„Aprosodie“ – Versionsunterschied

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'''Aprosodie''' oder '''Dysprosodie''' (der Mangel oder das Fehlen von [[Prosodie]]; emotionalem Gehalt der Sprache) ist eine funktionelle Störung des zentralen Nervensystems.<ref>Clemens Kirschbaum: ''Biopsychologie von A bis Z''. Springer, Heidelberg 2008, ISBN 978-3-540-39603-1, Seite 76 Lemma „Dysprosodie“.</ref>
'''Aprosodie''' bezeichnet eine funktionelle Störung des zentralen Nervensystems, bei der es dem Patienten nicht mehr möglich ist, bestimmte Sprachattribute wie z.&nbsp;B. Sprachmelodie ([[Prosodie]]) und Tonhöhe einzusetzen, um nicht rein inhaltliche Elemente der Sprache auszudrücken. Die Sprache der Patienten erscheint verflacht und emotionslos. Die Wortbildung selbst und die [[Syntax]] sind -anders als bei der [[Aphasie]]- normalerweise nicht beeinträchtigt. Die Ursache ist eine umschriebeneSchädigung des [[Großhirn]]s, in der Regel ist die nicht sprachdominante Hemisphäre (bei den meisten Menschen die rechte) im Bereich des ''[[Operculum (Anatomie)|Operculum frontale]]'' betroffen. Als Gründe können z.&nbsp;B. Schlaganfälle oder Tumore in Frage kommen.

== Krankheitsbild ==
Man kann eine expressive oder exekutive (Ausdruck) und eine rezeptive (Wahrnehmung) Form der Aprosodie unterscheiden.<ref>[[Andreas Marneros]], Michael Bauer, Anke Rohde: ''Depressionen und bipolare Erkrankungen in der psychiatrischen und allgemeinärztlichen Praxis''. ABW Wissenschaftsverlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-936072-56-3, Seite 382.</ref>

Beide vaskulär bedingten kognitiven Störungen lassen sich in der nicht dominanten Hemisphäre Strukturen, Inferolateraler Frontalkortex (exekutive Aprosodie) und Gyrus temporalis superior (rezeptive Aprosodie) zuordnen.<ref>Hans Förstl, Martin Hautzinger, Gerhard Roth (Hrsg.): ''Neurobiologie psychischer Störungen''. Springer, Berlin/Heidelberg, ISBN 3-540-25694-6, Seite 275.</ref>

* Expressive Aprosodie

Den Patienten ist es nicht mehr möglich, bestimmte Sprachattribute wie z.&nbsp;B. Sprachmelodie, [[Akzent (Linguistik)|Akzent]], [[Intonation (Phonetik)|Intonation]] und Tonhöhe einzusetzen, um nicht rein inhaltliche Elemente der Sprache auszudrücken. Die Sprache der Patienten erscheint verflacht und emotionslos. Die Wortbildung selbst und die [[Syntax]] sind anders als bei der [[Aphasie]] normalerweise nicht beeinträchtigt.

* Rezeptive Aprosodie

Ein Patient kann nicht mehr beurteilen, ob ein Satz fröhlich, traurig oder ärgerlich klingt.

== Ursache ==
Die Ursache ist eine umschriebene Schädigung des [[Großhirn]]s, in der Regel ist die nicht sprachdominante Hemisphäre (bei den meisten Menschen die rechte) im Bereich des ''[[Operculum (Gehirn)|Operculum frontale]]'' betroffen. Als Gründe können z.&nbsp;B. Schlaganfälle oder Tumoren in Frage kommen.

Noch unklar ist, inwiefern Aprosodie hinsichtlich der neuronalen Lokalisation in eine sensorische Aprosodie (betrifft das Sprachverständnis) und motorische Aprosodie (betrifft die Sprachproduktion) unterteilt werden kann.

