„Else Gütschow“ – Versionsunterschied

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Else Gütschow war die zweite Tochter des Gutspächters Ludwig Theodor Gütschow (1832–1908) und seiner Frau Maria Elisabeth, geborene [[Fehling (Familie)|Fehling]] (1838–1886). [[Margarethe Gütschow]] war ihre jüngere Schwester; [[Carl Philipp Gütschow]] und [[Johannes Christoph Fehling]] waren ihre Großväter. Sie wurde von Hauslehrern unterrichtet und besuchte das [[Roquettesches privates Lehrerinnenseminar|Roquettesche private Lehrerinnenseminar]] in Lübeck. Seither war sie mit ihrer Mitschülerin [[Fanny zu Reventlow]] befreundet, die die Gütschowschwestern autobiographisch in ''Ellen Olestjerne'' mit dem Familiennamen ''Seebohm'' verarbeitete. Gemeinsam gehörten sie in Lübeck dem liberalen ''[[Henrik Ibsen|Ibsen]]klub'' an.<ref>Alken Bruns: '' Kultfigur und Bürgerschreck. Ibsenrezeption in Lübeck um 1890.'' In: Wolfgang Butt, Bernhard Glienke (Hrg.): ''Der nahe Norden: Otto Oberholzer zum 65. Geburtstag; eine Festschrift.'' Frankfurt am Main ; Bern ; New York ; Nancy: Lang 1985 ISBN 978-3-8204-5349-2, S. 125–138
Else Gütschow war die zweite Tochter des Gutspächters Ludwig Theodor Gütschow (1832–1908) und seiner Frau Maria Elisabeth, geborene [[Fehling (Familie)|Fehling]] (1838–1886). [[Margarethe Gütschow]] war ihre jüngere Schwester; [[Carl Philipp Gütschow]] und [[Johannes Christoph Fehling]] waren ihre Großväter. Sie wurde von Hauslehrern unterrichtet und besuchte das [[Roquettesches privates Lehrerinnenseminar|Roquettesche private Lehrerinnenseminar]] in Lübeck. Seither war sie mit ihrer Mitschülerin [[Fanny zu Reventlow]] befreundet, die die Gütschowschwestern autobiographisch in ''Ellen Olestjerne'' mit dem Familiennamen ''Seebohm'' verarbeitete. Gemeinsam gehörten sie in Lübeck dem liberalen ''[[Henrik Ibsen|Ibsen]]klub'' an.<ref>Alken Bruns: '' Kultfigur und Bürgerschreck. Ibsenrezeption in Lübeck um 1890.'' In: Wolfgang Butt, Bernhard Glienke (Hrg.): ''Der nahe Norden: Otto Oberholzer zum 65. Geburtstag; eine Festschrift.'' Frankfurt am Main ; Bern ; New York ; Nancy: Lang 1985 ISBN 978-3-8204-5349-2, S. 125–138
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Anschließend war sie insgesamt sieben Jahre als Erzieherin tätig, ein Jahr in [[Kassel]], zwei Jahre in [[London]] und vier Jahre in [[Moskau]]. Sie zog nach [[Zürich]] und legte hier 1898 nach externer Vorbereitung die [[Matura|Maturitätsprüfung]] ab.<ref>Nach dem Lebenslauf in ihrer Dissertation</ref> An der [[Universität Zürcih]] studierte sie drei Semester lang Geschichte, Nationalökonomie, Kunstgeschichte und Anglistik. 1900 wechselte sie an die [[Universität Straßburg]]; hier konnte sie allerdings nur als ''Hospitantin'' ([[Gasthörer]]in) eingeschrieben sein.

1903 wurde sie mit einer von [[Harry Bresslau]] betrauten Dissertation zu [[Innozenz III.]] promoviert. Sie widmete die Arbeit dem früh verstorbenen Straßburger Kunsthistoriker [[Ernst Sackur]] (1862-1901).


Else, who travelled, worked, studied, and for a long time fought for women’s rights. Else Gütschow tenaciously pursued her independence, for this reason she worked as a governess for a long period so that she could pay for her studies in Zürich and Strasbourg, where she was enrolled as the first woman student of the Kaiser Wilhelm University. Else was also held in high regard by her professors and friends, and she frequented a youth club whose most famous member was Albert Schweitzer
Else, who travelled, worked, studied, and for a long time fought for women’s rights. Else Gütschow tenaciously pursued her independence, for this reason she worked as a governess for a long period so that she could pay for her studies in Zürich and Strasbourg, where she was enrolled as the first woman student of the Kaiser Wilhelm University. Else was also held in high regard by her professors and friends, and she frequented a youth club whose most famous member was Albert Schweitzer



Version vom 6. Januar 2019, 04:43 Uhr

Else Gütschow, vollständig Sophia Maria Elisabeth Gütschow, verheiratete Polaczek (* 22. November 1865 in Lübeck-Niendorf; † 11. Februar 1908 in Straßburg) war eine deutsche Kunsthistorikerin. Sie war die erste Frau, die an der Universität Straßburg promoviert wurde.

