„Spitzbogen“ – Versionsunterschied

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Der '''Spitzbogen''' ist ein aus zwei Kreisen konstruierter [[Bogen (Architektur)|Bogen]] mit Spitze. Er gilt in der Architektur als ein zentrales Element der [[Gotik]].
Der '''Spitzbogen''' ist ein aus zwei Kreisen konstruierter [[Bogen (Architektur)|Bogen]] mit Spitze. Er gilt in der Architektur als ein zentrales Element der [[Gotik]].


==Konstruktion und Formen==
== Konstruktion und Formen ==


[[Bild:Spitzbogenformen.jpg|thumb|Spitzbögen von links nach rechts: normaler Spitzbogen, gedrückter Spitzbogen und überhöhter Spitzbogen (bzw. Lanzettbogen).]]
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Ein Spitzbogen wird aus zwei Kreisen, bzw. deren Segmenten oder [[Kreisbogen|Kreisbögen]], konstruiert.
Ein Spitzbogen wird aus zwei Kreisen, bzw. deren Segmenten oder [[Kreisbogen|Kreisbögen]], konstruiert.
*Beim sogenannten normalen oder gleichseitigen Spitzbogen liegen die Kreismittelpunkte auf den [[Kämpfer (Architektur)|Kämpfer]]-Punkten. Die Länge der Kreisradien entspricht der Bogenspannweite.
*Beim sogenannten normalen oder gleichseitigen Spitzbogen liegen die Kreismittelpunkte auf den [[Kämpfer (Architektur)|Kämpfer]]-Punkten. Die Länge der Kreisradien entspricht der Bogenspannweite.
*Beim '''gedrückten Spitzbogen''' liegen die Kreismittelpunkte zwischen den Kämpferpunkten. Die Länge der Kreisradien ist kleiner als die Bogenspannweite. Die Höhe des Scheitelpunktes über den Kämpfern ist geringer als beim normalen Spitzbogen.
*Beim '''gedrückten Spitzbogen''' liegen die Kreismittelpunkte zwischen den Kämpferpunkten. Die Länge der Kreisradien ist kleiner als die Bogenspannweite. Die Höhe des Scheitelpunktes über den Kämpfern ist geringer als beim normalen Spitzbogen.
*Beim '''überhöhten Spitzbogen''' liegen die Kreismittelpunkte außerhalb der Kämpferpunkte. Die Länge der Kreisradien ist größer als die Bogenspannweite. Die Höhe des Scheitelpunktes über den Kämpfern ist größer als beim normalen Spitzbogen. Diese Bogenform wird auch '''Lanzettbogen''' genannt. Das zugrundeliegende englische ''lancet'' leitet sich von ''lance'' ([[Lanze]]) ab und spielt auf die Form einer Lanzenspitze an.<ref>Satz nach Encyclopædia Britannica Online, Lemma ''lancet window'', online unter http://www.britannica.com/EBchecked/topic/329060/lancet-window, abgerufen am 17. November 2008</ref>
*Beim '''überhöhten Spitzbogen''' liegen die Kreismittelpunkte außerhalb der Kämpferpunkte. Die Länge der Kreisradien ist größer als die Bogenspannweite. Die Höhe des Scheitelpunktes über den Kämpfern ist größer als beim normalen Spitzbogen. Diese Bogenform wird auch '''Lanzettbogen''' genannt. Das zugrunde liegende englische ''lancet'' leitet sich von ''lance'' ([[Lanze]]) ab und spielt auf die Form einer Lanzenspitze an.<ref>Satz nach Encyclopædia Britannica Online, Lemma [http://www.britannica.com/EBchecked/topic/329060/lancet-window ''lancet window''], abgerufen am 17. November 2008</ref>
In einer weitergefassten Definition zählen auch Bögen, die aus mehr als zwei Kreisbögen konstruiert werden zu den Spitzbögen, so der [[Vorhangbogen]], der [[Kielbogen]] (bzw. Eselsrücken) und der [[Tudorbogen]].<ref>Satz nach Günther Wasmuth (Hrsg.): ''Wasmuths Lexikon der Baukunst'', Berlin, 1929-1932 (4 Bände), Lemma ''Spitzbogen''</ref>
In einer weiter gefassten Definition zählen auch Bögen, die aus mehr als zwei Kreisbögen konstruiert werden zu den Spitzbögen, so der [[Vorhangbogen]], der [[Kielbogen]] (bzw. Eselsrücken) und der [[Tudorbogen]].<ref>Satz nach Günther Wasmuth (Hrsg.): ''Wasmuths Lexikon der Baukunst'', Berlin, 1929-1932 (4 Bände), Lemma ''Spitzbogen''</ref>


