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Heinrich Tessenow – Wikipedia

Heinrich Tessenow

deutscher Architekt und Hochschullehrer

Heinrich Joachim Helmuth Leonhard Tessenow[1] (* 7. April 1876 in Rostock; † 1. November 1950 in Berlin) war ein deutscher Architekt und Hochschullehrer. Tessenow zählt zu den wichtigsten Vertretern der deutschen Reformarchitektur.

Porträt

Biografie

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Heinrich Tessenow wurde geboren als ältestes von mehreren Kindern des Zimmermanns Johann (Bernhard Carl) Tessenow (1850–1927) und dessen Ehefrau Louise (Maria Friederike Wilhelmine), geb. Voß (1854–1931).[2] Nachdem er die Mittelschule und eine Lehre absolviert hatte, arbeitete Tessenow zunächst in der Zimmerei seines Vaters und besuchte anschließend eine Baugewerkschule. Danach studierte er an der Technischen Hochschule München bei Karl Hocheder, Martin Dülfer und Friedrich von Thiersch.

Nach Abschluss seines Studiums war Tessenow zunächst als Lehrer an mehreren Baugewerkschulen tätig. In dieser Zeit, während seiner Tätigkeit an der Baugewerkeschule in Lüchow, heiratete er am 27. Dezember 1903 Elly Mathilde Charlotte Schülke.[3] Er veröffentlichte bereits einen Artikel über die Rundlingsdörfer im Wendland.[4] Von 1909 bis 1911 arbeitete er als Assistent Martin Dülfers an der Technischen Hochschule Dresden. Es schlossen sich Lehrtätigkeiten an den Deutschen Werkstätten Hellerau, der Gewerbeschule Trier und der Wiener Kunstgewerbeschule an.

Von 1919 bis 1943 wohnten er und seine Familie in Neubrandenburg im Tessenow-Haus, Neutorstraße 22. Von 1920 bis 1926 war er Professor der Akademie der Künste in Dresden. Er gehörte dem Vorstand der Künstlervereinigung Dresden an.[5] Von 1926 bis 1941 war er Professor an der Technischen Hochschule Berlin,[6] wo Albert Speer und später Karl Buttmann[7] seine Assistenten waren. Tessenow lehrte 1934 an den Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst in Berlin. Er stand 1944 in der Gottbegnadeten-Liste des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda.[8]

Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm er seine Lehrtätigkeit an der Technischen Hochschule Berlin wieder auf. Von 1945 bis 1947 entwarf er die Wiederaufbauplanungen für Mecklenburg und von Neubrandenburg. Einige der ersten Konzepte gelten als Vorläufer und wurden später in abgewandelter Planungs- und Formensprache aufgenommen.[9]

Tessenow war Angehöriger des Corps Lusatia Dresden.[10]

 
Grabstätte

Er ist auf dem Waldfriedhof Dahlem bestattet. Sein Grab ist als Ehrengrab der Stadt Berlin gewidmet.

 
Hellerau, Festspielhaus (2003)
 
Eisenbahnbrücke über die Elbe in Meißen

Tessenow bevorzugte wie Richard Riemerschmid oder Hermann Muthesius in Hellerau die Einfachheit und Bodenständigkeit der Reformarchitektur. Berühmt ist sein Satz „das Einfache ist nicht immer das Beste; aber das Beste ist immer einfach.“[11][12]

 
Wanduhr, entworfen 1910

Im Gegensatz zu Muthesius lehnte Tessenow jegliche bürgerlichen Normen ab. Er suchte den Urtyp des Hauses. Deshalb reduzierte er seine Bauwerke auf glatte Flächen und geometrische Grundformen. So entwarf Tessenow u. a. für die Deutschen Werkstätten Hellerau eine schlichte Wanduhr mit einem quadratischen Zifferblatt, einer Pendelmasse in Form einer runden Scheibe und zylindrischen Gewichten. Zugleich näherte er sich somit dem Rationalismus und beeinflusste Le Corbusier und Bruno Taut, die Vertreter des Neuen Bauens waren. Bruno Taut bezeichnete Tessenow 1927 sogar als „Vorreiter der Wohnhausbaureform“. Auch an Tauts Bauten in der Magdeburger Siedlung Reform ist der Einfluss von Tessenow zu erkennen.[13]