Leben

Else Gütschow war die zweite Tochter des Gutspächters Ludwig Theodor Gütschow (1832–1908) und seiner Frau Maria Elisabeth, geborene Fehling (1838–1886). Margarethe Gütschow war ihre jüngere Schwester; Carl Philipp Gütschow und Johannes Christoph Fehling waren ihre Großväter. Sie wurde von Hauslehrern unterrichtet und besuchte das Roquettesche private Lehrerinnenseminar in Lübeck. Seither war sie mit ihrer Mitschülerin Fanny zu Reventlow befreundet, die die Gütschowschwestern autobiographisch in Ellen Olestjerne mit dem Familiennamen Seebohm verarbeitete. Gemeinsam gehörten sie in Lübeck dem liberalen Ibsenklub an.[1]

Anschließend war sie insgesamt sieben Jahre als Erzieherin tätig, ein Jahr in Kassel, zwei Jahre in London und vier Jahre in Moskau. Sie zog nach Zürich und legte hier 1898 nach externer Vorbereitung die Maturitätsprüfung ab.[2] An der Universität Zürcih studierte sie drei Semester lang Geschichte, Nationalökonomie, Kunstgeschichte und Anglistik. 1900 wechselte sie an die Universität Straßburg; hier konnte sie allerdings nur als Hospitantin (Gasthörerin) eingeschrieben sein.

1903 wurde sie mit einer von Harry Bresslau betrauten Dissertation zu Innozenz III. promoviert. Sie widmete die Arbeit dem früh verstorbenen Straßburger Kunsthistoriker Ernst Sackur (1862-1901).


Else, who travelled, worked, studied, and for a long time fought for women’s rights. Else Gütschow tenaciously pursued her independence, for this reason she worked as a governess for a long period so that she could pay for her studies in Zürich and Strasbourg, where she was enrolled as the first woman student of the Kaiser Wilhelm University. Else was also held in high regard by her professors and friends, and she frequented a youth club whose most famous member was Albert Schweitzer


Zu Straßburg im Elsaß starb im letzten Monat Frau Else Polaczek, Tochter des Herrn Theodor Gütschom und seiner Frau, geb. Fehling, und Nichte des unvergessenen Dr. raeä. Anton Gütschom Hierselbst, welche zur Vollendung ihrer wissenschaftlichen Studien dorthin gezogen war, und dort vor mehreren Jahren magna oum laude promoviert hotte. Bor zweieinhalb Jahren heiratete sie den bekannten Kunsthistoriker und Direktor des Hohenlohe>Museums in Straßburg, Professor Dr. Ernst Polaczek; doch setzte diese Ver> änderung ihrer Lebensumstände ihren wissenschaftlichen und Humanitären Bestrebungen kein Hindernis ent» gegen. Im Gegenteil erweiterte sich der Kreis ihrer Wirksamkeit von Jahr zu Jahr, und so ist es be> grciflich, daß Universität und Stadt Straßburg ihren Heimgang aufs Tiefste beklagt.

Folgendes möge dazu dienen, ihr Andenken auch in der Stadt, aus welcher sie hervorgegangen ist, zu ehren.

Frau Else Polaczek hat sich jahrelang im Ausland ihrer erzieherischen Tätigkeit gewidmet, für welche sie, wie wenige, begabt war, als sie endlich ihrem Wunsch folgen konnte, sich der akademischen Laufbahn zuzu» wenden. In Zürich wurden die maßgebenden Kreise bald auf diese außergewöhnliche Persönlichkeit aufmerk» sam, welche zugleich der studierenden weiblichen Jugend durch ihr Vorbild und ihr Zielbewußtsein den nicht immer leichten Studienweg ebnete, und ihr nicht nur eine VorkSmpferin, sondern auch eine tatkräftige Stütze wurde. Mehrere Jahre war sie die Borsitzende des Verbandes weiblicher Studierender. — Zur Vollendung ihrer Studien begab sie sich nach Straßburg, und dank ihren hervorragenden Fähigkeiten und ihrem Wissen gelang es ihr, das dort noch vorherrschende Borurteil gegen weibliche Studierende zu überwinden. In kurzer Zeit schuf sie sich eine Stellung, welche von den Pro» fessoren wie von der akademischen Jugend bedingungslos anerkannt wurde. Ihr Studium fand seinen Abschluß in einem glänzend bestandenen Doktorexamen, welches ihr zu einer von wissenschaftlicher Seite sehr an» erkannten Arbeit „Jnnocenz III. und England" Anlaß gab. Mehrere Jahre lehrte sie Kunstgeschichte an Töchterschulen, wobei sie ihre eigenen wissenschaftlichen Ziele nicht aus dem Auge ließ. Später erfuhren

diese im Zusammenwirken mit ihrem Gatten neue Förderung. Hochgeschätzt in gelehrten und wissen» schaftlichen Kreisen Straßburgs stand sie zugleich an der Spitze der Wohlfahrtsbestrebungen dieser Stadt. Es gelang ihr, in diesem von nationalen Gegen» sä'tzen zerrissenen Milieu mit der ihr angeborenen Freundlichkeit des Herzens und der Überlegenheit ihres scharfen Verstandes weiteste Kreise für die Lösung der Frage der weiblichen Fürsorge zu interessieren.