==Der Spitzbogen der Gotik==
== Der Spitzbogen der Gotik ==
[[Bild:Fenstermasswerk.jpg|thumb|upright| Gotisches [[Maßwerk]]fenster mit Spitzbogen]]
[[Datei:Fenstermasswerk.jpg|mini|hochkant| Gotisches [[Maßwerk]]fenster mit Spitzbogen]]
===Allgemeines===
=== Allgemeines ===
Der Spitzbogen gilt als ein zentrales Element der Baukunst der [[Gotik]]. Der Begriff '''Spitzbogenstil''' findet sich auch als eine ältere Bezeichnung für die gotische Baukunst als solche.<ref>Satz nach Günther Wasmuth (Hrsg.): ''Wasmuths Lexikon der Baukunst'', Berlin, 1929-1932 (4 Bände), Lemma ''Spitzbogenstil''</ref> Die Verwendung von Spitzbögen hatte sowohl formale, als auch konstruktive Gründe. Gegenüber dem vorher dominierenden Rundbogen bedeutete der Spitzbogen eine Annäherung an diejenige Bogenform, die dem statischen Kräfteverlauf entspricht, die [[Parabel (Mathematik)|Parabel]].
Der Spitzbogen gilt als ein zentrales Element der Baukunst der [[Gotik]]. Der Begriff '''Spitzbogenstil''' findet sich auch als eine ältere Bezeichnung für die gotische Baukunst als solche.<ref>Satz nach Günther Wasmuth (Hrsg.): ''Wasmuths Lexikon der Baukunst'', Berlin, 1929-1932 (4 Bände), Lemma ''Spitzbogenstil''</ref> Die Verwendung von Spitzbögen hatte sowohl formale, als auch konstruktive Gründe. Gegenüber dem vorher dominierenden Rundbogen bedeutete der Spitzbogen eine Annäherung an diejenige Bogenform, die dem statischen Kräfteverlauf entspricht, die [[Parabel (Mathematik)|Parabel]].