Sein besonderes Engagement galt der Reformierung des Wohnungsbaus. Zahlreiche Gartenstadtentwürfe, Wohnhäuser und Schulen vor allem in Berlin gehören zu seinen Arbeiten. Die Gestaltung der von ihm entworfenen Gebäude war sachlich und schlicht. Die Einbettung bezahlbarer Siedlerhäuser in einen kleinen Nutzgarten war ihm wichtig. 1910 entwarf er das Haus zum Wolf in der Gartenstadt Hopfengarten für den Kunsthistoriker Paul Ferdinand Schmidt. Von 1911 bis 1912 errichtete er die Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze (auch als Festspielhaus Hellerau bekannt) in Dresden sowie in den 1920er Jahren die Sächsische Landesschule. Im Jahr 1926 kam sein Entwurf für die Eisenbahnbrücke über die Elbe in Meißen zur Ausführung.

Bauten und Entwürfe

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Zwei verbundene Einfamilienhäuser am Heideweg in Dresden-Hellerau
 
Lehrlingswohnheim in Steinhorst

Ehrungen

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Berliner Gedenktafel an Tessenows ehemaligem Wohnhaus in Berlin-Zehlendorf, Sophie-Charlotte-Straße 7

Veröffentlichungen

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  • Zimmermannsarbeiten. Entwürfe für Holzbauten. Callwey, München 1907.
  • Der Wohnhausbau. Callwey, München 1909.
  • Handwerk und Kleinstadt. Cassirer, Berlin 1919.
  • Das Land in der Mitte: ein Vortrag. Hegner, Hellerau bei Dresden 1921 (Digitalisat).
  • Hausbau und dergleichen. Mit 107 Zeichnungen und Photographien eigener Arbeiten von Heinrich Tessenow. Bruno Cassirer, Berlin 1916 (ein Digitalisat dieser ersten Ausgabe findet sich auch im Internet Archive).
  • Geschriebenes. Gedanken eines Baumeisters (= Bauwelt Fundamente, Band 61). Herausgegeben von Otto Kindt. Vieweg, Braunschweig/Wiesbaden 1982, ISBN 3-528-08761-7.
  • Ich verfolgte bestimmte Gedanken … Dorf, Stadt, Großstadt – was nun? Thomas Helms Verlag, Schwerin 1996, ISBN 3-931185-17-6.
  • Nachdenkliches. Herausgegeben von Otto Kindt. Thomas Helms Verlag, Schwerin 2000, ISBN 3-931185-20-6.

