch Landwirtschaft und handwerkliche Arbeiten bestritten. Nach den verheerenden Einwirkungen des Krieges, einer Hungersnot 1640 und der Pest zählte Dachwig nach 1648 nur noch 109 Einwohner. Nur langsam erholte sich der Ort, wurde aber mehrfach von Großbränden heimgesucht. Seit der Verwaltungsreform von 1706 gehörte Dachwig zum Amt Gispersleben. 1711 wurde die Dorfschenke erneuert. 1760 wurde die Brücke über den Jordan am Witterdaer Weg gebaut. Dachwig hatte vier Tore, die bis 1826 von Torwächtern bewacht wurden. Ein Turmwächter auf einem Wachturm im Flurteil „Zur Warte“ warnte die Bevölkerung bei Feuer oder anderem Unheil durch ein Hornsignal. Die ehemalige Kirche lag vor dem Ort auf dem Johanniskirchberg, die neue Kirche wurde 1863 fertiggestellt. In der stürmischen Nacht des 13. November 1894 wurden bei einem Großbrand 27 Gehöfte mit 36 Gebäuden zerstört und 19 Familien obdachlos.[4]
Der Orgelbau war ab 1760 in Dachwig zuhause. Der erste Orgelbaumeister war Johann Georg Kummer, der 1787 die Orgel der Erfurter Andreaskirche schuf. Spätere Meister waren Ernst Siegfried Hesse (Orgeln für Erfurter Dom und für Kirche in Riga) und andere aus seiner Familie, Albin Hickmann, Georg Hoecke sowie Max und Alfred Andreas. Bis zu 50 Beschäftigte zählten zu der Dachwiger Orgelbauanstalt. Es wurden Kirchen-, Konzert- und Karussellorgeln geschaffen, aber auch Leierkästen. 1951 erlosch der Orgelbau in Dachwig.
1802 kam Dachwig mit dem Erfurter Gebiet zu Preußen und zwischen 1807 und 1813 zum französischen Fürstentum Erfurt. Mit dem Wiener Kongress kam der Ort 1815 wieder zu Preußen und wurde 1816 dem Landkreis Erfurt in der preußischen Provinz Sachsen angegliedert. Der Dachwiger Bahnhof und die Zugstrecke Erfurt-Langensalza wurden am 25. November 1897 eröffnet.
1900 bis zur Gegenwart
BearbeitenAm 8. April 1945, zwei Tage vor der Besetzung durch US-Truppen, hatte Dachwig um 18.38 Uhr einen amerikanischen Luftangriff mit Brandbomben zu erleiden, dem 56 Wohn- und Wirtschaftsgebäude (mit Vieh) zum Opfer fielen. Eine Frau und ein Kind kamen ums Leben. Dachwig war dabei „Gelegenheitsziel“ für 6 zweimotorige Bomber vom Typ Douglas A-26 „Invader“, die ihr eigentliches Ziel Sondershausen wegen der dortigen Rauchentwicklung durch vorausgegangene Bombardements nicht lokalisieren konnten. Jede dieser Maschinen war mit 6–7 Brandbombenbehältern beladen, die jeweils 110 Brandbomben zu 1,8 kg enthielten: insgesamt 7,7 Tonnen (4.300 Bomben).[5] Auch die wertvolle alte Dorfchronik ging verloren.
Das Dorf wurde mit den beschränkten Mitteln in der SBZ/DDR wieder aufgebaut. 1975 wurde anlässlich des 1115-jährigen Ortsjubiläums das Dorfmuseum seiner Bestimmung übergeben. Es entstand aus dem von den Eheleuten Hermann und Elsbeth Martin für diesen Zweck gestifteten landwirtschaftlichen Anwesen.
Nach 1989 legte Dachwig ein Gewerbegebiet und eine Neubau-Siedlung Am Lützer See an. Viele liebevoll restaurierte Fachwerkgebäude finden sich im Ort, aber auch Häuser, die ihre charakteristischen Fassaden hinter Dämmplatten verbergen. Von 2005 bis 2009 wurden mit einem Kostenaufwand von 1,1 Millionen Euro insgesamt 1,6 km Fahrbahnen im Ort von Grund auf saniert.
In Dachwig gibt es ein Freibad. Hingegen ist ein Hallenbad, das anlässlich des 40. Jahrestages der DDR 1989 gebaut und eingeweiht wurde, nie in Betrieb gegangen. Das Becken hat entgegen den Standards nur eine Länge von knapp 18 m, eine Wasseraufbereitungsanlage fehlt.[6]
Das Gewerbegebiet mit dort zahlreich angesiedelten Unternehmen sowie das Wohngebiet „Am Kornbach“ entstanden seit 2000.
Sehenswertes
BearbeitenDorfkirche Sankt Petri
BearbeitenLaut Chronik gab es im 12. Jahrhundert eine St.-Sebastian-Kapelle, sie wurde mit Einführung der Reformation durch einen Kirchenneubau ersetzt und als St.-Peter-Kirche geweiht (Lage ). 1400 wurde die Johanneskirche vor dem 1495 errichteten Niedertor gebaut, also außerhalb des ehemaligen Ortes. 1525 war Johann Spinler erster evangelischer Pfarrer in Dachwig. Wegen erheblicher Bauschäden musste die Kirche 1862 abgerissen werden, im November 1863 konnte der Neubau an alter Stelle wieder als St.-Peter-Kirche geweiht werden. 1943 wurde die große Glocke für Kriegszwecke eingeschmolzen. Am 14. Juli 1963 wurde die Kirche nach umfangreicher Renovierung feierlich eingeweiht. Der Kirchplatz wurde 2009 mit alten Pflastersteinen neu gestaltet. Die als Baudenkmal eingeordnete Kirche gehört zum Kirchspiel Elxleben. Die Stelle des Pfarrers ist derzeit (2011) unbesetzt.