Erste Spitzbögen fanden sich bereits in der [[Islamische Architektur|islamischen Architektur]], insbesondere zur Zeit der [[Abbasiden]].<ref>[http://www.tagesschau.de/videoblog/zwischen_mittelmeer_und_jordan/videoblog-schneider-101.html ARD Tel Aviv:] [[Richard C. Schneider]]</ref> In der [[Königreich Burgund|Burgund]]ischen Romanik, beim 1088 begonnenen Bau der dritten [[Abtei Cluny|Abteikirche von Cluny]] verwendete man für Arkaden und Gewölbe den Spitzbogen.<ref>Fritz Baumgart: ''DuMont's kleines Sachlexikon der Architektur'', Köln, 1977, Lemma ''Spitzbogen''</ref> Viele Nachfolgebauten des 12. Jahrhunderts in Burgund folgen diesem Beispiel. In der gotischen Sakralarchitektur ([[Basilika Saint-Denis|St. Denis]]) wurden Spitzbögen seit der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts verwendet.<ref name="Kadatz">Satz nach Hans-Joachim Kadatz: ''Wörterbuch der Architektur'', Leipzig, 1988, Lemma ''Spitzbogen''</ref> Von Frankreich aus verbreitete sich diese Bogenform um 1200 nach Deutschland, wurde bis in das frühe 16. Jahrhundert hinein benutzt und Jahrhunderte später, in der [[Neogotik]], wieder aufgegriffen.<ref name="Kadatz" />
Erste Spitzbögen fanden sich bereits in der [[Islamische Architektur|islamischen Architektur]], insbesondere zur Zeit der [[Abbasiden]].<ref>[http://www.tagesschau.de/videoblog/zwischen_mittelmeer_und_jordan/videoblog-schneider-101.html ARD Tel Aviv:] [[Richard C. Schneider]]</ref> In der [[Königreich Burgund|Burgundischen]] Romanik, beim 1088 begonnenen Bau der dritten [[Abtei Cluny|Abteikirche von Cluny]] verwendete man für Arkaden und Gewölbe den Spitzbogen.<ref>Fritz Baumgart: ''DuMont's kleines Sachlexikon der Architektur'', Köln, 1977, Lemma ''Spitzbogen''</ref> Viele Nachfolgebauten des 12. Jahrhunderts in Burgund folgen diesem Beispiel. In der gotischen Sakralarchitektur ([[Basilika Saint-Denis|St. Denis]]) wurden Spitzbögen seit der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts verwendet.<ref name="Kadatz">Satz nach Hans-Joachim Kadatz: ''Wörterbuch der Architektur'', Leipzig, 1988, Lemma ''Spitzbogen''</ref> Von Frankreich aus verbreitete sich diese Bogenform um 1200 nach Deutschland, wurde bis in das frühe 16. Jahrhundert hinein benutzt und Jahrhunderte später, in der [[Neogotik]], wieder aufgegriffen.<ref name="Kadatz" />


===Lanzettfenster===
=== Lanzettfenster ===


[[Image:Salisbury Cathedral Interior 02-Detail.jpg|thumb|upright| Lanzett-Drillingsfenster mit überhöhtem Spitzbogen in [[Salisbury Cathedral]], 13. Jh.]]
[[Datei:Salisbury Cathedral Interior 02-Detail.jpg|mini|hochkant| Lanzett-Drillingsfenster mit überhöhtem Spitzbogen in [[Salisbury Cathedral]], 13. Jh.]]
[[Image:Lincoln cathedral chapterhouse-Lanzett-Zwillingsfenster.JPG|thumb|left|Lanzett-Zwillingsfenster ]]
[[Datei:Lincoln cathedral chapterhouse-Lanzett-Zwillingsfenster.JPG|mini|links|Lanzett-Zwillingsfenster]]