Literatur

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Commons: Heinrich Tessenow – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Standesamt Rostock, Geburtsurkunde Nr. 333/1876 vom 8. April 1876. Namensform auch bei der kirchenamtlichen Beurkundung seiner Taufe. Die in der Literatur anzutreffende Namensform Heinrich Joachim Helmuth Bernhard Tessenow ist falsch.
  2. Am 7. Mai 1876 wurde Tessenow in der Rostocker St.-Jakobi-Kirche getauft.
  3. Wendland-Lexikon, Band 2. Lüchow 2008, S. 462.
  4. Heinrich Tessenow: Das Bauerndorf im hannoverschen Wendland. In: Der Bauzeichner, Leipzig 1906.
  5. Handbuch des Kunstmarktes. Kunstadressbuch für das Deutsche Reich, Danzig und Deutsch-Österreich. Antiqua Verl.-Ges. Kalkoff, Berlin, 1926, S. 38
  6. Tessenow, Heinrich. In: Catalogus Professorum TU Berlin. Abgerufen am 27. Februar 2023.
  7. Corinna Isabel Bauer: Bauhaus- und Tessenow-Schülerinnen, Genderaspekte im Spannungsverhältnis von Tradition und Moderne. Kassel 2003 (Dissertation).
  8. Tessenow, Heinrich. In: Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 609.
  9. Jörg Kirchner: Die Lange Straße in Rostock (1953–58). Heimatschutzstil als eine Quelle der frühen DDR-Architektur. In: ICOMOS – Hefte des Deutschen Nationalkomitees. Bd. 58, 2013, S. 66–69.
  10. Erwin Willmann (Hrsg.): Verzeichnis der Alten Rudolstädter Corpsstudenten. (AH. Liste des RSC.), Ausgabe 1928, Nr. 4892.
  11. In vollständigem Umfang ein längeres Zitat; es lautet: „Es ist schon so, daß die Forderung, unsere gewerblichen Arbeiten möchten formal reiner sein, auch die Forderung einschließt, sie möchten formal weniger oder einfach sein; aber soweit wir an so etwas wie an eine ideale Lebensart denken, werden wir ja wohl auch immer finden, daß dabei die größere Einfachheit für uns eine reichlich wichtige Rolle spielt; man möchte sagen: das Einfache ist nicht immer das Beste; aber das Beste ist immer einfach; im übrigen werden wir uns über die Einfachheit weniger gut verständigen können als über die Sauberkeit; wenn wir überlegen, wie weitgehend unsere Umwelt sauber sein darf, so antworten wir fast ohne Bedenken, sie solle nur immerfort so sauber sein, wie es überhaupt möglich ist; dagegen wir eine Forderung nach Einfachheit gleich einen Haufen grundsätzliche Bedenken haben.“ Zitiert nach: Die Sauberkeit oder die Reinheit gewerblicher Arbeiten. In: Hausbau und dergleichen. Mit 107 Zeichnungen und Photographien eigener Arbeiten von Heinrich Tessenow. Bruno Cassirer, Berlin 1916, S. 39–46, hier S. 45 f. (Digitalisat dieser Seiten im Internet Archive).
  12. Jüngere Ausgabe: Die Sauberkeit oder die Reinheit gewerblicher Arbeiten. In: Otto Kindt (Hrsg.): Heinrich Tessenow. Geschriebenes. Gedanken eines Baumeisters. Vieweg, Braunschweig/Wiesbaden 1982, ISBN 3-528-08761-7, S. 37–40, hier S. 39 (Digitalisat dieser Seite bei Google Books).
  13. Hübner u. a., S. 32 f.
  14. Der Baumeister 6/1906.
  15. Ute Baumgartner: Heinrich Tessenow in Trier. Entwürfe, Bauten und Schriften von 1905–1909. Wissenschaftliche Arbeit zur Erlangung des Hochschulgrades Magistra Artium, Universität Trier, Trier 2009.
  16. Bettina Leuchtenberg, Heinrich Nebgen: Hans Proppe (1875–1950). Der ‚Architekt für Kunstgewerbe‘, der Lebensreformer und sein unbekanntes Tessenow-Haus. In: Neues Trierisches Jahrbuch 1996, S. 239–248.
  17. Marco De Michelis: Heinrich Tessenow 1876–1950. Das architektonische Gesamtwerk. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1991, ISBN 3-421-03009-X, S. 217.
  18. Gartenstadt Hopfgarten. (PDF; 6,6 MB) Abgerufen am 9. Februar 2014.
  19. a b c d e Kurzbiografie der Uni Magdeburg
  20. Start ganz oben. In: Isenhagener Kreisblatt (az-online.de). 14. August 2010, abgerufen am 9. Februar 2014.
  21. Denkmalliste Berlin
  22. Walter Müller-Wulckow: Deutsche Baukunst der Gegenwart. Wohnbauten und Siedlungen. Langewiesche, Königstein i.T. 1929, S. 27.
  23. Zwischen Kreis und Tessenow. In: Meissen 21. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 26. Februar 2014; abgerufen am 9. Februar 2014.
  24. Denkmalliste Berlin
  25. Denkmalliste Berlin
  26. Denkmalliste Berlin
  27. Denkmalliste Berlin
  28. Denkmalliste Berlin
  29. Edelgard Feiler, Klaus Feiler: Die verbotene Halbinsel Wustrow. 2004, ISBN 3-86153-323-5, S. 21.
  30. Rostocker Studien zur Universitätsgeschichte, Band 4, Zwischen Monarchie und Moderne, Die 500-Jahrfeier der Universität Rostock 1919, Rostock 2008, S. 68
  31. Rostocker Anzeiger vom 27. März 1927.
  32. Vergleiche die Dokumentation bei Wikimedia Commons (siehe unter dem Abschnitt Weblinks)
  33. Tessenow, Heinrich. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts. Band 4: Q–U. E. A. Seemann, Leipzig 1958, S. 429 (Textarchiv – Internet Archive – Leseprobe).