Kapitalflucht

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Kapitalflucht bezeichnet den umfangreichen und plötzlichen Transfer von Vermögen, Geld, Edelmetallen oder Sachwerten ins Ausland bzw. den Rückgang der Nachfrage nach Aktiva in der inländischen Volkswirtschaft.

Das Ziel der Kapitalflucht ist im Falle einer Inflation die Werterhaltung oder ansonsten die Umgehung inländischer Steuern (siehe auch Steuerflucht, Steuerhinterziehung). Das Phänomen Kapitalflucht steht damit regelmäßig in Zusammenhang mit staatlichem Tun und Lassen. Kapitalflucht kann oft als "Abstimmung mit den Füßen" gewertet werden, da der Produktionsfaktor Kapital aufgrund seiner hohen Mobilität schneller transferiert werden kann als andere Produktionsfaktoren. Erwarten Wirtschaftssubjekte eine für sie ungünstige Änderung des (Steuer)Rechtssystems, reagieren sie möglicherweise mit Abzug ihres Kapitals.

Die in der Kapitalbilanz ausgewiesene Kapitalflucht alleine betrachtet sagt jedoch nichts über die wirtschaftliche Lage und Entwicklung einer Volkswirtschaft aus, relevant ist allein die Zahlungsbilanz, in der alle volkswirtschaftlichen Teilbilanzen enthalten sind. Zur Verdeutlichung am Beispiel der deutschen Wirtschaft: Die Exportstärke der deutschen Wirtschaft macht es möglich, dass sehr viele Waren exportiert werden und dafür viel Geld ins Land fließt (Handelsbilanzüberschuss). Das macht es wiederum möglich, dass für andere Dinge viel Geld ins Ausland fließt, z. B. Beiträge an die EU und die UNO (ausgewiesen in der Übertragungsbilanz), Ausgaben von deutschen Touristen im Ausland (ausgewiesen in der Dienstleistungsbilanz), Kredite an andere Länder (z.B. Entwicklungsländer) und Investitionen in ausländische Unternehmen (beides ausgewiesen in der Kapitalbilanz).

Für die Entscheidung, in welchem Land ein Unternehmen investiert, sind letztendlich alle Standortfaktoren in Summe ausschlaggebend. Dazu gehören beispielsweise auch die Verkehrsinfrastruktur, die Kommunikationsinfrastruktur, das Rechtssystem, das Währungssystem, das Bankensystem, die Nachfrage potentieller Käufer von Waren, die Qualifikation der Arbeitskräfte, die Anzahl ihrer Krankheits- und Streiktage etc. Das Hauptziel von Auslandsinvestitionen deutscher Unternehmen ist häufig die Erschließung neuer Märkte. Häufig geht die Produktion dorthin, wo Waren abgesetzt werden können.

In den Medien wird eine Kapitalflucht gelegentlich dramatisiert. Dies soll durch nachfolgendes Beispiel verdeutlicht werden.

Beispiel

Gerade Luxemburg gilt vielen als Beispiel für eine Volkswirtschaft, in die deutsches Kapital gelangt. Wenn teilweise Milliardenbeträge (in Euro) aus Deutschland auf luxemburgische Konten gebracht werden, dann geht damit keineswegs Investivkapital verloren, wie gelegentlich behauptet wird.

Dies wird deutlich, wenn man sich fragt, wo in dem kleinen Staat Luxemburg solche Milliardenbeträge zinsträchtig angelegt werden sollten. Dies geschieht zum Teil wieder in Deutschland (siehe auch Wirtschaftskreislauf).

In Luxemburg sind einige Unternehmenssteuern geringer (siehe auch Steueroase); luxemburgische Banken haben (oder hatten) dadurch einen Wettbewerbsvorteil verglichen mit deutschen Banken.

Die EU ist bestrebt, durch Maßnahmen zur Steuerharmonisierung ihre Steuersysteme einander anzugleichen, um damit die Schaffung eines Binnenmarktes zu erleichtern und/oder einen Steuerwettbewerb zu vermeiden.

Gründe der Kapitalflucht

  • Angst vor Diebstahl
  • Angst vor Entdeckung krimineller Aktivitäten
  • Angst vor Enteignung durch den Staat
  • mangelnde Eigentumsgarantie (z. B. hohe Vermögensteuer)
  • mangelnde Steuergerechtigkeit
  • Doppelbesteuerung z.B. bei Kursgewinnen
  • Unzufriedenheit mit der Politik

Potentielle Kapitalflüchtlinge

  • Flüchtlinge (Kriege, Naturkatastrophen, staatliche Verfolgung)
  • Kriminelle Personen (Diebstahl, Drogenhandel, illegaler Waffenhandel)
  • Minderheiten (Religion, Hautfarbe)
  • Notenbanken (Devisenmarktinterventionen)
  • Oppositionelle
  • Regierungsnahe Personen (in Erwartung eines politischen Exils)
  • Reiche Personen (Steuerhinterziehung)
  • Sparer (Diversifikation des Vermögens auf mehrere Länder, Banken und sonstige Schuldner)