Eine Sonderform des Spitzbogenfensters ist das ''Lanzettfenster''. Es handelt sich um ein schlankes [[Fenster]] mit einem überhöhten Spitzbogen (Lanzettbogen) als Abschluss. Das Lanzettfenster gilt, wie der Lanzettbogen, insbesondere als ein Element der englischen Frühgotik.<ref>Satz nach Günther Wasmuth (Hrsg.): ''Wasmuths Lexikon der Baukunst'', Berlin, 1929–1932 (4&nbsp;Bände), Lemma ''Lanzettbogen''</ref> Dort wurde dieser Fenstertyp häufig in Gruppen verwendet.<ref>Satz nach Hans Koepf, Günther Binding: ''Bildwörterbuch der Architektur'', 4.&nbsp;Auflage, Stuttgart, Kröner, 2005, Lemma ''Lanzettfenster''</ref> Als Beispiele dafür werden ein einfaches Lanzettfenster in [[Witney]] in der Grafschaft [[Oxfordshire]] um 1220, ein Lanzett-Zwillingsfenster in [[Lincoln (Lincolnshire)|Lincoln]] um 1250 und auch ein Lanzett-Drillingsfenster in [[Kathedrale von Salisbury|Salisbury]] um 13. Jh. aufgeführt.<ref>Wilfried Koch: ''Baustilkunde''. Orbis-Verlag, München 1988, S.&nbsp;196, 412</ref> Bei einem Lanzett-Drillingsfenster überragt das mittlere der drei Fenster die beiden anderen.<ref>siehe das aufgeführte Beispiel bei Wilfried Koch auf S.&nbsp;412 </ref> Das Motiv des Lanzett-Drillingsfensters wird im [[Historismus]] wiederaufgenommen.
Eine Sonderform des Spitzbogenfensters ist das ''Lanzettfenster''. Es handelt sich um ein schlankes [[Fenster]] mit einem überhöhten Spitzbogen (Lanzettbogen) als Abschluss. Das Lanzettfenster gilt, wie der Lanzettbogen, insbesondere als ein Element der englischen Frühgotik.<ref>Satz nach Günther Wasmuth (Hrsg.): ''Wasmuths Lexikon der Baukunst'', Berlin, 1929–1932 (4&nbsp;Bände), Lemma ''Lanzettbogen''</ref> Dort wurde dieser Fenstertyp häufig in Gruppen verwendet.<ref>Satz nach Hans Koepf, Günther Binding: ''Bildwörterbuch der Architektur'', 4.&nbsp;Auflage, Stuttgart, Kröner, 2005, Lemma ''Lanzettfenster''</ref> Als Beispiele dafür werden ein einfaches Lanzettfenster in [[Witney]] in der Grafschaft [[Oxfordshire]] um 1220, ein Lanzett-Zwillingsfenster in [[Lincoln (Lincolnshire)|Lincoln]] um 1250 und auch ein Lanzett-Drillingsfenster in [[Kathedrale von Salisbury|Salisbury]] um 13. Jh. aufgeführt.<ref>Wilfried Koch: ''Baustilkunde''. Orbis-Verlag, München 1988, S.&nbsp;196, 412</ref> Bei einem Lanzett-Drillingsfenster überragt das mittlere der drei Fenster die beiden anderen.<ref>siehe das aufgeführte Beispiel bei Wilfried Koch auf S.&nbsp;412</ref> Das Motiv des Lanzett-Drillingsfensters wird im [[Historismus]] wiederaufgenommen.


Ein [[Spitzbogenfries]] ist eine in der Gotik entwickelte Friesornamentik aus kleinen Spitzbögen.
Ein [[Spitzbogenfries]] ist eine in der Gotik entwickelte Friesornamentik aus kleinen Spitzbögen.
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<references />
<references />


