„Beschwichtigungssignal (Hund)“ – Versionsunterschied

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* Körper und Rute senken und die Ohren zurücklegen<ref>Marcello Siniscalchi, Serenella d’Ingeo et al.: ''[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6116041/ Communication in Dogs]''. In: ''Animals (Basel)''. 31. Juli, 2018.</ref><ref>Angelika Bublak: ''[https://edoc.ub.uni-muenchen.de/16177/1/Bublak_Angelika.pdf Ausdrucksverhalten von Hunden (Canis familiaris) gegenüber dem Menschen in einem Verhaltenstest und Beschwichtigungssignale in der Hund-Mensch-Kommunikation]'' München 2013, S. 38.</ref>
* Körper und Rute senken und die Ohren zurücklegen<ref>Marcello Siniscalchi, Serenella d’Ingeo et al.: ''[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6116041/ Communication in Dogs]''. In: ''Animals (Basel)''. 31. Juli, 2018.</ref><ref>Angelika Bublak: ''[https://edoc.ub.uni-muenchen.de/16177/1/Bublak_Angelika.pdf Ausdrucksverhalten von Hunden (Canis familiaris) gegenüber dem Menschen in einem Verhaltenstest und Beschwichtigungssignale in der Hund-Mensch-Kommunikation]'' München 2013, S. 38.</ref>


== Potenziell mehrdeutige Verhaltensweisen ==
Manche Hunde werden durch ihren Phänotyp in der Kommunikation eingeschränkt. Körperbau, Fellfärbung und -länge können starken Einfluss auf die Kommunikation von Hunden haben. Ein Hund, dessen Augen zum Beispiel durch lange Haare verdeckt sind, wird das Beschwichtigungssignal „Augen zusammenkneifen“ nicht erfolgreich nutzen können.


Alle diese Verhaltensweisen sind nicht nur Beschwichtigungssignale, schließlich gähnen Hunde auch aus Müdigkeit, lecken sich die Lippen und die Nase auch nach der Nahrungsaufnahme oder kratzen sich bei Juckreiz. Es handelt sich hier um sogenannte ''doppelt belegte Signale'', die situationsabhängig unterschiedliche Bedeutungen haben können.<ref>Angelika Bublak: ''[https://edoc.ub.uni-muenchen.de/16177/1/Bublak_Angelika.pdf Ausdrucksverhalten von Hunden (Canis familiaris) gegenüber dem Menschen in einem Verhaltenstest und Beschwichtigungssignale in der Hund-Mensch-Kommunikation]'' München 2013, S. 15–17.</ref>
Alle diese Verhaltensweisen treten nicht nur als Beschwichtigungssignale auf, schließlich gähnen Hunde auch aus Müdigkeit, lecken sich die Lippen und die Nase auch nach der Nahrungsaufnahme oder kratzen sich bei Juckreiz. Es handelt sich hier um sogenannte ''doppelt belegte Signale'', die situationsabhängig unterschiedliche Bedeutungen haben können.<ref>Angelika Bublak: ''[https://edoc.ub.uni-muenchen.de/16177/1/Bublak_Angelika.pdf Ausdrucksverhalten von Hunden (Canis familiaris) gegenüber dem Menschen in einem Verhaltenstest und Beschwichtigungssignale in der Hund-Mensch-Kommunikation]'' München 2013, S. 15–17.</ref>

== Wirkung von Calming signals bei Begegnungen unter Haushunden ==

In einer Studie mit dem Ziel zu bewerten, ob die von [[Turid Rugaas|Rugaas]] beschriebenen Calming signals eine Deeskalation aggressiven Verhaltens bei einem anderen Hund bewirken, ergab, dass bei Begegnungen zwischen Hunden ohne Leine, die sich nicht kannten, mehr Calming signals zu beobachten waren als bei miteinander vertrauten Hunden. Das Wegdrehen des Kopfes, Erstarren, Lecken der eigenen Nase, sich klein machen und Anheben der Pfoten wurden häufiger gezeigt, wenn der Sender mit unbekannten Hunden interagierte. Es wurden zwar während des Experiments insgesamt viele Episoden aggressiven Verhaltens registiert, jedoch nur, wenn keine Beruhigungssignale des anderen Hundes vorausgingen. Wenn ''nach'' einer aggressiven Interaktion Calming signals gezeigt wurden, kam es in den meisten Fällen zur Deeskalation.<ref>Chiara Mariti, Caterina Falaschi et al.: ''[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S1558787816302465?via%3Dihub Analysis of the intraspecific visual communication in the domestic dog (Canis familiaris): A pilot study on the case of calming signals]''.</ref>

