Atomkraft zählt zu den bedeutendsten Energiequellen Frankreichs. Allein im Jahr 2022 machte Kernenergie rund 63 Prozent
aus und stellte zugleich mit rund 200.000 Arbeitsplätzen auch die drittgrößte Industrie der Nation. Pläne zum Ausbau der Kernenergie scheinen daher zunächst nicht vollkommen verwunderlich, gilt diese doch auch als Garant nationaler Unabhängigkeit, da das Land andernfalls mangels eigener Ressourcen stark auf seine Nachbarn und Handelspartner angewiesen wäre. Bis zum Jahr 2050 soll sich daher die Zahl der Kraftwerke um 14 Neubauten vergrößern, sechs dieser Projekte sind bereits (Stand: Februar 2022) genehmigt.
Atomkraft zwischen Korrosion und Klima-Zielen
Im Sommer 2022 waren nur etwa 29 der insgesamt 56
landesweiten Atomkraftwerke Frankreichs tatsächlich in Betrieb. Grund hierfür waren unter anderem laufzeitbedingte Schäden wie Korrosion; betroffene Einrichtungen wurden daher wartungsbedingt vom Netz genommen. Darüber hinaus machte vielen AKWs auch
die ungewöhnliche Hitze stark zu schaffen, da durch die erhöhte Außentemperatur die Kühlflüsse derart stark erwärmt wurden, dass sie ihrer eigentlichen Funktion nicht oder nur unzureichend nachkommen konnten.
Ein weiteres Problem stellt der Mangel geeigneter Fachkräfte dar: Viele junge Leute entscheiden sich mittlerweile gegen eine Karriere innerhalb der Nuklearindustrie, nicht zuletzt auch, da allgemein in der Bevölkerung die Popularität erneuerbarer Energien immer weiter anzusteigen scheint. Zwar sollen diese wiederum bis voraussichtlich 2040 etwa 40 bis 50 Prozent des Gesamtverbrauchs im Land decken, doch bislang konnten trotz steten Ausbaus die entsprechenden Mindestvorgaben der EU hinsichtlich des Anteils erneuerbarer Energien
am Gesamtstromverbrauch nicht erreicht werden. Insgesamt machten im Jahr 2021 erneuerbare Energien lediglich knapp über 19 Prozent des
Bruttoendenergieverbrauchs in Frankreich aus. Eine baldige oder gar vollständige Abkehr von der Kernenergie scheint daher bislang noch unwahrscheinlich.
Nachhaltigkeit durch radioaktives Recycling
Zu den wichtigsten Argumenten für Erhalt und Ausbau der Kernenergie in Frankreich zählt unter anderem das Bestreben,
die vorgefassten Klimaziele zu erreichen. So sollen durch neue Kraftwerke unter anderem die Energieverluste aus dem Abbau der Kohlekraft abgefangen und zugleich die CO2-Bilanz des Landes langfristig verbessert werden. Zudem soll sich der Entsorgungsproblematik hinsichtlich des
anfallenden Atommülls mit einer gänzlich neuen Methode genähert werden: Recycling. Im hierfür bisher entwickelten Verfahren werden Protonen in einen Teilchenbeschleuniger geschossen, um anschließend in einem speziell auf diesen Prozess ausgerichteten Kernreaktor den Atommüll durch Neutronen in weniger gefährliche Bestandteile aufspalten zu können. Ziel der Prozedur stellt unter anderem eine Reduktion von Lagerumfang und –dauer dar, auch wenn das Verfahren selbst sich für die Kraftwerke derzeit noch nicht als sonderlich wirtschaftlich erweist. Daher konzentrieren sich die Bemühungen der Industrie auch in zunehmendem Maße auf die
Errichtung eines Endlagers. Aktuell gibt es in Frankreich drei Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle. Ein Endlager für hochradioaktive Abfälle ist derzeit noch in Planung. In Frankreich ist die Agence Nationale pour la Gestion des Déchets Radioactifs (Nationale Agentur für das Management radioaktiver Abfälle; ANDRA) für die Entsorgung und Endlagerung des anfallenden Atommülls verantwortlich.
Des Weiteren ist unklar, ob Frankreich aufgrund des Ukraine-Kriegs künftig möglicherweise auf Uranimporte aus Russland verzichten oder diese einschränken wird: Im Jahr 2020 wies Frankreich innerhalb Europas den
höchsten Uranverbrauch auf. Insgesamt importierte die EU im Jahr 2021 knapp
2.400 Tonnen Uran aus Russland, nach dem Niger und Kasachstan.
Dieser Text stellt eine Basisinformation dar. Eine Gewähr für
die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben kann nicht
übernommen werden. Aufgrund unterschiedlicher Aktualisierungsrhythmen
können Statistiken einen aktuelleren Datenstand aufweisen.