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Obernai – Wikipedia

Obernai (deutsch Oberehnheim, elsässisch Ewernah) ist eine französische Stadt mit 12.216 Einwohnern (Stand 1. Januar 2021) im Département Bas-Rhin in der Europäischen Gebietskörperschaft Elsass und in der Region Grand Est. Die Gemeinde liegt im Arrondissement Sélestat-Erstein. Der Name rührt (wie beim benachbarten Niedernai) von der Lage am Vogesenflüsschen und Illzufluss Ehn her. Die Bewohner von Obernai und Umgebung nennen den Ort Ewer’nahn, jedoch sind weitere elsässische Bezeichnungen wie Ewer’nah, Ower’nah, Ower’nahn oder (in Straßburg) Ower’näh bekannt. Der Neckname für die Einwohner lautet Zanefbieche (deutsch „Senfbäuche“). Oberehnheim war bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges eine selbstständige Reichsstadt im Heiligen Römischen Reich, was sich im Ortswappen widerspiegelt.

Obernai
Ewernah
Obernai (Frankreich)
Obernai (Frankreich)
Staat Frankreich
Region Grand Est
Département (Nr.) Bas-Rhin (67)
Arrondissement Sélestat-Erstein
Kanton Obernai
Gemeindeverband Pays de Sainte-Odile
Koordinaten 48° 28′ N, 7° 29′ OKoordinaten: 48° 28′ N, 7° 29′ O
Höhe 156–572 m
Fläche 25,74 km²
Einwohner 12.216 (1. Januar 2021)
Bevölkerungsdichte 475 Einw./km²
Postleitzahl 67210
INSEE-Code
Website obernai.fr

Zentrum Obernai: Marktplatz und Kappelturm

Geographie

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Die Stadt liegt im Unterelsass in der Oberrheinebene am rechten Ufer der Ehn, etwa 25 Kilometer südwestlich von Straßburg am Fuß des Odilienbergs.

Benachbarte Gemeinden sind Bernardswiller (Bernhardsweiler), Goxwiller (Goxweiler), Krautergersheim, Meistratzheim, Niedernai (Niederehnheim), Heiligenstein, Bischoffsheim, Bœrsch (Börsch) und Ottrott.

Geschichte

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Ältere Ortsbezeichnungen sind Ehinheim (778), Ehinhaim (788), superius Ehenheim (837), Ehenheim (1051), Ehenhemium (1178), Einheim (1283), Oberehnheim (1285, 1366) und Oberœna (1555), fr. Obernay.[1] Auf der Gemarkung der Ortschaft sind im 19. Jahrhundert Grabstätten aus römisch-gallischer Zeit gefunden worden.[1]

Der Ort soll als ursprünglich fränkische Siedlung im 7. Jahrhundert Sitz des Merowingers Eticho, Herzog des Elsass, gewesen sein. Historisch bezeugt ist Etichos Schenkung der nahe gelegenen Hohenburg an seine Tochter, die heilige Odilia. In der Zeit der Staufer hielten sich Herzog Friedrich der Einäugige, Kaiser Heinrich VI. und Kaiser Friedrich II. zeitweilig hier auf.[2] Im Jahr 1262, als die Stadt noch nicht von einer Mauer umgeben gewesen sein soll, wurde die kaiserliche Burg von dem Straßburger Bischof Heinrich III. von Stahleck im Krieg gegen Friedrich II. zerstört und die Stadt dabei beträchtlich beschädigt.[3][4] Die Stadt erhielt eine doppelte, befestigte Stadtmauer.