Manche Hunde werden durch ihren Phänotyp in der Kommunikation eingeschränkt. Körperbau, Fellfärbung und -länge können starken Einfluss auf die Kommunikation von Hunden haben. Ein Hund, dessen Augen durch lange Haare verdeckt sind, wird das Beschwichtigungssignal „Augen zusammenkneifen“ nicht erfolgreich nutzen können. Bei [[Brachycephalie|brachycephalen]] Hunden ist die Beweglichkeit der Gesichtsmuskulatur verringert, sie können nicht alle Signale der [[Mimik]] zeigen. Hunde, deren Rute [[Kupieren|kupiert]] wurde, haben einen Teil ihres Repertoires an beschwichtigendem Ausdrucksverhalten verloren.<ref>Marcello Siniscalchi, Serenella d’Ingeo et al.: ''[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6116041/ Communication in Dogs]''. In: ''Animals (Basel)''. 31. Juli, 2018.</ref>


== Literatur ==
== Literatur ==

Version vom 17. Mai 2024, 16:13 Uhr

Ein Beispiel für das Beschwichtigungssignal „Züngeln“
Augen zusammenkneifen

Beschwichtigungssignale (im Englischen Appeasement Signals) sind körpersprachliche Signale bei Hunden. Es wird angenommen, dass diese während sozialer Interaktionen zur Kommunikation mit anderen Hunden, aber auch in der Interaktion mit Menschen[1] genutzt werden, um freundliche Gesinntheit zu signalisieren, in angespannten Situation zu deeskalieren und aggressivem Verhalten vorzubeugen.[2][3]

Ein achtsamer Umgang mit Hunden und genaues Beobachten und Erkennen von Beschwichtigungsignalen führt zum frühzeitigen Erkennen von Stress und Unwohlsein bei Hunden und kann somit bereits der erste und wichtigste Schritt sein, um Aggressionsverhalten und Beißvorfällen vorzubeugen.[4][5]

Stresssignale

Für einige der Verhaltensweisen, die auch als Beschwichtigungssignale beschrieben werden, gibt es Studien, die einen Zusammenhang dieser Verhaltensweisen mit einem erhöhten Stresslevel der Hunde aufzeigen.[5][6][7][8] Verhaltensindikatoren für Stress wie Zittern, Winseln, Aggressivität, übermäßiges Bellen und Hecheln werden von den Hundebesitzern häufiger erkannt als eher subtile Verhaltensweisen,[9] die von Turid Rugaas als Calming signals bezeichnet und erstmals erforscht wurden.[10] Nicht immer sind die Signale direkt an ein Gegenüber gerichtet. Es wird also angenommen, dass diese Verhaltensweisen neben dem Ziel, die Eskalation eines Konfliktes zu verhindern auch dazu dient, Stress und Spannung abzubauen.

Die Fähigkeit, Konflikte mit Beschwichtigungssignalen abzubauen, ist genetisch veranlagt. Durch Erfahrungen können Hunde allerdings lernen, auf welche Signale ein Gegenüber reagiert. Werden Beschwichtigungssignale vom menschlichen Gegenüber beispielsweise regelmäßig übersehen oder übergangen, können Hunde lernen, dass es notwendig ist, ihr Anliegen deutlicher zu kommunizieren, indem sie beispielsweise knurren oder ihre Zähne zeigen.

Einige Beispiele für Beschwichtigungssignale sind:

  • Blick abwenden
  • blinzeln („Augen zusammenkneifen“)
  • den Kopf abwenden
  • sich abwenden (ganzer Körper)
  • züngeln, also sich über Lippen und Nase lecken
  • auf dem Boden schnüffeln (ohne erkennbaren Grund), der Blick ist dabei meistens dem Gegenüber zugewandt
  • im Bogen gehen
  • Pfote heben
  • gähnen
  • erstarren/einfrieren
  • langsame Bewegungen
  • Vorderkörper tiefstellen (sich strecken)
  • sich hinsetzen oder hinlegen (siehe auch Demutsgebärde)[11][12][13]
  • Körper und Rute senken und die Ohren zurücklegen[14][15]

Potenziell mehrdeutige Verhaltensweisen

Alle diese Verhaltensweisen treten nicht nur als Beschwichtigungssignale auf, schließlich gähnen Hunde auch aus Müdigkeit, lecken sich die Lippen und die Nase auch nach der Nahrungsaufnahme oder kratzen sich bei Juckreiz. Es handelt sich hier um sogenannte doppelt belegte Signale, die situationsabhängig unterschiedliche Bedeutungen haben können.[16]

Wirkung von Calming signals bei Begegnungen unter Haushunden

In einer Studie mit dem Ziel zu bewerten, ob die von Rugaas beschriebenen Calming signals eine Deeskalation aggressiven Verhaltens bei einem anderen Hund bewirken, ergab, dass bei Begegnungen zwischen Hunden ohne Leine, die sich nicht kannten, mehr Calming signals zu beobachten waren als bei miteinander vertrauten Hunden. Das Wegdrehen des Kopfes, Erstarren, Lecken der eigenen Nase, sich klein machen und Anheben der Pfoten wurden häufiger gezeigt, wenn der Sender mit unbekannten Hunden interagierte. Es wurden zwar während des Experiments insgesamt viele Episoden aggressiven Verhaltens registiert, jedoch nur, wenn keine Beruhigungssignale des anderen Hundes vorausgingen. Wenn nach einer aggressiven Interaktion Calming signals gezeigt wurden, kam es in den meisten Fällen zur Deeskalation.[17]