==Literatur==
== Literatur ==
* [[Rudolf Wiegmann]]: ''Bemerkungen über die Schrift „In welchem Style sollen wir bauen?“ von [[Heinrich Hübsch]]''. In: ''Kunstblatt'' 10, 1829, S. 173–174, 177–179 und 181–183.
* [[Rudolf Wiegmann]]: ''Bemerkungen über die Schrift „In welchem Style sollen wir bauen?“ von [[Heinrich Hübsch]]''. In: ''Kunstblatt'' 10, 1829, S. 173–174, 177–179 und 181–183.
* [[Rudolf Wiegmann]]: [http://books.google.de/books?id=9sU-AAAAcAAJ&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false Der Ritter [[Leo von Klenze]] und unsere Kunst.] Schreiner, Düsseldorf 1839.
* [[Rudolf Wiegmann]]: [http://books.google.de/books?id=9sU-AAAAcAAJ&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false Der Ritter Leo von Klenze und unsere Kunst.] Schreiner, Düsseldorf 1839.
* [[Rudolf Wiegmann]]: ''Gedanken über die Entwicklung eines zeitgemäßen nationalen Baustils.'' In: ''Allgemeine Bauzeitung'' 1841, S. 207–214.<ref>Siehe dazu: [http://www.semiotik.eu/kongress2005/pdf/Wilbertz.pdf [[Georg Wilbertz]]: Stilsynthese und Sprachverwirrung. Theorie und Kritik des „neuen“ Stils im 19. Jahrhundert. Seite 8–10.] (PDF-Datei; 233 kB)</ref>
* [[Rudolf Wiegmann]]: ''Gedanken über die Entwicklung eines zeitgemäßen nationalen Baustils.'' In: ''Allgemeine Bauzeitung'' 1841, S. 207–214.<ref>[[Georg Wilbertz]]: [http://www.semiotik.eu/kongress2005/pdf/Wilbertz.pdf Stilsynthese und Sprachverwirrung. Theorie und Kritik des „neuen“ Stils im 19. Jahrhundert.] Seite 8–10. (PDF-Datei; 233 kB)</ref>
* [[Rudolf Wiegmann]]: [http://books.google.de/books?id=WKA5AAAAcAAJ&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false Über den Ursprung des Spitzbogenstils.] Mit einem Anhange, betreffend die Bildung eines Vereins für die Geschichte der mittelalterlichen Baukunst. Mit einer Lithografie. Julius Buddeus, Düsseldorf 1842 (erschien zuvor in der Allgemeinen Wiener Bauzeitung).
* [[Rudolf Wiegmann]]: [http://books.google.de/books?id=WKA5AAAAcAAJ&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false Über den Ursprung des Spitzbogenstils.] Mit einem Anhange, betreffend die Bildung eines Vereins für die Geschichte der mittelalterlichen Baukunst. Mit einer Lithografie. Julius Buddeus, Düsseldorf 1842 (erschien zuvor in der Allgemeinen Wiener Bauzeitung).


==Weblinks==
== Weblinks ==
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Version vom 4. Dezember 2015, 08:49 Uhr

Korridor mit Spitzbögen.

Der Spitzbogen ist ein aus zwei Kreisen konstruierter Bogen mit Spitze. Er gilt in der Architektur als ein zentrales Element der Gotik.

Konstruktion und Formen

Spitzbögen von links nach rechts: normaler Spitzbogen, gedrückter Spitzbogen und überhöhter Spitzbogen (bzw. Lanzettbogen).

Ein Spitzbogen wird aus zwei Kreisen, bzw. deren Segmenten oder Kreisbögen, konstruiert.

  • Beim sogenannten normalen oder gleichseitigen Spitzbogen liegen die Kreismittelpunkte auf den Kämpfer-Punkten. Die Länge der Kreisradien entspricht der Bogenspannweite.
  • Beim gedrückten Spitzbogen liegen die Kreismittelpunkte zwischen den Kämpferpunkten. Die Länge der Kreisradien ist kleiner als die Bogenspannweite. Die Höhe des Scheitelpunktes über den Kämpfern ist geringer als beim normalen Spitzbogen.
  • Beim überhöhten Spitzbogen liegen die Kreismittelpunkte außerhalb der Kämpferpunkte. Die Länge der Kreisradien ist größer als die Bogenspannweite. Die Höhe des Scheitelpunktes über den Kämpfern ist größer als beim normalen Spitzbogen. Diese Bogenform wird auch Lanzettbogen genannt. Das zugrunde liegende englische lancet leitet sich von lance (Lanze) ab und spielt auf die Form einer Lanzenspitze an.[1]

In einer weiter gefassten Definition zählen auch Bögen, die aus mehr als zwei Kreisbögen konstruiert werden zu den Spitzbögen, so der Vorhangbogen, der Kielbogen (bzw. Eselsrücken) und der Tudorbogen.[2]

Der Spitzbogen der Gotik

Gotisches Maßwerkfenster mit Spitzbogen

Allgemeines

Der Spitzbogen gilt als ein zentrales Element der Baukunst der Gotik. Der Begriff Spitzbogenstil findet sich auch als eine ältere Bezeichnung für die gotische Baukunst als solche.[3] Die Verwendung von Spitzbögen hatte sowohl formale, als auch konstruktive Gründe. Gegenüber dem vorher dominierenden Rundbogen bedeutete der Spitzbogen eine Annäherung an diejenige Bogenform, die dem statischen Kräfteverlauf entspricht, die Parabel.

