„Dise“ – Versionsunterschied

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'''Disen''' ([[Altnordische Sprache|an]]. [[Nominativ|Nom.]][[Singular|Sg.]]''dís''; [[Plural|Pl.]] ''dísir'') sind in der nordischen Mythologie weibliche mythische Wesen, deren Charakter nicht genau bestimmt werden kann. Die moderne Wissenschaft vermutet in ihnen niedere [[Vegetationsgottheiten]]. Zuweilen wird auch ein Zusammenhang mit dem altgermanischen [[Matronenkult]] und dem angelsächsischen Fest ''[[Modranicht|modraniht]]'' »Mütternacht« vermutet, das im Winter gefeiert wurde.
{{Quelle}}
Eine '''Dise''' altnordisch ''dís / dísir'', altschwedisch ''dis'' ist eine Art weibliche (Fruchtbarkeits- ?) [[Gottheit]] der germanischen oder nordischen Mythologie und eventuell mit den [[Idise|Idisi]] des [[Merseburger Zaubersprüche|ersten Merseburger Zauberspruchs]] verwandt. Sie treten bald als gütige Schutzgeister, bald als feindliche Elemente auf. Ihnen wurden Opfer gebracht, die sog. Disenopfer.


== Wesen ==
Einige [[Edda|eddische]] Quellen beschreiben die Disen als Totenführerinnen, in ''Gdr. I. 19'' werden die [[Walküren]] gar als [[Odin|Odins Disen]] geschildert.
Altnordische Quellen beschreiben die Disen als Geburtshelferinnen, persönliche Schutzgeister einzelner Personen oder ganzer Sippen, und Schlachthelferinnen sowie Verkünderinnen des nahenden Todes, ja selbst als todbringende Frauen. Dies bringt die Disen in Nähe der [[Nornen]], [[Fylgja|Fylgjen]] und [[Walküre]]n. Daneben kann ''dís'' auch einfach nur »Frau« bedeuten.


Im spätmittelalterlichen Island war es Brauch, in den Disen die Seelen verstorbener Frauen zu sehen, eines der Fundamente des [[Island|isländischen]] Volksglaubens.
Manche Autoren des 19. Jahrhunderts rechnen auch die Schicksalsgöttinen [[Nornen]], [[Fylgjur]], die zu den [[Maren]] gehören, zu den Disen oder Idisi<ref>z.B. Wolfgang Golther: ''Handbuch der Germanischen Mytholgie.''</ref>.


== Kult ==
In Island war es Brauch in den Disen die Seelen verstorbener Frauen zu sehen, eines der Fundamente des [[Island|isländischen]] Volksglaubens. Daneben kann ''dís'' auch einfach nur Frau bedeuten.
Die Disen genossen in Skandinavien kultische Verehrung. Viele norwegische und schwedische Ortsnamen gehen auf den Disenglauben zurück, so etwa Disin (»Disenwiese«), Diseberg, Disevid (»Disenwald«), Disasen.


=== Dísablót ===
Der Brockhaus von 1893 (14. Aufl.) sieht Dise und Idise als synonym und betrachtet die Walküren als spezielle Idisen. Er verweist außerdem auf Jakob Grimm
Das Dísablót (»Disenopfer«) war ein nächtliches Opferfest im Herbst oder zu Winteranfang, mit Gastmahl und Biergelage, das in Norwegen gefeiert wurde ([[Víga-Glúms saga]] 6; [[Egils saga]] 44). Im schwedischen [[Uppsala]], einem Zentrum der [[Ynglinge]]n, befand sich ein Disentempel (an. ''dísarsalr'': [[Ynglingasaga]] 33). Das [[Ynglingatal]] berichtet, wie der Ynglingenkönig [[Adils]] bei einem festlichen Umritt dieses Heiligtums zu Tode stürzte.


=== Disting ===
{{Zitat|''Das Wort ist sehr oft der zweite Bestandteil nordischer Eigennamen, wie Freydis, Thördis, Asdis u. dgl. Idistavifus nennt [[Tacitus]] eine Niederung auf dem rechten Ufer der mittlern Weser, wo 16 n. Chr. die Römer unter Germaniens Armins Cheruskern und deren ... Verbündeten einen blutigen Sieg abgewannen''|Brockhaus online}}
Das Disting (aschwed. ''disaþing'') war ein schwedisches Fest, das Anfang Februar, genauer gesagt zum Vollmond dessen Neumond nach den [[Rauhnacht|Rauhnächten]] aufgeht, in Uppsala abgehalten wurde. Die genaue Datierungsregel lautet:
''När trettondags nyt i fylle gå, då disating i Uppsala står'', was in deutscher Übersetzung so viel bedeutet wie:
Wenn des Dreizehnttags Neumond zum Vollmond wird, dann ist Disting in Uppsala.