Manche Hunde werden durch ihren Phänotyp in der Kommunikation eingeschränkt. Körperbau, Fellfärbung und -länge können starken Einfluss auf die Kommunikation von Hunden haben. Ein Hund, dessen Augen durch lange Haare verdeckt sind, wird das Beschwichtigungssignal „Augen zusammenkneifen“ nicht erfolgreich nutzen können. Bei brachycephalen Hunden ist die Beweglichkeit der Gesichtsmuskulatur verringert, sie können nicht alle Signale der Mimik zeigen. Hunde, deren Rute kupiert wurde, haben einen Teil ihres Repertoires an beschwichtigendem Ausdrucksverhalten verloren.[18]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Angelika Firnkes, Angela Bartels, Emilie Bidoli, Michael Erhard: Appeasement signals used by dogs during dog–human communication. In: Journal of Veterinary Behavior. Band 19, 1. Mai 2017, ISSN 1558-7878, S. 35–44, doi:10.1016/j.jveb.2016.12.012 (sciencedirect.com [abgerufen am 4. Mai 2020]).
  2. Gazzano, A., Zilocchi, M., Ricci, E., Falaschi, C., Bedini, M., Guardini, G., & Mariti, C.: Calming signals in dogs: from myth to scientific reality? Hrsg.: Journal of Veterinary Behavior. 2014, doi:10.1016/j.jveb.2014.09.008 (cabdirect.org).
  3. Angelika Bublak: Ausdrucksverhalten von Hunden (Canis familiaris) gegenüber dem Menschen in einem Verhaltenstest und Beschwichtigungssignale in der Hund-Mensch-Kommunikation München 2013
  4. Franziska Kuhne, Johanna C. Hößler, Rainer Struwe: Effectsofhuman–dogfamiliarityondogs’behaviouralresponsestopetting. Hrsg.: Applied Animal Behaviour Science. 2012.
  5. a b Beerda, B., Schilder, M. B., Van Hooff, J. A., De Vries, H. W., & Mol, J. A: Chronic stress in dogs subjected to social and spatial restriction. Hrsg.: Physiology & behavior,. Nr. 66(2), 233-242, 1999.
  6. Beerda, B., Schilder, M. B., van Hooff, J. A., de Vries, H. W., & Mol, J. A.: Behavioural, saliva cortisol and heart rate responses to different types of stimuli in dogs. Hrsg.: Applied Animal Behaviour Science. 1997.
  7. Beerda, B., Schilder, M.B.H., van Hoof, J.A.R.A.M., de Vries, H.W.,Mol, J.A.: Behavioural, saliva cortisol and heart rate responses to different types of stimuli in dogs. Hrsg.: Applied Animal Behaviour Science. 1998.
  8. Schilder, M. B., & van der Borg, J. A.: Training dogs with help of the shock collar: short and long term behavioural effects. Hrsg.: Applied Animal Behaviour Science. 2004.
  9. Charia Mariti, Angelo Gazzano et al.: Perception of dogs’ stress by their owners. In: Journal of Veterinary Behaviour. Band 7, Ausgabe 4, Juli–August 2012, S. 213–219.
  10. Hsin-Yi Cohen: Calming signals. In: Veterinary Nursing Joural. Band 22, Ausgabe 7, 2007, S. 26–28.
  11. Turid Rugaas: Calming Signals. Die Beschwichtigungssignale der Hunde. Animal Learn Verlag, Bernau 2001.
  12. Giulia Pedretti, Chiara Canori et. al.: Appeasement function of displacement behaviours? Dogs’ behavioural displays exhibited towards threatening and neutral humans. In: Animal Cognition. Band 26, 2023, S. 942–952.
  13. Giulia Pedretti, Chiara Canori et. al.: Tabelle 1.
  14. Marcello Siniscalchi, Serenella d’Ingeo et al.: Communication in Dogs. In: Animals (Basel). 31. Juli, 2018.
  15. Angelika Bublak: Ausdrucksverhalten von Hunden (Canis familiaris) gegenüber dem Menschen in einem Verhaltenstest und Beschwichtigungssignale in der Hund-Mensch-Kommunikation München 2013, S. 38.
  16. Angelika Bublak: Ausdrucksverhalten von Hunden (Canis familiaris) gegenüber dem Menschen in einem Verhaltenstest und Beschwichtigungssignale in der Hund-Mensch-Kommunikation München 2013, S. 15–17.
  17. Chiara Mariti, Caterina Falaschi et al.: Analysis of the intraspecific visual communication in the domestic dog (Canis familiaris): A pilot study on the case of calming signals.
  18. Marcello Siniscalchi, Serenella d’Ingeo et al.: Communication in Dogs. In: Animals (Basel). 31. Juli, 2018.