Erste Spitzbögen fanden sich bereits in der islamischen Architektur, insbesondere zur Zeit der Abbasiden.[4] In der Burgundischen Romanik, beim 1088 begonnenen Bau der dritten Abteikirche von Cluny verwendete man für Arkaden und Gewölbe den Spitzbogen.[5] Viele Nachfolgebauten des 12. Jahrhunderts in Burgund folgen diesem Beispiel. In der gotischen Sakralarchitektur (St. Denis) wurden Spitzbögen seit der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts verwendet.[6] Von Frankreich aus verbreitete sich diese Bogenform um 1200 nach Deutschland, wurde bis in das frühe 16. Jahrhundert hinein benutzt und Jahrhunderte später, in der Neogotik, wieder aufgegriffen.[6]

Lanzettfenster

Lanzett-Drillingsfenster mit überhöhtem Spitzbogen in Salisbury Cathedral, 13. Jh.
Lanzett-Zwillingsfenster

Eine Sonderform des Spitzbogenfensters ist das Lanzettfenster. Es handelt sich um ein schlankes Fenster mit einem überhöhten Spitzbogen (Lanzettbogen) als Abschluss. Das Lanzettfenster gilt, wie der Lanzettbogen, insbesondere als ein Element der englischen Frühgotik.[7] Dort wurde dieser Fenstertyp häufig in Gruppen verwendet.[8] Als Beispiele dafür werden ein einfaches Lanzettfenster in Witney in der Grafschaft Oxfordshire um 1220, ein Lanzett-Zwillingsfenster in Lincoln um 1250 und auch ein Lanzett-Drillingsfenster in Salisbury um 13. Jh. aufgeführt.[9] Bei einem Lanzett-Drillingsfenster überragt das mittlere der drei Fenster die beiden anderen.[10] Das Motiv des Lanzett-Drillingsfensters wird im Historismus wiederaufgenommen.

Ein Spitzbogenfries ist eine in der Gotik entwickelte Friesornamentik aus kleinen Spitzbögen.

Einzelnachweise

  1. Satz nach Encyclopædia Britannica Online, Lemma lancet window, abgerufen am 17. November 2008
  2. Satz nach Günther Wasmuth (Hrsg.): Wasmuths Lexikon der Baukunst, Berlin, 1929-1932 (4 Bände), Lemma Spitzbogen
  3. Satz nach Günther Wasmuth (Hrsg.): Wasmuths Lexikon der Baukunst, Berlin, 1929-1932 (4 Bände), Lemma Spitzbogenstil
  4. ARD Tel Aviv: Richard C. Schneider
  5. Fritz Baumgart: DuMont's kleines Sachlexikon der Architektur, Köln, 1977, Lemma Spitzbogen
  6. a b Satz nach Hans-Joachim Kadatz: Wörterbuch der Architektur, Leipzig, 1988, Lemma Spitzbogen
  7. Satz nach Günther Wasmuth (Hrsg.): Wasmuths Lexikon der Baukunst, Berlin, 1929–1932 (4 Bände), Lemma Lanzettbogen
  8. Satz nach Hans Koepf, Günther Binding: Bildwörterbuch der Architektur, 4. Auflage, Stuttgart, Kröner, 2005, Lemma Lanzettfenster
  9. Wilfried Koch: Baustilkunde. Orbis-Verlag, München 1988, S. 196, 412
  10. siehe das aufgeführte Beispiel bei Wilfried Koch auf S. 412

Literatur

Commons: Spitzbögen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  1. Georg Wilbertz: Stilsynthese und Sprachverwirrung. Theorie und Kritik des „neuen“ Stils im 19. Jahrhundert. Seite 8–10. (PDF-Datei; 233 kB)