Sie organisierte unter großen Schwierigkeiten die Heimarbeiterinnen und präsidierte mit großem Erfolg in materieller und idealer Hinsicht dem dortigen noch neue» Gemerkverein derselben. Die Gabe der Rede war ihr in hohem Maße verliehen. Bei aller Sachlichkeit des Ausdrucks sprach sie in überzeugender und zu Herzen gehender Weise, gleich verstöndtich für gebildete wie für einlache Zuhörerinnen. — Ihre starke und gesunde Auffassung des Lebens und aller Lebensdinge befähigte sie zu einem außergewöhnlichen Einfluß auf die Jugend, die in ihren Kreis trat. Unzählige ver» danken ihrem Beispiel und ihrer Förderung ihre innere Entwicklung und ihr äußeres Fortkommen, Eine im seltenen Maße zutage tretende Dankbarkeit und Trauer bei ihrem Heimgange legen beredtes Zeugnis von dieser ihrer Tätigkeit ab. — Auch das Mutterheim in Straßburg hat sie gegründet. Der Zweck dieser Gründung war, Müttern, gleichviel ob verheiratet oder ledig, eine Zuflucht nach überstandener schwerer Zeit zu bieten, da unsere Frauenkliniken leider diese Unglücklichen zu früh zu entlassen ge» zwungen sind. Ihre ganze Persönlichkeit setzte sie für dieses Werk ein.

Von dieser seltenen Frau strahlte wie ein gött» liches Feuer eine solche Reinheit und UnVerzagtheit aus, ihr war ein solches Streben nach der Höhe menschlicher Vollkommenheit zu eigen, daß alle die» jenigen, deren Lebensweg den ihrigen kreuzte, eine unauslöschliche Erinnerung an sie behalten werden. Trotzdem sie als Vorkämpserin der Frauenbewegung galt, büßte ihr Wesen nie etwas von seinen hervor» ragenden weiblichen Eigenschaften ein, und es liegt eine erschütternde Tragik in ihrem Ende. Ihr Herz, das so viele Mütter getröstet hatte, hörte auf zu schlagen, als ihr innigster Wunsch, selbst Mutter zu werden, erfüllt werden sollte.

Viele Zeitungen, auch französische, haben Frau Else Polaczek Nachrufe gewidmet. Bekannte Pro< fessoren habe» an ihrem Grabe gesprochen, und diesen Verlust für die Wissenschast beklagt. — Unvergäng» lich ist das Denkmal, welches sie sich in den Herzen ihrer Familie, ihrer Freunde, der aufstrebenden Jugend und der leidenden Menschheit gesetzt hat.

Else Gütschow, eine der ersten Lübeckerinnen, die Universitäten besuchten und erfolgreich absolvierten, wurde von Elly Heuss-Knapp in ihrem Straßburger Erinnerungsbuch „Ausblick vom Münsterturm" gewürdigt: „Die erste Straßburger Studentin, Else Gütschow, später Frau Dr. Polaczek, war unser Stolz und hatte den größten Einfluß auf uns." (6. Aufl. Tübingen 1958, S. 63).

1906 heiratete sie den Kunsthistoriker Ernst Polaczek.

Werke

  • Innocenz III. und England: eine Darstellung seiner Beziehungen zu Staat und Kirche. München [u.a.]: Oldenbourg 1904 (= Historische Bibliothek 180, zugl. Straßburg, Univ., Diss., 1903 (Digitalisat, Internet Archive)
  • Führer durch das Strassburger Münster. Strassburg: Luib 1912

Literatur

  • Natalia Kulenkamp: Frau Professor Else Polaczek, geb. Gütschow, Dr. phil. † In: Lübeckische Blätter 50 (1908), S. 173

Einzelnachweise

  1. Alken Bruns: Kultfigur und Bürgerschreck. Ibsenrezeption in Lübeck um 1890. In: Wolfgang Butt, Bernhard Glienke (Hrg.): Der nahe Norden: Otto Oberholzer zum 65. Geburtstag; eine Festschrift. Frankfurt am Main ; Bern ; New York ; Nancy: Lang 1985 ISBN 978-3-8204-5349-2, S. 125–138
  2. Nach dem Lebenslauf in ihrer Dissertation