Im Jahr 1242 war erstmals in Abgrenzung zu Niederehnheim der moderne Name Oberehnheim („Oberhehenheim“) erwähnt worden. Oberehnheim war von 1240 bis 1648 eine freie Reichsstadt. 1354 trat es dem Elsässer Zehnstädtebund bei. 1444 spielte die Stadt infolgedessen auch eine wichtige Rolle bei der Abwehr der Armagnaken und den Belagerungsversuchen Karls des Kühnen im 15. Jahrhundert. Ihre Blüte erlebte die Stadt im 16. Jahrhundert trotz der Unruhen infolge der Reformation, die dank der Familie Oberkirch in der Stadt Anhänger fand, aber nach 1587 zurückgedrängt wurde. Im Dreißigjährigen Krieg wurde Oberehnheim durch Beschuss und Brände schwer beschädigt. Die Kaiserliche Stadt des Heiligen Römischen Reichs wurde 1679 von Frankreich gewaltsam in Besitz genommen[5] und 1680 unter Ludwig XIV. annektiert.[6][7]

Durch den Frankfurter Frieden vom 10. Mai 1871 kam das Gebiet an das deutsche Reichsland Elsaß-Lothringen, und die Stadt wurde dem Kreis Erstein im Bezirk Unterelsass zugeordnet. Die französisierte Namensform Obernai („Oberné“), die erstmals 1693 verwendet worden war, hatte sich inzwischen durchgesetzt, so dass zwischen 1871 und 1918 beide Ortsbezeichnungen gebräuchlich waren.

Die Stadt hatte um die Wende zum 20. Jahrhundert eine evangelische und zwei katholische Kirchen, eine Synagoge, ein Progymnasium, ein Schullehrerseminar, ein Amtsgericht, eine bedeutende Baumwollmanufaktur, verschiedene Produktionsstätten für Gebrauchswaren sowie Obst- und Weinbau.[5] Nach dem Ersten Weltkrieg musste die Region aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags 1919 an Frankreich abgetreten werden. Im Zweiten Weltkrieg war die Region von der deutschen Wehrmacht besetzt, und die Stadt stand bis 1944 unter deutscher Verwaltung. Im Jahr 1942 wurde im Schloss Oberkirch für die Ausbildung des SS-Helferinnenkorps eine Reichsschule der SS durch Zwangsarbeiter aus dem KZ Natzweiler-Struthof eingerichtet, die auch andere beschlagnahmte Gebäude im Umkreis nutzte. Am 15. Dezember 1942 wurde das erste KZ-Außenlager von Natzweiler-Struthof offiziell in Oberehnheim eingerichtet und bestand bis zum 22. November 1944.[8]

Demographie

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Bevölkerungsentwicklung bis zum Ende des Ersten Weltkriegs
Jahr Einwohner Anmerkungen
1780 ehemalige Reichsstadt mit über 900 Feuerstellen (Haushaltungen)[9]
1821 4328 fast nur katholische Einwohner, bis auf 160 Juden und einige nach Klingenthal eingepfarrte Lutheraner[4]
1846 5356 [10]
1872 4864 am 1. Dezember, in 890 Häusern[2]
1880 4725 am 1. Dezember, auf einer Fläche von 2542 ha, in 845 Häusern, davon 4280 Katholiken, 164 Evangelische und 271 Juden[11]
1885 4512 davon 4075 Katholiken, 162 Protestanten und 262 Juden[12]
1890 4187 [10]
1905 3933 meist katholische Einwohner,[5] nach anderen Angaben 3936 Einwohner[10]
1910 3915 auf einer Fläche von 2542 ha[10][13][14]

Obernai ist eine schnell wachsende Stadt, deren Bevölkerung 1968 noch 6304 Einwohner, 2009 bereits 10.803 Einwohner zählte.[15] Der Großraum Obernai zählte 2009 12.369 Einwohner (1968 noch 7.293).[16]

Anzahl Einwohner
Jahr 196219681975198219901999200720092017
Einwohner 4.5346.3047.9028.9079.61010.47211.00910.80311.279

Hoheitssymbole

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Wappen der Gemeinde Obernai
Blasonierung: „Über den in Rot und Schwarz gespaltenen Schild liegt ein gänzlicher goldener Adler.“

1945–1971: Marcel Gillmann

1971–1973: René Dubs

1973–1977: Marcel Gillmann

1977–1983: Hubert Eck

1983–2001: Hugues Hartleyb

seit 2001: Bernard Fischer

Wirtschaft

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  • Das Kronenbourg-Bier wird heute in Obernai gebraut. Die Brauerei, die über einen eigenen Bahnanschluss verfügt, liegt im Nordwesten der Gemeinde unmittelbar an der D 500.
  • Seit 1959 ist auch die Hager Group mit einem Hauptstandort in Obernai.