E. Ross und M. Mesulam veröffentlichten 1979 zwei Fallstudien einer Dissoziation von emotionalem Erleben und Verhalten im Gefolge eines rechtshemisphärischen Infarkts.<ref>E. Ross, M. Mesulam: ''Dominant language functions of the right hemisphere? Prosody and emotional gesturing.'' In: ''[[Archives of Neurology]].'' Vol. 36, 1979, Seite 144–149.</ref> Die beobachtete klinische Konstellation einer Dissoziation von emotionalem Erleben und Verhalten auf stimmlicher Ebene wird als ''motorische Aprosodie'' bezeichnet (vgl. Ackermann et al. 1993).<ref>Hermann Ackermann: ''Störungen des emotionalen Erlebens und Verhaltens.'' In: [[Hans-Otto Karnath]], Peter Thier (Hrsg.): ''Neuropsychologie''. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. Springer Berlin Heidelberg, 2006, ISBN 3-540-28448-6, Seite 549ff.</ref>

== Einzelnachweise ==
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[[Kategorie:Neuropsychologisches Syndrom]]
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Aktuelle Version vom 21. Februar 2020, 12:53 Uhr

Aprosodie oder Dysprosodie (der Mangel oder das Fehlen von Prosodie; emotionalem Gehalt der Sprache) ist eine funktionelle Störung des zentralen Nervensystems.[1]

Man kann eine expressive oder exekutive (Ausdruck) und eine rezeptive (Wahrnehmung) Form der Aprosodie unterscheiden.[2]

Beide vaskulär bedingten kognitiven Störungen lassen sich in der nicht dominanten Hemisphäre Strukturen, Inferolateraler Frontalkortex (exekutive Aprosodie) und Gyrus temporalis superior (rezeptive Aprosodie) zuordnen.[3]

  • Expressive Aprosodie

Den Patienten ist es nicht mehr möglich, bestimmte Sprachattribute wie z. B. Sprachmelodie, Akzent, Intonation und Tonhöhe einzusetzen, um nicht rein inhaltliche Elemente der Sprache auszudrücken. Die Sprache der Patienten erscheint verflacht und emotionslos. Die Wortbildung selbst und die Syntax sind – anders als bei der Aphasie – normalerweise nicht beeinträchtigt.

  • Rezeptive Aprosodie

Ein Patient kann nicht mehr beurteilen, ob ein Satz fröhlich, traurig oder ärgerlich klingt.

Die Ursache ist eine umschriebene Schädigung des Großhirns, in der Regel ist die nicht sprachdominante Hemisphäre (bei den meisten Menschen die rechte) im Bereich des Operculum frontale betroffen. Als Gründe können z. B. Schlaganfälle oder Tumoren in Frage kommen.

Noch unklar ist, inwiefern Aprosodie hinsichtlich der neuronalen Lokalisation in eine sensorische Aprosodie (betrifft das Sprachverständnis) und motorische Aprosodie (betrifft die Sprachproduktion) unterteilt werden kann.

E. Ross und M. Mesulam veröffentlichten 1979 zwei Fallstudien einer Dissoziation von emotionalem Erleben und Verhalten im Gefolge eines rechtshemisphärischen Infarkts.[4] Die beobachtete klinische Konstellation einer Dissoziation von emotionalem Erleben und Verhalten auf stimmlicher Ebene wird als motorische Aprosodie bezeichnet (vgl. Ackermann et al. 1993).[5]

Einzelnachweise

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  1. Clemens Kirschbaum: Biopsychologie von A bis Z. Springer, Heidelberg 2008, ISBN 978-3-540-39603-1, Seite 76 Lemma „Dysprosodie“.
  2. Andreas Marneros, Michael Bauer, Anke Rohde: Depressionen und bipolare Erkrankungen in der psychiatrischen und allgemeinärztlichen Praxis. ABW Wissenschaftsverlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-936072-56-3, Seite 382.
  3. Hans Förstl, Martin Hautzinger, Gerhard Roth (Hrsg.): Neurobiologie psychischer Störungen. Springer, Berlin/Heidelberg, ISBN 3-540-25694-6, Seite 275.
  4. E. Ross, M. Mesulam: Dominant language functions of the right hemisphere? Prosody and emotional gesturing. In: Archives of Neurology. Vol. 36, 1979, Seite 144–149.
  5. Hermann Ackermann: Störungen des emotionalen Erlebens und Verhaltens. In: Hans-Otto Karnath, Peter Thier (Hrsg.): Neuropsychologie. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. Springer Berlin Heidelberg, 2006, ISBN 3-540-28448-6, Seite 549ff.