Heimatmuseum
Bearbeiten2001 eröffnete der neugegründete „Dachwiger Heimat- und Museumsverein e. V.“ offiziell ein interessantes Dorfmuseum in einem Fachwerkbau in der Langen Straße 27 (Lage ) im Ortskern. Die eigentliche Museumsgründerin ist Elsbeth Martin, die 1984 dem Ort ihren Bauernhof mit der heimatgeschichtlichen Sammlung aus drei Jahrhunderten übereignete. Alte bäuerliche und handwerkliche Traditionen sowie Bilder der wechselvollen Ortsgeschichte sind hier zu sehen. Im Gewölbekeller hält der Verein seine Versammlungen ab.[7]
Talsperre Dachwig
BearbeitenVogelschutzgebiet. Angelegt und bis 1990 genutzt für landwirtschaftliche Bewässerungszwecke. (Siehe im Abschnitt Gewässer)
Niedermühle
BearbeitenDie Niedermühle Dachwig (Lage ), die seit 1995 unter Denkmalschutz steht, ist die letzte, einst vom Jordanbach betriebene Mahlmühle und neben der Kesselmühle in Gotha und der Waldmühle in Luisenthal eine der letzten noch erhaltenen Getreidemühlen des Landkreises Gotha. Der Stand ihrer Mühlentechnik ist der einer handwerklichen Kleinmühle in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Einzelne Vermahlungsmaschinen entsprechen dem Stand des 19. Jahrhunderts. Mit Ausnahme des um 1950 installierten Elektromotors wurden nach 1925 kaum noch nennenswerte technische Modernisierungsmaßnahmen ergriffen. Heute beherbergt das Anwesen in Form eines Vierseithofs aus dem Jahre 1847 ein Technisches Museum, eine Gaststätte mit Pension und eine Betriebswohnung. Nach umfangreichen Restaurierungsarbeiten wurde die Niedermühle am 2. Februar 2014 anlässlich eines Tages der offenen Tür geöffnet, während am 7. Februar der offizielle Betrieb startete.[8]
Politik
BearbeitenGemeinderat
BearbeitenDer Rat der Gemeinde besteht aus 12 Ratsfrauen und Ratsherren. Seit der Kommunalwahl am 25. Mai 2014 verteilen sich die Sitze folgendermaßen auf die einzelnen Parteien:
Vereine
BearbeitenZwölf Vereine sorgen für das gesellschaftliche Leben des Ortes.
Im Alfred-Just-Stadion trägt der FC An der Fahner Höhe seine Heimspiele aus, der in der fünftklassigen Fußball-Oberliga Nordost spielt; beheimatet ist er allerdings in Gräfentonna.
Verkehr
BearbeitenDachwig liegt an der Bundesstraße 176, die von Bad Langensalza nach Erfurt über eine Ortsumgehung (seit 1983) südlich an Dachwig vorbeiführt. Des Weiteren verfügt der Ort über einen Haltepunkt an der Bahnstrecke Kühnhausen–Bad Langensalza, der stündlich von Zügen der Linie Erfurt–Leinefelde(–Kassel-Wilhelmshöhe) der DB Regio Südost angefahren wird.
Persönlichkeiten
Bearbeiten- Johann Michael Hesse (1734–1810), Stammvater der Orgelbauerfamilie Hesse
- Elsbeth Martin (* 1919 in Gierstädt, seit 3. Lebensjahr in Dachwig; † 2010): Bäuerin, die gemeinsam mit ihrem Ehemann Hermann Martin durch Sammeln von allem, was zu einem Bauernhof gehörte, den Grundstock für das heutige Heimat- und Dorfmuseum von Dachwig legte.
Literatur
Bearbeiten- Reinhold Andert: „Die Tretenburg, Herbsleben und die Königsleutedörfer“ (Dachwig war im Thüringer Königreich bis 531 ein Königsleutedorf.) In: „Der Thüringer Königshort“, Dingsda-Verlag, Querfurt 1995, ISBN 3-928498-45-2
- Reinhold Andert: „Der Ring um Herbsleben“, In: „Der fränkische Reiter“, Dingsda-Verlag Querfurt, Leipzig 2006, ISBN 3-928498-92-4
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Bevölkerung der Gemeinden vom Thüringer Landesamt für Statistik (Hilfe dazu).
- ↑ a b Webauftritt der Gemeinde
- ↑ Geschichte der Gemeinde Walschleben ( des vom 19. August 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Spendenaufruf in „Die Gartenlaube“ (1894), Heft 50, S. 855.
- ↑ Thomas Blumenthal: Anatomie eines Angriffs. Die Bombardierung der Stadt Sondershausen am 8. April 1945. Universität der Bundeswehr, München 2002. S. 76, 90
- ↑ Wieland Fischer: Die Wellen schlagen hoch. Kostenfaktor: Geheimpläne sehen Abriss des Dachwiger Hallenbades vor. Thüringische Landeszeitung, 20. Januar 2010
- ↑ Wieland Fischer: „Gehöft voller Geschichte. Dachwiger ehren Museum-Gründerin Elsbeth Martin zu deren 90. Geburtstag“. Thüringische Landeszeitung, 26. Mai 2009
- ↑ Allgemeiner Anzeiger Gotha vom 29. Januar 2014, S. 2
- ↑ http://www.wahlen.thueringen.de/wahlseite.asp?aktiv=KW01&startbei=kommunalwahlen/KW_wahlergebnisse.asp Thüringer Landesamt für Statistik, Gemeinderatswahl 2014 - endgültiges Ergebnis, Gemeinde Dachwig