Der Bahnhof Obernai liegt an der Bahnstrecke Sélestat–Saverne und wird von TER-Zügen von und nach Straßburg und Sélestat bedient.

Sehenswürdigkeiten und Denkmäler

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  • Die Stadt verfügt über einen für das Elsass typischen Renaissance-Sechs-Eimer-Brunnen von 1579.
  • Am Marktplatz steht die zum Restaurant umgebaute ehemalige Kornhalle (Halle aux blés) von 1554.[17]
  • Nachdem die im 13. Jahrhundert gegründete gotische Kapellkirche, ursprünglich ‚Unserer lieben Frauen Kapelle‘ genannt, 1873 abgetragen wurde,[18] blieb der 60 Meter hohe Turm neben dem Rathaus (Hôtel de ville)[19] aus dem 16. Jahrhundert als Kappelturm (Tour de la chapelle) übrig. Über dem fünften Stockwerk erhielt er eine Maßwerkbrüstung und einen schiefergedeckten Helm, so dass er der Stadt fortan als Belfried diente.
  • Nachdem die alte Pfarrkirche 1867 abgetragen worden war,[20] wurde 1867–1872 die neugotische Peter-und-Paul-Kirche (Saints-Pierre-et-Paul) errichtet, die eines der größten neugotischen Gotteshäuser im gesamten Elsass ist. Im aufwändig gestalteten und reich verzierten Innenraum befinden sich unter anderem mittelalterliche Altäre aus der Vorgängerkirche und eine bedeutende Orgel von Joseph Merklin. Östlich des Chors befindet sich die Jungfrauenkapelle mit einer Ölberggruppe von 1517.
  • Die Stadt verfügte einst über 20 Türme im inneren Stadtmauerring, der noch weitgehend erhalten ist.
  • Vom Kapuzinerkloster Oberehndorf überdauerte lediglich die Kapuzinerkirche.
  • Oberhalb der Stadt steht das Monument für die Malgré-nous – die im Zweiten Weltkrieg zwangsweise in die deutsche Wehrmacht verpflichteten Elsässer aus dem Kanton Obernai.
  • Château d'Oberkirch aus dem 16. und 17. Jahrhundert, renoviert von 1843 bis 1846[21]
  • Im Stadtpark steht eine in den 1850er Jahren gepflanzter, ca. 40 Meter hoher Mammutbaum (Sequioa Sempervirens)[22]

Städtepartnerschaften

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Seit 1958 unterhält Obernai eine Partnerschaft mit der deutschen Stadt Gengenbach in Baden-Württemberg. Seit 1986 ist die Stadt auch mit Pully im schweizerischen Kanton Waadt am Genfersee partnerschaftlich verbunden. Ein Lycée in Obernai hat eine Partnerschaft mit dem Auguste-Pattberg-Gymnasium in Mosbach-Neckarelz und dem Anne-Frank-Gymnasium Erding.

