Rasengleis
Bei einem Rasengleis ist der Gleiskörper mit Rasen oder anderer Vegetation eingefasst und der Schienenzwischenraum begrünt. Es ist ein beliebtes Mittel, um den Bahnkörper von Straßen- und Stadtbahnen optisch aufzuwerten. Das Rasengleis hat neben dem positiven optischen auch einen akustischen Effekt. Die Schallabstrahlung der Fahrzeuge wird deutlich reduziert. Die in Humus gefasste Schiene hat keine Luftschallabstrahlung und eine stark gedämpfte Körperschallabstrahlung. Die Bepflanzung absorbiert zusätzlich den Luftschall, der von der Schienenoberfläche ausgeht.
Rasengleise gibt es in verschiedenen Bauformen:
- Hochliegendes Rasengleis: Rillenschienen werden auf normalen Betonschwellen verlegt und bis zur Schienenoberkante mit Substrat aufgefüllt. Diese Bauart bietet den besten Schallschutz und das beste optische Ergebnis, da nur die Lauffläche und die Rille der Schienen zu sehen sind. Seitlich der Schienen werden üblicherweise spezielle Kammerfüllsteine eingebaut, so dass das Erdreich nicht direkt an die Schienen anstößt. Die Befestigungselemente unter den Profilblöcken bleiben dadurch sauber und korrosionsgeschützt. Werden solche Füllsteine nicht eingesetzt, korrodieren Schienen und Befestigungsmittel schneller. Zudem muss das Erdreich bei einem Schienenwechsel entfernt werden. Wegen der Korrosion durch die unvermeidlich im Erdreich gespeicherte Feuchtigkeit müssen in der Regel auch die Schienenbefestigungsmittel mit getauscht werden. Diese sind außerdem im Betrieb nicht zugänglich und damit ihr Zustand nur schlecht zu überwachen. Hochliegende Rasengleise sind in Ausnahmefällen mit Straßenfahrzeugen befahr- und überquerbar.
- Hochliegendes Rasengleis mit Vignolschienen: Diese Bauform unterscheidet sich vom hochliegenden Rasengleis in der Verwendung von Vignolschienen statt Rillenschienen. Um den Raum für die Spurkränze der Räder freizuhalten, wird das Substrat nur bis zur Unterkante des Schienenkopfes aufgefüllt oder der Raum wird durch neben der Schienen verbaute Füllsteine freigehalten. Diese Bauform wird unter anderem bei der Stadtbahn Alicante verwendet.
- Tiefliegendes Rasengleis: Ein Querschwellengleis wird auf Betonlängsbalken verlegt. Nun werden die Zwischenräume zwischen den Schwellen nicht wie üblich mit Schotter, sondern mit Substrat aufgefüllt. Die Schienen bleiben komplett frei, was die optische Wirkung ein wenig schmälert. Auch die Schalldämpfung ist bei dieser Bauweise etwas geringer. Dafür ist die Kontrolle und der Austausch der Schienen einfacher, die Befestigungsmittel korrodieren deutlich langsamer, da sie nicht im Erdreich liegen und daher nicht permanent Feuchtigkeit ausgesetzt sind. Der Anbau von Gleisschaltmitteln ist möglich, das Abirren des Triebrückstromes in die Erde ist besser zu verhindern, was bei Gleichstromspeisung vorteilhaft ist. Die Anwendung von Gleisstromkreisen ist ebenfalls möglich. Schließlich können bei dieser Bauweise statt Rillen- i. A. kostengünstigere und pflegeleichtere Vignolschienen verwendet werden.
Die Raseneindeckung erfordert einen dauerhaft lagesicheren Oberbau, in der Regel in Form einer festen Fahrbahn. Schotteroberbau wäre durch den Eintrag von Bodenmaterial und die dadurch verringerte Reibung zwischen den Schottersteinen und den Schwellen nicht lagesicher und durch die Raseneindeckung auch nicht stopf- und richtbar. Nachträgliche Änderungen und Erweiterungen, die nicht von vornherein berücksichtigt und vorbereitet werden, sind deutlich aufwändiger als bei klassischen, nichteingedeckten Schotteroberbau.
Begrünt wird Rasengleis entweder mit Rasen oder mit pflegeleichten Bodendeckern. Rasen muss verhältnismäßig aufwändig gepflegt und bewässert werden. Bodendecker werden zwar in Dürrezeiten welk, kommen aber mit minimaler Bewässerung aus. Statt den Raum zwischen den Schienen ausschließlich mit Erdreich aufzufüllen, können auch Rasengittersteine verlegt werden.
Bei der Straßenbahn Braunschweig sollen in Zusammenarbeit mit dem Julius Kühn-Institut, welches sich am dortigen Standort mit Bienen beschäftigt, Wildblumen gesät werden.[1][2]
Verbindung zum Boden
BearbeitenIn Würzburg sieht die Allianz Mobilität und Regionalentwicklung der Agenda 21 Würzburg die Ursache für die schlechte Dürreverträglichkeit des Rasens bei den seit ca. 2000 angelegten Rasengleisen z. B. in der äußeren Zellerau darin, dass sie keine Verbindung zum Boden haben, sondern nur aus einer Erdschicht auf einer Betonschicht bestehen. Verglichen wird der Zustand in diesen Rasengleisen mit den älteren Gleisen, z. B. an der Mergentheimer Straße (gebaut 1985), bei denen das Grün unter gleichen klimatischen Bedingungen weniger Schaden genommen hat. Ein ähnliches Phänomen wurde auch von der TU Dresden in einer Langzeitstudie untersucht.[3] Die Verbindung zum Boden erfordert allerdings eine feste Fahrbahn.
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Hochliegendes Rasengleis in Nürnberg an der Station Frankenstraße, 2012
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Hochliegendes Rasengleis, Freiburg i. Br.
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Hochliegendes Rasengleis mit seitlichen Füllsteinen, Nordhausen
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Tiefliegendes Rasengleis mit Vignolschienen, Köln
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Tiefliegendes Rasengleis in Stuttgart
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Detail: In Gras eingebettete Rillenschiene
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Gleis mit Bodendeckern, Zwickau
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Alicante, hochliegende Rasengleise mit Vignolschienen
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Chemnitz, Reitbahnstraße; hochliegende Rasengleise mit Vignolschienen, Rillenschienen wurden nur im Weichenbereich verlegt.
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Zwickauer Straße (Leipzig), tiefliegendes Rasengleis im Bau. Die Fahrbahnbalken liegen auf Stützpunkten auf und bilden pro Gleis zwei nebeneinanderliegende unterirdische Brücken. Die Gleislage wird durch elastische Beilagen zwischen Fahrbahnbalken und Schwellen reguliert, regelmäßiges Stopfen ist nicht erforderlich und auch nicht möglich.
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Während des Auffüllens sind die Schienen abgedeckt. (Straßenbahn Straßburg)
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Jörn Stachura: Forscher entwickeln neue Braunschweiger Wildblumenmischung In: braunschweiger-zeitung.de, 18. Mai 2021, abgerufen am 10. Februar 2023.
- ↑ Naturschutz für Wildbienen: Blühstreifen statt Straßenbahnschotter In: vodafone.de, 5. Februar 2023, abgerufen am 10. Februar 2023.
- ↑ Würzburg in Bewegung: Richtiges Rasengleis für die Linie 6!, abgerufen am 16. September 2013
Weblinks
Bearbeiten- Dr. Christel Kappis, Dipl.-Ing. Hendrikje Schreiter: Grüne Gleise: Gleisbettnaturierung in Deutschland. Artikel vom 28. Mai 2018 auf neuelandschaft.de