== Etymologie ==
Viele norwegische und schwedische Ortsnamen gehen auf den Disenglauben zurück, so etwa Disin (abgeleitet von Disenwiese), Diseberg, Disevid, Disasen. Nach den alten Sagen soll in [[Norwegen]] ein Disenfest mit dem Disenopfer zu Winterbeginn gefeiert worden sein, in [[Schweden]] aber erst im Februar. Die Disen wurden noch nach dem Ende der [[Heidentum|heidnischen]] Zeit in [[Skandinavien]] verehrt. In der nordischen [[Prosa|Prosaliteratur]] werden sie jedenfalls oft erwähnt.
Die Etymologie des Wortes ist nicht erklärt. Hinzugezogen wird [[Sanskrit|skt]]. ''dhiśanā'' »Götterfrau« und zur Wurzel ''dhaya-'' »säugen«. Da das Wort ''dís'' auch »Frau« bedeutet, wird ein möglicher Zusammenhang mit [[Althochdeutsch|ahd]]. ''itis'' vermutet, wobei der anlautende Vokal unerklärt bleibt.


== Idisen ==
Die definitive Stellung und Bedeutung des Kultwortes ''Dise'' ist letztlich nur schwer zu bestimmen. Man kann diesen Ausdruck sicherlich in der Nähe des [[Matrone]]nkults sehen, wo er in mehrfacher Natur, als Fruchtbarkeitsgöttin, Schutzgeist, Kriegsgöttin und in einer Vielzahl weiblicher (Halb-?) Gottheiten auftritt. Die moderne [[Hexe|Hexenforschung]] sieht auch einen Zusammenhang mit [[Hagazussa]], bzw. ''Hagedise''.
Die im [[Merseburger Zaubersprüche|Ersten Merseburger Zauberspruch]] genannten ''idisi'', die in kriegerische Handlungen einschreiten, werden häufig mit den nordischen Disen in Verbindung gebracht. Das von [[Tacitus]] genannte Schlachtfeld ''[[Idistaviso]]'' wurde von [[Jacob Grimm]] als ''*idisiaviso'' »Frauenwiese« gedeutet und ebenfalls mit den Idisen und den nordischen Walküren verbunden.

== Einzelnachweise ==
<references />


== Literatur ==
== Literatur ==
* [[Bernhard Maier (Religionswissenschaftler)|Bernhard Maier]]: ''Die Religion der Germanen''. Beck, München 2003, ISBN 3-406-50280-6.

* Robert Nedoma: ''Zum ersten Merseburgerzauberspruch.'' In: ''„insprinc haptbandun“. Referate des Kolloquiums zu den Merseburger Zaubersprüchen auf der XI. Fachtagung der Indogermanischen Gesellschaft in Halle/Saale (17.-23. September 2000).'' Heiner Eichner, Robert Nedoma (Hrsg.). Veröffentlicht in: ''Die Sprache. Zeitschrift für Sprachwissenschaft.'' Wiener Sprachgesellschaft, Band 42, Heft 1/2. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2001. {{ISSN|0376-401X}}
* ''Disen.'' In: [[Rudolf Simek]]: ''Lexikon der germanischen Mythologie.'' Alfred Kröner, Stuttgart 1984. ISBN 3-520-36801-3
* [[Rudolf Simek]]: ''Lexikon der germanischen Mythologie'' (= ''[[Kröners Taschenausgabe]].'' Band 368). Kröner, Stuttgart 1984, ISBN 3-520-36801-3.
* {{Brockhaus Online|9|513|spezialkapitel=Idisen}}


[[Kategorie:Germanische Gottheit]]
[[Kategorie:Germanische Gottheit]]
[[Kategorie:Germanische Mythologie]]
[[Kategorie:Weibliche Gottheit]]