Persönlichkeiten

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Literatur

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  • Le Patrimoine des Communes du Bas-Rhin. Flohic Editions, Band 2, Charenton-le-Pont 1999, ISBN 2-84234-055-8, S. 920–934.
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Einzelnachweise

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  1. a b Franz Xaver Kraus: Kunst und Alterthum in Elsass-Lothringen. Beschreibende Statistik. Band 1, Friedrich Bull, Straßburg 1876, S. 206–212 (Google Books).
  2. a b C. Stockert, Das Reichsland Elsaß-Lothringen. Geographischer Leitfaden für die Höheren Lehranstalten, Friedrich Bull, Straßburg 1873, S. 36 (Google Books) und S. 78 (Google Books).
  3. Martin Zeiller: Topographia Alsatiæ, Frankfurt am Main 1663, S. 15.
  4. a b Johann Friedrich Aufschlager: Das Elsass. Neue historisch-topographische Beschreibung der beiden Rhein-Departemente, Zweiter Theil, Johann Heinrich Heitz, Straßburg 1825, S. 307–308 (Google Books)
  5. a b c Oberehnheim. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Band 14: Mittewald–Ohmgeld. Bibliographisches Institut, Leipzig / Wien 1908, S. 859 (zeno.org).
  6. Maximilian du Prel: Die Deutsche Verwaltung in Elsass-Lothringen 1870–1879. Denkschrift mit Benutzung amtlicher Quellen. Karl J. Trübner, Straßburg 1879, S. 8, Ziffer 7 (Google Books).
  7. Die alten Territorien des Elsaß nach dem Stand vom 1. Januar 1648. Mit Ortsverzeichnis und zwei Kartenbeilagen. Statistische Mittheilungen über Elsaß-Lothringen, Heft 27. Herausgegeben vom Statistischen Bureau für Elsaß-Lothringen. Verlag M. DuMont-Schauberg, Straßburg 1896, S. 120–121 (Google Books).
  8. Jutta Mühlenberg: Das SS-Helferinnenkorps: Ausbildung, Einsatz und Entnazifizierung der weiblichen Angehörigen der Waffen-SS 1942–1949, BoD – Books on Demand, 2011, ISBN 978-3-86854-239-4, S. 183 ff.
  9. Sigmund Billings: Geschichte und Beschreibung des Elsasses und seiner Bewohner von den ältesten bis in die neuesten Zeiten, Basel 1782, S. 336–337 (Google Books)
  10. a b c d Michael Rademacher: Landkreis Erstein, Elsaß-Lothringen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  11. Statistisches Büro des Kaiserlichen Ministeriums für Elsaß-Lothringen (Hrsg.): Ortschafts-Verzeichniß von Elsaß-Lothringen. Aufgestellt auf Grund der Volkszählung vom 1. Dezember 1880. Friedrich Bull, Straßburg 1884, S. 11, Ziffer 151 (Google Books).
  12. Anonymes Mitglied des Katholischen Volksvereins: Die konfessionellen Verhältnisse an den Höheren Schulen in Elsaß-Lothringen. Statistisch und historisch dargestellt. Straßburg 1894, S. 43 (Google Books).
  13. Oberehnheim, Landkreis Erstein, Elsaß-Lothringen, in: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Oberehnheim (meyersgaz.org).
  14. Kreis Erstein, Elsaß-Lothringen – gemeindeverzeichnis.de (U. Schubert, 2021)
  15. Commune : Obernai (67348) (Memento vom 29. April 2012 im Internet Archive), recensement.insee.fr, abgerufen am 25. November 2012.
  16. Unité urbaine 2010 : Obernai (67303). recensement.insee.fr, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 25. November 2012.@1@2Vorlage:Toter Link/www.recensement.insee.fr (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  17. Franz Xaver Kraus, ebenda, S. 210 (Google Books).
  18. Franz Xaver Kraus, ebenda, S. 209–210 (Google Books).
  19. Franz Xaver Kraus, ebenda, S. 208–209 (Google Books).
  20. Franz Xaver Kraus, ebenda, S. 207–208 (Google Books).
  21. château d'Oberkirch. In: POP : la plateforme ouverte du patrimoine. Ministère de la Culture, 1981, abgerufen am 23. Januar 2023 (französisch).
  22. Sequoias geants de France. Abgerufen am 18. Mai 2023 (französisch).
  23. Gilles Pudlowski: L'Alsace des écrivains. Éditions Alexandrines, Paris 2016, ISBN 978-2-37089-025-2, S. 129.