[[cs:Dísy]]
[[da:Diser]]
[[en:Dís]]
[[es:Dísir]]
[[fr:Dises]]
[[it:Dísir]]
[[lt:Dysės]]
[[nn:Diser]]
[[no:Diser]]
[[ru:Идизы]]
[[sv:Diser]]

Aktuelle Version vom 17. Mai 2022, 19:11 Uhr

Disen (an. Nom.Sg.dís; Pl. dísir) sind in der nordischen Mythologie weibliche mythische Wesen, deren Charakter nicht genau bestimmt werden kann. Die moderne Wissenschaft vermutet in ihnen niedere Vegetationsgottheiten. Zuweilen wird auch ein Zusammenhang mit dem altgermanischen Matronenkult und dem angelsächsischen Fest modraniht »Mütternacht« vermutet, das im Winter gefeiert wurde.

Altnordische Quellen beschreiben die Disen als Geburtshelferinnen, persönliche Schutzgeister einzelner Personen oder ganzer Sippen, und Schlachthelferinnen sowie Verkünderinnen des nahenden Todes, ja selbst als todbringende Frauen. Dies bringt die Disen in Nähe der Nornen, Fylgjen und Walküren. Daneben kann dís auch einfach nur »Frau« bedeuten.

Im spätmittelalterlichen Island war es Brauch, in den Disen die Seelen verstorbener Frauen zu sehen, eines der Fundamente des isländischen Volksglaubens.

Die Disen genossen in Skandinavien kultische Verehrung. Viele norwegische und schwedische Ortsnamen gehen auf den Disenglauben zurück, so etwa Disin (»Disenwiese«), Diseberg, Disevid (»Disenwald«), Disasen.

Das Dísablót (»Disenopfer«) war ein nächtliches Opferfest im Herbst oder zu Winteranfang, mit Gastmahl und Biergelage, das in Norwegen gefeiert wurde (Víga-Glúms saga 6; Egils saga 44). Im schwedischen Uppsala, einem Zentrum der Ynglingen, befand sich ein Disentempel (an. dísarsalr: Ynglingasaga 33). Das Ynglingatal berichtet, wie der Ynglingenkönig Adils bei einem festlichen Umritt dieses Heiligtums zu Tode stürzte.

Das Disting (aschwed. disaþing) war ein schwedisches Fest, das Anfang Februar, genauer gesagt zum Vollmond dessen Neumond nach den Rauhnächten aufgeht, in Uppsala abgehalten wurde. Die genaue Datierungsregel lautet: När trettondags nyt i fylle gå, då disating i Uppsala står, was in deutscher Übersetzung so viel bedeutet wie: Wenn des Dreizehnttags Neumond zum Vollmond wird, dann ist Disting in Uppsala.

Die Etymologie des Wortes ist nicht erklärt. Hinzugezogen wird skt. dhiśanā »Götterfrau« und zur Wurzel dhaya- »säugen«. Da das Wort dís auch »Frau« bedeutet, wird ein möglicher Zusammenhang mit ahd. itis vermutet, wobei der anlautende Vokal unerklärt bleibt.

Die im Ersten Merseburger Zauberspruch genannten idisi, die in kriegerische Handlungen einschreiten, werden häufig mit den nordischen Disen in Verbindung gebracht. Das von Tacitus genannte Schlachtfeld Idistaviso wurde von Jacob Grimm als *idisiaviso »Frauenwiese« gedeutet und ebenfalls mit den Idisen und den nordischen Walküren verbunden.

  • Bernhard Maier: Die Religion der Germanen. Beck, München 2003, ISBN 3-406-50280-6.
  • Robert Nedoma: Zum ersten Merseburgerzauberspruch. In: „insprinc haptbandun“. Referate des Kolloquiums zu den Merseburger Zaubersprüchen auf der XI. Fachtagung der Indogermanischen Gesellschaft in Halle/Saale (17.-23. September 2000). Heiner Eichner, Robert Nedoma (Hrsg.). Veröffentlicht in: Die Sprache. Zeitschrift für Sprachwissenschaft. Wiener Sprachgesellschaft, Band 42, Heft 1/2. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2001. ISSN 0376-401X
  • Rudolf Simek: Lexikon der germanischen Mythologie (= Kröners Taschenausgabe. Band 368). Kröner, Stuttgart 1984, ISBN 3-520-36801-3.